KIRAS Projekte 2009 - 2011
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RITA<br />
Risiko des Herzkammerflimmerns bei TaserApplikation<br />
68<br />
Das Projekt RITA schafft erstmals fundierte<br />
quantitative Grundlagen zur Risikoabschätzung<br />
des Einsatzes von Tasern, insbesondere in Bezug<br />
auf das Auslösen von Herzflimmern.<br />
Die Funktion von Tasern beruht darauf, dass an den<br />
Körper kurze Hochspannungspulse bis zu einer Höhe<br />
von 50.000 Volt abgegeben werden, die eine<br />
Verkrampfung der Skelettmuskulatur auslösen. Der<br />
Einsatz erfolgt entweder aus der Distanz durch das<br />
Abfeuern zweier pfeilartiger Elektrodenspitzen (DistanzApplikation)<br />
oder indem der Taser direkt in Kontakt<br />
mit dem Körper gebracht wird (Kontakt Applikation).<br />
Aus Sicht der Exekutive ist der Taser derzeit<br />
die einzige Alternative zur Schusswaffe, mit der die<br />
Angriffs und Widerstandsfähigkeit einer Person unmittelbar<br />
unterbunden werden kann.<br />
In der Öffentlichkeit besteht aber aufgrund berichteter<br />
Todesfälle die Angst, dass diese durch die Einwirkung<br />
von Tasern verursacht worden sein könnten.<br />
Es wird befürchtet, dass der Einsatz von Tasern<br />
Herzkammerflimmern auslösen kann, da ein Teil des<br />
elektrischen Stromes auch über das Herz fließen<br />
kann. Herzkammerflimmern ist eine Herzrhythmusstörung,<br />
bei der sich der Herzmuskel nicht mehr geordnet<br />
kontrahiert und die ohne rechtzeitige Behandlung<br />
unmittelbar zum Tod führt.<br />
Im Rahmen des <strong>Projekte</strong>s RITA soll dieses Gefährdungspotenzial<br />
anhand der beiden typischen Anwendungsfälle<br />
Distanz und KontaktApplikation und<br />
anhand der drei unterschiedlichen TaserGerätetypen<br />
X26, X3 und XREP erstmals umfassend untersucht<br />
werden.<br />
Durchgeführt werden die Untersuchungen am Institut<br />
für Health Care Engineering der Technischen Universität<br />
Graz, das über die erforderliche Ausrüstung<br />
zur messtechnischen Untersuchung von TaserPulsen<br />
verfügt. Darüber hinaus verfügt das Institut über<br />
die Möglichkeit, die derzeit modernsten und ge<br />
nauesten Rechenverfahren zur Untersuchung der<br />
Auswirkungen im Körperinneren einzusetzen – ohne<br />
ethisch und methodisch problematische Versuche<br />
an lebenden Tieren oder an Menschen durchführen<br />
zu müssen. Dazu stehen verschiedene „numerischanatomische<br />
Humanmodelle“ von Männern,<br />
Frauen und Jugendlichen, einer Schwangeren<br />
und eines Herzschrittmacherpatienten zur Verfügung,<br />
die anatomische Verhältnisse bis zu Details von<br />
zwei Millimeter Größe berücksichtigen. Damit ist es<br />
möglich, den elektrischen Stromfluss im und am<br />
Herzen quantitativ so zu untersuchen, dass die Gefährlichkeit<br />
der TaserImpulse in Hinblick auf das<br />
Auslösen von Herzkammerflimmern genauer und<br />
umfassender bestimmt werden können, als dies<br />
durch Humanexperimente möglich wäre. Die Schwellen<br />
zum Auslösen von Herzkammerflimmern hängen<br />
wesentlich vom zeitlichen Verlauf der Reize ab.<br />
Belastbare Daten über die Flimmergefahr beziehen<br />
sich bisher allerdings vor allem auf die Ströme der<br />
Energieversorgung. Es ist daher erforderlich, auch die<br />
Reizwirkung verschiedener TaserPulsformen zu untersuchen.<br />
Auch dazu können numerische Modelle<br />
– von einzelnen Herzzellen – eingesetzt werden.<br />
Ziel von RITA ist es, nachvollziehbare quantitative<br />
Grundlagen für die Risikoabschätzung der TaserAnwendung<br />
zu erarbeiten. Aufbauend auf den bisherigen<br />
Ergebnissen soll in weiteren Untersuchungen<br />
auch untersucht werden, wie weit die Ergebnisse auch<br />
auf neue TaserModelle mit anderen Ausgangswerten<br />
übertragen werden können. Insbesondere sollen<br />
TaserModelle untersucht werden, bei denen mit<br />
einem Taser mehrere Elektrodenpaare auf dieselbe<br />
Person abgefeuert werden können. In diesem Fall<br />
könnten sich komplexe Durchströmungsmuster ergeben,<br />
die eine Abschätzung des Herzkammerflimmernrisikos<br />
wesentlich beeinflussen könnten. Die dafür<br />
notwendigen Untersuchungen sollen auch Mehrfachanwendungen<br />
wie wiederholte Auslösungen<br />
von Impulsen in Form von Impulszyklen umfassen.<br />
Durch die unabhängige wissenschaftliche Untersuchung<br />
werden Wissenslücken und Unsicherheiten