Weißbuch Alterssicherung: Alternativen zur Rente mit 67 - Arbeit ...
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Reform der<br />
Erwerbsminderungsrente<br />
Wer durch Krankheit oder Unfall nicht bis<br />
zum gesetzlichen <strong>Rente</strong>nalter arbeiten<br />
kann, braucht eine verlässliche Absicherung.<br />
Die Erwerbsminderungsrente deckt<br />
seit ihrer Reform im Jahr 2000 diese Risiken<br />
nicht mehr ausreichend.<br />
Derzeit gelten <strong>Arbeit</strong>nehmerInnen als vollständig<br />
erwerbsfähig, wenn ihre <strong>Arbeit</strong>sfähigkeit<br />
mehr als sechs Stunden täglich beträgt.<br />
Konkret bedeutet das, dass viele gesundheitlich<br />
eingeschränkte <strong>Arbeit</strong>nehmerInnen keine<br />
Erwerbsminderungsrente erhalten, obwohl<br />
sie nicht mehr in Vollschicht arbeiten können.<br />
Sie werden darauf verwiesen, <strong>Arbeit</strong>slosengeld<br />
I oder II bzw. Krankengeld zu beziehen.<br />
Darüber hinaus sind in der Praxis viele ältere,<br />
gesundheitlich eingeschränkte <strong>Arbeit</strong>nehmerInnen<br />
gezwungen, eine Altersrente <strong>mit</strong><br />
hohen Abschlägen zu beantragen.<br />
Bei der nötigen Reform der Erwerbsminderungsrente<br />
sollte die Sechs-Stunden-Grenze<br />
durch den Begriff der Vollschichtigkeit ersetzt<br />
werden. Das heißt, alle Erwerbstätigen, die<br />
aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen<br />
nicht mehr vollschichtig arbeiten können,<br />
müssen als nicht mehr voll erwerbsfähig eingestuft<br />
werden und da<strong>mit</strong> Anspruch auf eine<br />
Erwerbsminderungsrente erhalten.<br />
Bei Versicherten <strong>mit</strong> einer Resterwerbsfähigkeit<br />
von drei bis sechs Stunden täglich wird<br />
geprüft, ob der <strong>Arbeit</strong>smarkt zugänglich ist.<br />
Sind keine Teilzeitstellen verfügbar bzw. kann<br />
beim bisherigen <strong>Arbeit</strong>geber kein Rechtsanspruch<br />
auf Weiterbeschäftigung geltend<br />
gemacht werden, wird die volle Erwerbsminderungsrente<br />
gewährt. Bei Menschen<br />
höheren Alters – etwa ab 62 Jahren – sollte<br />
aus Sicht des DGB von vorneherein auf die<br />
Prüfung verzichtet werden, ob sie trotz eingeschränkter<br />
Erwerbsfähigkeit noch Zugang<br />
zum <strong>Arbeit</strong>smarkt fi nden. Das wäre realitätsnah,<br />
denn ältere <strong>Arbeit</strong>nehmerInnen fi nden<br />
derzeit ohnehin kaum eine Stelle, weder in<br />
Voll- noch in Teilzeit, insbesondere dann<br />
nicht, wenn sie gesundheitlich eingeschränkt<br />
sind. Gleichzeitig ist es sinnvoll, bei jüngeren,<br />
gesundheitlich belasteten <strong>Arbeit</strong>nehmerInnen<br />
die Teilhabe am <strong>Arbeit</strong>sleben durch einen<br />
hohen Aufwand an Rehabilitations- und<br />
Unterstützungsleis tungen zu fördern.<br />
Bei einer Reform müssen zudem die Abschläge<br />
bei Bezug einer Erwerbsminderungsrente<br />
vor dem 63. Lebensjahr abgeschafft werden.<br />
Denn Abschläge sind systematisch nur<br />
gerechtfertigt, wenn der vorzeitige <strong>Rente</strong>nzugang<br />
freiwillig gewählt wurde. Die Erwerbsminderung<br />
oder -unfähigkeit ist jedoch kein<br />
freiwillig gewählter Risikofall. Deshalb sind<br />
auch Abschläge bei der Erwerbsminderungsrente<br />
nicht gerechtfertigt.<br />
Bliebe es beim Beschluss der Regierungskoalition<br />
von CDU/CSU und SPD, das gesetzliche<br />
<strong>Rente</strong>nzugangsalter auf <strong>67</strong> Jahre zu erhöhen,<br />
müsste die Zurechnungszeit, die derzeit beim<br />
60. Lebensjahr endet, ebenfalls heraufgesetzt<br />
werden.<br />
Für eine gesundheits- und alternsgerechte <strong>Arbeit</strong>swelt<br />
Angesichts der alternden Erwerbsbevölkerung<br />
müssen <strong>Arbeit</strong>splätze und -prozesse<br />
wesentlich stärker gesundheits- und<br />
alternsgerecht gestaltet werden.<br />
Statt die gesetzliche Altersgrenze anzuheben,<br />
müssen die <strong>Arbeit</strong>sbedingungen in den Betrieben<br />
so verändert werden, dass die Menschen<br />
überhaupt die heutige Altersgrenze<br />
von 65 Jahren erreichen können. Das betrifft<br />
nicht nur die betriebliche Gesundheitspolitik,<br />
auch <strong>Arbeit</strong>szeiten und <strong>Arbeit</strong>sorganisation<br />
müssen alternsgerecht und gesundheitsför-<br />
Einkommen und <strong>Arbeit</strong>splatzsicherheit am wichtigsten<br />
Die 20 wichtigsten Aspekte „guter <strong>Arbeit</strong>“ aus der Sicht von abhängig Beschäftigten<br />
festes verlässliches Einkommen<br />
Sicherheit des <strong>Arbeit</strong>splatzes<br />
<strong>Arbeit</strong> soll Spaß machen<br />
Behandlung als Mensch durch Vorgesetzte<br />
unbefristetes <strong>Arbeit</strong>sverhältnis<br />
Förderung gegenseitiger Unterstützung unter Kollegen<br />
Gesundheitsschutz bei <strong>Arbeit</strong>splatzgestaltung<br />
<strong>Arbeit</strong> soll sinnvoll sein<br />
auf <strong>Arbeit</strong> stolz sein können<br />
<strong>Arbeit</strong> vielseitig/abwechslungsreich<br />
Einfluss auf <strong>Arbeit</strong>sweise<br />
Vorgesetzte sorgen für gute <strong>Arbeit</strong>splanung<br />
Fähigkeiten weiterentwickeln können<br />
Lob/Anerkennung/konstruktive Kritik durch Vorgesetzte<br />
verantwortungsvolle Aufgabe<br />
Vorgesetzte kümmern sich um fachl./berufl. Entwicklung<br />
Verständnis Vorgesetzter für individuelle Probleme<br />
regelmäßige Einkommenssteigerungen<br />
Fehler analysieren, um Ursachen zu beheben<br />
Vorgesetzte unterstützen bei der <strong>Arbeit</strong><br />
Quelle: Internationales Institut für empirische Sozialökonomie (inites). Was ist gute <strong>Arbeit</strong>? Anforderungen aus Sicht der Erwerbstätigen,<br />
Umfrage im Rahmen der INQA-Initiative, Berlin 2005<br />
72 73<br />
derlich gestaltet werden. Zudem muss das<br />
Angebot an Qualifi zierungsmaßnahmen im<br />
Sinne des „lebenslangen Lernens“ massiv<br />
ausgebaut werden.<br />
Präventive Gesundheitspolitik<br />
Erforderlich sind betriebliche Gesundheits-<br />
Programme, die auf Prävention und ein<br />
hohes Maß an Information und Beteiligung<br />
der Beschäftigten im Unternehmen setzen.<br />
So kann die Gesundheit im Betrieb gefördert,<br />
die Produktivität gesteigert und den<br />
<strong>Arbeit</strong>nehmerinnen und <strong>Arbeit</strong>nehmern<br />
äußerst wichtig sehr wichtig wichtig weniger wichtig