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Heft 4 - Institut für Zeitgeschichte

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Zur deutschen Politik gegenüber Polen 1925 / 26 325<br />

II<br />

In jenem Verhalten der beiden Staatsmänner zueinander kam das komplizierte<br />

Verhältnis zweier Nachbarstaaten zum Ausdruck, von denen der eine in der ihm<br />

in der Stunde der Niederlage aufgenötigten Grenzfestlegung eine fortdauernde<br />

Demütigung sah, während der andere aus der leidvollen Erfahrung eines mehr<br />

als hundertjährigen Verzichts auf staatliche Existenz äußerst empfindlich auf jede<br />

erneute Anfechtung seiner Grenzen reagieren mußte.<br />

Die Etablierung einer Grenze in einem gemischt-völkischen Gebiet brachte an<br />

sich schon große Schwierigkeiten mit sich: In einer Zeit, in der Nationalitätenpolitik<br />

trotz ihrer Verquickung mit staatlicher Machtpolitik doch noch gebunden<br />

blieb an privatrechtliche Normen, bedeutete die Wiederherstellung des polnischen<br />

Staates — so wie sie im Versailler Vertrag und im anschließenden Minderheitenschutzvertrag<br />

zwischen den alliierten Mächten und Polen ihre Form erhielt —<br />

zunächst die Zuerkennung der polnischen Staatsangehörigkeit an alle innerhalb<br />

der neugezogenen Grenzen Lebenden, ohne Rücksicht auf ihre Abstammung, soweit<br />

sie nicht erst in jüngerer Vergangenheit (seit 1908) im Zuge staatlich gelenkter<br />

preußischer Ansiedlungspolitik zugezogen waren. Darüber hinaus wurde denen,<br />

die ihre Volkszugehörigkeit über die Bindung an den Wohnsitz stellen wollten, die<br />

Möglichkeit der Option und damit genügend Zeit zur geordneten Verwertung ihres<br />

Vermögens und Freistellung von Transferhindernissen eingeräumt. Von besonderer<br />

Bedeutung <strong>für</strong> den neuen Staat mußte ferner das von den Siegermächten in Anspruch<br />

genommene Recht auf Liquidation des Auslandseigentums deutscher Reichsangehöriger<br />

werden, gab es doch Polen die Möglichkeit, sich vom wirtschaftlichen<br />

Einfluß Deutschlands zu emanzipieren. Unter den besonderen Bedingungen seiner<br />

gemischt bevölkerten Westgebiete lag in ihm allerdings auch die große Versuchung<br />

<strong>für</strong> den neuen Staat, die Zuerkennung der Staatsangehörigkeit zu beschränken und<br />

dadurch mehr Grund- und Hausbesitz liquidierbar zu machen. Allerdings war diesen<br />

besonderen Verhältnissen im Versailler Vertrag theoretisch wiederum Rechnung<br />

getragen durch die Regelung, daß anders als im Falle der übrigen Siegerstaaten,<br />

die diese Liquidation als Vorgriff auf ihren Reparationsanteil verbuchen<br />

und die Entschädigung der Eigentümer Deutschland überlassen konnten, die neuen<br />

Staaten nicht nur den Erlös direkt den ehemaligen Eigentümern auszuzahlen,<br />

sondern auch <strong>für</strong> eine angemessene Höhe desselben Sorge zu tragen hatten. Infolgedessen<br />

konnte erwartet werden, daß der Umfang der Liquidationen seine Grenze<br />

am da<strong>für</strong> erforderlichen finanziellen Aufwand finden würde. Schließlich war dem<br />

neuen Staat auch der Besitz des Reiches und Preußens in Polen zugesprochen<br />

worden, wodurch er in die Domänenpacht- und Ansiedlungsverträge eintreten<br />

19 (1969), S. 27ff.; G. Rhode, Das Deutschtum in Posen und Pommerellen in der Zeit der<br />

Weimarer Republik, in: Die deutschen Ostgebiete zur Zeit der Weimarer Republik (= Studien<br />

zum Deutschtum im Osten, H. 3) 1966, S. 88ff.; noch nicht eingesehen werden konnte<br />

die Berliner Diss. 1968 von M. Keipert (-Oertel), Beiträge zur Geschichte der deutsch-polnischen<br />

Beziehungen in den Jahren 1925—1930.

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