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Heft 4 - Institut für Zeitgeschichte

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414<br />

Dokumentation<br />

in den Bahnen normativen Handelns nach positivem Recht zu halten und manchem<br />

von ungesetzlichen Handlungen Betroffenen zu helfen, — ein mühevolles Unterfangen,<br />

das Schwerin von Krosigk einmal treffend als Sisyphos-Arbeit am Berg des<br />

Unrechts bezeichnet hat.<br />

Lothar Gruchmann<br />

Dokument<br />

In das Geschehen um den 30. Juni 1934 wurde ich dadurch hineingezogen, daß<br />

ich zu einem der Opfer jenes Tages in enger, freundschaftlicher und verwandtschaftlicher<br />

Beziehung stand. Es handelt sich um Dr. Erich Klausener, seinerzeit Ministerialdirektor<br />

und Chef der Wasserstraßenabteilung im Reichsverkehrsministerium<br />

unter Reichsminister Eltz von Rübenach. Klauseners Vater - Landesrat in Düsseldorf<br />

- war der beste Freund meines Vaters, und der am 25. 1. 1885 geborene, mit<br />

mir fast gleichaltrige Erich Klausener und ich hatten schon als Studenten in Bonn<br />

und Berlin engen Kontakt. Durch unsere beiderseitigen Eheschließungen wurde ich<br />

schließlich zum angeheirateten Vetter der Eheleute Klausener. Unsere engen Beziehungen<br />

kamen später auch darin zum Ausdruck, daß das einzige Kind aus dieser<br />

Ehe, der jetzige Msgr. Erich Klausener, mich zu seinem Firmpaten wählte.<br />

Am 30. Juni 1934 wurde ich in meinem Büro in Berlin W 8, Mohrenstraße 19, —<br />

ich war Rechtsanwalt am Kammergericht in Berlin und, was zur Beurteilung der<br />

Geschehnisse nicht ohne Bedeutung ist, Vertrauensanwalt des Bischofs von Berlin -<br />

im Auftrage des Bischofs Bares von dessen Privatsekretär angerufen. Es sei etwas<br />

Entsetzliches geschehen. Das Geheime Staatspolizeiamt habe dem Bischof soeben<br />

telefonisch mitgeteilt, Dr. Klausener habe heute in seinem Dienstzimmer im Reichsverkehrsministerium<br />

Selbstmord verübt, als er auf Veranlassung des Chefs der Geheimen<br />

Staatspolizei im Zusammenhang mit einem Putschversuch verhaftet werden<br />

sollte. Der Bischof möge die Angehörigen Klauseners benachrichtigen.<br />

Daß das Geheime Staatspolizeiamt sich mit dieser Mitteilung an den Bischof<br />

wandte, läßt erkennen, daß das Vorgehen gegen Klausener in erster Linie auf sein<br />

mutiges Auftreten als Leiter der Katholischen Aktion während des unmittelbar voraufgegangenen<br />

Berliner Katholikentages zurückzuführen war. Ein anderer, sicherlich<br />

kaum weniger bedeutungsvoller Anlaß war die Tatsache, daß Klausener bis zur sogenannten<br />

Machtübernahme als Ministerialdirektor im Preußischen Ministerium des<br />

Innern die Preußische Polizei geleitet hatte und von dieser Tätigkeit her mit allem<br />

vertraut war, was die NSDAP - ebenso wie die Kommunisten — in der ihrer „Machtübernahme"<br />

voraufgegangenen Kampfzeit getan hatte. Das waren vielfach Dinge, die<br />

man, weil sie das Licht der Sonne scheuten, jetzt, nachdem man zur Macht gekommen<br />

war, nicht mehr wahrhaben wollte. Daraus erklärt sich hier wie in anderen<br />

Fällen das Bestreben, diejenigen zu beseitigen, die über das Geschehene unterrichtet<br />

waren.<br />

Der Bischof ließ mich durch seinen Sekretär bitten, Frau Klausener zu benachrichtigen,<br />

da ihm meine verwandtschaftlichen und freundschaftlichen Beziehungen<br />

zur Familie Klausener bekannt waren. Der Sekretär sagte, der Bischof habe die<br />

gleiche Bitte an den Ortspfarrer der Familie Klausener, Pfarrer Coppenrath von der<br />

St. Matthias-Gemeinde in Berlin-Schöneberg, gerichtet.<br />

Ich fuhr sofort in die Klausenersche Wohnung in der Lutherstraße. Auf der Treppe<br />

traf ich Frau Klausener bereits mit dem Pfarrer Coppenrath. Aufs tiefste betroffen,<br />

begrüßten wir uns schweigend.

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