UBS: Ein starkes Zeichen für den Heimmarkt - Publisuisse SA
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face to face<br />
«Je bildhafter<br />
Kommunikation ist,<br />
desto an genehmer<br />
ist sie <strong>für</strong> uns.»<br />
kreieren, <strong>für</strong> die sich viele interessieren: ein<br />
Skirennen oder Merkwürdigkeiten wie ein<br />
Dschungelcamp zum Beispiel.<br />
Die Medienwelt wird immer fragmentierter,<br />
die Gewohnheiten der Menschen in Bezug<br />
auf Kommunikation und Medienkonsum<br />
haben sich gewandelt. Hat sich die Werbebranche<br />
dieser Entwicklung bereits angepasst?<br />
Nur teilweise. Das liegt daran, dass wir tatsächlich<br />
in einer Zeit der kommunikativen<br />
Revolution leben. Die Entwicklung geschieht<br />
mit einem enormen Tempo, und es braucht<br />
auch Zeit, sich immer wieder auf neue Gegebenheiten<br />
einzustellen. Wir leben aus<br />
kommunikativer Sicht zweifellos in der<br />
spannendsten Zeit seit der Erfindung des<br />
Buchdrucks.<br />
Teilen Sie die Ansicht vieler Experten, dass<br />
das bewegte Bild – auch als Werbeform –<br />
durch diese Entwicklungen immer wichtiger<br />
wird?<br />
Vollkommen. Es gibt dadurch viel mehr und<br />
auch viel günstigere Möglichkeiten, das bewegte<br />
Bild zielgenau an die Rezipienten heranzutragen.<br />
In diesem Feld sind der Kreativität<br />
keine Grenzen gesetzt.<br />
TV und Internet verschmelzen: Auf dem<br />
Bildschirm im Wohnzimmer wird sich künftig<br />
alles vereinigen, inklusive der sozialen<br />
Netzwerke.<br />
Das ist der entschei<strong>den</strong>de Schritt, der jetzt<br />
gerade passiert. Je nachdem, wie man technologisch<br />
ausgerüstet ist, kann man diese<br />
Situation bereits jetzt erleben. Second Screen,<br />
die parallele Nutzung von Internet und TV, ist<br />
beinahe schon die Norm. Man sitzt entweder<br />
mit dem Computer vor dem Fernseher oder<br />
lässt parallel dazu sein iPhone laufen.<br />
Was bedeutet diese Entwicklung <strong>für</strong> die<br />
klassischen TV-Veranstalter?<br />
Die klassischen Broadcaster müssen sich fragen,<br />
was sie neben ihrem Kerngeschäft wie<br />
machen sollen und wie sie die Neuen Me dien<br />
integrieren. Es gibt bereits verschie<strong>den</strong>ste<br />
Ansätze und es ist sehr spannend zu sehen,<br />
wohin die Reise geht und wer das Rennen<br />
macht.<br />
Stimmen Sie mit der These überein, dass<br />
Fernsehen als Massenmedium im Bereich<br />
Markenaufbau auch weiterhin führend bleiben<br />
wird?<br />
Ja, eindeutig. Für diesen Bereich ist das klassische<br />
Fernsehen auch in naher Zukunft noch<br />
der entschei<strong>den</strong>de Kommunikationskanal.<br />
Und wenn man sich <strong>den</strong> neuen Rahmenbedingungen<br />
anpasst, wird das auch so bleiben.<br />
Wagen Sie einen Ausblick, wie sich die Situation<br />
vor dem Bildschirm in einem Wohnzimmer<br />
in zehn Jahren präsentieren wird?<br />
Zehn Jahre sind ein viel zu grosser Zeitraum.<br />
<strong>Ein</strong>e Prognose würde ich mir nicht einmal<br />
<strong>für</strong> fünf Jahre zutrauen.<br />
Aber das Bedürfnis zum Lean-back-Konsum<br />
wird es immer geben?<br />
Davon bin ich felsenfest überzeugt. <strong>Ein</strong> Kollege<br />
hat kürzlich in einer Studie gezeigt, dass<br />
die Zeit, die der Mensch vor dem «Lager feuer»<br />
Bildschirm verbringt, ansteigt. Egal, ob er<br />
dort spielt, surft oder fernsieht – das Angebot<br />
wird ja immer grösser.<br />
Und die Bedienung muss so einfach wie<br />
möglich sein.<br />
Das zeigt ja Apple mit benutzerfreundlichen<br />
Produkten sehr gut auf. Sobald etwas kompliziert<br />
ist, kauft es keiner mehr. Ausser man<br />
macht ein Hobby daraus.<br />
Was raten Sie werbetreiben<strong>den</strong> Unternehmen<br />
angesichts dieses schnellen Wandels?<br />
In allen Feldern Erfahrungen zu sammeln.<br />
Stand-by hiesse Rückschritt. Wir leben in<br />
einer Zeit, in der die Bereitschaft und Fähigkeit<br />
zu Flexibilität grundsätzlich entschei<strong>den</strong>d<br />
ist – das gilt nicht nur, aber insbesondere<br />
im Kommunikationsbereich. Unternehmen<br />
sollten vor diesem Hintergrund einen neuen<br />
Blick auf ihren Kommunikations-Mix werfen.<br />
Den klassischen Kommunikations-Mix mit<br />
<strong>den</strong> klassischen Medien gibt es aber weiterhin?<br />
Selbstverständlich. Zeitschriften, Zeitungen,<br />
Plakate und klassisches Fernsehen wird es<br />
auch in Zukunft geben. Neben <strong>den</strong> digitalen<br />
Medien gewinnt aber auch die persönliche<br />
Kommunikation an Bedeutung. Das sieht<br />
man an Themen wie Behavioral Branding,<br />
wenn sich Unternehmen immer mehr bewusst<br />
wer<strong>den</strong>, dass Mitarbeitende auch Markenbotschafter<br />
sind. Es wer<strong>den</strong> neue Plattformen<br />
und Orte geschaffen, zum Beispiel<br />
Events oder Flagship-Stores, wo sich Menschen<br />
begegnen können – Mitarbeitende und<br />
Kun<strong>den</strong> eines Unternehmens, aber auch die<br />
Kun<strong>den</strong> untereinander.<br />
Auf welchen Kommunikationskanal soll ein<br />
Unternehmen künftig am meisten setzen?<br />
Auf die Kernleistung: das Produkt respektive<br />
die Dienstleistung.<br />
Spannend ist auch der Wandel des Konsumverhaltens.<br />
Gehören Sie selbst auch zur<br />
wachsen<strong>den</strong> Gruppe der Konsumenten, die<br />
sich hybrid und multioptional verhalten?<br />
Diesen Wandel gibt es seit 20 Jahren, aber es<br />
verhalten sich immer mehr Menschen hybrid<br />
und multioptional. Ich vermute, dass auch<br />
mein <strong>Ein</strong>kaufsverhalten hybrid ist – aber die<br />
Selbstanalyse habe ich ganz bewusst noch<br />
nicht vorangetrieben.<br />
Professor <strong>für</strong> Betriebswirtschaftslehre und Marketing Torsten Tomczak face to face<br />
«Werbewirkung wird immer wichtiger»<br />
Der Branchenverband bsw leading swiss agencies zeichnet mit dem<br />
Swiss EFFIE Award erfolgreiche Marketing-Kommunikation aus.<br />
Vorsitzender der EFFIE-Jury ist Torsten Tomczak. <strong>Ein</strong>gereichte Kam-<br />
pagnen wer<strong>den</strong> einerseits <strong>für</strong> ihre messbare Marktleistung (respektive<br />
das Erreichen gesetzter Marketingziele) und andererseits<br />
<strong>für</strong> ihre kreative Leistung ausgezeichnet. Diese Art der Kampagnenbeurteilung<br />
ist weltweit einzigartig. Peter Felser, Präsi<strong>den</strong>t<br />
von bsw leading swiss agencies und Verwaltungsrat der Spillmann/<br />
Felser/Leo Burnett AG, präsidiert auch die Leitung des Swiss<br />
EFFIE. Er ist überzeugt, dass der Faktor Werbewirksamkeit in <strong>den</strong><br />
letzten Jahren wichtiger gewor<strong>den</strong> ist. «Wirksamkeit und Effizienz<br />
hat an Bedeutung zugenommen und wird heute sehr oft thematisiert.<br />
Ich wünschte mir allerdings eine noch intensivere Diskus-<br />
sion über die Wirkung.» Zu oft wer<strong>den</strong> seiner Ansicht nach nur die Kosten diskutiert und der<br />
unterschiedliche Effekt von guter und weniger guter Werbung ignoriert. Dabei sei Kreativität<br />
ein Multiplikator der Wirkung. «Zielgerichtet eingesetzt, wirkt sie positiv und hilft, Geld zu sparen.»<br />
<strong>Ein</strong> allgemein gültiges Erfolgsrezept beim Mediamix gebe es nicht, sagt Felser. Unterschiedliche<br />
Aufgabenstellungen führten zu unterschiedlichen Mediastrategien. «Allerdings<br />
verfügen die beim EFFIE ausgezeichneten Kampagnen fast alle über einen auffallend hohen<br />
Anteil an TV und Internet.»<br />
Wer kauft <strong>den</strong>n in Ihrer Familie ein?<br />
Das hängt davon ab, was gekauft wer<strong>den</strong><br />
soll. Ich kaufe eher <strong>den</strong> kurzfristigen Lebensmittelbedarf<br />
ein, meine Frau eher <strong>den</strong> langfristigen<br />
– im Regelfall online. Und unser<br />
Sohn ist da<strong>für</strong> zuständig, die schweren Dinge<br />
des täglichen Bedarfs einzukaufen, weil<br />
er der Kräftigste ist. Meine Frau ist zuständig<br />
<strong>für</strong> <strong>Ein</strong>käufe im Bereich Tourismus und<br />
Reisen, aber auch <strong>für</strong> Unterhaltungselektronik<br />
aller Art, was sicher nicht der Norm entspricht.<br />
Der Automobilkauf ist eher bei mir<br />
und meinem Sohn angesiedelt, was wieder<br />
eher der Norm entspricht. Und wenn ich es<br />
richtig über blicke, kaufen wir sowohl preis-,<br />
qualitäts- als auch markenorientiert ein. Als<br />
Gesamtheit ist meine Familie sehr hybrid<br />
unterwegs.<br />
Sie spielen in Ihrer Freizeit in zwei Bands<br />
und geben demnächst ein Album heraus –<br />
aus welchem Grund haben Sie sich <strong>für</strong> Ihre<br />
Gitarrenmarke entschie<strong>den</strong>?<br />
Weil Neil Young auch eine Gibson Les Paul<br />
spielt. Also eindeutig ein bewusster Entscheid<br />
<strong>für</strong> eine Marke.<br />
Das Tempo des Wandels und der Entwicklungen<br />
lässt bei <strong>den</strong> Konsumenten so etwas<br />
wie eine Sehnsucht nach Leuchtturm-<br />
marken aufkommen, die <strong>für</strong> Sicherheit und<br />
Beständigkeit stehen. Gilt das auch <strong>für</strong> Medienunternehmen?<br />
Diese Ansicht teile ich – in der Schweiz gehören<br />
Migros, aber auch Lindt und Rivella zu<br />
diesen Leuchtturmmarken. Auch <strong>für</strong> Medienunternehmen<br />
gilt dies – allerdings sind diese<br />
selbst direkter von der digitalen Revolution<br />
betroffen und stehen daher vor ganz besonderen<br />
Herausforderungen. Medienmarken<br />
sind vielfach Produktmarken – und das Produkt<br />
verändert sich total. Die Unternehmen<br />
stehen also vor der Aufgabe, aus <strong>den</strong> Produktmarken<br />
übergreifendere Wertemarken<br />
zu machen.<br />
Die Fragmentierung der Medienwelt und<br />
das hybride Konsumverhalten machen viel<br />
genauere Zielgruppendefinitionen nötig –<br />
sie ermöglichen diese aber theoretisch<br />
auch, weil viele Metadaten über Kun<strong>den</strong><br />
vorliegen. Ist diese Entwicklung ein Segen?<br />
Das ist ein hochspannendes Dreieck. Erstens<br />
kann man heute viel genauer Zielgruppen<br />
i<strong>den</strong>tifizieren und definieren als noch vor ein<br />
paar Jahren, weil man Daten sammelt und<br />
auch über entsprechende Analyseverfahren<br />
verfügt. Das Zweite ist das Ansprechen dieser<br />
Zielgruppen. Auch das kann man heute<br />
besser. Man könnte aber viel mehr machen,<br />
als man rechtlich darf. Vieles ist zu Recht verboten<br />
– die Be<strong>für</strong>chtung, dass George Orwell<br />
überall droht, kommt nicht von ungefähr.<br />
Interview: Thorsten Kaletsch. Fotos: Manu Friederich.<br />
6 impact 1 | März 2012 impact 1 | März 2012<br />
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➔➔ www.effie.ch➔<br />
Peter Felser, VR Spillmann /<br />
Felser /Leo Burnett AG