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Weleda Nachrichten 247, Michaeli 2008 PDF-Download

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Die Fülle der nacht<br />

in GOeTHes bekanntem Trauerspiel «stella»<br />

lesen wir am schluss des Dramas einen Monolog,<br />

in dem die verzweifelte Hauptakteurin sich<br />

an etwas wendet, das wir dauernd «verschlafen»<br />

und das doch existenziell für unser Dasein ist:<br />

die nacht. «Fülle der nacht, umgib mich! Fasse<br />

mich! Leite mich!»<br />

Tages- und nachtprozesse stellen für unser<br />

Leben und unsere seelenerlebnisse eine Gegensätzlichkeit<br />

von bewusstsein und unterbewusstsein,<br />

Denken und Träumen, Abbau und Wiedererneuerung<br />

der tagsüber verbrauchten energien<br />

dar. Die Antike veranschaulichte die Kräfte, die<br />

mit den bewusstseinstätigkeiten in Verbindung<br />

stehen, durch das bild des Adlers, der tagsüber<br />

die in der Leber gespeicherten Kräfte auffrisst<br />

– so entstand der Prometheusmythos. nachts,<br />

so der Mythos, wächst die Leber erneut nach:<br />

ein bild dafür, dass sich die abgebauten Kräfte<br />

immer wieder erneuern.<br />

Tatsächlich spielt die Leber als Organ eine rolle,<br />

die den Gegenpol zum Gehirn bildet, besitzt<br />

sie doch keinerlei nerven und ist das regenerativste<br />

Organ in unserem Körper – sie kann sich<br />

sogar bei grösseren Gewebeverlusten völlig regenerieren!<br />

Die Leber als eine «nachtarbeiterin»<br />

sorgt dafür, dass wir morgens frisch aufwachen<br />

– ist die Lebertätigkeit hingegen geschwächt,<br />

fühlen wir uns beim Aufwachen matt und kaum<br />

erfrischt. es kann uns in solchen situationen<br />

schwer fallen, «frisch von der Leber zu reden»,<br />

unsere seelische Fülle am Tag wird zur Mangelware:<br />

Wir können nicht «jovial» sein («jovial»<br />

kommt von «Jovis», dem Jupiter, dem planetarischen<br />

regenten der Leber). Wir spüren dann<br />

nicht den nötigen Kräfteüberschuss in uns. Kopf<br />

und Leber sind die grossen Antipoden von Abbau<br />

und erneuerung, von Tages- und nachtprozessen,<br />

von Aufzehren und Wiedererneuern. Aus<br />

kosmischer Weisheit heraus bilden wir nachts<br />

kolumne<br />

Unser Kolumnist Dr. med. Olaf Koob<br />

lebt in Berlin und ist bekannt als Autor<br />

mehrerer Bücher zu Gesundheitsthemen.<br />

Er hält weltweit Seminare und<br />

Vorträge über Komplementärmedizin<br />

und Gesundheitspädagogik.<br />

das «Wachs», das die Flamme unseres Tagesbewusstseins<br />

brennen lässt.<br />

Dass in der nacht weisheitsvolle Kräfte am<br />

Werk sind, weiss auch der Volksmund, wenn er<br />

davon spricht, dass wichtige Angelegenheiten<br />

erst einmal überschlafen werden sollten. entwickeln<br />

wir ein Verständnis dafür, was wir der<br />

nacht an Lebens- und Weisheitsfülle verdanken,<br />

so verstehen wir auch die bräuche und Gewohnheiten<br />

früherer Generationen, sich mit religiösen<br />

empfindungen und ritualen auf den schlaf<br />

vorzubereiten.<br />

Holt der Mensch aus seelischen oder organischen<br />

Gründen wie bei lange dauernder<br />

schlaflosigkeit nicht genug Kraft und stärke<br />

aus der nacht, so kann das langfristig schwere<br />

Folgen haben – bis hin zu völliger erschöpfung,<br />

Lebensverdruss und Depression als seelischer<br />

Leere. in medizinischer und psychologischer<br />

Hinsicht kann die anthroposophisch erweiterte<br />

Heilkunde bei solchen Fällen mit Arzneimitteln<br />

und mit Hilfe imaginativer bilder und übungen<br />

unterstützend eingreifen – damit die nachtkräfte<br />

gestärkt werden und wir aufmerksam und<br />

gesund den Tag erleben.<br />

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