Titelbild - Gießener Allgemeine
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dagegen?« Also meldete sie sich bei Eltern<br />
helfen Eltern e.V. an. Der Verein aus Gießen<br />
organisiert Flohmärkte mit Kinderwaren,<br />
vermittelt Tagesmütter oder eben auch<br />
Leihomas. Heute sagt Angelika Thier: »Andere<br />
in meinem Alter gehen zur Gymnastik<br />
oder zum Kaffeeklatsch. Ich gehe lieber zu<br />
den Kindern.«<br />
»Gerade in den letzten Berufsjahren ist man<br />
sehr durch die Arbeit gefordert«, erklärt<br />
Ursula Lenz, Sprecherin der Bundesvereinigung<br />
der Seniorenorganisationen. In dieser<br />
Lebensphase mag das Fehlen von Enkeln<br />
noch im Hintergrund stehen – schließlich<br />
füllt der Job den Alltag aus. Das jedoch<br />
ändert sich mit dem Ausscheiden aus dem<br />
Berufsleben radikal. »Der eigene Wert wird<br />
mit einem Fragezeichen versehen«, erklärt<br />
Psychologin Andrea Schaal. Hinzu kommt,<br />
dass manche soziale Kontakte wegbrechen.<br />
Der Alltag muss neu organisiert werden.<br />
All diese Veränderungen schärfen den Blick<br />
für das, was fehlt. »Wenn Senioren in dieser<br />
Lebensphase zum Beispiel bei gleichaltrigen<br />
Freunden beobachten, wie diese<br />
mit ihren Enkelkindern umgehen, wird<br />
ihnen sehr drastisch vor Augen geführt,<br />
dass es in ihrem Leben eine Lücke gibt«,<br />
so Lenz. Bei einigen wächst dann die Idee,<br />
sich als Leihoma ein paar Euro dazuzuverdienen.<br />
Susanne Schreiber von der Familienservicestelle<br />
des Studentenwerks Gießen sieht den<br />
generellen Ersatz einer Tagesmutter durch<br />
eine Leihoma jedoch kritisch. »Problematisch<br />
sind vor allem die rechtlichen Fragen«,<br />
sagt sie. »Muss eine Leihoma einen Erste-<br />
Hilfe-Kurs haben? Verschiedene Qualifikationen<br />
vorweisen? Das ist alles ungeregelt,<br />
deshalb unterschiedlich ausgeprägt und<br />
vorhanden«, erläutert Schreiber die Problematik.<br />
Für sie sind Leihomas eher als Ergänzung<br />
zu einer Tagesmutter denkbar. So<br />
könnten sie flexibel eingesetzt werden, falls<br />
sich die Eltern plötzlich mit außerplanmäßigen<br />
Ereignissen konfrontiert sehen würden:<br />
Etwa heiße Lernphasen vor einer Klausur<br />
oder dringende Treffen mit der Referatsgruppe<br />
könnten mit einer flexiblen Form<br />
der Betreuung möglich gemacht werden –<br />
ein Rendezvous-System also.<br />
Als solches feiert das Konzept seit einiger<br />
Zeit im ganzen Land Erfolge: Von München<br />
über Karlsruhe, von Halle nach Osnabrück,<br />
von Bremen nach Berlin organisieren Vereine<br />
das Leben im Rentenalter. Omas und<br />
Opas lesen in Kindergärten vor oder bieten<br />
Treffs an, zu denen gestresste Eltern ihre<br />
Kinder bringen können. Bei Jung und Alt<br />
e.V. aus Hamburg, dem nach eigenen Angaben<br />
ersten Leihservice für Großeltern in<br />
Deutschland, sind inzwischen über 180<br />
Omas und auch einige Opas in der Kartei.<br />
Beate Schmidt hat bereits Ende der 1970er<br />
Jahre die Lücke erkannt, die eine mobile<br />
und globale Welt reißen würde, und den<br />
Dienst gegründet. »Das Leben in der Großfamilie<br />
ist heute ganz und gar nicht mehr<br />
normal. Viele haben keine Enkel oder keine<br />
Großeltern mehr in der Nähe.« Die Leihomas<br />
springen ein, wenn der Babysitter nicht<br />
kann, die Mutter krank wird oder die Eltern<br />
mal übers Wochenende allein verreisen<br />
wollen.<br />
Angelika Thier konnte alle gefragten Qualifikationen<br />
vorweisen, da sie bereits lange<br />
Zeit als Pflegemutter tätig war. Ein polizeiliches<br />
Führungs-, sowie ein Gesundheitszeugnis<br />
und ein Lebenslauf benötigte sie,<br />
um von Eltern helfen Eltern e.V. in Gießen<br />
vermittelt zu werden. Inzwischen hilft sie<br />
bei zwei Familien aus. Mütter und Leihoma<br />
verstanden sich auf Anhieb und pflegen<br />
heute ein inniges Verhältnis. »Ich spreche<br />
mich auch immer sehr genau mit den Müttern<br />
ab, was ich darf und was sie lieber<br />
selbst regeln möchten.« Jeweils zwei halbe<br />
Tage pro Woche verbringt die 69-Jährige bei<br />
den beiden Familien, kümmert sich um die<br />
Kinder, macht mit ihnen Hausaufgaben und<br />
geht mit ihnen auf den Spielplatz. Doch<br />
auch wenn Angelika Thier wieder nach<br />
Hause kommt, ist sie stets für »ihre« Kinder<br />
erreichbar. »Sie können mich immer anrufen,<br />
falls etwas ist. Ich bin immer für sie da,<br />
wenn sie mich brauchen«, sagt die <strong>Gießener</strong>in.<br />
So also, wie man es sich von einer<br />
Oma oder einem Opa wünscht.<br />
Natalie Harapat<br />
Plattform für alle Arten der Künste<br />
Egal ob Musik, Theater, Literatur, Performances oder Film – das Sturm<br />
& Klang versteht sich als Plattform für alle Arten der Künste. Am 29.<br />
und 30. Juni ist es am Philosophikum II wieder so weit. Der AStA<br />
plant drei Bühnen unter freiem Himmel sowie eine weitere im Audimax.<br />
Als hochkarätiger Gast haben sich neben anderen auch Stereo<br />
Total angekündigt. Die Band um Françoise Cactus und Brezel Göring<br />
touren mit ihrem punkigen Synthie-Pop seit über zehn Jahren durch<br />
Europa, Japan, Lateinamerika und die USA. Musikliebhaber und<br />
Feuilletonisten sind regelmäßig verzückt. Ebenfalls auftreten werden<br />
Die Türen und Niels Frevert. Wie immer dabei beim Sturm & Klang<br />
sind auch die Jungs von Under The Ground. Die Freunde elektronischer<br />
Tanzmusik legen auf und laden ein, ihren 15. Geburtstag gemeinsam<br />
und mit schwingender Hüfte zu feiern. Damals startete die<br />
inzwischen legendäre Partyreihe in einem WG-Keller unter dem Seltersweg.<br />
Inzwischen ist Under The Ground aus den Clubs und<br />
unter den Autobahnbrücken der Stadt nicht mehr wegzudenken.<br />
Los geht’s am Freitag, dem 29. Juni, um 18 Uhr. Außer dem Programm<br />
im Audimax sind alle Veranstaltungen des Sturm & Klang am<br />
Philosophikum II kostenlos. Draußen spielen lokale Bands wie Am<br />
Leben Forbei. Unter www.asta-giessen.de ist das komplette<br />
Programm zu finden.<br />
CAMPUS<br />
7/2012 streifzug 39