Unterrichtung - DIP - Deutscher Bundestag
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Drucksache 9/565 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 9. Wahlperiode<br />
wettbewerbsschädlicher Unternehmenskonzentration<br />
oder des Mißbrauchs von Marktmacht zu Lasten<br />
mittelständischer Unternehmen entgegenzuwirken.<br />
Die neuen Vorschriften bedürfen nunmehr<br />
eines ausreichend langen Erfahrungs- und Bewährungszeitraums<br />
ohne voreilige weitere Novellierungsdiskussionen.<br />
II.<br />
Die Konzentrationsentwicklung war in den letzten<br />
Jahren durch fortschreitende Zusammenschlußaktivitäten<br />
der Unternehmen gekennzeichnet. Die Fusionsstatistik<br />
des Bundeskartellamtes hat zwar mit<br />
602 angezeigten Zusammenschlüssen für 1979 und<br />
635 Fällen für 1980 eine neue Höchstmarke erreicht.<br />
Die monatlichen Zahlen zeigen jedoch seit Mitte<br />
vergangenen Jahres eine deutlich abflachende Tendenz.<br />
Ob dieser Trend von Dauer sein wird und inwieweit<br />
hierin auch eine stärkere generalpräventive<br />
Wirkung der durch die 4. Kartellgesetznovelle verbesserten<br />
Fusionskontrolle zum Ausdruck kommt,<br />
entzieht sich derzeit noch einer gesicherten Feststellung.<br />
Gewisse Anzeichen deuten jedenfalls darauf hin,<br />
daß das verbesserte fusionsrechtliche Instrumentarium<br />
inzwischen zu greifen beginnt. Ein Beleg dafür<br />
ist der erhebliche Rückgang der Anschlußfusionen,<br />
mit denen sich früher Großunternehmen kleine und<br />
mittlere Firmen ohne jede wettbewerbliche Kontrolle<br />
angliedern konnten. Dies hatte auch noch im<br />
Berichtszeitraum in einzelnen Branchen zu Serienkäufen<br />
und in deren Folge zu einer zunehmenden<br />
Verengung mittelständisch strukturierter Märkte<br />
geführt. Nach Absenkung der Eingreifkriterien sind<br />
nunmehr nur noch die in der Regel unproblematischen<br />
Fälle, die etwa zwei Drittel der ursprünglich<br />
kontrollfreien Anschlüsse ausmachen, der Kontrolle<br />
durch das Amt entzogen. Die bedeutsameren Vorgänge<br />
dieser Art können jetzt in jedem Einzelfall<br />
auf ihre wettbewerblichen Auswirkungen hin überprüft<br />
werden, und zwar in zunehmendem Maße<br />
schon bevor der Zusammenschluß vollzogen ist und<br />
ehe Schäden an den Wettbewerbsstrukturen eintreten<br />
können. Die Erweiterung der präventiven Kontrollmöglichkeiten<br />
des Amtes hat sich inzwischen in<br />
einem starken Anstieg der vor Vollzug angemeldeten<br />
Zusammenschlüsse niedergeschlagen. Durch die<br />
Stärkung der präventiven Kontrolle lassen sich<br />
auch die Probleme, die sich erfahrungsgemäß bei<br />
der Entflechtung bereits vollzogener und erst nachträglich<br />
untersagter Fusionen in besonderem Maße<br />
stellen, schon im Ansatz vermeiden.<br />
Mit zwölf Untersagungen hat die Entscheidungspraxis<br />
des Amtes deutlichere Konturen gewonnen. Von<br />
erheblicher Tragweite waren insbesondere die Entscheidungen<br />
im Mineralölbereich und die Haltung<br />
des Amtes zu Gemeinschaftsprojekten von Großunternehmen<br />
zu Zwecken der Rohstoffsicherung.<br />
In Sachen TEXACO/ZERSSEN und MOBIL/<br />
MERTL hat das Amt die Beteiligung der beiden<br />
Mineralölgesellschaften an zwei überwiegend im<br />
regionalen Heizölhandel tätigen mittelständischen<br />
Unternehmen untersagt. Dieser Entscheidung liegt<br />
die Überlegung des Amtes zugrunde, die 16 Raffineriegesellschaften<br />
bildeten ein marktbeherrschendes<br />
Oligopol. Das Amt stützt seine Auffassung im wesentlichen<br />
auf längerfristig zu erwartende Verknappungen<br />
des Angebots und auf das verringerte Gewicht<br />
des unabhängigen Mineralölhandels sowie auf<br />
die zwischen den Mineralölgesellschaften bestehenden<br />
Tauschmengenabkommen und sonstigen Bindungen.<br />
Die beteiligten Unternehmen haben Beschwerde<br />
beim Kammergericht eingelegt. Angesichts<br />
des laufenden Verfahrens enthält sich die<br />
Bundesregierung einer Stellungnahme zu der Darstellung<br />
des Amtes und seiner rechtlichen Bewertung.<br />
Die Bildung von Gemeinschaftsunternehmen, auf<br />
die 1979/1980 knapp ein Viertel aller Zusammenschlüsse<br />
entfielen, hatte erneut einen erheblichen<br />
Anteil an der Konzentrationsentwicklung. Dies<br />
stellt die Fusionskontrolle insofern vor besondere<br />
Herausforderungen, als an Gemeinschaftsprojekten<br />
vielfach bedeutende Großunternehmen mit starken<br />
Marktstellungen in verschiedenen Branchen beteiligt<br />
sind. Andererseits sind solche Projekte nicht selten<br />
geeignet, zu einer Verbesserung der Marktversorgung<br />
insbesondere durch Sicherung von Rohstoffbezügen<br />
aus dem Ausland beizutragen. Hier gilt<br />
es kartellrechtlich tolerable Lösungen zu finden, um<br />
die Absicherung marktstarker Stellungen zu Lasten<br />
kleiner und mittlerer Wettbewerber zu verhindern,<br />
andererseits aber den Weg zu einer Belebung des<br />
Wettbewerbs durch ein verbessertes Rohstoffangebot<br />
nicht zu verbauen. Das Amt hat diesem Zielkonflikt<br />
in einer Reihe von Fällen dadurch Rechnung<br />
getragen, daß es insbesondere kleineren Wettbewerbern<br />
aufgrund struktureller Zusagen der Zusammenschlußbeteiligten<br />
ermöglicht hat, sich durch<br />
eine mittelbare Beteiligung an den Projekten ebenfalls<br />
Zugang zu den Rohstoffen zu verschaffen und<br />
sich so als selbständige Anbieter am Markt zu behaupten.<br />
Die Bundesregierung sieht hierin allerdings<br />
keinen allgemeinen fusionsrechtlichen Freibrief<br />
von Zusammenschlüssen zu Zwecken der Rohstoffsicherung.<br />
Die Entscheidung erfordert vielmehr<br />
im Einzelfall eine sorgfältige Prüfung, ob das gemeinsame<br />
Rohstoffprojekt voraussichtlich zu einer<br />
wesentlichen Verbesserung der Marktversorgung<br />
führt, die vor allem auch den anderen, weniger potenten<br />
Konkurrenten zugute kommt.<br />
Was die internationalen Aspekte der Fusionskontrolle<br />
angeht, zu denen auch die Monopolkommission<br />
in ihrem III. Hauptgutachten Stellung genommen<br />
hat, hat sich nach Auffassung der Bundesregierung<br />
gezeigt, daß eine angemessene Berücksichtigung<br />
des Auslandswettbewerbs bei der fusionsrechtlichen<br />
Überprüfung von Zusammenschlüssen<br />
nach geltendem Recht nicht nur möglich, sondern<br />
sogar geboten ist. Die Entscheidungspraxis des Amtes<br />
ist dieser gesetzlichen Leitlinie auch nach der Erweiterung<br />
der präventiven Kontrollmöglichkeiten<br />
durch die 4. Kartellgesetznovelle gefolgt. Die gegen<br />
die Novellierung von Teilen der Wirtschaft geäußerten<br />
Bedenken, die erweiterten Pflichten zur vorherigen<br />
Anmeldung größerer Fusionsvorhaben behindere<br />
die Expansion deutscher Unternehmen im Aus-