AUFTRAG_284_w.pdf - Gemeinschaft Katholischer Soldaten
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GESELLSCHAFT NAH UND FERN<br />
Salzburger Hochschulwochen 2011<br />
Die Vorlesungen am Mittwoch und<br />
Donnerstag gehörten Prof. Dr.<br />
Wolfgang Kromp, der das Thema „Risiko,<br />
Sicherheit und Zivilisation“ behandelte<br />
und Prof.’in Dr. Regina Ammicht<br />
Quinn, die mit Hamlet feststellte:<br />
„Sei denn behutsam. Furcht<br />
gibt Sicherheit“: Fragen nach einer<br />
Ethik der Sicherheit. Prof. Kromp<br />
betrachtete den Zustand unserer Gesellschaft<br />
kritisch nach den Katastrophen<br />
von Fukushima und Tschernobyl.<br />
Bemerkenswert sei die Bereitschaft<br />
höchste Risiken einzugehen<br />
unter gleichzeitiger Forderung<br />
nach größtmöglicher Sicherheit. Ein<br />
nicht aufzulösendes Paradoxon, welches<br />
aber vielen Mitbürgerinnen und<br />
Mitbürgern den Blick auf das eigentliche<br />
Problem, die Endlichkeit unserer<br />
Ressourcen, verstellen würde.<br />
Unbekümmert würde seit der Urzeit<br />
immer nur dem Heute gelebt und die<br />
Zukunft nicht gebührend betrachtet<br />
führte der Leiter des Institutes für<br />
Sicherheit- und Risikowissenschaften<br />
aus. Der Weg der Menschheit zu<br />
sogenannten Mega- und Hyperstädten<br />
sei vorgezeichnet, die Probleme dieser<br />
„Menschenansammlungen“ aber<br />
in keinster Weise beendete der Vortragende<br />
seinen Beitrag.<br />
Regina Ammicht Quinn führte<br />
aus, dass in früheren zeiten Sicherheit<br />
ein von Gott geschenktes Gut gewesen<br />
sei. Im Laufe der Zeit der Aufklärung,<br />
ganz besonders aber durch die Säkularisation<br />
ist Sicherheit aber zunehmend<br />
ein Produkt geworden. Dies bedeute,<br />
dass man Sicherheit produzieren könne<br />
und dafür bezahlt werden müsse.<br />
Sicherheit sei zur Handelsware geworden<br />
sagte Prof.’in Ammicht Quinn<br />
weiter. Durch die Möglichkeit, personenbezogene<br />
Sicherheit zu erwerben,<br />
entstünde aber Ungerechtigkeit, denn<br />
wer mehr habe, könne sich mehr Sicherheit<br />
leisten. Die Regierung als<br />
Garant für Sicherheit trete immer<br />
mehr in den Hintergrund, erst bei Katastrophen,<br />
die große Teile der Bevölkerung<br />
betreffe, würde der Ruf nach<br />
„mehr Staat – mehr Sicherheit“ wieder<br />
lauter, führte die Vortragende aus. So<br />
sei das Sicherheitsparadoxon entstan-<br />
Sicher – unsicher (II)<br />
den: Unsicherheit sei eine Triebfeder<br />
der menschlichen Entwicklung, aber<br />
die Menschen könnten Unsicherheit<br />
immer weniger ertragen. Somit sei die<br />
Gratwanderung zwischen verantwortungsvollem<br />
politischem Handeln und<br />
dem „Inkaufnehmen“ vertretbarer Risiken<br />
zur Herstellung von Sicherheit<br />
moralisch geboten. Die dazu notwendigen<br />
Eingriffe in Freiheiten müssten<br />
durch die Grundfragen der Sicherheitsethik<br />
vorgenommen werden, indem<br />
es keinerlei Absolutsetzung der<br />
Sicherheitsbegriffe gäbe, die Angstdiskussion<br />
von der Sicherheitsdiskussion<br />
entkoppelt würde und eine Integration<br />
von Sicherheitsfragen in die<br />
Rechts- und Wertediskurse der Gesellschaft<br />
stattfände. Dann, so schloss<br />
Regina Ammicht Quinn ihren Vortrag,<br />
gelte das Wort des Aristoteles:“ Die<br />
Tugend des Bürgers ist es, regiert zu<br />
werden und regieren zu können“.<br />
Am Freitag und Samstag trugen<br />
der Pressesprecher der Deutschen<br />
Bischofskonferenz Matthias Kopp<br />
zum Thema vor: „Sicher-unsicher.<br />
Warum wir Grund haben, von uns zu<br />
reden. Zum Kommunikationsauftrag<br />
der Kirche“ und Dr. Maximilian Burger-Scheidlin<br />
aus Wien zum Thema:<br />
„Wirtschaft und Ethik – ein Widerspruch?“.<br />
Matthias Kopp betonte während<br />
seines Vortrages, dass 90 % der<br />
Medien korrekt und neutral über die<br />
Katholische Kirche berichten würden,<br />
so dass hier kein Grund zum Jammern<br />
oder gar Medienschelte vorläge. Seit<br />
2009 habe sich die Aufmerksamkeit<br />
aber verschoben. Waren die beherrschenden<br />
Themen 2009 der Fall des<br />
Bischofs Williamson, die Nicht-Wahl<br />
von Brockmann zum Präsidenten des<br />
ZdK sowie das Papier der EKD über<br />
die Ökumene, so war über die historische<br />
Reise des Papstes nach Israel<br />
kaum etwas zu lesen. Auch seien<br />
Fehleinschätzungen getroffen worden.<br />
Man habe zwar schon am ersten<br />
Tag des Missbrauchskandals reagiert,<br />
aber den Vorsitzenden der Deutschen<br />
Bischofskonferenz nicht gleich richtig<br />
platziert, so dass Einzelmeinungen in<br />
der Presse die Schlagzeilen füllten.<br />
Die Katholische Kirche habe eine andere<br />
Struktur als ein Wirtschaftsunternehmen,<br />
führte Kopp aus. Es seien<br />
27 eigenständige Bistümer, in denen<br />
jeweils der Ortsbischof die alleinige<br />
Verantwortung trage. Ein Durchregieren<br />
nach der Basta-Methode gäbe es in<br />
der Kirche nun mal nicht. Dafür habe<br />
die Kirche aber Gelassenheit und die<br />
Fähigkeit, ohne Hektik zu handeln.<br />
Dies sei gerade beim beginnenden<br />
Gesprächsprozess wichtig, bei dem<br />
man am Anfang stehe und bis 2015<br />
in „geordneter Haltung“ zu einem Ergebnis<br />
kommen werde. Er beendete<br />
seine Ausführungen mit fünf Thesen:<br />
Kirche muss mehr Themen wagen,<br />
eine bessere Strategie entwickeln,<br />
um die Interpretationshoheit über die<br />
Themen zu wahren, mehr Kommunikation<br />
und Ehrlichkeit wagen, eine<br />
klarere Sprache sprechen, damit die<br />
Gläubigen aber auch die Suchenden<br />
sie verstehen und mehr Werbung wagen,<br />
denn die Botschaft, welche die<br />
Kirche vermitteln solle, sei und bleibe<br />
gut und gültig.<br />
Maximilian Burger-Scheidlin<br />
stellte gleich zu Beginn seines Vortrages<br />
die Frage, ob die Wirtschaft<br />
böse sei oder böse gemacht worden<br />
sei. Er belegte mit anschaulichen Beispielen,<br />
wie anhand der Erhöhung der<br />
Tabaksteuer der Schmuggel aufblühte,<br />
teils mit Originalzigaretten, die in<br />
anderen Ländern mit geringeren Produktionskosten<br />
hergestellt wurden<br />
oder mit Plagiaten, die aber Giftstoffe<br />
enthielten und so die Gesundheit<br />
der Einwohner stärker schädigten als<br />
der normale Tabakgenuss. Darüberhinaus<br />
wird durch den organisierten<br />
Schmuggel Teile der Gesellschaft korrumpiert,<br />
vom Zöllner, der wegschaut<br />
bis zum Konsumenten, der Zigaretten<br />
ohne Steuerbanderole kauft. So werde<br />
eine Abhängigkeit von der Kriminalität<br />
geschaffen, sagte Burger-Scheidlin,<br />
die sicherlich nicht im Interesse<br />
des Staates sein könne. Am Beispiel<br />
der Schutzzölle Amerikas für seine<br />
Stahlindustrie wurden zwar 10.000<br />
Arbeitsplätze erhalten, dafür wurde<br />
aber die Automobilindustrie nicht<br />
18 <strong>AUFTRAG</strong> <strong>284</strong> • DEZEMBER 2011