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Herzliche Glückwünsche 2006 - Banater Berglanddeutsche

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ließen. Mit Quellwasser und Tradition hat aber die heutige<br />

Bierproduktion nichts mehr zu tun, eher mit banat-schwäbischer<br />

Coolheit.<br />

„Bere Timis¸oreana“ hergestellt in Ciclova Montană<br />

Mit erwecktem aber ungestilltem Durst zog ich weiter. Ich wollte<br />

unbedingt noch – wenn auch die Wolken sich bereits tummelten<br />

– die Hammerteiche sehen, drei gibt’s da bereits seit 1725. Zwei<br />

davon, die unteren, lagen auf meinem Weg. Der eine unterhalb<br />

des Kirchenfelsens ist mittlerweile nicht größer als ein örtliches<br />

Schlagloch, total versumpft aber „Ein Anglerparadies!“ überzeugte<br />

mich ein Mann, der sich auch bereit zeigte mich zum dritten<br />

Teich zu führen – dem schönsten der, wie er sagte, eine echte<br />

Businesschance ist. Leider hatte ich keine Zeit mehr nach oben<br />

ins Dorf zu gehen: eine Errinerungs-SMS landete im wahrscheinlich<br />

einzigen Empfangspunkt des Tals, also, merkt’s euch, beim<br />

Hammerteich No.1.<br />

Übrigens ein Wort zu allen Ciclovanern: sehr arme aber gebildete<br />

und weltoffene Menschen, die die Bedeutung der Lokalgeschichte<br />

verstehen und auch dadurch diesen versteckten Ort<br />

am Leben halten möchten. Gerne redet man über die „Ulit¸a nemt¸ească“,<br />

jeder hat hier deutsche Verwandschaft und Bekanntschaft,<br />

nur um etwas Werbung wird gebeten.<br />

Zum Beispiel die Kirchendienerin, sie hat volles Vertrauen in den<br />

unangemeldeten Besucher, auch wenn ihr Vorgänger – Herr<br />

Maltet – vor wenigen Jahren durch Räuber umgebracht und die<br />

Kirche ausgeraubt wurde. Sie bedauert die Schließung des<br />

Kinderheims, es gibt keine Kinder mehr, nicht mal aufgefangene<br />

Straßenkinder.<br />

Und von dieser Kirchendienerin bekam ich, Mitglied einer<br />

Ortsgründerfamilie, nach vielen Generationen wieder die<br />

Schlüssel der Kirche in die Hand und damit die Gelegenheit, alleiniger<br />

Besucher dieser Pilgerstätte(4) zu sein! Die Voraussetzung<br />

für ein ganz besonderes Erlebnis.<br />

Marienstatue mit Jesukind im Kirchhof<br />

Vorerst aber konnte ich nicht in die Kirche, die riesigen Schlüssel<br />

bockten: der erste stoppte mich beim Hoftor, der zweite funktionierte<br />

nur beim Seiteneingang und nicht am Haupteingang beim<br />

Turm, das entdeckte ich zu meiner Verzweiflung erst nach langen<br />

und mühsamen Versuchen.<br />

Aber dann plötzlich gehörte alles mir: in der Dunkelheit des<br />

Raumes fühlte ich das Bedürfnis die Fenster zu öffnen. Ein grandioser<br />

Ausblick über die Felsen ins Tal, verstärkt durch die herr-<br />

schenden Naturverhältnisse – Gewitterwolken türmten sich auf –<br />

wie auch durch die Einsamkeit erweckte in mir ein nicht zu<br />

beschreibendes Gefühl. „Maria Fels“ ist genau so arm und seiner<br />

Schätze beraubt wie die Bierfabrik, der Ort und seine Bewohner<br />

und trotzdem faszinierend, so war es schon immer. Sehr berührt<br />

von dieser Atmosphäre bewegte ich mich durch die verkritzelten<br />

Sitzbänke und die Treppen hoch zum Glockenturm. Von der Orgel<br />

blickte ich auf den Altar und die Kopie des Gnadenbildes der<br />

Mutter Gottes mit dem Jesuskind.<br />

Zum Gnadenbild selbst: das Original ist nach Temesvar zur<br />

Restaurierung gebracht worden (im Moment hängt an seiner Stelle<br />

eine Kopie). Es ist eine zwei Mal übermalte Ikone, die Legende der<br />

Kraschowäner(5) stimmt also. Restauriert werden soll aber die<br />

byzantinische Originalfassung, nicht das Wunder wirkende<br />

Gnadenbild der katholischen Pilger und Wallfahrer. Und zurück<br />

nach Ciclova kommt unsere heilige Madonna mit Goldkrone<br />

sowieso nicht mehr, aus Sicherheitsgründen. Na ja, bereits 1770<br />

ist sie einer Zwangsumsiedlung entflohen, es soll aber nicht das<br />

letzte Wunder gewesen sein! Und die zu erwartende Dispute darüber,<br />

welche Darstellung der Heiligen restauriert werden soll, wird<br />

die bezüglich Mitgliedschaft unseres Vereins im BdV sicherlich<br />

übertreffen. In diesen beiden Punkten bin ich mir absolut sicher.<br />

Kirchentor<br />

Am Ausgang erlebte ich den Wolkenbruch, der sich bereits<br />

angekündigt hatte, die Wallfahrtskirche wollte mich nicht loslassen.<br />

„Cu chiu cu vai“ schaffte ich es die Fenster, Türen und Tore<br />

zu schließen, um total durchnässt ins Dorf zurück zu kehren.<br />

Seitdem beherrscht mich das Gefühl dort etwas vergessen zu<br />

haben. Ich soll unbedingt so bald wie möglich zurückgehen und<br />

nachschauen!<br />

1) Die Sieben Häuser in Reschitz sind alte Kolonistenhäuser auf dem sehr<br />

steil ansteigenden Slowakenberg, heute Strada T¸erovei, weitab vom<br />

öffentlichen Verkehr.<br />

2) Ciclovarer Bergbau: bereits im 14. Jh. von sächsische Bergleuten angegangen,<br />

1868 durch die StEG endgültig geschlossen. Gefördert wurde<br />

hauptsächlich silberhaltiges Kupfer.<br />

3) Die Bierfabrik aus Ciclova wurde im Jahre 1818 von Karl August<br />

Knobloch gegründet. Bier gebraut wurde in Ciclova aber bereits 1727.<br />

Solche Rechte hatten laut Maximilianischem Gesetz nur die Bergorte. Das<br />

Ciclovaer Bier war wegen seines Wohlgeschmacks sehr geschätzt, der<br />

von dem verwendeten Quellwasser herrührte.<br />

4) Die katholische Kirche in Ciclova „Maria Fels“ ist eine bekannte<br />

Wallfahrtskirche, die einzige katholische Pilgerstätte im <strong>Banater</strong> Bergland.<br />

Sie wurde zu Ehren der Gottesmutter Maria errichtet, die laut Legende ein<br />

Kind rettete, das vom Felsen gestürzt war.<br />

5) Die Kraschowäner Sage berichtet, dass das Gnadenbild das Werk eines<br />

griechischen Malers ist und von bulgarischen Flüchtlingen mitgebracht<br />

wurde.<br />

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