Herzliche Glückwünsche 2006 - Banater Berglanddeutsche
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Wir gehen mit der Zeit<br />
Ein Internetgespräch geführt von Hugo Balazs mit Andreea Kremm.<br />
Der „Stern“ schreibt in einem Artikel vom 20. Oktober 2005 über die Jungunternehmerin,<br />
die in Reschitz geboren ist und dort die deutsche Schule absolviert<br />
hat: „Auch Andreea Kremm könnte in einem Werbeclip für das junge Rumänien mitmachen.<br />
Sie ist 25, aber schon Millionärin. Nur 1,57 Meter groß, hat sie die Energie<br />
eines reißenden Bergbachs. In Temeswar, im Westen des Landes, betreibt die blonde<br />
Frau, deren Vorfahren aus Schwaben ins Banat einwanderten, seit sechs Jahren<br />
ein Callcenter. Am Anfang schnitten ihr die Nachbarn vor Neid noch die Kabel durch,<br />
jetzt ist sie eine Vorzeigeunternehmerin.“<br />
Hugo Balazs hat Frau Kremm für das Mitteilungsblatt „<strong>Banater</strong> <strong>Berglanddeutsche</strong>“<br />
einige Fragen gestellt.<br />
Foto eingesandt von Andreea Kremm<br />
HB: Frau Kremm, in einer globalisierten und sehr dynamischen<br />
Welt, in einem Land wo gegen Korruption und Vetternwirtschaft<br />
gekämpft wird, wie viel Mut muss man aufbringen um eine Firma<br />
zu gründen? Welches war das ausschlaggebende Argument solch<br />
einen Schritt zu wagen? Wie hat alles begonnen?<br />
Mein Geschäftspartner, Claudiu Patt, dem die andere Hälfte der<br />
Netex gehört, war schon immer ein Unternehmer. Es war seine<br />
Idee selbstständig zu werden, wir waren auch als Kinder sehr<br />
unabhängig. Wir haben das schon in der Schule geplant und<br />
sobald wir alt genug dafür waren, haben wir die Firma bei der<br />
Handelskammer angemeldet, an seinem Geburtstag. Wir haben<br />
uns die Arbeit von Anfang an geteilt: er hat gute Ideen und ich<br />
kann sie durchsetzen.<br />
Korruption und Vetternwirtschaft stört im Geschäftsleben nur,<br />
wenn die Kunden davon betroffen sind. Deshalb haben wir sehr<br />
schnell beschlossen, unsere Kunden woanders zu suchen.<br />
Sobald wir angefangen haben nur fürs Ausland zu arbeiten, hatten<br />
wir nie wieder ein Problem damit.<br />
HB: Januar 2000 in Reschitz als Internetanbieter gegründet, ist im<br />
November 2001 der Firmensitz der NETEX CONSULTING SRL<br />
nach Temeswar verlegt und das Aufgabengebiet erweitert worden.<br />
Es wird das erste Call-Center der Firma eröffnet. Welches<br />
waren die Gründe dieser Verlegung? Kurz gefragt, was ist in<br />
Temeswar anders als in Reschitz?<br />
In Res¸it¸a haben zu der Zeit soziale Probleme angefangen, durch<br />
die plötzlichen Entlassungen im Werk, einem der damals grössten<br />
Arbeitgeber der Stadt. Das war ein Gund wegzuziehen. Ausserdem<br />
waren wir Studenten in Temeswar und es war viel einfacher<br />
und kostengünstiger mit der Firma umzuziehen, als jede Woche<br />
nach Res¸it¸a zu fahren. Temeswar hat mehr Einwohner und Universitäten,<br />
was uns eine grössere Auswahl an qualifizierten<br />
Arbeitnehmern geboten hat.<br />
HB: Für Leser, die mit den neudeutschen Begriffen nicht zurecht<br />
kommen, würden Sie bitte kurz erklären, was eigentlich ein Call-<br />
Center ist und welche Tätigkeiten da stattfinden, welches sind<br />
ihre Partner?<br />
Ein Call-Center ist die Weiterentwicklung der klassischen<br />
Telefonzentrale, die Brücke vom Unternehmen zum Kunden. Wir<br />
nehmen Anrufe von Kunden an und beantworten deren Anfragen,<br />
geben Produktauskünfte, nehmen Bestellungen an und kümmern<br />
uns um Beschwerden. Unsere Partner sind grösstenteils Onlineshops,<br />
wie z.B. Europas grösster Online-Reifenhändler<br />
www.reifendirekt.de.<br />
HB: Das Unternehmen wächst sehr schnell. 2001 wird in<br />
Deutschland die „Netex Production und Netex Consulting GbR“ in<br />
Sonderhausen als Internet Content Provider gegründet, in<br />
Hermannstadt entsteht ein weiteres Call-Center, es werden<br />
Dienstleistungen in unterschiedlichen Fremdsprachen angeboten<br />
und 2005 wird die Firma für ihre Leistung in die Topliste der mittelständischen<br />
Unternehmen des Kreises Temesch aufgenommen.<br />
Würden Sie uns etwas über die Entwicklungsgeschichte des<br />
Unternehmens erzählen und welches der heutige Stand ist?<br />
Wir sind heute nach wie vor im Wandel. Wir gehen mit der Zeit,<br />
der Markt diktiert die Leistungen, die gefragt sind und danach<br />
richten wir uns. Wir sind sehr flexibel und können uns auf die<br />
Wünsche unserer Kunden schnell und problemlos einstellen.<br />
14<br />
HB: Die Firma hat drei Geschäftsfelder: Call-Center, Büroservice<br />
und Programmierung. Welches dieser Geschäftsfelder bringt den<br />
größten Profit und welches hat für die Zukunft die besten<br />
Entwicklungschancen?<br />
Call-Center ist unser Hauptstandbein. Mit Programmierung<br />
haben wir angefangen, danach kam Büroservice dazu und als<br />
letztes das Call-Center. Die ersten beiden Tätigkeiten haben mit<br />
der Zeit an Bedeutung verloren und Telefondienst ist jetzt unser<br />
Hauptgeschäftsfeld.<br />
HB: Wie wird das Unternehmen in fünf Jahren aussehen, welches<br />
sind ihre Zukunftspläne die Sie anstreben?<br />
Wenn mir jemand vor 5 Jahren gesagt hätte, dass ich 2005 erfolgreich<br />
ein internationales Call-Center betreiben würde, hätte ich<br />
das selbst nicht ganz geglaubt. Ich weiss nicht, was die Zukunft<br />
bringen wird, aber mein Plan ist es, meine Kunden weiterhin<br />
durch Leistungen überzeugen zu können und mit uns zusammen<br />
zu arbeiten, auch nachdem Rumänien in die EU eingetreten ist<br />
und das Preisgefälle nicht mehr der ausschlaggebende Grund für<br />
das Outsourcing sein wird.<br />
HB: Nachdem wir einiges über Ihre unternehmerischen Leistungen<br />
erfahren haben, würden Sie uns auch etwas über Ihre Person<br />
erzählen? Wo sind Sie geboren, wo sind Sie zur Schule gegangen,<br />
welches sind Ihre Hobbys?<br />
Ich bin in Res¸it¸a geboren aber in Grosssanktnikolaus aufgewachsen.<br />
Ich habe die deutsche Schule in Res¸it¸a besucht, heute das<br />
„Diaconovici-Tietz“-Lyzeum, aber nach wie vor besser bekannt<br />
als „Bastilia“. Als ich noch mehr Zeit für Hobbys hatte als heute,<br />
hab ich gerne altmodische Sachen gemacht, die ich von meiner<br />
Oma gelernt habe: Stricken, Häkeln, Gobelin nähen, ein<br />
Ausgleich zu meiner sonst Hightech-Arbeit.<br />
HB: Sie sind väterlicherseits deutscher Abstammung, Ihr Vater ein<br />
bekannter deutscher Journalist, Chefredakteur der <strong>Banater</strong><br />
Zeitung, die Mutter Leiterin der deutschen Schule aus Reschitz,<br />
des Diaconovici-Tietz Gymnasiums. Zu welcher deutschen Volksgruppe<br />
fühlen Sie sich zugehörig, zu den <strong>Banater</strong> Schwaben, den<br />
<strong>Banater</strong> <strong>Berglanddeutsche</strong>n, den Reschitzaern oder allgemein zu<br />
den Rumäniendeutschen?<br />
Ich bin <strong>Banater</strong> Schwäbin und rede zu Hause auch heute noch<br />
Schwäbisch mit meiner Familie. In der Schule hab ich zwar<br />
„reschitzarerisch“ gelernt von meinen Mitschülern, aber das<br />
ändert nichts an der Tatsache, dass ich am Ende eine<br />
„Senmikloscherin“ bin, weil ich bei meiner Oma in Grosssanktnikolaus<br />
aufgewachsen bin.<br />
HB: Temeswar ist eine schöne und bekannte Stadt, ein Symbol<br />
des Wirtschaftsaufschwungs in Rumänien geworden. In Reschitz,<br />
nur hundert Kilometer entfernt, passiert fast nichts oder besser<br />
gesagt, man sieht nichts. Welches ist Ihrer Meinung nach der<br />
Grund dieses Rückstandes und wie sehen Sie die Zukunftschancen<br />
von Reschitz?<br />
Wir haben inzwischen wieder einen Standort in Res¸it¸a mit ca. 30<br />
Angestellten. Dadurch bin ich noch in Kontakt mit der Geschäftswelt<br />
vor Ort und es bewegt sich Einiges. Res¸it¸a hatte die<br />
allgemeinen Probleme einer monoindustriellen Region, die aber<br />
inzwischen meiner Meinung nach überwunden sind. Viele kleine<br />
und mittlere private Unternehmen haben die Werke erfolgreich als