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Titelbild - Gießener Allgemeine

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Brad Shaw schreibt exklusiv Kolumnen<br />

für den streifzug. Normalerweise veröffentlicht<br />

der Journalist sie im Netz auf<br />

www.bradsticks.com. Sein Blog befasst<br />

sich mit Lifestyle, Fashion, Musik, Promis<br />

und Kultur – und immer wieder<br />

mit der Suche nach Mr. und Mrs. Right.<br />

Um die Liebe wurde viel Lyrik, Liedgut und Leidenschaft<br />

gemacht. Die Quintessenz: Liebe ist wie<br />

eine Lotterie – leider ein seltsames Spiel. Und obwohl<br />

die Regeln hart und die Gegenüber unberechenbar<br />

sind, spielen alle mit. Nummer um<br />

Nummer, Date um Date, bis sie im Pott den sprichwörtlichen<br />

»Sechser im Lotto« finden. Oder im<br />

Allgäu. Oder eben gar nicht.<br />

Am Anfang dieses Textes stand ein klassisches<br />

Brainstorming: Ich habe alle Wörter, die mir spontan<br />

zum Thema »Liebe« in den Kopf kamen, auf<br />

ein Blatt Papier geschrieben. Die ersten drei lauteten<br />

wie folgt: Paris, Sex, Romantik. So lassen sich<br />

vorerst zumindest zwei Aussagen über die Liebe<br />

treffen.<br />

Erstens: Die Katze wird nicht im Sack gekauft.<br />

Zweitens: Die Liebe ist wie Paris – ein Klischee.<br />

Klischees helfen uns, die Welt zu ordnen und besser<br />

zu verstehen, aber sie vertuschen gleichzeitig<br />

des Pudels Kern. Liebe ist zweifellos alles andere<br />

als Ferien mit Blick auf den Eiffelturm. Bei genauerem<br />

Hinsehen ist sie eher ein turmhoher Berg<br />

schweißtreibender Arbeit. Wer gestern Liebe gemacht<br />

hat und morgen Windeln wechseln könnte,<br />

weiß, was ich meine. Und schwitzt mit. Die größere<br />

Herausforderung ist allerdings, aus zwei Men-<br />

Ein Klischee<br />

Ein Klischee<br />

schen, die völlig verschieden sind, ein großes<br />

Ganzes zu formen, sie zu verschmelzen.<br />

Was auf diesem Weg nur wenige zugeben: Romantik<br />

ist ein Klischee des Liebesklischees, Sex<br />

immerhin eine knallharte Tatsache. Denn wer in<br />

der Hochzeitsnacht feststellen muss, dass zwar<br />

die Liebe keine Ferien braucht, sich aber die Libido<br />

dauerhaft in den Urlaub verabschiedet hat,<br />

dem bleibt nach dem Junggesellen-Kater nur<br />

noch der Katzenjammer sowie in Sack und Asche<br />

zum Anwalt zu gehen. Außer er verlegt die Flitterwochen<br />

spontan von den Malediven nach Paris<br />

und hofft auf ein Wunder. Geht es in der Liebe<br />

nicht um die kleinen Wunder?<br />

Ich kam nicht umhin mich zu fragen: Wenn Paris<br />

ein Klischee ist, Romantik ein Klischee ist und die<br />

Liebe selbst das größte Klischee von allen, warum<br />

setzten wir uns nicht gleich kritiklos die rosarote<br />

Brille auf und lassen uns einfach verzaubern? Im<br />

Gegensatz zur Lotterie gibt es in der Liebe eigentlich<br />

nichts zu verlieren – außer Würde. Doch wer<br />

hat schon Zeit für »Würde« wenn er längst bei<br />

»Sollte« hätte ankommen müssen?<br />

Könnte, hätte, müsste... Was Liebe betrifft, sollten<br />

wir uns trauen. Im Idealfall landen wir dann sogar<br />

vor dem Traualtar. Hinfort also mit allen Zweifeln<br />

und tragischen Geschichten über die Ehen von<br />

BRAD SHAWS KOLUMNE<br />

Whitney und Britney, Mariah und Soraya. In der<br />

Mitte dieses Textes steht deshalb ein klassisches<br />

Bekenntnis: Ich glaube an Sneakers aus Amerika,<br />

an Klamotten aus Paris und die Liebe aus dem<br />

Bauch. So einfach ist das. Alle drei lassen sich<br />

gerade im Sommer herrlich tragen und halten im<br />

Winter herzhaft warm. Geht es in der Liebe nicht<br />

um Wärme? All diese Lyrik, diese Lieder und Leidenschaften<br />

kommen selten ohne Feuer, Fieber<br />

und Hitzewallungen aus. So lassen sich zwei weitere<br />

Aussagen über die Liebe treffen.<br />

Erstens: Wer liebt, schwitzt (Elvis Presley, »Fever« /<br />

Kylie Minogue, »Fever«).<br />

Zweitens: Wer nicht liebt, friert und sucht Wärme<br />

(Best of Adèle).<br />

Das sind natürlich Klischees. Selbstverständlich<br />

können selbst Schwerverliebte beim Annähern in<br />

der Arktis erfrieren, wo sich Singles über ihr Schicksal<br />

allabendlich echauffieren.<br />

Glücklicherweise haben wir uns auf Klischees geeinigt.<br />

Deshalb darf ich ruhigen Gewissens behaupten,<br />

bei 36 Grad auf der Sonnenseite angekommen<br />

zu sein. Und es wird noch heißer! Das<br />

ist immerhin eine knallharte Tatsache. Denn wenn<br />

zwei Seelenverwandte zu einem großen Ganzen<br />

verschmelzen sollen, fangen sie idealerweise mit<br />

den Körpern an. Denn wer kauft schon die Seele<br />

im Sack?<br />

Einen Text über die Liebe zu schreiben, ist mindestens<br />

so schweißtreibende Arbeit wie die Liebe<br />

selbst. Für beide gilt doch vor allem, dass sie unberechenbar<br />

sind und fast keine Regeln kennen.<br />

Außer zwei: guter Stil und große Leidenschaft.<br />

Am Ende dieses Textes steht folglich eine klassische<br />

Erkenntnis: Liebe ist nicht nur ein Wort. Sie ist<br />

das letzte Wort in einem stilistisch einwandfreien<br />

Satz, wenn Leidenschaft im Spiel ist. Darüber sollten<br />

wir nachdenken. Schließlich haben Whitney,<br />

Britney und andere Ausnahmesängerinnen dafür<br />

gesorgt, dass Sätze wie »I will always love you«<br />

zwar Hochkonjunktur haben, aber nicht unbedingt<br />

Tiefgang. »Für immer« sind erst mal nur<br />

Sneakers aus Amerika und Klamotten aus Paris.<br />

Was die Liebe betrifft, stehen wir stets vor dem<br />

Sissyphus-Akt harter Arbeit, denn sie wandert.<br />

Und wir laufen hinterher – manche fürwahr für<br />

immer. Andere nicht. Wichtige Regeln, um mitzuhalten,<br />

folgen.<br />

Erstens: Ein Klischee ist immer nur so kitschig wie<br />

der Ausführende.<br />

Zweitens: Kein Klischee ist kitschig genug, um<br />

Liebe zu verhindern.<br />

»Wie wär es mal wieder mit einem Strauß roter<br />

Rosen«, denke ich. Und schreibe: »Herz drum.<br />

Fertig.«<br />

Brad Shaw<br />

7/2012 streifzug 13

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