Neues Pfingsten oder alte Gleise? - Missionszentrale der Franziskaner
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rakter einer Solidarität mit Menschen, die<br />
unter Unrecht und gesellschaftlicher Bedeutungslosigkeit<br />
leiden; im Gegenteil:<br />
diese Solidarität erfährt dadurch ihre aus<br />
dem Evangelium stammende Radikalität<br />
und erhält damit ihr solides Fundament.<br />
„Im Geringsten begegnen wir<br />
Jesus selbst, und in Jesus begegnen<br />
wir Gott.“<br />
Wir glauben an einen Gott, <strong>der</strong> sich<br />
in <strong>der</strong> Geschichte zeigt und alles Menschliche<br />
zu schätzen weiß. In diesem Sinne<br />
konnte Karl Barth sagen: Insofern Gott<br />
Mensch geworden ist, ist <strong>der</strong> Mensch das<br />
Maß aller Dinge. Im Rückgriff auf einen<br />
<strong>der</strong> interessantesten Texte seiner Enzyklika<br />
Deus Caritas est erinnert Papst Benedikt<br />
XVI.: „Gottes- und Nächstenliebe verschmelzen:<br />
Im Geringsten begegnen wir<br />
Jesus selbst, und in Jesus begegnen wir<br />
Gott. (Nr. 15) (Ebenda Nr. 3). Wenig später<br />
heißt es in <strong>der</strong> Enzyklika „Gottes- und<br />
Nächstenliebe sind untrennbar: Es ist nur<br />
ein Gebot.“ (Nr. 18). Offenkundig sind<br />
diese Bekenntnisse durch den beson<strong>der</strong>s<br />
wichtigen Evangelientext Mt 25, 31-46<br />
inspiriert (<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Enzyklika Deus Caritas<br />
est Nr. 15 ausdrücklich zitiert wird) 2 .<br />
Dieser Abschnitt des Evangeliums ist für<br />
die theologische Reflexion in Lateinamerika<br />
und in <strong>der</strong> Karibik von zentraler Bedeutung.<br />
In Puebla hat er den Text beseelt,<br />
<strong>der</strong> davon spricht, dass wir auf den Antlitzen<br />
<strong>der</strong> Armen das Antlitz Jesu Christi erkennen<br />
sollten. Santo Domingo ergänzte<br />
die in dieser Liste erwähnten Antlitze. Es<br />
ist von großer Bedeutung, dass die fünfte<br />
Generalversammlung den Text wie<strong>der</strong><br />
aufnimmt und dabei die neuen Formen<br />
von Armut berücksichtigt. Auf diese Weise<br />
wird die Kontinuität <strong>der</strong> lateinamerikanischen<br />
Bischofsversammlungen wirksam<br />
zum Ausdruck gebracht.<br />
Durch Jesus Christus ist die Option<br />
für die Armen ein Weg zu dem Gott, <strong>der</strong><br />
die Liebe ist, ein fundamentaler Bestandteil<br />
für die Nachfolge Jesu, ein Zeichen<br />
dafür, dass Gottes Reich lebendig wirksam<br />
ist und seine For<strong>der</strong>ungen praktiziert<br />
werden. Diese Option hat Priorität und<br />
wird deshalb als vorrangig bezeichnet.<br />
Denn Gottes Liebe ist universal, niemand<br />
wird von ihr ausgeschlossen. Aber diese<br />
Universalität ist nicht abstrakt bzw. nichts<br />
sagend: in ihr werden vielmehr die Letzten<br />
die Ersten sein – also all jene, die im<br />
Wi<strong>der</strong>spruch zum Willen Gottes an den<br />
Rand gedrängt werden und Unrecht erleiden.<br />
Nur so lieben wir, wie Jesus geliebt<br />
hat (vgl. Joh 13, 34), und machen sein<br />
Zeugnis zum Leitfaden für unser Leben<br />
und unser Engagement.<br />
Gottes Liebe ist universal ...<br />
Aber diese Universalität ist nicht<br />
abstrakt.<br />
Mit Nachdruck verweist <strong>der</strong> Papst<br />
auf die spezifisch christliche Perspektive<br />
von Inkarnation, die <strong>der</strong> entscheidende<br />
Beleg für das Gesagte ist. So sagt er wenige<br />
Zeilen, bevor er die Option für die Armen<br />
erwähnt: „Gott ist die grundlegende<br />
Wirklichkeit, nicht ein nur gedachter <strong>o<strong>der</strong></strong><br />
hypothetischer Gott, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Gott<br />
mit dem menschlichen Antlitz; er ist <strong>der</strong><br />
Gott-mit-uns, <strong>der</strong> Gott <strong>der</strong> Liebe bis zum<br />
Kreuz.“ Der menschgewordene Gott, <strong>der</strong><br />
sich „bis zum letzten“ einsetzt und die<br />
Treue zum Auftrag <strong>der</strong> Verkündigung des<br />
Reiches Gottes mit dem Preis des Leidens<br />
bezahlt. Ein „Gott, <strong>der</strong> den Armen und<br />
Leidenden nahe ist“ (Nr. 1).<br />
Wenn <strong>der</strong> Papst von den Werten<br />
spricht, die notwendig sind, um eine gerechte<br />
Gesellschaft zu schaffen, kommt<br />
er auf diesen Punkt zurück und unterstreicht:<br />
„Wo Gott fehlt – Gott mit dem<br />
menschlichen Antlitz Jesu Christi –, zeigen<br />
Grüne Schriftenreihe Nr. 102 – Bischofsversammlung Aparecida 2007