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PH Publico 1 - Pädagogische Hochschule Burgenland

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4. Was bedeutet Neue Lernkultur für den Unterricht?<br />

aus konstruktivistischer Perspektive: Lernen<br />

ist stets eine Funktion des internen Konstruierens<br />

des Lernenden selbst, daher kann<br />

jeder von außen kommende Eingriff den<br />

Konstruktionsprozess nur behindern, denn<br />

diese Inputs ersetzen selbst vollzogene Konstruktionen.<br />

Das Ergebnis ist ein Einlernen<br />

fertigen Wissens, welches nun nicht mehr in<br />

die eigene kognitive Struktur eingebaut, sondern<br />

mehr oder weniger zusammenhanglos<br />

mental abgespeichert, memoriert wird und<br />

nur zum Zwecke der Reproduktion im Sinne<br />

einer verbalen Wiedergabe, nicht aber zur<br />

Anwendung bereit steht (innert knowledge ?<br />

Renkl 2001). Die Aufgabe des Lehrenden ist<br />

es daher, das Lernen anregende Lernumgebungen<br />

so zu gestalten, dass erwartet werden<br />

kann, dass die Lernenden in der handelnden<br />

Auseinandersetzung mit ihnen, sinnstiftend<br />

mental konstruieren und solchermaßen aus<br />

sich heraus - ohne Lernen behinderndes<br />

Lehren - und also scheinbar ganz natürlich<br />

lernen (vgl. Giest 2007a).<br />

Eine solchermaßen lernoffene Lernumgebung<br />

könnte folgendermaßen gestaltet sein:<br />

Aus Werner Lüftner (1983): Handelndes Lernen<br />

im Sachunterricht. Diesterweg, S. 51-52.<br />

Deskriptive Darstellung des Unterrichtsverlaufs:<br />

„Zu Beginn der Unterrichtsstunde erhielten<br />

die Schüler die Materialpakete mit der verbalen<br />

Handlungsanweisung: »Schaut euch<br />

die Gegenstände in der Schachtel an und<br />

überlegt, was ihr damit anfangen könnt.«<br />

Während einige Schüler zunächst sehr überrascht,<br />

andere auch ein wenig ratlos dieser<br />

Aufgabenstellung gegenüberstanden, war die<br />

Mehrzahl der Schüler sofort damit beschäftigt,<br />

die Materialien zu untersuchen und auf<br />

den Arbeitstischen auszubreiten.<br />

Schon nach wenigen Minuten gelang es drei<br />

Jungen, die Glühlämpchen zum Aufleuchten<br />

zu bringen, indem sie den Kontakt zwischen<br />

den Polblechen der Batterie und den<br />

Kontaktstellen der Glühlampe herstellten.<br />

Ausrufe, wie »meine Lampe brennt« bewirk-<br />

28<br />

ten, dass sich noch andere Schüler mit den<br />

Batterien und Lämpchen befassten. Kaum<br />

ein Schüler konnte die Lampe jedoch sofort<br />

zum Aufleuchten bringen. Sehr häufig wurde<br />

die Schraubfassung der Lampe einfach<br />

zwischen die beiden Polbleche der Batterie<br />

geklemmt. Durch ständiges Probieren gelang<br />

es schließlich vielen Schülern die Kontaktstellen<br />

zu finden. Oft half auch der Hinweis<br />

eines Nachbarn: »Du musst ein Batterieblech<br />

unter die Lampe halten und das andere dort,<br />

wo man die Lampe reindreht.« Wer die Kontaktstellen<br />

gefunden hatte, ließ die Lampen<br />

immer wieder aufleuchten.<br />

Einige Schüler (5 Mädchen und 2 Jungen)<br />

zeigten für die Batterien kein Interesse. Sie<br />

setzten unbeirrt die anfangs begonnenen<br />

Arbeiten fort. Andrea und Sabine bauten<br />

auf ihrer Grundplatte eine Zirkusarena auf.<br />

Zwischen zwei Knetsäulen knüpften sie eine<br />

Schnur, auf die sie einen Seiltänzer aus Knet<br />

setzten. Heike formte aus Knet verschiedene<br />

Tiere und richtete einen Zoo ein. Bei allen<br />

Objekten versuchten die Schüler verschiedene<br />

Materialien einzusetzen. So wurde der<br />

Kupferdraht als Fahnenmast verwendet, aus<br />

dem Silberpapier eine Flagge gefaltet und aus<br />

Nägeln, Schnüren und Drähten wurden Umzäunungen<br />

gebastelt. Neben einem »Schiff<br />

mit Stecken und Wasser darum« entstand<br />

noch ein Männchen aus Silberpapier, Knet<br />

und Reißnägeln.“<br />

Diese Episode, die der genannte Autor jedoch<br />

in der dargestellten Weise nicht als Idealform<br />

verstanden wissen will, verdeutlicht, was aus<br />

der Lernforschung über selbständiges Lernen<br />

bekannt ist: Sein Lernerfolg hängt vor<br />

allem vom Vorwissen (Lernkompetenz) sowie<br />

von der Motivation und den Interessen<br />

der Lernenden (also von ihren Konstruktionsgrundlagen)<br />

ab und zeigt geringe Effekte<br />

auf die Lernförderung (Vovides et al., 2007:<br />

“not adequate scaffold of learners to improve<br />

their self regulated skills”).<br />

Beide Modelle bieten für eine zukunftsorientierte<br />

Lernkultur unbefriedigende Ori-

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