Unterrichtung - DIP - Deutscher Bundestag
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Drucksache 9/565 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 9. Wahlperiode<br />
sten kleiner und mittlerer Wettbewerber von ihnen<br />
gegenüber deutlich marktmächtigeren Großunternehmen<br />
ausgehen. Die Bundesregierung hatte bereits<br />
in früheren Stellungnahmen zum Tätigkeitsbericht<br />
des Bundeskartellamtes (vgl. BT-Drucksache<br />
8/2980, S. IV und 7/5390, S. II) auf die besondere<br />
wettbewerbspolitische Bedeutung der Mißbrauchsaufsicht<br />
gegenüber Verdrängungs- und Behinderungspraktiken<br />
marktbeherrschender Unternehmen<br />
hingewiesen, um damit den von solchen Verhaltensweisen<br />
drohenden Gefahren für die wettbewerblichen<br />
Strukturen zu begegnen. Dementsprechend<br />
hat das Bundeskartellamt in letzter Zeit seine<br />
Praxis verstärkt auf Fälle des Behinderungsmißbrauchs<br />
konzentriert und hierbei im Sinne der<br />
durch die 4. GWB-Novelle als „Gefährdungstatbestand"<br />
konzipierten Bestimmungen des neuen § 22<br />
Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 die entscheidende Aufgabe der<br />
Mißbrauchskontrolle in der vorbeugenden Verhinderung<br />
einer weiteren Verschlechterung der Marktstruktur<br />
infolge der Beeinträchtigung des Restwettbewerbs<br />
gesehen. Jedoch ist hierbei darauf zu achten,<br />
daß auch einem marktbeherrenschen Unternehmen<br />
in unserer Wettbewerbsordnung stets die Möglichkeit<br />
verbleiben muß, etwaige technisch-wirtschaftliche<br />
Leistungsvorsprünge, z. B. aufgrund rationellerer<br />
Fertigungs- oder Vertriebsmethoden, im<br />
Wettbewerb durch entsprechend günstige Angebote<br />
für den Verbraucher nutzbar zu machen, auch wenn<br />
dies zu einer weiteren Stärkung seiner Marktposition<br />
zu Lasten der Restwettbewerber führt. Auf der<br />
anderen Seite ist aber der Marktbeherrscher gehalten,<br />
bei der Weitergabe von Leistungsvorteilen, insbesondere<br />
bei Rabatt- und Bonussystemen, solche<br />
Angebotsformen zu wählen, die keine übermäßige<br />
faktischen Bindungswirkungen zu seinen Gunsten<br />
hervorrufen und damit die Wettbewerbschancen seiner<br />
Konkurrenten nicht unsachgemäß beeinträchtigen.<br />
In diesem Sinne hat das Kammergericht in seinem<br />
Beschluß vom 26. November 1980 einerseits ein<br />
auf den Zeitraum eines Jahres bezogenes Umsatzrabattsystem<br />
als mißbräuchlich angesehen, andererseits<br />
aber ein generelles Verbot von Umsatzrabatten,<br />
die an kürzere Referenzperioden von wenigen<br />
Wochen oder Monaten anknüpfen, aus den §§ 22 oder<br />
26 Abs. 2 GWB nicht abgeleitet. Es bleibt nunmehr<br />
Aufgabe der kartellbehördlichen Praxis, weiterhin<br />
die genaueren Grenzen zwischen zulässigen und<br />
mißbräuchlichen Preis-, Rabatt- und Bonussystemen<br />
marktbeherrschender Unternehmen auszuloten,<br />
wobei zweifellos auch der Grad der Marktbeherrschung<br />
als wesentlicher Beurteilungsfaktor zu<br />
berücksichtigen sein wird.<br />
V.<br />
Zum Diskriminierungsverbot hat die eingehende<br />
parlamentarische Beratung der hiermit verbundenen<br />
komplexen ordnungspolitischen Grundsatzprobleme<br />
eine breite Übereinstimmung auf der von der<br />
Bundesregierung vertretenen Linie erbracht, daß<br />
ein „allgemeines", d. h. ohne die Voraussetzung einer<br />
konkreten Marktmacht anwendbares Verbot wegen<br />
der Gefahr übermäßiger wettbewerbsbeschränkender<br />
Auswirkungen nicht in Betracht kommen kann.<br />
Die neuen Vorschriften halten daher konsequent an<br />
der konkreten „Machtschwelle" fest, deren weitere<br />
Absenkung im Rahmen des § 26 nach der Erweiterung<br />
des Diskriminierungsverbots durch die Novelle<br />
von 1973 während der Beratungen der 4. GWB-Novelle<br />
im Ausschuß für Wirtschaft des Deutschen<br />
<strong>Bundestag</strong>es ausdrücklich abgelehnt wurde. Um so<br />
wichtiger ist es, daß auch der geltende § 26 Abs. 2 in<br />
der Anwendungspraxis streng auf Fälle der Ausnutzung<br />
einer deutlichen marktbeherrschenden oder<br />
marktstarken (§ 26 Abs. 2 Satz 2) Stellung begrenzt<br />
bleibt, um faktisch nicht doch in ein generelles Verbot,<br />
etwa auch für bestimmte Unternehmensgruppen<br />
wie z. B. die Hersteller bekannter Markenartikel,<br />
abzugleiten. Die Bundesregierung hat in diesem<br />
Zusammenhang wiederholt betont, daß vor allem<br />
das gravierende Eingriffsmittel eines kartellrechtlichen<br />
Kontrahierungszwanges aufgrund des § 26<br />
Abs. 2 nur bei schwerwiegenden Beeinträchtigungen<br />
des Wettbewerbs infolge übermäßiger Marktmacht<br />
im Einzelfall gerechtfertigt sein kann, um<br />
eine durch die Kräfte des Marktes auch längerfristig<br />
nicht zu beseitigende Abschottung einzelner Märkte<br />
mittels umfassender Lieferverweigerungen, insbesondere<br />
gegenüber wettbewerbsaktiven Handelsunternehmen,<br />
zu durchbrechen. In solchen Situationen<br />
darf die Anordnung eines Lieferzwanges, mit der<br />
eine wettbewerbsschädliche Diskriminierung beseitigt<br />
werden soll, aber nicht ihrerseits zu unberechtigten<br />
Wettbewerbsnachteilen für die betroffenen<br />
Anbieter oder die verschiedenen Abnehmergruppen<br />
führen. So wäre es z. B. bedenklich, wenn sich ein<br />
durch einen kartellrechtlichen Lieferzwang „bezugsberechtigter"<br />
Abnehmer aus einer größeren<br />
Gruppe kontrahierungspflichtiger Anbieter nach<br />
seinem Belieben nur auf den einen oder den anderen<br />
Lieferanten beschränken könnte und somit nicht<br />
das für den Fachhandel übliche breite Sortimentsspektrum<br />
zu übernehmen brauchte. Ebensowenig<br />
ließe sich die Anwendung unterschiedlicher Maßstäbe<br />
für einen Lieferzwang bei inländischen im<br />
Vergleich zu ausländischen Markenartikelherstellern<br />
rechtfertigen. Insbesondere darf die Handhabung<br />
des § 26 Abs. 2 nicht das nach dem Kartellgesetz<br />
grundsätzlich zulässige und legitime Absatzmittel<br />
des selektiven Vertriebs von Markenwaren, vor<br />
allem in Form der Fachhandelsbindung, aushöhlen<br />
und damit möglicherweise auf dem deutschen<br />
Markt Absatzwege vereiteln, die in den übrigen<br />
Staaten der Europäischen Gemeinschaft praktiziert<br />
werden können. Ebenso notwendig ist es auf der anderen<br />
Seite aber auch, daß Vertriebsbindungssysteme<br />
nicht als Vorwand und Mittel zur Abschirmung<br />
gegen die Konkurrenz von Newcomern, insbesondere<br />
auf der Handelsstufe, mißbraucht werden.<br />
Solche systematischen Diskriminierungen oder gar<br />
Boykottmaßnahmen — notfalls auch durch einen<br />
Kontrahierungszwang — zu verhindern, ist Sinn<br />
und Zweck des § 26 Abs. 2 und erfordert insoweit<br />
seine konsequente Anwendung.<br />
VI.<br />
Im Bereich der zwischenbetrieblichen Zusammen<br />
arbeit hat sich auch im Berichtszeitraum die Ten<br />
denz zur verstärkten Nutzung der Möglichkeiten der<br />
-