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Die Wirtschaft Nr. 34 vom 26. August 2011

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HANDEL<br />

ARBEITSRECHT AKTUELL<br />

Fragen zum<br />

OGH-Urteil<br />

Forderungen von Angestellten –<br />

Verfallsfrist. Falls Unternehmer mit Forderungen<br />

im Zusammenhang mit Einstufungen<br />

von Angestellten konfrontiert<br />

werden, ist die Verfallsfrist zu beachten.<br />

Der Mitarbeiter hat Gehaltsansprüche<br />

aufgrund von Unstimmigkeiten hinsichtlich<br />

der Einstufung schriftlich beim Arbeitgeber<br />

dem Grunde nach innerhalb<br />

eines Jahres geltend zu machen. Der Anspruch<br />

verfällt, wenn er nicht innerhalb<br />

eines Jahres schriftlich geltend gemacht<br />

wird. Ansprüche, die sich aus Forderungen<br />

für Differenzzahlungen außerhalb<br />

der Verfallsfrist ergeben, gehen unter<br />

und sind gerichtlich nicht mehr durchsetzbar.<br />

Unter Differenzbetrag ist jener<br />

Betrag zwischen dem Ist-Lohn (bzw. Beschäftigungsgruppe<br />

2) und der Beschäftigungsgruppe<br />

3 zu verstehen.<br />

Beispiel: Eine Angestellte ist derzeit mit<br />

einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5<br />

Stunden eingestuft in die BG 2 7. Berufsjahr,<br />

Gebiet A und verdient EUR 1.400<br />

brutto. 2010 war sie in BG 2 6.BG, Gebiet<br />

A, mit einem Gehalt von EUR 1.300<br />

(Gehalt laut KV wäre EUR 1.287 brutto,<br />

d.h. eine Überzahlung in Höhe von EUR<br />

13 liegt vor) eingestuft. Seit 4 Jahren ist<br />

sie überwiegend als Kassierin in einem<br />

Supermarkt tätig. Sie begehrt am 18. 8.<br />

<strong>2011</strong> eine Einstufung in BG 3. Der Arbeitgeber<br />

kann mit der schriftlichen Geltendmachung<br />

des Anspruches die Verfallsfrist<br />

von einem Jahr (18. 8. <strong>2011</strong> bis 19. 8.<br />

2010) einwenden. Wenn die Mitarbeiterin<br />

Klage einreicht und bei Gericht obsiegt,<br />

hat der <strong>Die</strong>nstgeber den monatlichen Differenzbetrag<br />

zwischen EUR 1.400 (Ist-<br />

Lohn) und EUR 1.461 (BG 3) in Höhe<br />

von EUR 61 <strong>vom</strong> 1.1.<strong>2011</strong> bis 18. 8. <strong>2011</strong><br />

und laufend zu bezahlen. Für den Zeitraum<br />

<strong>vom</strong> 19.8.2010 bis 31. 12. 2010 ergibt<br />

sich ein monatlicher Differenzbetrag<br />

zwischen EUR 1.300 (Ist-Lohn) und EUR<br />

1.358 (BG 3) in Höhe von EUR 58.<br />

ACHTUNG: <strong>Die</strong> entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge<br />

verfallen nicht und<br />

können von der Sozialversicherung 5<br />

Jahre lang nachgefordert werden, ebenso<br />

die Lohnsteuer. Wird ein Anspruch<br />

von einem Angestellten innert der Verfallsfrist<br />

schriftlich geltend gemacht, verjährt<br />

er innerhalb von 3 Jahren, wenn er<br />

nicht mittels Klage geltend gemacht<br />

wird. Verjährung bedeutet, dass mit Ablauf<br />

einer Frist das Klagerecht erlischt.<br />

8 DIE WIRTSCHAFT Freitag, <strong>26.</strong> <strong>August</strong> <strong>2011</strong><br />

Neues OGH-Urteil zu Einstufung von Kassieren:<br />

Da in der Praxis viele Mischformen<br />

bei Beschäftigungen<br />

von Kassieren im Handel<br />

auftreten und sich das Urteil auf eine<br />

bestimmte Ausprägung von Kassieren<br />

bezieht, ist jeder Einzelfall zu<br />

prüfen. <strong>Die</strong> Sparte Handel sieht die<br />

Einstufung von Kassieren differenzierter.<br />

Unterschiedliche Ausprägungen<br />

des Kassiers existieren in der<br />

Praxis , etwa Kassiere mit Kassenverantwortlichkeit<br />

und ohne eine solche,<br />

Kassen, wo mehrere Personen<br />

gleichzeitig Zugriff haben, Kassiere<br />

in Supermärkten, Kassiere in kleineren<br />

Filialen usw.<br />

Jeder Fall ist<br />

Nach Ansicht der Sparte kann es<br />

nicht so sein, dass aufgrund des aktuellen<br />

OGH-Urteils alle Tätigkeitsbereiche<br />

von Kassieren pauschal in<br />

die Beschäftigungsgruppe 3 einzustufen<br />

sind. Würde man diesem Gedanken<br />

folgen, wäre keine Einstufung<br />

von Kassieren in die Beschäftigungsgruppe<br />

2 mehr möglich -<br />

womit die Erwähnung des Kassiers<br />

im Kollektivvertrag in der Beschäftigungsgruppe<br />

2 völlig außer Acht<br />

gelassen werden würde. <strong>Die</strong> Problematik<br />

einer genauen Definition des<br />

Kassiers in Beschäftigungsgruppe 2<br />

bzw. 3 wird in den kommenden Ver-<br />

zu prüfen!<br />

Nach Meinung der Gewerkschaft sind sämtliche Kassiere im Handel in<br />

Beschäftigungsgruppe 3 einzustufen. So einfach geht es allerdings nicht:<br />

Nach dem Urteil des Obersten Gerichtshofes ist jeder Einzelfall zu prüfen.<br />

Sachverhalt. Laut Sachverhalt handelte es<br />

sich um eine Kassierin in einem Supermarkt,<br />

die überwiegend an der Kasse tätig<br />

war und nur manchmal auch Beratungstätigkeit<br />

in Zusammenhang mit Telefonwertkarten<br />

oder Gutscheinen und Nachfragen<br />

von Kunden über Standorte von Produkten<br />

erledigte. Nur ausnahmsweise, wenn sich<br />

keine Kunden an der Kassa befanden, verließ<br />

sie den Kassenbereich, um z.B. Ware<br />

nachzuteilen. <strong>Die</strong>se Tätigkeiten lagen zeitlich<br />

unter der Hälfte der Gesamtarbeitszeit. Sie<br />

war nie allein im Geschäft tätig, es befand<br />

sich immer ein Vorgesetzter im Supermarkt.<br />

Entscheidung. Der OGH ordnet diese Tätigkeit<br />

als „Ladenkassier in Selbstbedienungsläden“<br />

in die Beschäftigungsgruppe 3<br />

ein. Im Kollektivvertrag für Handelsangestellte<br />

findet sich sowohl in der Beschäftigungsgruppe<br />

2 als auch in der Beschäftigungsgruppe<br />

3 die Formulierung „Kassier“ in verschiedenen<br />

Ausprägungen.<br />

Im Kollektivvertrag für Angestellte scheinen<br />

in Beschäftigungsgruppe 2 Angestellte,<br />

die einfache Tätigkeiten ausführen, z. B.<br />

Kassiere, soweit sie nicht in eine höhere Beschäftigungsgruppe<br />

einzustufen sind, auf.<br />

In Beschäftigungsgruppe 3 (Angestellte, die<br />

handlungen mit der Gewerkschaft<br />

zu diskutieren sein.<br />

Das OGH-Urteil stellt für überwiegend<br />

als Kassiere in Supermärkten<br />

Tätige eine Grundsatzentscheidung<br />

dar. Eine automatische Einordnung<br />

aller Kassiere in Beschäftigungsgruppe<br />

3, wie von der GPA gefordert,<br />

ist aus Sicht der<br />

Bundessparte Handel nicht zutreffend.<br />

Jeder Einzelfall außerhalb des<br />

oben beschriebenen Anwendungsbereiches<br />

ist daher in der Praxis zu<br />

prüfen und entsprechend dem Kollektivvertrag<br />

einzustufen.<br />

OGH-Urteil (GZ: 9 Ob A 33/11k) zur Einstufung von Kassieren<br />

auf Anweisung schwierige Tätigkeiten selbstständig<br />

ausführen) sind<br />

l Ladenkassiere in Selbstbedienungsläden,<br />

l Kassiere an Sammelkassen und<br />

l Kassiere mit Kassenaufsichtsverantwortung,<br />

sowie sie nicht höher einzustufen sind,<br />

in der exemplarischen Aufzählung angeführt.<br />

Nach der oben angeführten Entscheidung<br />

sind Kassiere im Supermarkt, die überwiegend<br />

an einer Kassa arbeiten, in Beschäftigungsgruppe<br />

3 einzustufen. „Überwiegen“<br />

ist gegeben, wenn mehr als die Hälfte der<br />

Arbeitszeit an der Kassa gearbeitet wird.

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