08.03.2013 Aufrufe

AUFTRAG_284_w.pdf - Gemeinschaft Katholischer Soldaten

AUFTRAG_284_w.pdf - Gemeinschaft Katholischer Soldaten

AUFTRAG_284_w.pdf - Gemeinschaft Katholischer Soldaten

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

SICHERHEIT UND FRIEDENSETHIK<br />

Sieg Israels, das kurz nach seiner Proklamation<br />

von den USA und der Sowjetunion<br />

anerkannt wurde und durch<br />

umfangreiche Waffenlieferungen aus<br />

der Tschechoslowakei und massive finanzielle<br />

Mittel aus den USA unterstützt<br />

wurde. Seit Herbst 1948 gab es<br />

ca. 650.000 palästinensische Flüchtlinge<br />

in Lagern. So auch die Familie<br />

Al Habash, wo Mahmoud 1962 geboren<br />

wurde. Auch in den folgenden<br />

Kriegen, so im Sinai-Feldzug 1956,<br />

im Sechs-Tage Krieg 1967 und im<br />

Jom-Kippur-Krieg konnten die arabischen<br />

Nationen Israel nicht besiegen.<br />

Zwischenzeitlich war auch Mahmoud<br />

Habash’s Vater im Widerstand gegen<br />

Israel gefallen.<br />

Nach diesen erfolglosen Versuchen,<br />

„die Israelis ins Meer zu treiben“,<br />

hatte sich bei den gemäßigten<br />

Palästinensern die Auffassung<br />

durchgesetzt – so auch bei Mahmut<br />

Abbas, dem Präsidenten der palästinensischen<br />

Autonomiebehörde – es<br />

sei erfolgversprechender das Existenzrecht<br />

Israels anzuerkennen und<br />

eine Zwei-Staaten-Lösung mit einem<br />

Palästinenserstaat in den Grenzen<br />

von 1967 anzustreben. Mahmoud Al<br />

Habash schloss seine Ausführungen<br />

mit der Aussage, es sei für ihn unerträglich,<br />

im eigenen Land israelische<br />

Behörden schriftlich um Genehmigung<br />

ersuchen zu müssen, um nach<br />

Ostjerusalem oder in den Gazastreifen<br />

zu fahren. Ferner müsste die völkerrechtswidrige<br />

Siedlungspolitik in<br />

Ostjerusalem und im Westjordanland<br />

ein Ende haben.<br />

Danach legte der israelische Minister<br />

für Wissenschaft und Technik<br />

Daniel Herhkowitz seine Erfahrungen<br />

und seinen Standpunkt wie folgt<br />

dar: Der größte Teil seiner väterlichen<br />

Familie war in Auschwitz und der der<br />

mütterlichen Seite in Buchenwald<br />

ums Leben gekommen. Nach dem 2.<br />

Weltkrieg wanderten die Reste der<br />

beiden Familien in das britisch mandatierte<br />

Palästina aus und bauten dort<br />

im Laufe der Zeit den Staat Israel auf.<br />

Nach den Erfahrungen des Holocaust<br />

hatten sie die Überzeugung gewonnen,<br />

sich nie wieder wie Schafe ohne Widerstand<br />

zur Schlachtbank führen zu<br />

lassen. Die Männer und jungen Frauen<br />

seiner Familie hatten an den vier<br />

Nahostkriegen teilgenommen. Eini-<br />

ge von ihnen hatten dabei ihr Leben<br />

verloren.<br />

Daniel Hershkowitz sagte, er könne<br />

sich durchaus mit einer Zwei-Staaten-Lösung<br />

anfreunden. Er habe aber<br />

erhebliche Zweifel an der Zuverlässigkeit<br />

der Palästinenser. Friede könne<br />

nur sein, wenn die Palästinenser endgültig<br />

auf Gewaltanwendung verzichteten.<br />

Er sehe auf palästinensischer<br />

Seite keine einheitliche Meinung, das<br />

Existenzrecht Israels anzuerkennen.<br />

Die Mehrzahl der Hamas-Mitglieder<br />

würde auch heute noch die Israelis<br />

ins Meer treiben, wenn sie nur könnten.<br />

Die Zwei-Staaten-Lösung sähen<br />

sie nur als taktische Zwischenlösung,<br />

um die Position der Palästinenser zu<br />

verbessern. Die Mehrzahl der Israelis<br />

hätten kein Vertrauen in die palästinensische<br />

Zusicherung zu einem<br />

Friedensvertrag.<br />

Das Podiumsmitglied Antonio<br />

Ferrari, ein Journalist des „Corriere<br />

della Sera“ mit jahrzehntelanger Erfahrung<br />

im Nahen Osten beurteilte<br />

die Chancen für einen Frieden zwischen<br />

Israel und den Palästinensern<br />

sehr pessimistisch. Die Situation sei<br />

völlig verfahren. Erneut wurde durch<br />

die Diskussion auf dem Podium deutlich,<br />

dass Israelis und Palästinenser<br />

allein nicht in der Lage sind, den gordischen<br />

Knoten der unterschiedlichen<br />

Auffassungen und Befürchtungen zu<br />

zerschlagen. Der internationalen <strong>Gemeinschaft</strong><br />

muss es gelingen, beide<br />

Seiten zu Zugeständnissen zu bewegen<br />

und den Israelis Sicherheitsgarantien<br />

zu geben. Die USA und Europa<br />

sollten ein großes Interesse an einer<br />

friedlichen Nahostlösung und einem<br />

Friedensvertrag zwischen Israel und<br />

Palästina haben, weil die Spannungen<br />

im Nahen Osten stets Ausgangspunkt<br />

für weitere Unruhen in der Region<br />

sein können und weil die jüngsten<br />

militärischen Einsätze der USA und<br />

ihrer Verbündeten ihre Wurzeln in<br />

ihrer einseitigen Israelpolitik haben.<br />

Das Gleiche gilt für die Anschläge am<br />

11. September 2001.<br />

Der Antrag von Palästinenserpräsident<br />

Mahmut Abbas auf VN-Vollmitgliedschaft<br />

in der Vollversammlung<br />

der Vereinten Nationen, könnte<br />

eine neue Dynamik im Friedensprozess<br />

auslösen. Das Nahost-Quartett<br />

(VN, EU, USA und Russland) hat bereits<br />

einen neuen Zeitplan für neue<br />

Friedensverhandlungen zwischen Israel<br />

und den Palästinensern vorgelegt.<br />

Binnen drei Monaten sollen erste<br />

Vorschläge in der Streitfragen der<br />

Grenzen und der Sicherheitsaspekte<br />

vorliegen. Substanzielle Fortschritte<br />

in den Verhandlungen werden dann<br />

nach sechs Monaten angestrebt. Diese<br />

Zwischenresultate will das Nahost-<br />

Quartett dann nach Angaben der EU-<br />

Außenbeauftragten Catherine Ashton<br />

auf einer internationalen Konferenz in<br />

Moskau festschreiben. Der Abschluss<br />

der Verhandlungen ist dann für Ende<br />

2012 geplant. Teil des Konzepts ist<br />

auch eine Geberkonferenz für die Palästinenser<br />

im kommenden Jahr. Die<br />

internationale <strong>Gemeinschaft</strong> soll ihnen<br />

zudem beim Aufbau staatlicher<br />

Strukturen helfen. Dieser Plan erscheint<br />

nicht unrealistisch, weil die<br />

USA ihn unterstützen und Israel nur<br />

so einer weltweiten Isolierung entkommen<br />

kann. Auch die USA werden<br />

nicht unbegrenzt an ihrer Nibelungentreue<br />

zu Israel festhalten können,<br />

ohne dass ihre Glaubwürdigkeit in<br />

der muslimischen Welt und bei vielen<br />

Dritt-Weltländern endgültig verloren<br />

geht.<br />

Die Welt neu denken – Wege<br />

jenseits der Krise<br />

An der Diskussionsrunde nahmen<br />

neben Kardinal Marx, der<br />

deutsche Finanzminister Wolfgang<br />

Schäuble und sein italienischer Amtskollege<br />

Giulio Tremonti teil, ferner<br />

Marco Impagliazzo, der Präsident der<br />

<strong>Gemeinschaft</strong> Sant’Egidio, und Corrado<br />

Passera, Berater und Geschäftsführer<br />

der italienischen Bank Intesa<br />

Sanpaolo.<br />

Kardinal Reinhard Marx forderte<br />

eine „soziale Marktwirtschaft auf<br />

Weltebene“ als langfristige Perspektive<br />

für eine neue Wirtschaftsordnung<br />

nach der Finanzmarktkrise (vgl. seinen<br />

Bestseller „Das Kapital“ in Anlehnung<br />

an seinen Namensvetter).<br />

Er unterstrich, „dass ein Markt nur<br />

dann Früchte trägt und dem Weltgemeinwohl<br />

dient, wenn er in einen ordnungspolitischen<br />

Rahmen eingeordnet<br />

ist, der ethische Qualitäten hat“.<br />

Dazu müssten auch die Finanzmärkte<br />

einen produktiven Beitrag leisten.<br />

Aufgabe der Politik sei es, „das Ganze<br />

anzuschauen, von den Folgen für das<br />

Ganze her zu denken und dann die<br />

10 <strong>AUFTRAG</strong> <strong>284</strong> • DEZEMBER 2011

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!