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man sich diesen Unterschied dadurch zunutze, dass man mit Hilfe<br />
einer chemischen Modifikation (z.B. durch Zusatz von Formaldehyd<br />
oder Glutaraldehyd) die räumliche Konfirmation und damit<br />
die B-Zell-Epitope verändert und somit hofft, die Allergenität des<br />
Präparates, das heißt die allergischen Nebenwirkungen zu senken.<br />
Die T-Zell-Epitope, die die Toleranzreaktion induzieren, bleiben<br />
hingegen unverändert. Allergoide sollten also theoretisch sicherer<br />
sein und noch dazu besser wirksam, weil damit höher und schneller<br />
dosierbar. Die Datenlage dazu ist allerdings durchwachsen: In<br />
einer Metaanalyse von Claus Bachert aus dem Jahre 2009 wurden<br />
lediglich 31 von 92 zwischen 1990 und 2007 erschienene Studien<br />
aufgrund ihrer Qualität überhaupt evaluiert. Sogar nur 4 Studien an<br />
insgesamt 367 Erwachsenen waren nach WAO-Kriterien durchgeführt<br />
worden. Dabei zeigte sich eine nachgewiesene Wirksamkeit<br />
für die Gräserpräparate Allergovit ® und Pollinex Quattro ® sowie für<br />
das bei uns nicht erhältliche Depigoid ® . Für Hausstaubmilben<br />
konnte lediglich eine doppelblinde placebo kontrollierte Studie<br />
mit positivem Ergebnis für Acaroid ® identifiziert werden. Für<br />
Baumpollenallergoide existieren nach dieser Metaanalyse überhaupt<br />
keine WAO-konformen doppelblinden placebokontrollierten<br />
Studien, mit Einschränkungen brachte eine Studie ein positives<br />
Ergebnis für Pollinex Quattro ® . Abgesehen von dieser bescheidenen<br />
Datenlage zeigen experimentelle Studien, dass Allergoide im<br />
Vergleich zu intakten Allergenen durchaus eine unerwünschte und<br />
vergleichbare Allergenität und sogar eine Verminderung der<br />
erwünschten Immunogenität aufweisen können (zum Beispiel<br />
Henmar Clinical Experimental Immunology 2008). Statistische<br />
Auswertungen der gemeldeten Nebenwirkungen an das Paul-Ehrlich-Institut<br />
in Deutschland erbrachten vergleichbare Zahlen pro<br />
Injektion für native Allergene und Allergoide. Wohlwollend könnte<br />
man unterstellen, dass viele Therapieregime mit Allergoiden<br />
weniger Injektionen vorschreiben als die nativer Allergene und<br />
daher Allergoide eventuell etwas sicherer sind. Wesentlich ist dieser<br />
(theoretische) Unterschied aber sicher nicht.<br />
Zusammenfassend ist also die Datenlage für Allergoide produktabhängig<br />
und insgesamt wesentlich schlechter als für native Allergene.<br />
Ein häufiges gemeinsames Merkmal aller Präparate ist, dass<br />
sie als präsaisonale oder Kurzzeitimmuntherapien eingesetzt werden<br />
und daher für bestimmte Indikationen („Zuspätkommer“,<br />
Zeitmangel etc.) durchaus sinnvoll sein können.<br />
ADJUVANTIEN<br />
Adjuvantien werden bereits seit vielen Jahrzehnten bei Impfungen,<br />
aber auch der spezifischen Immuntherapie eingesetzt. Zahlreiche<br />
Studien konnten zeigen, dass beispielsweise der Zusatz von<br />
Aluminiumhydroxid (v.a. eingesetzt, um einen Semidepot-Effekt<br />
zu erreichen) die Immunogenität von Allergenen verstärken und<br />
die Produktion von proinflammatorischen TH2-assoziierten Zytokinen<br />
blockieren kann.<br />
Ebenfalls schon seit Jahrzehnten bei Impfungen und neuerdings<br />
auch in der Immuntherapie als Pollinex Quattro ® eingesetzt, wird<br />
Monophosphoryl-Lipid A (MPL). Es handelt sich dabei um ein<br />
Lipopolysaccharid aus der Zellwand von Salmonellen, das antigenpräsentierende<br />
Zellen aktivieren und die TH1-Immunantwort<br />
potent verstärken kann.<br />
Eine sehr rezente Entwicklung auf dem Gebiet der Adjuvantien<br />
stellen immunstimulatorische DNA-Sequenzen mit CpG-Motiven<br />
aus bakterieller DNA dar. Leider konnten die anfänglich viel versprechenden<br />
Ergebnisse in nachfolgenden größeren Phase-3-Studien<br />
nicht bestätigt werden. Zugelassene Präparate gibt es noch<br />
nicht. Auch Mikrosphären und sog. ISCOM (Immunestimulating<br />
Complexes) stellen wenigstens theoretisch interessante Ansätze dar.<br />
Zusammenfassend existieren keine Studien, die Immuntherapiepräparate<br />
lediglich auf Basis unterschiedlicher Adjuvantien untersucht<br />
haben. Zweifellos stehen sie aber mit im Vordergrund der<br />
Diskussion, weil mit ihrer Hilfe die erwünschte Immunogenität<br />
der Präparate bei gleichzeitig möglicher Verringerung der Allergenkonzentration<br />
und damit eine bessere Verträglichkeit und/oder<br />
einer selteneren Applikation erzielt werden könnte.<br />
PERENNIALE VERSUS PRÄSAISONALE UND KURZZEITTHERAPIE<br />
Unter präsaisonaler Immuntherapie wird eine Behandlungsform<br />
verstanden, die erst relativ kurz vor der Saison begonnen wird,<br />
optional aber perennial fortgesetzt werden kann. Eine echte Kurzzeitimmuntherapie<br />
besteht hingegen aus einer definierten Zahl<br />
von Injektionen ausschließlich präsaisonal. Als bei uns einzige<br />
Kurzzeittherapie steht Pollinex Quattro ® zur Verfügung. Hier<br />
konnte in einer nach FTA-Kriterien durchgeführten Studie an über<br />
1000 erwachsenen Patienten nach einer Behandlungssaison mit 4<br />
Injektionen das primäre Behandlungsziel eines verbesserten kombinierten<br />
Symptome-Medikationsscores erzielt werden. Direkte<br />
Vergleichsstudien zwischen perennialen und präsaisonalen bzw.<br />
Kurzzeittherapieformen fehlen jedoch. Ebenso sind Fragen der<br />
Langzeitwirkung, der präventiven Wirkung auf Asthma und Allergenspektrum<br />
sowie Wirksamkeit bei Asthma für die meisten Präparate<br />
unbeantwortet.<br />
ZUSAMMENFASSUNG<br />
Es muss nochmals betont werden, dass die unterschiedlichen<br />
Konzepte in der spezifischen Immuntherapie kaum seriös vergleichbar<br />
sind, weil zum einen direkte Head-to-Head-Studien fast<br />
vollständig fehlen und zum anderen der Effekt einzelner Parameter<br />
(zum Beispiel Allergoid oder Kurzzeittherapie oder Adjuvans)<br />
kaum isoliert herausrechenbar ist.<br />
Auch sind die Erwartungen an eine erfolgreiche Therapie keinesfalls<br />
auf die positive Wirkung auf die Symptome einer Rhinokonjunktivitis<br />
allergica beschränkt. Wichtige Fragen wie anhaltende Wirkung<br />
nach Beendigung der Behandlung, präventive Wirkung auf Asthma,<br />
verringerte Ausweitung des Allergenspektrums und kurative<br />
Wirkung bei Asthma sind ebenfalls von entscheidender Bedeutung.<br />
Insgesamt ist diesbezüglich die Datenlage für native, speziell für<br />
perennial applizierte native Semi-Depot-Präparate am besten.<br />
Grundsätzlich stellen sie daher bis auf Weiteres die Therapie der<br />
ersten Wahl dar.<br />
Prim. Dr. PETER OSTERTAG<br />
Leiter der Abteilung für HNO, BKH Kufstein<br />
E-Mail: peter.ostertag@bkh-kufstein.at<br />
Univ.-Prof. Dr. NORBERT REIDER<br />
Medizinische Universität Innsbruck,<br />
Universitätsklinik für Dermatologie<br />
und Venerologie<br />
E-Mail: norbert.reider@i-med.ac.at<br />
ÄRZTE KRONE | Allergie 10 21