Jahresbericht 10/11 - Heilpädagogisches Zentrum Hagendorn
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«Musik, Bewegung und das Spiel sind die<br />
verlässlichsten Mittel innerhalb der Psychomotoriktherapie.<br />
Sie sind wie Nährstoffe,<br />
die etwas wachsen lassen können.»<br />
vom südPol ins sPital ist es nur ein katzensPrung<br />
Im <strong>Zentrum</strong> der Psychomotoriktherapie stehen<br />
die Körperwahrnehmung, die räumlich/zeitliche<br />
Orientierung, der Ausdruck in Schrift und<br />
Bild (Grafomotorik) und lustvolle neue Be-<br />
wegungserlebnisse. Diese können Kind und<br />
Therapeutin bisweilen auf sehr besondere<br />
Bühnen des Lebens führen.<br />
«Bitte Pingu zeichnen!» Sie strahlt mich an, ich<br />
greife zum Stift und skizziere einen Pinguin.<br />
Bei den stecknadelförmigen schwarzen Augen<br />
angekommen, lacht sie, erkennt das Lebe-<br />
wesen. Während ich den schwarzen Frack male,<br />
überlege ich, wie ich den Übergang vom<br />
grafischen Raum in die Bewegung im grossen<br />
Turnhallenraum schaffe.<br />
Ich stehe auf, watschle wie ein Pinguin herum<br />
und singe: «Di-witschel di-watschel de Pingu<br />
chunt und gwagglet luschtig umenand.» Sie<br />
nimmt meine Hand und gemeinsam watscheln<br />
wir durch die Turnhalle. Zwei einsame Pinguine<br />
am kalten Südpol! Ich will ins «Wasser»<br />
springen und mich auf dem Bauch rollen und<br />
wälzen. Sie staunt ob der unnötigen Akrobatik,<br />
lässt mich als Pinguin links liegen und<br />
geht zurück zum Malplatz. «Krankenschwester<br />
zeichnen, bitte!» Ich hätte gerne noch eine<br />
Weile am Südpol verbracht und mit den Pin-<br />
guinen herumgeturnt. Welch wunderbares<br />
Bewegungsangebot würde sich da für sie erschliessen!<br />
Doch unmittelbar sehe ich mich<br />
in ein Spital versetzt. Ich male die Krankenschwester<br />
mit ihrem Häubchen, sie freut<br />
sich am roten Kreuz, malt die Augen, während<br />
ich wiederum überlege, wie ich es anstellen<br />
könnte, sie vertieft ins Thema zu führen, in die<br />
Körperwahrnehmung, in die Bewegung. Ich<br />
stimme ein neues Lied an: «Chrankeschwöster,<br />
ich bin chrank, will mir hüt min Chopf weh<br />
tuet. Nimm doch Tröpfli us em Schrank,<br />
dänn wird alles guet.» Wir benennen verschiedene<br />
Körperteile, die uns wehtun. Ich hole<br />
die Doktorsachen, und wir verpflegen uns mit<br />
Tröpfchen, Pflaster und Salben.<br />
Plötzlich sagt sie: «Chrankewage chunnt, düü-<br />
daa düüdaa.» Daraus entsteht wiederum ein<br />
neues Lied: «Düüdaa düüdaa de Chrankewage<br />
chunt.» Ich nehme die Flöte, spiele die Melodie<br />
mit dem hellen vibrierenden «Düüdaa»<br />
und hole den grauen Rollwagen. Zusammen<br />
stossen wir einen kranken kleinen Plüsch-<br />
hasen im Wagen herum. Über einige Minuten<br />
gelingt ein gemeinsames Spiel zum Thema<br />
Spital. Dies wäre kaum möglich, wäre da nicht<br />
der Klang der Flöte und der Lieder, der sie<br />
immer wieder aufhorchen lässt und fasziniert.<br />
Über ihre Themen, die sie in Ein- bis Dreiwortsätzen<br />
in die Stunde bringt, über die Melodie<br />
und den Text der Lieder, welche ihre Themen<br />
aufgreifen, kann sie zu einfachen Handlungen<br />
und zur Bewegung geführt werden. Doch nicht<br />
nur dies. Sie bringt sich als ganzer Mensch<br />
ein. Wir kommunizieren verbal und nonverbal<br />
zum selben, zu ihrem Thema. Wir machen<br />
im Spiel gemeinsame Sache mit den Mitteln<br />
der Musik und der Bewegung.<br />
Musik, Bewegung und das Spiel sind die verlässlichsten<br />
Mittel innerhalb der Psycho-<br />
motoriktherapie. Sie öffnen Lernfelder im<br />
kognitiven, affektiven und sozialen Bereich<br />
und machen auf spielerische Weise Prozesse<br />
möglich. Sie sind wie Nährstoffe, die etwas