Neues Pfingsten oder alte Gleise? - Missionszentrale der Franziskaner
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Der Papst in Aparecida<br />
sich diese Werte nicht mit ihrer ganzen<br />
Kraft und es kommt auch nicht zu einem<br />
Einvernehmen über sie“ (Nr. 4). Es geht<br />
um den Immanuel – ein weiteres bedeutsames<br />
Thema im Matthäusevangelium –,<br />
den Gott mit uns, den wir erkennen, wenn<br />
wir tagtäglich in seinen Spuren gehen 3 .<br />
Mit Hilfe einer Formulierung, die in den<br />
vergangenen Jahren noch einige als Immanentismus<br />
diskriminierten, bekräftigt<br />
<strong>der</strong> Papst in diesem Zusammenhang:<br />
„Das Wort Gottes ist, als es in Jesus Christus<br />
Fleisch wurde, auch Geschichte und<br />
Kultur geworden“ (Nr. 1), einer von uns,<br />
<strong>der</strong> wie wir einer bestimmten menschlichen<br />
Geschichte und einer bestimmten<br />
Kultur angehört. Seine Liebe und seine<br />
völlige Hingabe, seine Verkündigung vom<br />
Reich Gottes und sein Gehorsam gegenüber<br />
dem Vater offenbaren ihn zu gleicher<br />
Zeit als Sohn und als Wort Gottes.<br />
In <strong>der</strong> Geschichte wird die Liebe des<br />
Vaters offenbar. Der Heilige Geist, <strong>der</strong> Geist<br />
<strong>der</strong> Wahrheit, den <strong>der</strong> Vater im Namen<br />
des menschgewordenen Wortes den Anhängern<br />
Jesu sendet, soll uns „in die ganze<br />
Wahrheit einführen“ (vgl. Joh 14,26<br />
Gutierrez – Benedikt XVI. und die Option für die Armen<br />
und 16, 13). Sein Wirken in <strong>der</strong> Geschichte<br />
legt den Grund dafür, dass wir die Zeichen<br />
<strong>der</strong> Zeit unterscheiden können. In<br />
diesem Kontext und in dieser Bedeutung<br />
muss das Sehen <strong>der</strong> gesellschaftlich-historischen<br />
Wirklichkeit mit den Augen des<br />
Glaubens verstanden werden, wie es von<br />
Anfang an in <strong>der</strong> sogenannten Methode<br />
„Sehen – Urteilen – Handeln“ eine Rolle<br />
spielte, die von Gaudium et Spes und<br />
vielen an<strong>der</strong>en kirchlichen Dokumenten<br />
übernommen worden war.<br />
Es ist wichtig darauf zu verweisen,<br />
dass die Perspektive des Glaubens nicht<br />
erst beim „Urteilen“ ins Spiel kommt. Die<br />
Sicht des Glaubens begleitet den gesamten<br />
Prozess. Das soll jedoch nicht heißen,<br />
dass man die legitime Autonomie und Eigenständigkeit<br />
<strong>der</strong> weltlichen Realitäten<br />
nicht respektiert 4 . Daran hält sich die Kirche<br />
und das reklamiert sie in Praxis und<br />
Texten. Deshalb sagt Gaudium et Spes:<br />
„Es gilt also, die Welt, in <strong>der</strong> wir leben,<br />
[…] zu erfassen und zu verstehen“ (Nr.<br />
4). Die Perspektiven, die <strong>der</strong> christliche<br />
Glaube eröffnet, und zwar sowohl die<br />
transzendenten als auch die historischen,<br />
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