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What Is Soul ?<br />
Die Geschichte der Soul-Music (2. und letzter Teil) von Günter Doll<br />
Eine zweite Welle poporientierter<br />
Soulmusik startete ab 1972<br />
von Philadelphia aus. Der bekennende<br />
Black Muslim Kenny<br />
Gamble und sein Partner Leon<br />
Huff gründeten die Firma Philadelphia<br />
International Records<br />
unter der Schirmherrschaft von<br />
CBS. Bereits ein Jahr später<br />
war sie das zweitgrößte von<br />
Schwarzen geführte Musikunternehmen<br />
der USA. Philadelphia<br />
International Records hatten mit<br />
MFSB (Mothers, Fathers,<br />
Sisters, Brothers) eine hauseigene<br />
Studio-Band, die den perfekten<br />
Philly-Sound produzierte.<br />
Markenzeichen der Band war<br />
eine perfekt produzierte tanzbare<br />
Soul-Variante. Von Kritikern<br />
wurde der Philly Sound als Anbiederung<br />
an den weißen<br />
Mainstream kritisiert. Die bekanntesten<br />
Künstler des Philly<br />
Sounds waren Billy Paul (Me<br />
And Mrs. Jones), O’Jays (Love<br />
Train), The Three Degrees<br />
(When Will I See You Again),<br />
Harold Melvin & The Blue Notes<br />
(The Love I Lost) und Gloria<br />
Gaynor (Never Can Say Goodbye).<br />
Der Erfolg des Philly<br />
Sounds trug nicht unmaßgeblich<br />
zur Etablierung der Disco-Welle<br />
der siebziger Jahre bei. Dem auf<br />
D a u e r d o c h s t e r e o t y p<br />
klingenden Konzept des Philly<br />
Sounds war kein langer Erfolg<br />
beschieden. Bereits Ende der<br />
70er Jahre verlagerten sich die<br />
Zentren der Soul Musik und<br />
dezentralisierten sich endgültig.<br />
Die nachfolgenden Stilrichtungen<br />
Funk, Disco, House und Hip<br />
Hop bewirkten schließlich eine<br />
Generationsablösung innerhalb<br />
der schwarzen Musik.<br />
Die Achtziger standen, was<br />
schwarze Musik angeht, vor allem<br />
im Zeichen von Hip Hop<br />
und Rap.<br />
Allerdings gab es immer wieder<br />
jenseits dieser Musikrichtungen<br />
bemerkenswerte Produktionen<br />
alter und neuer Künstler. Besonders<br />
zu erwähnen sind hier Tina<br />
Turner, Prince und Michael<br />
Jackson. Tina Turner und Michael<br />
Jackson hatten sich allerdings<br />
bereits im klassischen<br />
Soul-Metier hochgearbeitet, Tina<br />
Turner zusammen mit ihrem<br />
Ehemann Ike und Michael Jackson<br />
als Sänger der Motown-<br />
Geschwistertruppe Jackson Five.<br />
Die klassische Soul-Musik<br />
steckte Anfang der achtziger<br />
Jahre in einer schweren Krise.<br />
Die kommerziellen Zentren der<br />
Soul-Musik verlagerten sich.<br />
Während Chicago, Memphis<br />
und Detroit bedeutungslos wurden,<br />
sorgten aufstrebende neue<br />
Studios und Labels in New York,<br />
Philadelphia und Los Angeles<br />
für Nachschub an Soul-Musik.<br />
Haupttrend war Crossover Richtung<br />
Pop. Kurzfristig lebte auch<br />
nochmals die alte Stilrichtung<br />
Rhythm´n´Blues neu auf – diesmal<br />
als Stilbezeichnung für neuere,<br />
tanzbare Varianten.<br />
Bedeutende Soulkünstler des<br />
neuen, urbaren Stils waren Luther<br />
Vandross, Freddie Jackson,<br />
Sherley Jones und Anita Baker.<br />
Auch schon etablierten Künstlern<br />
wie Gladys Knight & The<br />
Pips, Marvin Gaye und Bobby<br />
Womack gelang es in dieser<br />
Umbruchsphase, sich mit neuen<br />
Produktionen in Erinnerung zu<br />
bringen.<br />
Im neuen Jahrtausend gilt der<br />
Begriff Soul in der aktuellen Umgangssprache<br />
übergreifend für<br />
schwarze Popmusik, die gefühlsbetont<br />
präsentiert wird. Obwohl<br />
Soul nach wie vor als<br />
schwarze Musikrichtung gilt,<br />
wird sie schon seit langem auch<br />
von nicht schwarzen Künstlern<br />
interpretiert.<br />
Auch in England und Westeuropa<br />
gab es zahlreiche Künstler,<br />
die der Soul-Musik zugerechnet<br />
werden können. In den sechziger<br />
Jahren machte besonders<br />
58<br />
Dusty Springfield mit ihrer rauchigen<br />
Stimme von sich reden.<br />
In den siebziger Jahren gründeten<br />
sich auf der Insel zahlreiche<br />
Soul- und Funkgruppen. Hierzu<br />
zählen Hot Chocolate, Heatwave<br />
und die Average White Band.<br />
Als Solisten waren Billy Ocean,<br />
Eddy Grant und Joe Cocker erfolgreich.<br />
In den achtziger Jahren waren<br />
Carmel, Sarah Jane Morris sowie<br />
Sade erfolgreich.<br />
Die belgische Formation Vaja<br />
Con Dios war in den neunziger<br />
Jahren gut im Geschäft.<br />
Deutschland erreichte die Soulwelle<br />
bereits in den sechziger<br />
Jahren, da sich zahlreiche amerikanische<br />
Soldaten im Land<br />
befanden.<br />
Frühe Zentren der Soul-Musik in<br />
Deutschland waren Berlin,<br />
Frankfurt, Mannheim, Kaiserslautern<br />
und Heidelberg.<br />
Ähnlich wie bei der Rockmusik<br />
dauerte es jedoch vergleichsweise<br />
lange bis sich eine eigenständige<br />
Soulszene entwickelte.<br />
Bedingt durch viele Migranten,<br />
kann man in Deutschland seit<br />
zwei Jahrzehnten von einer sich<br />
weiter entwickelnden Soul-<br />
Szene sprechen.<br />
Als Produzent und Musiker ist<br />
hier besonders der Frankfurter<br />
Moses Pelham, ehemals Mitglied<br />
der Hip Hop-Formation<br />
Rödelheim Hartreim Projekt,<br />
hervorgetreten.<br />
Wichtige Künstler der deutschen<br />
Soulszene sind auch Sabrina<br />
Setlur, Ayman, Cassandra<br />
Steen, Glashaus und Joy Denalane.<br />
Für die aktuelle Vielseitigkeit<br />
stehen ambitionierte Projekte<br />
wie die Funk-Gruppe Rad,<br />
neue Künstler wie Jan Delay<br />
und J-Luv oder Stefan Gwildis,<br />
der außer eigenen Songs auch<br />
bekannte Soulhits mit deutschen<br />
Texten präsentiert.