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PH Publico 1 - Pädagogische Hochschule Burgenland

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4. Was bedeutet Neue Lernkultur für den Unterricht?<br />

Die Handlungskontrolle erfolgte nicht immer<br />

und wenn, dann resultativ durch die Lehrkraft<br />

und frontal im Unterrichtsgespräch.<br />

Eine Handlungsbewertung durch die Schüler<br />

wurde kaum beobachtet (beobachtbare Bewertungsreaktionen<br />

auf der Seite der Schüler<br />

waren die absolute Ausnahme).<br />

Es gelingt wohl eher nicht, die oben dargestellten<br />

und von den Lehrkräften hoch<br />

bewerteten Merkmale „guten Unterrichts“<br />

umzusetzen (vgl. auch Hascher 2005). Handlungsorientierter<br />

Unterricht, in dem von uns<br />

verstandenen Sinne der Öffnung von Unterricht,<br />

findet wenig statt.<br />

Im Rahmen derselben Studie befragten wir<br />

auch 60 Kinder zum Unterricht, der in die<br />

Unterrichtsbeobachtung einbezogen war.<br />

Die Interviews der Kinder stützten unsere<br />

Beobachtungsergebnisse: Sie gaben an,<br />

häufig machen zu müssen, was die Lehrerin<br />

sagt und nicht mitbestimmen zu können,<br />

was im Unterricht behandelt wird (vgl. auch<br />

Hansen & Klinger 1997). Spaß macht ihnen<br />

der Unterricht dann, wenn sie selbst etwas<br />

tun dürfen, mitbestimmen können, was im<br />

Unterricht behandelt wird. Dabei gehen die<br />

Kinder durchaus gern zur Schule. Nur ca.<br />

10% gaben an, dass ihnen die Schule keinen<br />

Spaß macht.<br />

Ergebnisse qualitativer Analysen von Unterrichtsprotokollen<br />

und Unterrichtsproben<br />

von Studierenden, die wir in den letzten<br />

Jahren durchgeführt haben, zeigen ein ähnliches<br />

Bild: Studierende gehen bei ihrer Unterrichtsplanung<br />

z.T. entgegen der von ihnen<br />

präferierten Idealvorstellung von Unterricht<br />

davon aus, dass Lernen direkt durch Lehren<br />

bewirkt werden kann (im Fokus liegen<br />

Lehrhandlungen, was in Formulierungen wie<br />

„beibringen“, „sollen (dürfen) lernen“, „belehren“,<br />

„durchnehmen“…) zum Ausdruck<br />

kommt.<br />

30<br />

Es herrscht die Vorstellung vor, dass die<br />

Lehrbarkeit eines Inhalts (nach der Lernbarkeit<br />

wird oft nicht gefragt oder es wird<br />

Lehrbarkeit und Lernbarkeit gleichgesetzt)<br />

durch die Analyse der Sachstruktur und ihre<br />

didaktische Reduktion 15 möglich wird (d.h.<br />

man verzichtet beispielsweise auf die Fachsprache,<br />

drückt Sachverhalte „einfach“ aus,<br />

bedient sich einer „kindgemäßen“ Sprache,<br />

um den Inhalt „kindgemäß“ zu präsentieren).<br />

Die psychische Struktur der Lerntätigkeit<br />

spielt keine Rolle. Das Entstehen von<br />

Lernmotiven und Lernzielen auf der Seite<br />

der Lernenden, die Frage nach erforderlichen<br />

Lernhandlungen und ihrer psychischen<br />

Regulation wird bei der Unterrichtsplanung<br />

nicht thematisiert. Statt nach dem Lernen zu<br />

fragen, interessieren die Methoden („Dominanz<br />

der Methode“). Dabei rückt eine Handlungsidee,<br />

eine zum Ritual erstarrte methodische<br />

Variante, oft auch nur ein Arbeitsblatt<br />

in den Mittelpunkt des Unterrichts, ohne<br />

dass der konkrete Bezug zum Lernen des<br />

Kindes hergestellt wird, und unklar bleibt,<br />

worin sich „pure Beschäftigung“ von „lernender<br />

Begegnung“ (Beck 1993) unterscheidet.<br />

Ein weiteres Problem besteht darin, dass<br />

bei der Behandlung der Inhalte entweder die<br />

Lebenswelt der Kinder oder die Fachwissenschaft<br />

zum Zuge kommen, die Einheit beider<br />

Seiten (im Sinne des Perspektivrahmens der<br />

GDSU 2002) jedoch nicht hergestellt werden<br />

kann.<br />

15 Die Didaktische Reduktion wird als zentrale Aufgabe<br />

von Didaktik überhaupt aufgefasst (vgl. Vogel, 1986, S. 567), sie<br />

besteht „in der Rückführung komplexer Sachverhalte auf ihre<br />

wesentlichen Elemente, um sie für Lernende überschaubar und<br />

begreifbar zu machen. Diese Komplexitätsreduktion in didaktischer<br />

Absicht spielt in unterschiedlichen didaktischen Argumentationskontexten<br />

eine Rolle und bekommt dort jeweils unterschiedliche<br />

Bedeutung. Didaktische Reduktion – im allgemeinen Sinn – ist<br />

überall dort zu leisten, wo ein umfangreicher und differenzierter<br />

Bestand an Wissen für Lehr- und Lernzwecke aufbereitet wird.“<br />

Im Kern geht es um die Methodik, eine komplexe Wirklichkeit<br />

zu vereinfachen, zu reduzieren (Reduktion), um eine schülergemäße<br />

Präsentation des jeweiligen Lerninhaltes zu ermöglichen.<br />

Die Didaktische Reduktion führt dabei komplexe Sachverhalte<br />

auf ihre wesentlichen Elemente zurück, um sie für Lernende<br />

überschaubar und begreifbar zu machen. Prinzipien sind hierbei:<br />

Fachliche Richtigkeit, fachliche Ausbaufähigkeit, Angemessenheit<br />

(http://de.wikipedia.org/wiki/Didaktische_Reduktion - download<br />

13.05.2008). Jank & Meyer (1997) weisen jedoch darauf hin, dass<br />

dies eine nur am jeweiligen Fachinhalt orientierte Vorgehensweise<br />

ist. Auch Klafki (1963) verwendet in seiner „Didaktischen Analyse“<br />

diesen Begriff nicht, weil er zu stark auf den materialen Aspekt<br />

der Bildung bezogen ist. Die Hauptkritik an der traditionellen,<br />

bis heute in den <strong>Hochschule</strong>n gelehrten didaktischen Analyse<br />

bezieht sich auf die fehlende Berücksichtigung der Lernstruktur.

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