.gazette 02/03 - Verband der Deutsch-Amerikanischen Clubs e.V.
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BERLIN-STRAUSSBERG 20<strong>03</strong>, 22. FEBRUAR<br />
EIN INTERVIEW VON STEPHANIE LINSINGER<br />
Keine leichte Aufgabe für die 40<br />
Studenten aus <strong>Deutsch</strong>land und<br />
Amerika: Innerhalb von 4 Tagen den<br />
Ist-Zustand <strong>der</strong> deutsch-amerikanischen<br />
Beziehungen zu analysieren<br />
und Visionen für die Zukunft <strong>der</strong><br />
transatlantischen Freundschaft entwerfen.<br />
In <strong>der</strong> Arbeitsgruppe Wirtschaft wird<br />
noch heiß diskutiert. Ben, Jens und<br />
die an<strong>der</strong>en, die hier diskutieren sind<br />
Austauschstudenten des <strong>Verband</strong>es.<br />
Für die letzten zwei Jahrgänge hat<br />
<strong>der</strong> Austausch natürlich in weltpolitisch<br />
brisanten Zeiten statt gefunden:<br />
erst <strong>der</strong> 11. September, jetzt die<br />
Spannungen zwischen Europa und<br />
den USA.<br />
Doch <strong>der</strong> Diskussionsverlauf unter<br />
den Studenten spiegelt so gar nicht<br />
die Fronten <strong>der</strong> Weltpolitik wi<strong>der</strong>,<br />
merkt Chairperson Dr. Heide Geiter<br />
an: «Es ist ganz erstaunlich, dass<br />
unsere Amerikaner eigentlich eine<br />
sehr 'europäische' Einstellung<br />
haben, aber das liegt wahrscheinlich<br />
daran, dass sie sehr offen sind und<br />
dadurch auch ihrem eigenen Land<br />
sehr kritisch gegenüber stehen.»<br />
Ben aus Seattle ist so ein USA-kritischer<br />
Amerikaner: «Die meisten<br />
Leute, die ich kenne, haben die gleiche<br />
Meinung wie ich, nämlich dass<br />
dieser Krieg total daneben ist und<br />
dass es einfach nicht zu erklären ist.<br />
Vielleicht gibt es ja einen Grund für<br />
diesen Krieg, aber diese Gründe<br />
werden uns zur Zeit gar nicht dargestellt.»<br />
Aber auch die deutsche Regierung<br />
kommt in <strong>der</strong> Diskussion nicht ungeschoren<br />
davon.<br />
Gerade deutsche Studenten betrachten<br />
den Konfrontationskurs mit<br />
Sorge, so zum Beispiel Jens aus<br />
Hamburg: «Wenn man sich mal<br />
überlegt, wie lange das gedauert<br />
hat, diese guten Beziehungen<br />
aufzubauen, und wie schnell<br />
diese Beziehungen dann<br />
in die Brüche gehen,<br />
finde ich das beunruhigend<br />
in dieser<br />
Situation.»<br />
Dass es nicht leicht<br />
ist, eindeutig Stellung<br />
zu beziehen, und das<br />
gerade als <strong>Deutsch</strong>er o<strong>der</strong><br />
Amerikaner, <strong>der</strong> sich in beiden<br />
Län<strong>der</strong>n ein bisschen zu Hause<br />
fühlt, ist vielen <strong>der</strong> Austauschstudenten<br />
ganz bewusst:<br />
«Insofern ist es zweigespalten,<br />
denke ich, man kann nicht<br />
sagen, dass Bush jetzt<br />
wirklich unrecht hat,<br />
nur die Art und Weise,<br />
wie er es vermittelt,<br />
halte ich nicht für<br />
richtig, genauso wenig<br />
wie ich Schrö<strong>der</strong>s<br />
krasses Nein<br />
für richtig halte. Das<br />
heißt nicht, dass ich<br />
die richtige Lösung habe, aber<br />
so ist es einfach nicht sehr diplomatisch.»<br />
Tja, Lösungen sind eben<br />
nicht so leicht zu finden, merkt<br />
Mareike aus Konstanz.<br />
Am Sonntag sollen die Studenten<br />
in einer Abschlusspräsentation konkrete<br />
For<strong>der</strong>ungen an die Politik<br />
formulieren.<br />
Einige Ideen sind schon geboren:<br />
«Mehr gemeinsame Außenpolitik,<br />
stärkeres ökologisches Bewusstsein:<br />
Eigentlich müssen mehr Europäer in<br />
die USA und mehr Amerikaner nach<br />
Europa gehen.»<br />
Ob die Politik auf die Vorschläge <strong>der</strong><br />
Studenten hören wird? So o<strong>der</strong> so,<br />
Annette Thor ist um die Zukunft <strong>der</strong><br />
deutsch-amerikanischen Freundschaft<br />
nicht bange: «Unser Anliegen<br />
Stimmungsbil<strong>der</strong>:<br />
Seminar-<br />
Teilnehmer<br />
in Berlin<br />
ist es, hier Freundschaften entstehen<br />
zu lassen, die <strong>der</strong> kleine Stein sind,<br />
den man ins Wasser wirft, <strong>der</strong> dann<br />
weiter Wellen schlägt und die<br />
Brücke über den Atlantik lebendig<br />
bleiben lässt, unabhängig davon, wie<br />
die politischen Stimmungen sind.»<br />
Club News 33