ZUCKERRÜBEN J O U R N A L
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ZUCKERRÜBEN J O U R N A L
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3 / 2011<br />
Entblatten oder Köpfen?<br />
Aktuelles<br />
Rübenköpfe werden neu bewertet<br />
Z U C K E R R Ü B E N<br />
J O U R N A L<br />
Anbau<br />
Erfolgsmodell Frostfonds<br />
Anbau<br />
Wie entsteht eigentlich Carbokalk?
I N h A l T A K T u E l l E S P o l I T I K M A R K T B E T R I E B S w I R T S c h A F T A N B A u T E c h N I K Z u c K E R<br />
Ab herbst 2011<br />
dürfen im Rheinland<br />
auch entblattete<br />
Rüben in die<br />
Fabriken geliefert<br />
werden. wie das<br />
bewertet wird,<br />
lesen Sie ab<br />
Seite 6.<br />
Rodeverluste sollten auf ein Minimum reduziert werden.<br />
was man dafür schon beim Anbau tun kann, zeigte unter<br />
anderem eine Diskussionsrunde beim landwirtschaftlichen<br />
Informationsdienst Zuckerrübe, siehe Seite 9.<br />
Auf Rüben für ihre<br />
neue Biogasanlage<br />
hat Familie Körner<br />
aus hamminkeln<br />
gesetzt. welche<br />
Erfahrungen sie<br />
dabei gemacht<br />
hat, lesen Sie ab<br />
Seite 17.<br />
Titelbild:<br />
Entblatten oder<br />
Köpfen – die nächste<br />
Kampagne wird<br />
zeigen, was wirklich<br />
besser ist.<br />
Foto: Natascha<br />
Kreuzer<br />
Mitteilungen des Rheinischen<br />
Rübenbauer-Verbandes e.V. und der<br />
Bezirksgruppe Nordrhein des Vereins<br />
der Zuckerindustrie e. V.<br />
Redaktion:<br />
Natascha Kreuzer (verantwortlich)<br />
Rochusstraße 18, 53123 Bonn<br />
Telefon: (02 28) 96 49 97 17<br />
Fax: (02 28) 96 49 97 18<br />
E-Mail: ZRJournal@aol.com<br />
Aktuelles<br />
Rheinischer Rübenbauer-Verband e. V.<br />
Telefon: (02 28) 65 25 34<br />
Bezirksgruppe Nordrhein des<br />
Vereins der Zuckerindustrie e. V.<br />
Telefon: (02 21) 4 98 03 32<br />
Redaktionsbeirat:<br />
Heinrich Brockerhoff, Johannes Brünker,<br />
Dr. Helmut Esser, Dr. Bernd Kämmerling,<br />
Dr. Peter Kasten, Dr. Willi Kremer-Schillings<br />
CIBE-Generalversammlung<br />
Knappe Versorgung prägt die Diskussion 3<br />
Fortsetzung der Zuckermarktordnung bis 2020 unverzichtbar 4<br />
Ungarn: Folgen der Reform deutlich spürbar 5<br />
Rübenköpfe werden neu bewertet 6<br />
Ab Herbst wird entblattet 7<br />
Verlag:<br />
Rheinischer Landwirtschafts-Verlag GmbH<br />
Rochusstraße 18, 53123 Bonn<br />
Telefon: (02 28) 5 20 06-35<br />
Fax: (02 28) 5 20 06-60<br />
Satz:<br />
Print PrePress GmbH & Co. KG<br />
53340 Meckenheim<br />
Druck:<br />
L.N. Schaffrath Druck Medien, 47594 Geldern<br />
2 | Z U C K E R R Ü B E N J O U R N A L LZ 30 · 2011<br />
Anbau<br />
Am Ende zählt, was in der Fabrik ankommt 8<br />
Sind Schwadproben noch zeitgemäß? 10<br />
Erfolgsmodell Frostfonds 12<br />
Ditylenchus auf dem Vormarsch 13<br />
Unkraubekämpfung<br />
Rückblick auf ein Ausnahmejahr 15<br />
Auf Biogasrüben gesetzt 16<br />
Wie entsteht eigentlich Carbokalk? 18<br />
Technik<br />
Zutra schulte Mausfahrer 19<br />
Zucker<br />
Neues Zuckersilo in Jülich 20<br />
Diamant Eis-Zauber für Joghurt 20
Z u c K E R<br />
T E c h N I K A N B A u B E T R I E B S w I R T S c h A F T<br />
Knappe Versorgung prägt<br />
die Diskussion<br />
CIBE-Generalversammlung in Budapest<br />
Ende Mai kam die Vereinigung der europäischen Rübenanbauer<br />
(cIBE) zu ihrer alljährlichen Generalversammlung zusammen.<br />
Neben den Regularien standen vor allem zuckerpolitische<br />
Themen auf der Tagesordnung. Die aktuelle lage auf den<br />
Zuckermärkten beschäftigt inzwischen bei weitem nicht mehr<br />
nur noch die Branche selbst. Eine knappe Zuckerversorgung<br />
hat man in Europa über Jahrzehnte nicht mehr gekannt.<br />
Ein weiteres zentrales Thema der Versammlung<br />
war die Zukunft der EU-Zuckerpolitik.<br />
Die europäische Agrarpolitik<br />
befindet sich bereits mitten in der Diskussion<br />
um die Reform der gemeinsamen<br />
Agrarpolitik (GAP) ab 2013. Auch der Zuckersektor<br />
könnte hierdurch betroffen<br />
sein. Grund genug also für die europäischen<br />
Rübenanbauerverbände, die Situation<br />
zu analysieren, sich zu positionieren<br />
und die eigene Meinung zu kommunizieren.<br />
Versorgung in Europa schwierig<br />
Nachdrücklich wurde seitens der CIBE darauf<br />
hingewiesen, dass die europäische<br />
Agrar- und Handelspolitik ein erhebliches<br />
Maß an Verantwortung für die derzeit<br />
problematische Zuckerversorgungslage in<br />
Europa trägt. Schließlich war sie es, die<br />
aus entwicklungs- und handelspolitischen<br />
Gründen die EU vom Netto-Expor-<br />
Die Vereinigung der europäischen Rübenanbauer (cIBE) hat auf ihrer<br />
Generalversammlung Ende Mai in Budapest ihre Führungspositionen<br />
neu besetzt. Neuer Präsident ist Jørn Dalby aus Dänemark (2. von<br />
rechts). Er folgt Jos van campen (2. von links) aus den Niederlanden,<br />
der nach zwei Amtsperioden nicht mehr wählbar war. Neuer erster<br />
Vizepräsident der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Rübenbauer-Verbände<br />
und der Vorsitzende des Rheinischen Rübenbauer-Verbandes ist<br />
Bernhard conzen (rechts). links im Bild Eric lainé, Präsident des<br />
französischen Anbauerverbandes cGB. Foto: Dr. Peter Kasten<br />
teur für Zucker zu einem der weltweit<br />
größten Zuckerimporteure machte. Die<br />
am wenigsten entwickelten Länder der<br />
Erde, die LDC, erhielten einen unbegrenzten,<br />
zollfreien Zugang zum europäischen<br />
Zuckermarkt. Zusammen mit dem bestehenden<br />
bevorzugten Marktzugang für die<br />
AKP-Staaten, den Staaten des afrikanischkaribisch-pazifischen<br />
Raums, plante die<br />
EU-Kommission rund 4 bis 4,5 Mio. t jährliche<br />
Zuckerimporte vorwiegend aus diesen<br />
Staaten ein. Damit keine Überschüsse<br />
am EU-Markt entstehen, mussten die EU-<br />
Erzeuger dafür ihre Produktion massiv zurückfahren<br />
und Quote zurückgeben. Europa<br />
sollte sich nach dem Willen der EU nur<br />
noch zu etwa 85 % selbst mit Zucker versorgen.<br />
Diese Politik führt jetzt zu Versorgungsproblemen<br />
mit Zucker, denn die<br />
LDC- und AKP-Staaten liefern gerade einmal<br />
so viel Zucker in die EU, wie sie aufgrund<br />
fester Lieferverträge müssen. Das<br />
ist aber weniger, als Europa benötigt.<br />
Grund für die geringe Lieferbereitschaft<br />
ist der hohe Zuckerweltmarktpreis. Dieser<br />
liegt bereits seit Längerem deutlich über<br />
dem EU-Referenzpreis für Zucker. Es ist im<br />
Moment schlicht lohnender, den Zucker<br />
auf dem Weltmarkt zu verkaufen, als ihn<br />
nach Europa zu exportieren.<br />
Als Folge muss sich Europa nach Jahrzehnten<br />
stabiler Versorgung und stabiler<br />
Preise nun mit einer Zuckerverknappung<br />
beschäftigen, die im Osten der EU bereits<br />
teilweise zu Rationierungen und deutlichen<br />
Preiserhöhungen bei Zucker führte.<br />
Die EU-Kommission reagierte auf die problematische<br />
Versorgungslage und ergriff<br />
eine Reihe an Marktsteuerungsmaßnahmen.<br />
So wurden 0,5 Mio. t europäischer<br />
Nicht-Quotenzucker zur Vermarktung auf<br />
dem EU-Binnenmarkt freigegeben. Weiterhin<br />
wurden zusätzliche temporäre<br />
Rohrohrzuckerimporte in Höhe von insgesamt<br />
0,5 Mio. t beschlossen. Mit der Zusage,<br />
auch für 2011/12 eine Exportmöglichkeit<br />
für Zucker auf den Weltmarkt einzuräumen,<br />
wollte die EU-Kommission die<br />
europäischen Rübenanbauer motivieren,<br />
ihre Produktion zu erhöhen.<br />
M A R K T P o l I T I K A K T u E l l E S<br />
Die CIBE wies mit Nachdruck darauf<br />
hin, dass es unverantwortlich sei, die Versorgung<br />
der EU-Bevölkerung in steigendem<br />
Maße mit in ihrer Höhe unsicheren<br />
Importen gewährleisten zu wollen. Die<br />
EU-Verbraucher müssten vor Versorgungs-<br />
und Preisschwankungen, wie sie<br />
derzeit am Zuckerweltmarkt auftreten,<br />
geschützt werden. Dies gehe nur durch<br />
eine stabile europäische Eigenversorgung<br />
mit Rübenzucker. Eine weitere Öffnung<br />
des EU-Zuckermarktes für Importe, sei es<br />
durch sogenannte bilaterale Abkommen<br />
mit einzelnen EU-Handelspartnern oder<br />
über internationale Handelsabkommen,<br />
sei kategorisch abzulehnen.<br />
Mit Blick auf die Überlegungen zur<br />
GAP-Reform 2013 und möglichen Veränderungen<br />
der Zuckermarktordnung stellte<br />
CIBE klar, dass nach einhelliger Überzeugung<br />
aller Anbauerverbände eine ausreichende<br />
EU-Eigenversorgung mit Zucker<br />
nur dann nachhaltig gesichert werden<br />
kann, wenn die Kernelemente des aktuellen<br />
Regelwerks aufrechterhalten blieben.<br />
Dies sind ein Rübenmindestpreis (in ausreichender<br />
Höhe), die Mengensteuerung<br />
über Produktionsquoten, das System der<br />
Branchenvereinbarungen und ein Außenschutz,<br />
der die hohen europäischen Erzeugungsstandards<br />
absicherndert. Um<br />
schwankende Importmengen und Erträge<br />
abpuffern zu können, sei zudem die Aufrechterhaltung<br />
der Exportmöglichkeit im<br />
Rahmen der WTO-Vorgaben unerlässlich.<br />
In einer zweistündigen Diskussion mit<br />
dem stellvertretenden Generaldirektor<br />
der Generaldirektion Agri der EU-Kommission<br />
João Pacheco, erläuterte dieser<br />
zunächst die Position der EU-Kommission.<br />
Er bezeichnete zunächst noch einmal<br />
die Zuckermarktreform 2006 aus Sicht<br />
der EU-Kommission als Erfolg. Er räumte<br />
aber ein, dass sie für die Anbauer eine erhebliche<br />
Bürde gewesen sei. Im Hinblick<br />
auf die Zukunft der Zuckermarktordnung<br />
prüfe man derzeit drei Optionen. Die EU-<br />
Kommission sehe gute Perspektiven für<br />
den Sektor.<br />
Die Vertreter der CIBE machten klar,<br />
dass dies von den oben genannten Rahmenbedingungen<br />
abhänge. Eine Produk-<br />
LZ 30 · 2011 Z U C K E R R Ü B E N J O U R N A L | 3<br />
Foto: Natascha Kreuzer
A K T u E l l E S P o l I T I K<br />
Jørn Dalby<br />
Der neue CIBE-Präsident Jørn Dalby<br />
kommt aus Staveby auf der Insel Falster<br />
im Süden Dänemarks. Er ist seit<br />
2002 Vorsitzender des dänischen Anbauerverbands<br />
und bewirtschaftet einen<br />
190 ha großen Betrieb mit Zuckerrüben,<br />
Weizen, Braugerste und Grassamenvermehrung.<br />
Der 56-jährige Landwirt ist verheiratet<br />
und hat drei Töchter.<br />
tionsausdehnung, wie es die EU-Kommission<br />
aktuell wünsche, sei nicht mehr ohne<br />
Weiteres darstellbar. Im Rahmen der<br />
Restrukturierung wurde eine große Zahl<br />
an Zuckerfabriken geschlossen. Die Kampagnedauer<br />
habe sich in den verbliebenen<br />
Fabriken deutlich erhöht. Hier sei<br />
man auf vielen Standorten, so auch im<br />
Rheinland, bereits jetzt „am Anschlag“.<br />
Wie bereits vorher von EU-Agrarkommissar<br />
Ciolos klargestellt, lehnte Pacheco<br />
eine Quotenerhöhung, wie von Polen gefordert,<br />
ab. Dies würde eine Teilumkehr<br />
der Zuckermarktreform aus 2006 bedeuten<br />
und im Falle steigender Importe aus<br />
den LDC- und AKP-Staaten wieder zu<br />
Überschüssen führen. Er bestätigte, dass<br />
das Thema der Versorgungssicherheit<br />
auch für die EU-Kommission höchste Priorität<br />
habe. CIBE stellte klar, dass man<br />
mit den vorhandenen Produktionskapazitäten<br />
in Europa zunächst den eigenen europäischen<br />
Markt versorgen wolle.<br />
Der Vorsitzende des Rheinischen Rübenbauer-Verbandes,<br />
Bernhard Conzen,<br />
M A R K T B E T R I E B S w I R T S c h A F T A N B A u T E c h N I K Z u c K E R<br />
wies darauf hin, dass die EU-Kommission<br />
selbst die Sicherung der Betriebseinkommen<br />
als eines der wesentlichsten Ziele<br />
der GAP nach 2013 nannte. Dies sei auf<br />
den Rübenanbau bezogen nur mit nachhaltig<br />
stabilen Rahmenbedingungen für<br />
den Rübenanbau möglich, sowohl was<br />
die Produktionsmenge betreffe als auch<br />
einen auskömmlichen Mindestpreis.<br />
Zunehmend unterstützung für<br />
Zuckermarktordnung<br />
In der Veranstaltung begrüßten Europas<br />
Rübenanbauervertreter das Votum des<br />
Agrarausschusses des Europäischen Parlaments<br />
für eine Verlängerung der geltenden<br />
Zuckermarktordnung. Konkret votierte<br />
der Agrarausschuss auf Vorschlag<br />
des Berichterstatters Albert Deß dafür,<br />
die Zuckermarktordnung in ihrer bestehenden<br />
Form zumindest bis 2020 zu verlängern.<br />
Weiterhin forderte der Ausschuss<br />
die Entwicklung geeigneter Maßnahmen<br />
ein, um die europäische Zuckerproduktion<br />
zu sichern und dem EU-Zuckersektor<br />
die Möglichkeit zu geben,<br />
seine Wettbewerbsfähigkeit innerhalb eines<br />
stabilen Regelwerks zu verbessern.<br />
In der Zwischenzeit hat auch das Europäische<br />
Parlament insgesamt dem Bericht<br />
von Albert Deß und damit dem Vorschlag<br />
zur Verlängerung der Zuckermarktord-<br />
nung zugestimmt. Ferner sprechen sich<br />
die AKP-Staaten eindeutig für eine Marktordnungsverlängerung<br />
aus. Damit wächst<br />
die Zahl derer kontinuierlich, die eine Beibehaltung<br />
des geltenden Regelwerks fordern.<br />
Früh hatten sich bereits die europäischen<br />
Dachorganisationen der Rübenanbauer<br />
CIBE und der Zuckerindustrie und<br />
CEFS entsprechend geäußert. Auch die<br />
deutschen Rübenanbauerverbände und<br />
die Wirtschaftliche Vereinigung Zucker haben<br />
die Notwendigkeit der Aufrechterhaltung<br />
des Regelwerks für Zucker wiederholt<br />
unterstrichen. Wesentliche Unterstützung<br />
erfuhr man dabei durch den<br />
Deutschen Bauernverband und dessen<br />
Präsidenten Gerd Sonnleitner. Der Bundesrat<br />
hatte sich bereits Ende vergangenen<br />
Jahres dafür ausgesprochen, „die Zuckermarktordnung<br />
auch im Hinblick auf<br />
die Vermeidung von Präferenzerosionen<br />
für die Entwicklungsländer nach 2015 beizubehalten<br />
und bis 2020 daraufhin zu<br />
überprüfen, welchen Beitrag sie zur Erreichung<br />
der Ziele der GAP weiterhin leisten<br />
kann“. Nun gilt es, die Position weiterhin<br />
mit Nachdruck vorzutragen und auch die<br />
EU-Kommission zu überzeugen, das für<br />
die europäische Zuckerwirtschaft notwendige<br />
Fundament der bestehenden Marktordnung<br />
aufrechtzuerhalten.<br />
Dr. Peter Kasten<br />
Rheinischer Rübenbauer-Verband e.V.<br />
Fortsetzung der Zuckermarktordnung bis 2020 unverzichtbar<br />
„Die Zuckermarktordnung der EU wird auch bei<br />
angespanntem Welt markt ihrer Verantwortung<br />
in vollem Umfang gerecht“, erklärte der Vorsitzende<br />
der Wirt schaftlichen Vereinigung Zucker,<br />
Dr. Hans-Jörg Gebhard, im Rahmen der Zuckertagung<br />
2011. Sie leiste einen wesentlichen Beitrag<br />
zur Versorgungssicherheit und Preisstabilität<br />
für die Verbraucher. Mit der Möglichkeit zur<br />
Freigabe von Nichtquotenzucker für den Absatz<br />
auf dem Food-Markt der EU, von der in diesem<br />
Jahr erstmals Gebrauch ge macht wurde, bestehe<br />
auch die notwendige Flexibilität, um den<br />
EU-Binnenmarkt zu ver sorgen. Der enorme Anstieg<br />
der Weltmarktnotierungen für Zucker in<br />
den letzten zwölf Mo naten habe sich, wie aus<br />
den Preisstatistiken der EU-Kommission hervorgeht,<br />
nur in sehr geringem Umfang auf die Verbraucherpreise<br />
in der EU ausgewirkt. „Wir begrüßen<br />
daher auch das klare Votum des Europäischen<br />
Parlaments für eine Fortsetzung der<br />
gegenwärtigen Regelung bis 2020“, so Gebhard.<br />
Die Zuckermarktordnung habe sich erneut als<br />
ein Beispiel für Vertragsanbau im Interesse aller<br />
Beteiligten erwiesen.<br />
Die derzeitigen Marktordnungsregeln stellen<br />
sicher, dass die Versorgung des heimi schen<br />
Marktes zu rund 85 % aus der europäischen<br />
und für Ernteschwan kungen vergleichsweise<br />
unempfindlichen heimischen Erzeugung gedeckt<br />
wird. Die restlichen 15 % werden über-<br />
wiegend aus Entwicklungsländern eingeführt,<br />
für die der Zugang zum EU-Binnenmarkt einen<br />
verlässlichen Markt nicht nur im Hinblick auf<br />
die Absatzmengen, sondern auch in Bezug auf<br />
das garantierte Preisniveau darstellt.<br />
Der europäische Zuckersektor habe damit die<br />
Verpflichtungen der EU hinsichtlich der Öffnung<br />
des Zuckermarktes für die am wenigsten<br />
entwickelten Länder sowie in Bezug auf die Exportregelungen<br />
der WTO vollständig umgesetzt.<br />
Dr. Gebhard unterstrich, dass für eine<br />
langfristige Ver sorgungssicherheit der Erhalt<br />
der Rahmenbedingungen der Zuckermarktordnung<br />
über 2015 hinaus unerlässlich sei.<br />
wVZ<br />
4 | Z U C K E R R Ü B E N J O U R N A L LZ 30 · 2011
Z u c K E R<br />
T E c h N I K A N B A u B E T R I E B S w I R T S c h A F T<br />
M A R K T P o l I T I K A K T u E l l E S<br />
Folgen der Reform deutlich spürbar<br />
Ungarns Zuckerwirtschaft eingebrochen<br />
Im Rahmen der Generalversammlung der cIBE stellten<br />
Vertreter der ungarischen Zuckerwirtschaft auch<br />
den Rübenanbau und die Zuckererzeugung vor.<br />
Istvan Kelemen, Generalsekretär<br />
des ungarischen Rübenanbauerverbandes,<br />
und Peter Gardoszy<br />
vom ungarischen Landwirtschaftsministerium<br />
berichteten zunächst,<br />
dass Ungarns Landwirte und damit auch<br />
die Rübenanbauer in einem Übergangsbereich<br />
vom mediterranen zum kontinentalen<br />
Klima wirtschaften. Das brächte<br />
500 bis 800 mm Niederschlag im Jahr, der<br />
aber zum Teil extrem verteilt sei. Üblicherweise<br />
leide man unter einer ausgeprägten<br />
Sommertrockenheit. Daher würden<br />
die Zuckerrüben meist bewässert.<br />
Die landwirtschaftlich genutzten Flächen<br />
konzentrieren sich im sogenannten Karpatenbecken.<br />
67 % der Landesfläche würden<br />
landwirtschaftlich genutzt.<br />
Der Rübenanbau hat eine lange Tradition<br />
in Ungarn. Im Jahr 1790 erfolgte der<br />
erste Rübenanbau. Von 1918 bis 1991<br />
arbeiteten zwölf Zuckerfabriken im Land.<br />
Nach dem politischen Systemwechsel<br />
wurde die Zuckerindustrie zwischen 1991<br />
und 1997 privatisiert. Effizienzsteigerungen<br />
und vor allem die Restrukturierung<br />
führten dazu, dass sich die Zahl der Zuckerfabriken<br />
in Ungarn drastisch reduzierte.<br />
Heute arbeitet nur noch eine<br />
Zuckerfabrik in Ungarn in Kaposvar. Sie<br />
hat eine Tagesverarbeitung von 7 000 Tagestonnen.<br />
Anbaufläche dramatisch gesunken<br />
Noch im Jahr 2004 lag die ungarische<br />
Quote bei rund 400 000 t. Heute beträgt<br />
sie nur noch 105 000 t. Dafür ist die Isoglukosequote<br />
aber mehr als doppelt so<br />
hoch wie die Zuckerquote. Ähnlich dramatisch<br />
wie der Rückgang bei den Zuckerfabriken<br />
stellt sich die Entwicklung<br />
der Anbaufläche und die Zahl der Anbauer<br />
dar. Noch Mitte der 90-er Jahre bauten<br />
in Ungarn 5 000 Rübenanbauer auf<br />
120 000 ha Rüben an. Heute sind es nur<br />
noch 163 Anbauer, die insgesamt auf<br />
knapp 14 000 ha Rüben erzeugen.<br />
Der Rübenertrag konnte durch eine<br />
verbesserte Produktionstechnik, moder-<br />
nes Saatgut und<br />
professionelle Anbauer<br />
in den vergangenen<br />
Jahren<br />
erheblich gesteigert<br />
werden. Mit<br />
durchschnittlich<br />
9 bis 10 t Zuckerertrag<br />
/ ha liegen<br />
die Ungarn nur<br />
noch knapp unter<br />
dem europäischen Durchschnitt. Man hat<br />
allerdings fest vor, die Rübenerzeugung<br />
zumindest zu erhalten, wenn nicht sogar<br />
wieder auszubauen. Nach wie vor gibt es<br />
ein ungarisches Rübenforschungsinstitut,<br />
an welchem zahlreiche Versuche, unter<br />
anderem Sortenprüfungen, Dünge- und<br />
Bewässerungsversuche, durchgeführt<br />
werden. Mit modernen Sorten, verbesserter<br />
Bewässerungstechnik, gezielten Investitionen<br />
in Erntetechnik und einer Beteiligung<br />
der Anbauer an Mehrerlösen versucht<br />
man, den Anbau und die Anbaufläche<br />
wieder zu stabilisieren.<br />
Biogas aus Rüben auch in ungarn<br />
Eine Besonderheit der ungarischen Zuckerwirtschaft<br />
stellte Lazlo Hajas vor, Direktor<br />
der Agrana-Zuckerfabrik in Kaposvar.<br />
Dort hat man eine Biogasanlage gebaut,<br />
in der unter anderem Pressschnitzel,<br />
aufgefangenes Unkraut und Melasse<br />
vergoren werden. Im Jahr erzeugt man<br />
auf diese Weise 26 Mio. m³ Gas bei einer<br />
Tageserzeugung von bis zu 110 000 m³<br />
Gas. Bald sollen es sogar 160 000 m³ pro<br />
Tag sein. Außerhalb der Kampagne ist die<br />
Anlage abgeschaltet. Aufgrund des erfolgreichen<br />
Betriebs plant man einen<br />
weiteren Ausbau. Kaposvar soll die erste<br />
Zuckerfabrik der Welt werden, die ohne<br />
Kohle und Erdöl beziehungsweise Erdgas<br />
auskommt. Den Landwirten stellt man<br />
Rüben bis an den horizont: Der landwirtschaftliche Betrieb Enying ist<br />
mit 1 160 ha der größte Rübenanbauer in ungarn. Foto: Dr. Peter Kasten<br />
übrigens den entwässerten Gärrest als<br />
Dünger zur Verfügung.<br />
Konkret vorgestellt wurde den Tagungsteilnehmern<br />
der ungarische Rübenanbau<br />
im Rahmen einer Exkursion.<br />
Besucht wurde der landwirtschaftliche<br />
Betrieb Enying, ein privatisierter Großbetrieb<br />
mit über 200 Mitarbeitern. Hier betreibt<br />
man nicht nur intensiven Ackerbau,<br />
sondern auch Tierhaltung mit annähernd<br />
3 500 Rindern und Pferdezucht. Der Betrieb<br />
ist der mit Abstand größte ungarische<br />
Rübenanbauer. Die Rübenanbaufläche<br />
umfasst 1 150 ha und hat damit einen<br />
Flächenanteil von rund 17 % an der<br />
ackerbaulich genutzten Fläche des Betriebs.<br />
Eine besondere Herausforderung<br />
im ungarischen Rübenanbau stellt die<br />
Kontrolle von Cercospora beticola dar. In<br />
steigendem Maße muss man sich darüber<br />
hinaus mit Rhizoctonia solani beschäftigen.<br />
Auch Nematoden sind in Ungarn<br />
nicht unbekannt.<br />
Auch wenn die ungarische Anbaufläche<br />
relativ klein geworden ist, stellt Ungarn<br />
für die Saatgutzüchter dennoch einen<br />
wichtigen, strategischen Markt im<br />
Südosten Europas dar. Die Ungarn selbst<br />
bemühen sich, dass die Rübe den Wettbewerb<br />
der Feldfrüchte besteht und hoffen,<br />
in den kommenden Jahren ihren Rübenanbau<br />
mindestens aufrecht erhalten zu<br />
können.<br />
Dr. Peter Kasten<br />
Rheinischer Rübenbauer-Verband e.V.<br />
LZ 30 · 2011 Z U C K E R R Ü B E N J O U R N A L | 5
A K T u E l l E S P o l I T I K<br />
wann 3 %, wann 4 %?<br />
Mit der Branchenvereinbarung 2011 / 12<br />
wurde eine geänderte Kopfbewertung<br />
eingeführt, mit der es jetzt unter anderem<br />
auch zulässig ist, entblätterte Rüben<br />
bei einem Kopfabzug von 4 % anzuliefern.<br />
Natürlich ist es weiterhin möglich, geköpfte<br />
Rüben mit<br />
einem Kopfabzug<br />
von 3 % zu liefern.<br />
Die akzeptierte<br />
Spanne reicht dabei<br />
von stark geköpft<br />
bis schwach<br />
geköpft. Es dürfen<br />
weiterhin keine<br />
Blattreste am Rübenkörper<br />
bleiben.<br />
Diese werden ansonsten<br />
gesondert<br />
M A R K T B E T R I E B S w I R T S c h A F T A N B A u T E c h N I K Z u c K E R<br />
Rübenköpfe werden neu bewertet<br />
Die Veränderung der Zuckermarktordnung mit der Absenkung<br />
der Rübenpreise um bis zu 40 % führte dazu, dass dem Ertragsanstieg<br />
zur Kompensation dieser Preissenkung eine besondere<br />
Bedeutung zukommt. Dieser Ertragsanstieg kann zum einen<br />
durch verbesserten Einsatz von Betriebsmitteln, zum Beispiel<br />
Saatgut, Dünger, Pflanzenschutz und Bodenbearbeitung, erfolgen,<br />
zum anderen dadurch, dass das, was gewachsen ist,<br />
auch geerntet wird. hierbei nimmt das Entblättern oder die<br />
Minimalköpfung der Rüben eine besondere Stellung ein. Durch<br />
diese Verfahren sind ohne weiteres 4 bis 5 % Mehrertrag möglich.<br />
um diesen Mehrertrag nutzen zu können, müssen die Erntemaschinen<br />
umgerüstet (siehe auch nebenstehenden Artikel)<br />
und die Branchenvereinbarung entsprechend angepasst werden.<br />
Entblätterte Rüben =<br />
4 % Kopfabzug<br />
Fotos: Dr. Peter<br />
Kasten<br />
Neue Kopfbewertung ab der Kampagne 2011<br />
Micro-Topping 3 % Kopfabzug Entblätterung 4 % Kopfabzug<br />
erfasst. Der Köpfschnitt muss für die<br />
Schätzer und Gutachter bei der Abnahme<br />
der Rüben in der Zuckerfabrik sichtbar<br />
sein, wie auch im Anschreiben zum Rü-<br />
benliefervertrag 2011 / 12 erläutert. Auch<br />
wenn die Erntetechnik prinzipiell unabhängig<br />
von der Bewertung ist, bedeutet<br />
dies, dass eine ordnungsgemäß „mikrogetoppte“<br />
Rübe mit 3 % Kopfabzug bewertet<br />
wird.<br />
Keine Blätter in die Fabrik<br />
Sichtbar geköpfte Rüben 3 % Kopfabzug<br />
Als entblättert gelten vereinbarungsgemäß<br />
Rüben, bei denen kein Köpfschnitt<br />
erfolgte. Sind mehr als 50 %, das heißt<br />
der überwiegende Teil der Ladung unge-<br />
köpft, beträgt der Kopfabzug entsprechend<br />
der Regelung für entblätterte Rüben<br />
4 %. Auch entblätterte Rüben sind<br />
frei von Blattresten in die Zuckerfabrik zu<br />
liefern. Sollten Unklarheiten bei der Bewertung<br />
auftreten, können wie gewohnt<br />
Waschproben bei der Entscheidungsfindung<br />
helfen. Die Fabrikschätzer und die<br />
Gutachter des Rheinischen Rübenbauer-<br />
Verbandes werden vor Kampagnebeginn<br />
im Hinblick auf die neue Kopfbewertung<br />
geschult.<br />
Dr. Peter Kasten<br />
Rheinischer Rübenbauer-Verband e.V.<br />
Dr. helmut Esser<br />
Pfeifer & langen KG<br />
6 | Z U C K E R R Ü B E N J O U R N A L LZ 30 · 2011
Z u c K E R<br />
T E c h N I K A N B A u B E T R I E B S w I R T S c h A F T<br />
Ab herbst wird entblattet<br />
Umfrage zum Einsatz der Entblattungstechnik<br />
Zur Kampagne 2011 ist es soweit: Im Rheinland dürfen nicht<br />
nur wie bisher geköpfte, sondern auch entblattete Rüben in<br />
die Fabriken geliefert werden. und das Interesse in der Praxis<br />
ist groß, einige Maschinenringe, lohnunternehmer und landwirte<br />
rüsten ihre Roder um oder bestellen die Entblattungseinheit<br />
bei Neumaschinen direkt mit. Das Zuckerrübenjournal hat<br />
einige lohnunternehmer und Maschinenringe nach ihren Plänen<br />
für die nächste Kampagne befragt.<br />
Noch ein ungewohnter<br />
Anblick im<br />
Rheinland, aber im<br />
herbst schon öfter<br />
zu finden: entblattete<br />
Rüben.<br />
Foto: Natascha<br />
Kreuzer<br />
„Dreiviertel unserer Neumaschinen werden<br />
zurzeit in Deutschland mit Entblattungseinheit<br />
verkauft“, erklärt Roland<br />
Kratz von Grimme. „In anderen Ländern,<br />
wie in den Niederlanden, Frankreich oder<br />
Großbritannien, startet das Entblatten<br />
erst zögerlich.“<br />
Bereits zwei Jahre Versuchserfahrung<br />
mit dem Entblatten hat Hans-Josef Derichs<br />
aus Heinsberg-Schleiden. Der Lohnunternehmer<br />
hat mit Grimme, Pfeifer &<br />
Langen und dem Rheinischen Rübenbauer-Verband<br />
das Entblatten getestet und<br />
rüstet jetzt beide Grimmeroder um, die<br />
gemeinsam mit den Firmen Willems in<br />
Gangelt und Sevens in Erkelenz genutzt<br />
werden. „Die Umrüstungskosten liegen<br />
bei rund 30 000 € pro Maschine, aber wir<br />
sind von dem Verfahren überzeugt und<br />
unsere Kunden auch“, erklärt Derichs.<br />
Auch Paul Eugen Kügelgen aus Nörvenich<br />
setzt auf das Entblatten, er hat einen<br />
neuen Rexor direkt mit Entblatter bestellt.<br />
„Wir erhoffen uns höhere Deckungsbeiträge<br />
durch die neue Technik.<br />
Die Vorstellung des Entblattens bei unseren<br />
Kunden hat uns deutlich gezeigt, dass<br />
die Landwirte trotz rund 10 bis 15 € höherer<br />
Rodekosten auf das Entblatten setzen<br />
wollen, denn neben dem Mehrertrag<br />
ist ja auch die Langzeitlagerung der Rüben<br />
besser. Und da Rübenbauer-Verband<br />
und die Zuckerindustrie uns bestärkt haben,<br />
setzten wir jetzt auf das Entblatten.“<br />
„Die Mehrkosten für den Entblatter<br />
liegen bei Neumaschinen bei rund<br />
4 400 € plus Mehrwertsteuer, teurer ist<br />
natürlich die Umrüstung, die bei 29 000 €<br />
plus Mehrwertsteuer liegt“, fasst Roland<br />
Kratz von Grimme zusammen.<br />
Knapper köpfen<br />
Ropa dagegen setzt auf das Micro-Topping,<br />
bei dem 3 bis 5 cm höher geschlegelt<br />
und die Rübe in Höhe des Blattansatzes<br />
geköpft wird. Das Verfahren ist seit<br />
2010 in Serie und alle Maschinen, die in<br />
Westeuropa verkauft werden, haben den<br />
Micro-Topper, wie Maximilian Englbrecht<br />
von Ropa erklärt. Der Mehrpreis bei der<br />
Neuanschaffung beträgt nach Firmenangaben<br />
rund 1 200 €.<br />
„Wir haben inzwischen alle drei Roder<br />
unseres Maschinenrings mit dem Mikro-<br />
Topper 2 ausgestattet und sind damit<br />
sehr zufrieden“, fasst Richard Hansen die<br />
Erfahrungen des Maschinenrings Zülpicher<br />
Börde zusammen. „Alle zwölf Fahrer<br />
berichten, dass der Roder leichter und<br />
schneller einzustellen und insgesamt bedienerfreunlicher<br />
ist als das normale<br />
Köpfsystem.“ Da zurzeit keine Anschaffung<br />
eines neuen Roders ansteht, ist die<br />
Umstellung auf das Grimme-Entblattungssystem<br />
kein Thema. „Wir werden<br />
uns das Verfahren in Ruhe anschauen. Im<br />
Moment bin ich mir nicht sicher, wie ein-<br />
M A R K T P o l I T I K A K T u E l l E S<br />
satzsicher das Entblatten zum Beispiel<br />
bei starker Verunkrautung, sehr trockenen<br />
Blättern, Schossern oder Schnee ist,<br />
aber das werden die nächsten Jahre zeigen.<br />
Wenn sich das System bewährt, steigen<br />
wir vielleicht auch um“, so die Einschätzung<br />
von Richard Hansen.<br />
Auch beim Maschinenring Neuss-<br />
Mönchengladbach-Gilbach setzt man auf<br />
das Micro-Topping, ein neuer Ropa-Roder<br />
wurde damit angeschafft und drei umgerüstet.<br />
„Wir erfüllen damit den Wunsch<br />
der Landwirte nach Ertagssteigerung, die<br />
je nach dem bei 5 % liegen soll. Optimisten<br />
gehen sogar von noch größeren Steigerungen<br />
aus“, fasst Karl-Georg Klauth<br />
aus Jüchen die Situation beim Maschinenring<br />
zusammen, die in der Kampagne<br />
2011 die ersten Erfahrungen mit dem<br />
Micro-Topping machen werden.<br />
Mit holmer testen<br />
Auf das Minimalköpfsystem von Holmer<br />
setzt der Maschinenring Rheinland West,<br />
hat aber einen der sechs Roder jetzt zu<br />
Testzwecken auch mit einem Entblattungssystem<br />
ausgestattet. „Wir wollen<br />
Erfahrungen mit dem Entblatten sammeln<br />
und werden den Roder auf verschiedensten<br />
Standorten einsetzen“, berichtet<br />
Heinz-Josef Rinkens vom Maschinenring<br />
Rheinland West. „Der Roder ist mit dem<br />
Entblattungssystem der zweiten Generation<br />
ausgestattet, die Ergebnisse werden<br />
wir zusammen mit Holmer auswerten.“<br />
Natascha Kreuzer<br />
LZ 30 · 2011 Z U C K E R R Ü B E N J O U R N A L | 7
A K T u E l l E S P o l I T I K<br />
Selbst nach den herausragenden Rübenerträgen<br />
in der jüngeren rheinischen<br />
Anbauhistorie birgt die Zuckerrübe noch<br />
erhebliche Ertragspotenziale. Neben<br />
■■ der sicheren Bekämpfung von Krankheiten<br />
und Unkräutern,<br />
■■ der Umsetzung der Standortpotenziale<br />
durch angepasste Düngung und Bodenbearbeitung<br />
sowie<br />
■■ der Ausnutzung der züchterischen<br />
und klimatischen Entwicklungen<br />
spielen die verlustarme Ernte und Abfuhr<br />
dabei als letzte Schritte eine bedeutende<br />
Rolle.<br />
Verluste feststellen und richtig<br />
bewerten<br />
In der Regel wird die Rodearbeit heute<br />
mit leistungsfähigen Maschinen überbetrieblich<br />
oder durch Lohnunternehmer erledigt,<br />
weshalb sich das Augenmerk der<br />
meisten Anbauer auf die begleitende<br />
M A R K T B E T R I E B S w I R T S c h A F T A N B A u T E c h N I K Z u c K E R<br />
Es zählt, was in der Fabrik ankommt<br />
Rodeverluste so weit wie möglich vermeiden<br />
Die höhe der Ernteverluste, aber auch die chancen, sie zu beeinflussen,<br />
sind nicht zu unterschätzen. Es gibt aber auch<br />
hausgemachte Ertragseinbußen.<br />
Tabelle 1: Quellen für Rodeverluste und Größenordnungen<br />
unvermeidbare<br />
Verluste<br />
vermeidbare<br />
Verluste<br />
Gesamtverluste<br />
Köpfung zu tief/schräg 3 + 0–9 = 3–12<br />
Wurzelbruch 1,5 + 0–8 = 1,5–9,5<br />
Verletzungen 1 + 0–1 = 1–2<br />
Verlust ganzer Rüben 0,5 + 0–1,5 = 0,5–2<br />
Summe: circa 5–6 % + circa 0–20 % = circa 5–25 %<br />
Grafik: Entwicklung der rheinischen Auszahlungspreise für<br />
Überschuss- oder c-Rüben<br />
€/t ZR, inkl. Schnitzel<br />
40<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
Mittel 06–10: 26,03 €/t<br />
Mittel 01–05: 8,62 €/t<br />
2010 2009 2008 2007 2006 2005 2004 2003 2002 2001<br />
Jahr<br />
Kontrolle der Arbeitserledigung beziehungsweise<br />
die Abstimmung mit den Roderfahrern<br />
richtet. Dafür ist es notwendig,<br />
die größten Verlustquellen und deren<br />
Ursachen einschätzen zu können, denn<br />
Masseverluste, die beim Rodevorgang<br />
entstehen, können auf dem Acker normalerweise<br />
nach der Ernte kaum festgestellt<br />
werden, da moderne Erntemaschinen<br />
verlorenes Erntegut sauber einarbeiten.<br />
Dabei ist es zunächst sehr einfach möglich,<br />
die Rodequalität an den geernteten<br />
Rüben zu bestimmen. In der LIZ-Broschüre<br />
„Rübenernte und Mietenanlage“ befindet<br />
sich hierzu das Schema „Rodequalität“.<br />
Damit lässt sich die Bewertung der<br />
gerodeten Rüben auf einfache Weise an<br />
einer Probe von zehn Rüben vornehmen.<br />
Tritt ein bestimmter Mangel an drei oder<br />
mehr der gezogenen Rüben auf, sollte Abhilfe<br />
geschaffen werden.<br />
Die wichtigsten Mängel<br />
■■ Zu tiefer/schräger Köpfschnitt:<br />
Durch zu tiefes oder schräges Köpfen<br />
können erhebliche Masseverluste bis zu<br />
12 % entstehen (siehe Tabelle 1), die aufgrund<br />
großer Schnittflächen weitere Veratmungsverluste<br />
in den Rüben nach sich<br />
ziehen.<br />
Entscheidend ist nach wie vor, die<br />
Köpfschnittfläche der Rüben so gering<br />
wie möglich zu halten und gleichzeitig<br />
die unerwünschten, das heißt grünen<br />
Stängel- und Blattanteile an der geernteten<br />
Rübe auszuschließen.<br />
■■ Wurzelbruch:<br />
Bei der Diskussion um das Köpfen der Rüben<br />
wird eine wesentliche Verlustquelle<br />
leicht übersehen, die oft unterschätzt<br />
wird. Vermeidbare Wurzelbrüche über<br />
2 cm Durchmesser liegen nicht selten in<br />
Größenordnungen bis zu 8 % der Rübenmasse/ha,<br />
siehe Tabelle 1. Auch hier ist<br />
das LIZ-Schema „Rodequalität” eine einfache<br />
Hilfe, um das Ausmaß des Mangels<br />
zu bewerten.<br />
■■ Verletzungen:<br />
Sie treten vor allem bei der Rübenförderung<br />
und -reinigung im Roder sowie beim<br />
Entladen des Bunkers auf. Zum Verlust<br />
durch mechanische Verletzungen am Rübenkörper<br />
sind nicht nur Abschürfungen<br />
und abgebrochene Rübenstücke zu zählen,<br />
sondern auch die Zuckerveratmung<br />
bis zur Wundverheilung.<br />
■■ Verlust ganzer Rüben:<br />
Der Schwankungsbereich beim Verlust<br />
ganzer Rüben liegt bei etwa 0,5 bis 2 %<br />
der Erntemasse. Nur selten wird das richtige<br />
Ausmaß erkannt, da diese Rüben<br />
meist direkt beim Rodevorgang eingearbeitet<br />
oder bedeckt werden.<br />
wie viel bleibt auf dem Feld?<br />
Summiert man die praxisüblichen Größenordnungen<br />
dieser Verlustquellen auf,<br />
so ist zunächst zu unterscheiden zwischen<br />
unvermeidbaren und vermeidbaren<br />
Verlusten, siehe Tabelle 1. Die unvermeidbaren,<br />
auch unter optimalen Arbeitsbedingungen<br />
auftretenden Masseverluste<br />
werden heute auf rund 5 % des gewachsenen<br />
Ertrages beziffert. Das ist, unter guten<br />
Feldbedingungen und nach aktuellen<br />
Maschinentests, der Stand der Technik.<br />
Alle darüber hinaus gehenden Verluste<br />
gelten als mehr oder weniger vermeidbar.<br />
Im Mittel liegt die Summe dieser vermeidbaren<br />
Verluste bei 10 %, mit einer<br />
Schwankungsbreite von 0 bis 20 %.<br />
Wertmäßig sind die Rodeverluste<br />
heute, anders als in früheren Jahren mit<br />
C-Rübenpreisen, deutlich höher anzusetzen,<br />
siehe Grafik. Die letzten Rüben, die in<br />
der Regel über die Vertragserfüllung hinaus<br />
anfallen, werden im Vergleich zu<br />
den Jahren vor der EU-Marktreform heute<br />
zum dreifachen Preis abgerechnet. Danach<br />
sind beispielsweise unter Annahme<br />
der Erträge und Zuckergehalte des vergangenen<br />
Jahres die mittleren vermeidbaren<br />
Rodeverluste auf etwa 225 €/ha zu<br />
beziffern, wie Tabelle 2 zeigt.<br />
Wie viel davon jedoch unmittelbar auf<br />
die mangelnde Qualität der Rodearbeit<br />
zurückzuführen ist, ist eine andere Frage.<br />
Natürlich denkt man bei der Verlustminimierung<br />
zuerst an die Fahrleistung<br />
des Fahrers und die Einstellung des Roders.<br />
So kann unter anderem die Fahrgeschwindigkeit<br />
des Roders erheblichen<br />
Einfluss auf die Höhe der Bruchverluste<br />
8 | Z U C K E R R Ü B E N J O U R N A L LZ 30 · 2011
Z u c K E R<br />
T E c h N I K A N B A u B E T R I E B S w I R T S c h A F T<br />
nehmen. Nach eigenen Erhebungen erhöhte<br />
sich zum Beispiel bei einer Veränderung<br />
der Fahrgeschwindigkeit von<br />
5 auf 7 km/h der Anteil an Rüben mit<br />
Wurzelbrüchen von 10 % auf über 25 %.<br />
Messungen am Institut für Zuckerrübenforschung<br />
in Göttingen aus dem Jahre<br />
2001 ergaben bei einer Änderung der<br />
Fahrgeschwindigkeit von 5 auf 7 km/ha<br />
um 2,3 % höhere Masseverluste allein<br />
durch Wurzelbrüche und Verluste ganzer<br />
Rüben. Das bedeutet einen Verlust des<br />
Flächenertrages in einer Größenordnung<br />
von 50 bis 60 €/ha.<br />
Da die Fahrer aller Roderfabrikate heute<br />
über die vielfältigsten elektronischen<br />
Einstellmöglichkeiten verfügen, um bequem<br />
die Aggregate der Maschinen beliebig<br />
regulieren zu können, könnte man<br />
meinen, dass die exakte Einstellung des<br />
Roders keine besonders schwierige Angelegenheit<br />
sei. Dem stehen allerdings die<br />
Feldbedingungen entgegen, die zu wesentlichen<br />
Anteilen von den Anbauern<br />
selbst beeinflusst werden.<br />
Eine Stichprobenerhebung bei 33 Rodereinsätzen,<br />
die im vergangenen Herbst<br />
bei unterschiedlichen Bestandesdichten<br />
bewertet wurden, konnte deutlich zeigen,<br />
dass in Rübenbeständen unter 75 000<br />
Pflanzen/ha in fast allen Proben Wurzelbruchverluste<br />
auftraten, während in einem<br />
ausgeglichenen Bestand mit rund<br />
90 000 Pflanzen/ha weniger als die Hälfte<br />
der Partien solche Mängel aufwiesen.<br />
wirtschaftlichkeit gegen<br />
Arbeitsqualität<br />
Die Kunst der Roderfahrer besteht demnach<br />
darin, sich auf die jeweiligen Feldbedingungen<br />
einzurichten und daraus das<br />
Beste zu machen. In einer Expertenrunde<br />
mit Roderbetreibern wurden diese Problemstellungen,<br />
wie auch der Interessenkonflikt<br />
zwischen Flächenleistung und<br />
Arbeitsqualität, vor kurzem in der LIZ-<br />
Koordinationsstelle diskutiert.<br />
Roderfahrer haben mit vielen kleinen<br />
Erschwernissen zu tun, die relativ leicht<br />
von der Anbauerseite vermieden werden<br />
können. So weist Lohnunternehmer<br />
Hans-Josef Derichs darauf hin, dass zum<br />
Beispiel schon das unbedachte Zusammenkippen<br />
oder das reihenweise Aufteilen<br />
des Saatgutes unterschiedlicher Sorten<br />
bei der Aussaat den Roderfahrer bei<br />
der Ernte durch unterschiedliche Scheitelhöhen<br />
vor die Qual der richtigen Einstellungswahl<br />
stellen kann.<br />
Lohnunternehmer Andreas Nesseler<br />
sieht bereits in der Saatvorbereitung,<br />
zum Beispiel bei diagonalem Bearbeiten,<br />
einen negativen Einfluss auf die<br />
Steuerbarkeit des Roders bei der Ernte.<br />
Nach seinen Erfahrungen hat aber auch<br />
die Sortenwahl einen beachtlichen Einfluss<br />
auf die Rodequalität.<br />
Hubert Mock vom Maschinenring<br />
Rheinland-West ergänzt dazu, dass schon<br />
ein zu hoher Luftdruck in den Schlepperreifen<br />
bei der Bodenbearbeitung die Steuerbarkeit<br />
der Erntemaschine beeinflusst.<br />
Werden Rüben bei schrägen Parzellenzuschnitten<br />
bei der Saat ineinander gesät<br />
und dann nicht ausgehackt, wird das ganze<br />
Erntebild in der Rübenmiete durch<br />
überhöhte Grünanteile verdorben, so<br />
Mock. Ähnlich ungünstige Wirkung haben<br />
laut Mock falsch eingestellte Spuranreißer<br />
bei der Aussaat. Bei zu engen<br />
Reihenanschlüssen geht der Roder dann<br />
recht brachial zu Werke und lässt zwangsläufig<br />
etliche Rüben „dran glauben“.<br />
So können die Erfahrungen versierter<br />
Roderfahrer Bände sprechen, was die<br />
hausgemachten Ertragseinbußen angeht.<br />
Daher muss auch jeder Anbauer größtes<br />
Interesse daran haben, bei der Ernte mit<br />
den Roderfahrern solche Punkte zu besprechen<br />
und seine Feldbedingungen zukünftig<br />
zu optimieren. Dafür reicht es<br />
meistens schon aus, ein bis zwei Runden<br />
auf dem Roder mitzufahren.<br />
Andererseits werden spezielle Fahrerschulungen<br />
in der Praxis, wie sie von LIZ<br />
für den kommenden Herbst geplant sind,<br />
von den Roderbetreibern als große Hilfe<br />
M A R K T P o l I T I K A K T u E l l E S<br />
angesehen, um die Fahrer für die Bedeutung<br />
und Größenordnung der – teilweise<br />
nicht sichtbaren – Verluste zu sensibilisieren.<br />
In puncto Wirtschaftlichkeit waren<br />
sich die Rodebetreiber im Gespräch darin<br />
einig, dass die bestmögliche Arbeitserledigung<br />
immer Vorrang hat, dann aber<br />
auch ihren angemessenen Preis haben<br />
muss. Darüber könne man sich aber mit<br />
den Kunden einvernehmlich und zum<br />
Nutzen aller Beteiligter verständigen.<br />
Mehrerträge durch Entblatten und<br />
Micro-Topping<br />
Die jüngste Diskussion um neue Ernteverfahren,<br />
also das Entblatten und Minimalköpfen,<br />
hat in Sachen Köpfqualität zu<br />
einer neuen Sensibilität geführt. Bei diesen<br />
Verfahren (siehe Seite 6 und 7) wer-<br />
Tabelle 2: Mögliche Verluste bei der Rübenernte<br />
Rodeexperten im<br />
Gespräch: (von links)<br />
Andreas Nesseler,<br />
hubert Mock, hans-<br />
Josef Derichs und<br />
clemens Eßer von der<br />
lIZ-Koordinationsstelle.<br />
Foto:<br />
lIZ-Schema zur<br />
Bestimmung der<br />
Rodequalität<br />
(Auszug)<br />
gewachsener Ertrag zum Beispiel: 81,5 t/ha<br />
–5 % unvermeidbarer Verlust: –4,1 t/ha<br />
= theoretischer Ertrag: 77,5 t/ha<br />
–10 % vermeidbarer Verlust: –8,2 t/ha<br />
= geernteter Ertrag: 69,3 t/ha<br />
=> vermeidbarer Wertverlust rund –225 €/ha<br />
LZ 30 · 2011 Z U C K E R R Ü B E N J O U R N A L | 9
A K T u E l l E S P o l I T I K<br />
den Köpfverluste verringert, indem entweder<br />
gar nicht mehr geköpft und mit<br />
speziellen Schleglern „poliert“ wird wie<br />
bei der Grimme-Entblattung oder höher<br />
geschlegelt und knapper im Blattansatz<br />
geköpft wird wie beim Mikro-Topping von<br />
Ropa.<br />
Die Mehrerträge dieser Verfahren stellen<br />
dabei nichts anderes dar als eine Reduzierung<br />
der durchschnittlichen Köpfverluste<br />
um bis zu etwa 8 %, immer im<br />
M A R K T B E T R I E B S w I R T S c h A F T A N B A u T E c h N I K Z u c K E R<br />
Vergleich zum vorherigen Ergebnis. Wer<br />
bisher nicht zu tief geköpft hat, wird daher<br />
mit diesen Verfahren eher nur 2 bis<br />
3 % Ertragsvorteil erreichen können.<br />
Andererseits senkt ein knapper oder<br />
fehlender Köpfschnitt den Zuckergehalt<br />
um bis zu 0,3 % und die Qualität. Wegen<br />
der schwierigeren Ausbeutbarkeit des Zuckers<br />
wird deshalb bei der Anlieferung<br />
ungeköpfter Rüben der Standardabzug<br />
für Kopfanteile ab dieser Ernte von 3 auf<br />
4 % erhöht. Festzuhalten bleibt: Unabhängig<br />
von der eingesetzten Erntetechnik<br />
beim einzelnen Anbauer fördert die neue<br />
Verfahrensdiskussion bei allen Beteiligten<br />
das Bewusstsein für das bestmögliche Ergebnis:<br />
„Ernten, was gewachsen ist!“<br />
Dr. Bernd Kämmerling<br />
landwirtschaftlicher Informationsdienst<br />
Zuckerrübe, Elsdorf<br />
Sind Schwadproben noch zeitgemäß?<br />
Erdschwadbeprobung ist eine gute Alternative zur Flächenbeprobung<br />
Die Frage, ob Schwadproben noch zeitgemäß sind, stellen sich<br />
in Zeiten nematodentoleranter Sorten viele landwirte. Auch<br />
wenn die überwiegende Anzahl Praktiker wohl antworten<br />
würden: „Die Mühe kann ich mir sparen. Ich setze bei Verdacht<br />
auf Nematodenbefall mit heterodera schachtii sowieso eine<br />
tolerante Sorte ein“, so kann die Antwort nur lauten: „Eine<br />
Schwadprobe macht in jedem Fall Sinn. Sie ist auch in Zeiten<br />
nematodentoleranter Sorten ein wichtiger Baustein eines<br />
nachhaltigen Nematoden-Managements.“<br />
Auch tolerante Sorten reagieren bei hohem<br />
Nematodenbesatz mit Ertragseinbußen,<br />
auch wenn diese nicht direkt ersichtlich<br />
sind, da immer nur ein Vergleich zwischen<br />
Normalsorte, also einer anfälligen<br />
Sorte, und toleranter Sorte erfolgt. In der<br />
Konsequenz nehmen die Ertragsvorteile<br />
einer nematodentoleranten Sorte gegenüber<br />
einer anfälligen Sorte bei steigendem<br />
Nematodenbesatz zu.<br />
Dagegen kann der Ertragsrückgang<br />
bei toleranten Sorten in der Praxis nur<br />
sehr schwer dargestellt werden, da hierzu<br />
eine Überprüfung unter verschieden hohen<br />
Befallsdichten auf ein und derselben<br />
Fläche notwendig wäre. Eine solche Situation<br />
lässt sich nur unter Laborbedingungen<br />
simulieren und führt zu der Erkenntnis,<br />
dass bei hohen Nematodenbesätzen<br />
von mehr als 750 Eiern und Larven je<br />
100 ml Boden zur langfristigen Optimierung<br />
des Rübenertrages neben dem Einsatz<br />
toleranter Sorten weitere Maßnahmen<br />
ergriffen werden sollten.<br />
Die Schwadproben sollten sofort<br />
nach der Ernte genommen werden.<br />
Foto: ■■■<br />
■■ Ausschöpfung des leistungspotenzials<br />
nematodentoleranter Sorten durch resistente<br />
Zwischenfrüchte<br />
Dies macht insbesondere auf Standorten<br />
Sinn, auf denen eine früh räumende Vorfrucht,<br />
wie zum Beispiel Gerste, und die<br />
Witterung eine frühe Saat, gute Wurzelentwicklung<br />
der Zwischenfrucht eine Reduktion<br />
der Nematoden zulassen. Grundvoraussetzung<br />
ist natürlich eine ausreichende<br />
und gesicherte Wasserversorgung<br />
der Zwischenfrucht.<br />
■■ Einsatz einer resistenten Zuckerrübensorte<br />
Im Gegensatz zu toleranten sind resistente<br />
Sorten, wie Nemata oder Sanetta, in<br />
der Lage, den Nematodenbesatz einer<br />
Fläche aktiv zu reduzieren. Daher bietet<br />
sich insbesondere in trockenen, warmen<br />
Regionen mit tendenziell höherem Nematodenbesatz<br />
auch diese Maßnahme<br />
zu einem nachhaltigen Nematodenmanagement<br />
an. Nematodentolerante<br />
Sorten verhalten sich hier relativ neutral.<br />
Obwohl bei sehr hohen Nematodenbesätzen<br />
auch bei diesen Sorten eine leichte<br />
Reduktion in Versuchen nachgewiesen<br />
werden konnte.<br />
■■ Reduktion des Nematodenbesatzes<br />
über die Fruchtfolge<br />
Durch das Vermeiden weiterer Wirtspflanzen,<br />
wie zum Beispiel Raps, in einer<br />
10 | Z U C K E R R Ü B E N J O U R N A L LZ 30 · 2011
Z u c K E R<br />
T E c h N I K A N B A u B E T R I E B S w I R T S c h A F T<br />
Rübenfruchtfolge oder die sichere Bekämpfung<br />
des Ausfallrapses gibt es weitere,<br />
einfach umzusetzende Bausteine<br />
zur langfristigen Bekämpfung von Nematoden.<br />
Es gibt nach wie vor Standorte und Regionen,<br />
in denen Normalsorten mit den<br />
toleranten Sorten hinsichtlich Ertrag und<br />
Qualität mithalten können oder diesen<br />
überlegen sind. Dies gilt aber nicht nur<br />
für Regionen mit geringer Rübenanbaudichte<br />
oder einer guten Wasserversorgung,<br />
wie in Mettmann, sondern auch für<br />
die Standorte, auf denen keine Nematoden<br />
nachgewiesen werden konnten.<br />
Auf diesen Standorten macht der Einsatz<br />
nematodentoleranter Sorten auch bei annähernd<br />
gleichem Ertragsniveau aufgrund<br />
der höheren Saatgutkosten und<br />
den schlechteren inneren Qualitäten im<br />
Vergleich zur Normalsorte keinen Sinn.<br />
Nematodenbesatz muss bekannt<br />
sein<br />
Um alle Möglichkeiten der Nematodenbekämpfung<br />
zu nutzen und die jeweils<br />
beste Strategie für einen Betrieb zu ermitteln,<br />
ist also auch in Zeiten nematodentoleranter<br />
Sorten die Kenntnis über<br />
den Nematodenbesatz einer Fläche von<br />
großer Bedeutung, um den Rübenertrag<br />
nicht nur zu erhöhen, sondern tatsächlich<br />
zu optimieren.<br />
Da eine Flächenbeprobung mit mindestens<br />
200 Einstichen / ha sehr aufwändig<br />
ist, empfiehlt sich nach wie vor, den<br />
Nematodenbesatz einer Fläche mit der<br />
bewährten Schwadprobe zu ermitteln.<br />
Bei der Probenahme sollte Folgendes beachtet<br />
werden:<br />
■■ Unmittelbare Probenahme nach Verladung<br />
der Rüben, bei hohen Außentemperaturen<br />
maximal 24 Stunden<br />
nach Verladung.<br />
■■ Der Erdschwad zwischen den Radspuren<br />
ist in der Regel am brauchbarsten.<br />
■■ Es ist zwingend zu vermeiden, dass<br />
das Material aus dem gewachsenen<br />
Boden entnommen wird. Wichtig vor<br />
allem dann, wenn nur wenig Material<br />
zur Verfügung steht (Handschaufel<br />
verwenden).<br />
■■ Ein durchgeregneter Erdschwad erschwert<br />
die Probenahme und kann<br />
möglicherweise ein falsches Ergebnis<br />
produzieren.<br />
■■ Eine optimale Gesamtprobe sollte aus<br />
mindestens 25 bis 30 gleichmäßig<br />
über den Schwad verteilten Einzelproben<br />
bestehen.<br />
■■ Die Gesamtprobe sollte gut gemischt<br />
werden.<br />
■■ Aus der Gesamtprobe sollte eine<br />
Mischprobe für die Untersuchung entnommen<br />
werden.<br />
■■ Die Mischprobe (1 kg) muss frei von<br />
größeren Rübenbruchstücken und<br />
Blattresten sein (Mischprobe sieben).<br />
■■ Die Probe muss bis zur Untersuchung<br />
schnellstmöglich kühl gelagert werden,<br />
unter 8 °C; nicht einfrieren.<br />
■■ Proben sind bei der landwirtschaftlichen<br />
Abteilung oder direkt beim Pflanzenschutzdienst<br />
abzugeben.<br />
■■ Proben sind entsprechend zu kennzeichnen:<br />
– Probenbeutel: Name Landwirt,<br />
Schlagbezeichnung,<br />
– Begleitschein ausfüllen und mit der<br />
Probe abgeben.<br />
■■ Begleitscheine sind<br />
bei Pfeifer Pfeifer & Langen,<br />
dem Pflanzenschutzdienst<br />
oder<br />
dem RheinischenRübenbauer-<br />
Verband erhältlich,<br />
die<br />
Probenabgabe<br />
ist in den landwirtschaftlichen<br />
Abteilungen und direkt<br />
beim PflanzenPflanzenschutzdienst möglich.<br />
Die Ergebnisse werden dann in Befallsklassen<br />
eingeteilt und den Landwirten<br />
mit den möglichen Maßnahmen zur<br />
Nematodenbekämpfung mitgeteilt.<br />
Fazit<br />
Nachhaltiges Nematoden-Management<br />
beinhaltet mehr als nur den Einsatz einer<br />
nematodentoleranten Sorte. Für ein opti-<br />
M A R K T P o l I T I K A K T u E l l E S<br />
Grafik: Bereinigter Zuckerertrag (BZE) bei Nematodenbefall,<br />
acht Standorte in Euskirchen und Jülich 2010<br />
Bereinigter Zuckerertrag<br />
(relativ)<br />
115<br />
110<br />
105<br />
100<br />
95<br />
90<br />
85<br />
80<br />
75<br />
males Betriebsergebnis sollten alle zur<br />
Verfügung stehenden Bausteine genutzt<br />
werden. Dabei bietet die Schwadprobe<br />
ein sehr einfaches und schnell durchzuführendes<br />
Mittel, um den Nematodenbesatz<br />
einer Fläche einschätzen zu können<br />
und die für den Betrieb optimale Strategie<br />
zur Bekämpfung von Heterodera<br />
schachtii zu ermitteln.<br />
Das Ergebnis der Schwadprobe sollte<br />
für jeden Betrieb die Grundlage für eine<br />
wirtschaftliche und erfolgreiche Sortenwahl<br />
sein. Vor allem für die Betriebe,<br />
die glauben, keine<br />
Nematoden zu haben,<br />
kann das Ergebnis<br />
Klarheit bringen.<br />
Sabine Valder<br />
Andreas Gehlen<br />
Pfeifer & langen,<br />
Jülich<br />
LZ 30 · 2011 Z U C K E R R Ü B E N J O U R N A L | 11<br />
Beretta<br />
Pauletta<br />
Theresa KWS<br />
Belladonna KWS<br />
Adrianna KWS<br />
Corvetta KWS 1)<br />
Kühn<br />
Hella<br />
Nemata<br />
Sanetta<br />
1) 6 Standorte<br />
Quelle: Manfred Steuerwald, RRV Bonn<br />
Hilfe bei der Probenahme<br />
Um den Rübenanbau weiter zu optimieren und insbesondere<br />
das Nematoden-Management weiter zu verbessern,<br />
bietet Pfeifer & Langen auch 2011 wieder Unterstützung<br />
bei der Schwadprobenahme an. Ansprechpartner sind in<br />
Appeldorn Martin van Look, Telefon: 02824 / 12-259,<br />
in Euskirchen Carina Fuhs, Telefon: 02251 / 706-47 und in<br />
Jülich Andreas Gehlen, Telefon: 02461 / 624-227.<br />
Die Analysekosten liegen bei knapp 30 €, bei Überlassung<br />
des Analyseergebnisses an die Pfeifer & Langen KG kostet<br />
jede Probe nur 14,88 € inklusive Mehrwertsteuer, die andere<br />
Hälfte der Kosten übernimmt dann Pfeifer & Langen.
A K T u E l l E S P o l I T I K<br />
„laut übereinstimmenden Meldungen der wetterdienste ist<br />
ab Donnerstag / Freitag dieser woche mit beginnenden Frösten<br />
zu rechnen, die über das wochenende voraussichtlich<br />
deutlich an Stärke zunehmen bis –8 °c“. So lautete die Meldung<br />
zum Frostaufruf am 22. November in der letzten Kampagne.<br />
Teilweise standen die Rüben noch in der Erde, sodass die<br />
verfügbaren Roder anschließend Tag und Nacht arbeiteten.<br />
Die Mietenabdeckteams eilten von Rübenmiete zu Rübenmiete<br />
und mussten ihren Abdeckplan nicht selten modifizieren.<br />
Niemand hat zu diesem frühen Zeitpunkt<br />
damit gerechnet, dass der Winter das ansonsten<br />
von wärmeren Temperaturen geprägte<br />
Rheinland bis zum Kampagneende<br />
Anfang Januar 2011 fest im Griff hält.<br />
Temperaturen bis –10 °C, frostige Winde<br />
und Schneeauflagen zwischen 20 und<br />
40 cm machten den Rüben, aber auch den<br />
Mietenabdeckteams schwer zu schaffen.<br />
Ohne den durch den Frostfonds organisierten<br />
Mietenschutz durch Vliesabdeckung<br />
hätten manche Rübenmieten diesen<br />
strengen Winter, der sich ebenfalls<br />
durch zwei kurze Tauperioden auszeichnete,<br />
sicherlich nicht überstanden.<br />
Sauber und erdanhangsarm gerodete<br />
Rüben, die rechtzeitig und ordnungsgemäß<br />
abgedeckt wurden, trotzten den eisigen<br />
Frösten, Eis und Schnee. Diese Rübenmieten<br />
froren natürlich unter dem<br />
Vliesmaterial auch teilweise ein, blieben<br />
aber wie in einem Kühlschrank auch während<br />
der kurzen Warmwetterphasen gut<br />
gekühlt und waren in den letzten Kampagnetagen<br />
Anfang Januar erstaunlich gut<br />
erhalten und vollständig verarbeitbar. Lediglich<br />
2 500 t frostgeschädigte Rüben<br />
mussten mit insgesamt knapp 90 000 €<br />
vollständig vom Frostfonds mit durchschnittlich<br />
34,61 € / t Rüben brutto entschädigt<br />
werden. In Anbetracht der sehr<br />
schwierigen Witterung kann man sicherlich<br />
in der Kampagne 2010 von einem Erfolg<br />
sprechen.<br />
M A R K T B E T R I E B S w I R T S c h A F T A N B A u T E c h N I K Z u c K E R<br />
Erfolgsmodell Frostfonds<br />
Dieser Mietenfuß ist<br />
ordnungsgemäß<br />
abgedeckt.<br />
Foto: Rheinischer<br />
Rübenbauer Verband<br />
Was ändert sich in der kommenden Kampagne 2011?<br />
In einem jährlich stattfindenden Erfahrungsaustausch<br />
aller Mietenabdeckteams<br />
wurden gemeinsam mit dem Rheinischen<br />
Rübenbauerverband e.V. und<br />
Pfeifer & Langen die Organisation und<br />
Durchführung der Mietenabdeckung diskutiert<br />
und die noch erkennbaren<br />
Schwachpunkte angesprochen, um den<br />
Mietenschutz für die Zukunft weiter zu<br />
optimieren und Frostschäden an Rüben<br />
möglichst zu vermeiden.<br />
Folgende Punkte wurden zwischen dem<br />
Rheinischen Rübenbauer-Verband und<br />
Pfeifer & langen zur weiterentwicklung<br />
des Frostfonds einvernehmlich verabschiedet:<br />
■■ Sehr spät, das heißt in bereits kritischen<br />
Witterungsphasen gerodete<br />
oder abgedeckte Rüben werden gegenüber<br />
termingerecht gerodeten und<br />
ordnungsgemäß abgedeckten Rüben<br />
bei den Lieferterminen nicht mehr<br />
vorgezogen.<br />
■■ Die Freiwilligkeit bei der Mietenabdeckung<br />
wird beibehalten. Jeder Anbauer<br />
ist weiterhin selbst für seine Rüben<br />
verantwortlich.<br />
■■ Die Abdeckung soll für Anbauer, die<br />
sich frühzeitig, zum Beispiel während<br />
der Flächenaufnahme durch die Abfuhrgruppe<br />
– bis ungefähr 15. August<br />
– für eine vorbeugende Abdeckung<br />
oder Abdeckung nach Frostaufruf entscheiden,<br />
attraktiver werden. Daher<br />
unterstützt der Frostfonds dort die<br />
Abdeckung je ausgelegter Rolle mit<br />
55 € / Rolle, sodass der Anbauer lediglich<br />
noch 100 € / Rolle zu zahlen hat.<br />
Umgekehrt wird der Betrag für Spätmelder<br />
wegen der Logistikerschwernis<br />
auf 200 € / Rolle angehoben.<br />
■■ Im Frostfonds abgesichert sind:<br />
– Rüben, die vorbeugend oder nach<br />
Frostaufruf ordnungsgemäß abgedeckt<br />
wurden und deren Abdeckung<br />
der Zuckerfabrik termingerecht<br />
gemeldet wurde, also innerhalb<br />
von drei Tagen nach Abdeckung).<br />
Bei maschineller Mietenabdeckung<br />
übernimmt die<br />
Abdeckgruppe die Meldung. Landwirte,<br />
die ihre Miete ganz oder teilweise<br />
selbst abdecken, melden die<br />
abschließende Komplettabdeckung<br />
auch selbst.<br />
– Rüben von Landwirten, die ihren<br />
aktualisierten Liefertermin bis zum<br />
veröffentlichten Termin der Mietenabdeckung<br />
haben und somit<br />
nicht abdecken müssten, jedoch<br />
aufgrund von Verarbeitungsproblemen<br />
in der Zuckerfabrik oder unverschuldeten<br />
Verzögerungen bei<br />
der Abfuhr später liefern.<br />
wichtig: Frachtführer und Landwirte<br />
müssen die Liefertermine ständig<br />
zurückmelden, sodass der Landwirt<br />
eine aktuelle Entscheidung<br />
treffen kann, das heißt ein kontinuierlicher<br />
Informationsfluss von der<br />
Zuckerfabrik an die Frachtführer erfolgt.<br />
■■ Im Frostfonds nicht abgesichert sind:<br />
– Rüben, die nach dem 10. Dezember<br />
gerodet werden. Das Risiko einer<br />
späteren Rodung liegt beim Landwirt.<br />
– Im Falle des Frostaufrufes sollten<br />
Rüben zur Schadensminimierung<br />
möglichst beim Eintritt starker<br />
Fröste gerodet und abgedeckt sein.<br />
– Rüben, die nicht korrekt abgedeckt<br />
wurden, beispielsweise wenn ein<br />
Spalt größer 30 bis 35 cm am Mietenfuß<br />
vorhanden ist oder ein offener<br />
Mietenkopf.<br />
– Betriebe, die zu spät, zum Beispiel<br />
in der Kampagne, Vlies bestellt und<br />
keines mehr oder nicht rechtzeitig<br />
erhalten haben.<br />
Ausnahme: Es besteht die Möglichkeit,<br />
auf eigene Rechnung zum Beispiel<br />
mit Folie abzudecken. Bei termingerechter<br />
und vollständiger Abdeckung<br />
und pünktlicher Meldung<br />
ist die Absicherung über den Frostfonds<br />
gegeben.<br />
■■ Nur für verbindliche Bestellungen der<br />
maschinellen Mietenabdeckung wird<br />
Vlies reserviert.<br />
■■ Das Aufdecken der Mieten sollte zeitnah,<br />
möglichst am Verlade- oder Vortag<br />
der Verladung erfolgen.<br />
■■ Das Aufbrechen eingefrorener Mieten<br />
ist durch den Anbauer zu gewährleisten.<br />
Die termingerechte und ordnungsgemäße<br />
Mietenabdeckung wird wie bisher stich-<br />
12 | Z U C K E R R Ü B E N J O U R N A L LZ 30 · 2011
Z u c K E R<br />
T E c h N I K A N B A u B E T R I E B S w I R T S c h A F T<br />
punktartig kontrolliert, um den Zweck und<br />
die Ziele des Frostfonds zu gewährleisten.<br />
Neue Vliesmaterialien im Test<br />
Die Wärmeableitung aus der Miete ist<br />
ebenso wichtig wie der Frostschutz. Abdeckmaterialien,<br />
die einen höheren Frostschutz<br />
ermöglichen, wurden zwar in den<br />
Versuchen gefunden, bei Plustemperaturen<br />
kommen die Rüben darunter aber<br />
schnell ins Schwitzen.<br />
Die Suche nach einem universellen<br />
Vlies, das die Rüben bei kaltem und warmen<br />
Wetter gleichermaßen schützt, wird<br />
auch in diesem Jahr fortgesetzt. Versuchs-Vliesrollen,<br />
die im Seitenbereich<br />
verstärkt sind, werden in der Kampagne<br />
2011 auf Praxistauglichkeit geprüft.<br />
M A R K T P o l I T I K A K T u E l l E S<br />
Ditylenchus auf dem Vormarsch?<br />
UZ???<br />
was spricht noch für<br />
Mietenabdeckung?<br />
Das in den letzten Jahren verstärkte Auftreten des Rübenkopfälchens<br />
im Rheinland wirft viele Fragen auf. wieso kann<br />
ein Schädling plötzlich so virulent werden?<br />
Eine der Ursachen ist bei den Umweltbedingungen<br />
zu suchen. So hat sich in den<br />
letzten Jahren gehäuft eine milde Winterwitterung<br />
gezeigt, die schon im Februar<br />
und März für die Nematoden ausreichende<br />
Temperaturen bei hoher Bodenfeuchtigkeit<br />
brachte. Wenn dann auch noch im<br />
weiteren Jahresverlauf im August / September<br />
eine hohe Bodenfeuchtigkeit vorhanden<br />
ist, steht einer Massenvermehrung<br />
nichts mehr im Wege.<br />
Weiterhin liegt in dem großen Wirtspflanzenkreis<br />
des Schaderregers ein großes<br />
Vermehrungspotenzial. Neben den<br />
meisten Ackerkulturen, wie Roggen, Hafer,<br />
Mais, Ackerbohnen, Buschbohnen,<br />
Erbsen, Sonnenblume, Zwiebel, Klee, Luzerne,<br />
Spinat, Rote Bete, Möhren, Sellerie,<br />
Porree umfasst er auch Unkräuter, wie<br />
Vogelmiere, Hederich, Ackersenf, Schaf-<br />
Auch ohne Frostaufruf kann eine vorbeugende<br />
Mietenabdeckung durchaus sinnvoll<br />
und wirtschaftlich sein. Die maschinelle<br />
Abdeckkapazität ist begrenzt und<br />
kann durch frühzeitigeren Einsatz eine<br />
größere Rübenmenge vor Frost, Veratmungsverlusten<br />
und Nässe rechtzeitig<br />
schützen. Zur kühlen Jahreszeit abgedeckte<br />
Mieten weisen geringere Veratmungsraten<br />
und damit geringere Zuckerverluste<br />
auf.<br />
Die gute Wasserableitung des Materials<br />
bei Regen verhindert eine Durchnässung<br />
der Rübenmiete. Da das Rübenvlies<br />
eine gewisse Luftdurchlässigkeit besitzt,<br />
können ebenfalls ein Teil der Eigenerwärmung<br />
und die feuchte Luft aus dem Rü-<br />
garbe, Knötericharten, Taubnessel, Kreuzkraut,<br />
Klettenlabkraut, Ehrenpreis, Melde,<br />
Quecke und Flughafer umfasst. Gerade<br />
benhaufen nach außen abgeführt werden.<br />
Diese Effekte führen in der Regel zu<br />
höheren Erdabreinigungsgraden und<br />
demzufolge höheren Boni-Zahlungen bei<br />
der Sauberkeitsprämie. Richtige Mietenabdeckung<br />
kann sich auch ohne Frost<br />
lohnen. Stete Voraussetzung ist eine gute<br />
Mietenanlage.<br />
heinz leipertz<br />
Pfeifer & langen KG<br />
Eduard Eich<br />
Rheinischer Rübenanbauer-Verband e.V.<br />
Bei Ditylenchus-Befall zeigt sich im Juli luftgewebe<br />
an der Rübe.<br />
Minimierung der Lagerverluste:<br />
Die unvermeidbaren Lager verluste sind umso geringer, je:<br />
■■ kürzer die Lagerdauer<br />
■ ■ geringer die Beschädigungen am Rübenkörper, also<br />
Bruchverluste und Köpfschnitt,<br />
■■ kühler die Miete,<br />
■ ■ geringer der Erd-, Blatt- und Unkrautbesatz,<br />
■■ kompakter die Mietenanlage und je<br />
■■ gesünder das Rübenmaterial ist.<br />
bei der Minimalbodenbearbeitung sollten<br />
die Unkräuter frühzeitig bekämpft werden.<br />
wirtschaftsweise hat Einfluss<br />
Aber auch in der heutigen Wirtschaftsweise<br />
ist ein Grund für das Überdauern<br />
des Rübenkopfälchens zu finden. Früher<br />
wurde das gesamte Rübenblatt, teilweise<br />
mit hohem Kopfanteil, vom Feld abgefahren<br />
und vor allem in der Milchviehhaltung<br />
verfüttert. Heute bleiben diese Erntereste<br />
auf dem Acker. Vor allem betriebswirtschaftliche<br />
Gründe sind hiefür verantwortlich.<br />
Nachteilig aus nematologischer<br />
Sicht ist die Tatsache, dass mit dem<br />
Rübenkopf auch ein sehr großes Potenzial<br />
an Nematodenlarven zusätzlich auf dem<br />
Acker bleibt und eine weitere Verseuchung<br />
fördert.<br />
Auch bei der Rübensaat selbst liegen<br />
heute für den Nematoden günstigere Bedingungen<br />
vor. Granulate mit Wirkstoffen<br />
LZ 30 · 2011 Z U C K E R R Ü B E N J O U R N A L | 13
A K T u E l l E S P o l I T I K<br />
links: Die Sorten reagieren<br />
sehr unterschiedlich<br />
auf einen<br />
Ditylenchusbefall.<br />
Rechts: Im schlimmsten<br />
Fall kann es zur<br />
totalen Kopffäule im<br />
herbst kommen.<br />
Fotos. christian<br />
heinrichs<br />
DLG-Merkblatt<br />
Biomasse-Rüben<br />
gegen Bodenschädlinge, die oft eine Nebenwirkung<br />
gegen Nematoden aufweisen,<br />
kommen nicht mehr zum Einsatz<br />
oder sind wie alle Nematizide im Rübenanbau<br />
verboten.<br />
Diese Punkte können eine Erklärung<br />
dafür sein, warum sich das Rübenkopfälchen<br />
auf dem Vormarsch befindet. Keine<br />
Erklärung gibt es bisher dafür, weshalb<br />
nur der südliche Teil des rheinischen<br />
Rübenanbaugebietes Befallsflächen aufweist,<br />
obwohl in Hinblick auf die Wasserversorgung<br />
und den Temperaturverlauf<br />
anderen Regionen günstigere Bedingungen<br />
aufweisen.<br />
Trotz aller Bemühungen gibt es zurzeit<br />
noch keine umfassenden Bekämpfungsmöglichkeiten,<br />
wohl aber Maßnahmen<br />
zur deutlichen Befallslinderung. An erster<br />
Stelle ist hier der Anbau weniger anfälliger<br />
Sorten zu nennen. In Anbauversuchen<br />
der letzten Jahre zeigte vor allem die Sorte<br />
Beretta auf Befallsflächen deutlich weniger<br />
Kopffäule. Inwieweit neu zugelassene<br />
Sorten weitere Verbesserungen bringen,<br />
wird in Anbauversuchen weiter getestet.<br />
Die Erzeugung von Biogas hat in Deutschland in den letzten<br />
Jahren enorm zugenommen. Als Gärsubstrat wird vor<br />
allem Mais eingesetzt, in den letzten Jahren hat auch die<br />
Zuckerrübe an Bedeutung gewonnen. Die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft<br />
(DLG) hat ein Merkblatt herausgegeben,<br />
das gemeinsam mit dem Göttinger Institut für Zuckerrübenforschung<br />
(IfZ) erstellt wurde und das den gegenwärtigen<br />
Wissensstand für die Erzeugung von Biogas aus<br />
Rüben praxisnah zusammenfasst.<br />
Interessenten können sich das DLG-Merkblatt 363 „Biomasse-Rüben“<br />
im Internet unter www.dlg.org in der Rubrik<br />
Merkblätter herunterladen. DlG<br />
M A R K T B E T R I E B S w I R T S c h A F T A N B A u T E c h N I K Z u c K E R<br />
Pflanzenbauliche Maßnahmen<br />
helfen<br />
Weiterhin sind alle vorbeugenden pflanzenbaulichen<br />
Maßnahmen zu ergreifen,<br />
die das Wachstum der Rübe fördern. Beispielhaft<br />
zu nennen wären strukturfördernde<br />
Bodenbearbeitung, ausgeglichene<br />
Nährstoffversorgung und optimaler pH-<br />
Wert.<br />
Da das Rübenkopfälchen viele verschiedene<br />
Wirtspflanzen hat, muss einer<br />
gezielten Unkrautbekämpfung zur Beseitigung<br />
von zusätzlichen Wirtspflanzen<br />
höchste Priorität eingeräumt werden.<br />
Die Fruchtfolgegestaltung selbst bietet<br />
wenig Handlungsspielraum. Lediglich<br />
der Nachbau von Weizen und Gerste vermehrt,<br />
wie Versuche zeigten, die Rübenrasse<br />
nicht. Nach Möglichkeit sollten daher<br />
auf Befallsflächen diese Kulturen im<br />
Wechsel mit der Rübe stehen und nicht<br />
weitere Wirte, wie Raps oder Mais. Im<br />
weitverbreiteten Zwischenfruchtanbau,<br />
der vorrangig zur Bekämpfung der Rübenzystennematoden<br />
erfolgt, muss resistenter<br />
Ölrettich angebaut werden, da er im<br />
Gegensatz zu resistentem Senf keine<br />
Wirtspflanze ist. Eine weitere vorbeugende<br />
Maßnahme auf Befallsflächen liegt im<br />
Verzicht von Frühsaaten der Rüben bei<br />
kühler und feuchter Witterung, die die<br />
Gefahr von Schäden in der Jugendentwicklung<br />
und damit die spätere Kopffäule<br />
deutlich ansteigen lässt.<br />
Fazit für das laufende Anbaujahr<br />
Der wichtigste Einflussfaktor auf die Befallsstärke<br />
ist die Witterung während der<br />
Vegetationszeit der Rübe. Aufgrund seiner<br />
Lebensweise fühlt sich das Rübenkopfälchen<br />
bei kühlen und feuchten Be-<br />
dingungen am wohlsten. Ausbreitung<br />
und Vermehrung können dann explosionsartig<br />
erfolgen. Liegen jedoch trockene<br />
und sehr warme Bedingungen vor, werden<br />
sowohl die Einwanderung in die<br />
Pflanze als auch die Verbreitung auf der<br />
Fläche gestört. Unter diesen Bedingungen<br />
findet zwar auch eine Besiedelung<br />
der Wirtspflanzen im Jahresverlauf statt,<br />
es unterbleiben aber die extremen Vermehrungsraten,<br />
die Pflanzen können die<br />
Schäden kompensieren und überwachsen.<br />
Der bisherige Verlauf der Vegetation<br />
bestätigt diesen Zusammenhang.<br />
Die extreme Frühjahrstrockenheit mit<br />
hohen Temperaturen verhinderte einen<br />
Frühbefall der Rüben. Damit wird auch<br />
die Generationenfolge gestört und es besteht<br />
die Hoffnung, dass auch die Spätschäden<br />
mit Kopffäulen ausbleiben, zumindest<br />
aber deutlich geringer ausfallen.<br />
Auch Mais, der im Vorjahr erstmals auf einigen<br />
Anbauflächen deutlich geschädigt<br />
wurde, zeigt bisher keinerlei Symptome.<br />
Trotz dieser positiven Voraussetzungen<br />
gilt, potenzielle Befallsflächen öfter<br />
zu kontrollieren, um Schäden, zum Beispiel<br />
bei nasskalter Sommerwitterung,<br />
frühzeitig zu erkennen. Zeigt eine Fläche<br />
Befall, sollte sie so schnell wie möglich<br />
gerodet werden. Damit kann einer Massenvermehrung<br />
des Nematoden und seiner<br />
schnellen Ausbreitung entgegengewirkt<br />
werden. Auch die Schädigung des<br />
Rübenkörpers ist bei beginnendem Spätbefall<br />
noch gering, sodass einer Verarbeitung<br />
in der Zuckerfabrik nichts entgegensteht.<br />
Die Anlieferung belasteter Rübenpartien<br />
sollte dabei mit der Zuckerfabrik<br />
abgesprochen werden, damit auch bei<br />
der Verarbeitung der Schaden möglichst<br />
gering bleibt.<br />
christian heinrichs<br />
landwirtschaftskammer<br />
Nordrhein-westfalen<br />
Pflanzenschutzdienst<br />
14 | Z U C K E R R Ü B E N J O U R N A L LZ 30 · 2011
Z u c K E R<br />
T E c h N I K A N B A u B E T R I E B S w I R T S c h A F T<br />
Die herbizidsaison 2011 hat auf den Feldern, aber auch in den<br />
Geldbörsen der landwirte deutlich sichtbare Spuren hinterlassen.<br />
„So teuer wie noch nie“ und gleichzeitig in der wirkung<br />
„so unbefriedigend wie ewig nicht mehr“ – so kann man die<br />
Ergebnisse zusammenfassen. In Schulnoten ausgedrückt muss<br />
der wirkungsgrad der teuren Maßnahmen auch bei Top-landwirten<br />
leider oftmals mit knapp ausreichend oder eher mangelhaft<br />
bezeichnet werden.<br />
Dabei begann das Rübenjahr 2011 zunächst<br />
sehr positiv. Ausreichende Herbst-<br />
und Winterniederschläge hinterließen<br />
Ende Februar wassergesättigte Böden.<br />
Die günstige Witterung Anfang März<br />
führte zu extrem frühen Saatterminen.<br />
Erste Saaten erfolgten um den 10. März.<br />
Die meisten Rüben wurden dann in einem<br />
engen Saatzeitfenster zwischen<br />
dem 17. und 27. März gesät. Mögliche<br />
Versorgungsengpässe beim Schlüsselwirkstoff<br />
Metamitron bestimmten zu<br />
dieser Zeit die Diskussion um die Herbizidstrategie<br />
2011. Bei entsprechender<br />
Warenknappheit wollten betroffene<br />
Landwirte die verfügbare Menge dann<br />
eher in NAK 2 und 3 zur Versiegelung der<br />
Flächen einsetzen und die Menge in der<br />
1. NAK reduzieren.<br />
Zu wenig Regen<br />
Anfang April erfolgte dann auf häufig<br />
noch restfeuchten Böden die 1. NAK. Im<br />
Nachhinein betrachtet, wurde hier vor<br />
allem bei den Bodenwirkstoffen zu sehr<br />
gespart. Wer konnte zu dieser Zeit denn<br />
auch ahnen, dass zwischen Rübensaat<br />
und beginnendem Reihenschluss in fast<br />
drei Monaten im Rheinland nur maximal<br />
30 bis 40 mm Niederschlag fallen würden?<br />
Aufgrund der Spezialbedingungen<br />
2011 waren dann alle diejenigen im Vorteil,<br />
die früh auf noch restfeuchten Böden<br />
eine Vorauflaufbehandlung durchgeführt<br />
hatten oder die bei der 1. NAK getreu<br />
dem Motto „Der erste Schuss muss sitzen“<br />
eine hoch dosierte Spritzung eingesetzt<br />
hatten.<br />
Danach wurde es in der Unkrautbekämpfung<br />
immer schwieriger. Melde,<br />
Knötericharten oder Ausfallraps waren<br />
früh und massiv aufgelaufen. Vielerorts<br />
hatte die 1. NAK nicht gesessen und die<br />
Unkräuter waren nur angeschossen. Die<br />
Trockenheit verschärfte sich von Tag zu<br />
Tag und die intensive Sonneneinstrahlung<br />
härtete die Unkräuter zusätzlich ab.<br />
Schon zu diesem Zeitpunkt war absehbar,<br />
dass 2011 auf vielen Standorten eher vier<br />
als drei NAK notwendig würden.<br />
Auch bei der 2. NAK waren viele Landwirte<br />
im Nachhinein betrachtet zu vorsichtig.<br />
Wer hier aus verschiedenen Gründen<br />
nicht ausreichend aufräumen konnte,<br />
der hatte den Kampf schon fast verloren.<br />
Bei den weiteren NAK wuchsen aus<br />
der Not die Anzahl der Mittel in der NAK<br />
und vor allem die Aufwandmengen der<br />
blattaktiven Komponenten von Spritzung<br />
zu Spritzung weiter an. Viele Landwirte<br />
liefen den vorhandenen Problemen aber<br />
weiterhin hinterher. Wirklich erfolgreich<br />
waren die Spritzungen nur selten, da<br />
auch die extrem niedrigen Luftfeuchten<br />
die Aufnahme der Wirkstoffe über die<br />
Blätter stark einschränkten. Die extrem<br />
schnell wachsenden Rüben boten den angeschossenen<br />
oder neu auflaufenden Unkräutern<br />
zudem einen sehr guten Spritzschatten.<br />
Die Bodenwirkstoffe konnten in<br />
dieser Phase weder die blattaktiven Wirkstoffe<br />
in der direkten Bekämpfung vorhandener<br />
Unkräuter unterstützen, noch<br />
den weiteren Auflauf neuer Unkräuter<br />
verhindern. Die Trockenheit und die hohe<br />
Lichtintensität förderten zusätzlich den<br />
Abbau bereits ausgebrachter Wirkstoffmengen.<br />
Auf der anderen Seite waren die<br />
blattaktiven Wirkstoffe maßlos überfordert.<br />
Mehrfach angeschossene, häufig<br />
mumifizierte, aber dennoch noch lebende<br />
Unkräuter, wie Melde, Gänsefuß, Knöterich,<br />
Kamille oder Hundspetersilie,<br />
M A R K T P o l I T I K A K T u E l l E S<br />
Rückblick auf ein Ausnahmejahr<br />
Melde in Zuckerrüben<br />
Mitte Juli.<br />
Foto: heinrich<br />
Brockerhoff<br />
Unkrautbekämpfung so schwierig wie selten<br />
konnten über die Blätter nicht mehr ausreichend<br />
Wirkstoff aufnehmen.<br />
Ende Mai kam der Regen<br />
Erst am 31. Mai setzte ein flächendeckender<br />
und ergiebiger Niederschlag ein. So<br />
früh wie selten erfolgte dann Anfang bis<br />
Mitte Mai der Reihenschluss. Den Kampf<br />
gegen das Unkraut mit normalerweise<br />
üblichen Herbizidmaßnahmen hatten<br />
viele Landwirte zu diesem Zeitpunkt<br />
schon lange aufgegeben. Die Hackmaschine<br />
und die Unterblattspritze erlebten<br />
vielerorts eine Wiedergeburt, konnten<br />
aber die Spuren der Saison nur teilweise<br />
beseitigen. Die in der Reihe verbliebene<br />
Restverunkrautung muss nun vielerorts<br />
per Handhacke bekämpft werden. Eine<br />
unangenehme, teure und häufig schweißtreibende<br />
Arbeit, die man eigentlich in<br />
diesem Umfang nur aus Erzählungen von<br />
früher kennt. Bleibt nun zu hoffen, dass<br />
ein guter Blattapparat der Rüben über eine<br />
entsprechende Beschattung des Bodens<br />
einen guten Schutz vor neu auflaufender<br />
Spätverunkrautung bietet.<br />
Die lehren aus 2011?<br />
Auch in der Vergangenheit gab es wie<br />
beispielsweise 2007 Probleme in der Unkrautbekämpfung.<br />
So extrem wie 2011<br />
waren die Probleme aber schon ewig<br />
nicht mehr. 2012 wird sicherlich wieder<br />
andere, neue und hoffentlich leichter zu<br />
bewältigende Herausforderungen bringen.<br />
Aus Extremjahren kann und muss<br />
leider keine Seltenheit im<br />
Rübenjahr 2011.<br />
Foto: Dr. willi Kremer-Schillings<br />
LZ 30 · 2011 Z U C K E R R Ü B E N J O U R N A L | 15
A K T u E l l E S P o l I T I K<br />
man aber Lehren ziehen und diese im<br />
Hinterkopf für Folgejahre abspeichern.<br />
Die wichtigste NAK in Rüben ist die<br />
1. NAK. Wer hier sehr gut aufräumt und<br />
zusätzlich über Bodenwirkstoffe versiegelt,<br />
hat beste Ausgangsbedingungen für<br />
die nachfolgenden NAK.<br />
Bei kritischen Bedingungen, also bei<br />
Trockenheit, niedriger Luftfeuchte und<br />
größeren Unkräutern, sichert eine optimale<br />
Applikationstechnik weitere Wirkungsreserven.<br />
Blattaktive Wirkstoffe<br />
können nur dann optimal wirken, wenn<br />
sie auch am Zielort Unkraut ankommen.<br />
M A R K T B E T R I E B S w I R T S c h A F T A N B A u T E c h N I K Z u c K E R<br />
Tabelle: unkrautbekämpfung bei Trockenheit<br />
unkrautbekämpfung: NAK bei Trockenheit<br />
Wasseraufwand, l/ha<br />
besser<br />
300 statt 250<br />
Zeitpunkt morgens statt abends<br />
Tropfenspektrum feintropfig statt grobtropfig<br />
Herbizidauswahl blattaktiv statt Versiegelung<br />
Risiko Wirkung statt Verträglichkeit<br />
Hierzu gehören eine möglichst optimale<br />
Benetzung über ausreichend hohe Wasseraufwandmengen,<br />
kleine Tropfen, Doppelflachstrahldüsen,<br />
der Einsatz luftunterstützter<br />
Spritzen und eine wechselnde<br />
Fahrtrichtung bei aufeinanderfolgenden<br />
NAK. Bei diesen Punkten gibt es in vielen<br />
Betrieben noch Verbesserungspotenzial.<br />
Wenn es bei der Wirkung kritisch wird,<br />
sind Spritzungen am Morgen anzuraten,<br />
wenn Tau und offene Spaltöffnungen die<br />
Aufnahme blattaktiver Wirkstoffe auf<br />
Kosten einer geringeren Verträglichkeit<br />
Auf Biogasrüben gesetzt<br />
Betrieb Körner in Hamminkeln<br />
In die Schweinemast einsteigen oder eine Biogasanlage bauen<br />
– diese beiden Alternativen standen für Familie Körner aus<br />
hamminkeln im Raum, um ihren Ackerbaubetrieb weiterzuentwickeln.<br />
Die Entscheidung fiel für die Biogasanlage, in der<br />
neben Mais und Gülle auch Zuckerrüben verarbeitet werden.<br />
„Die Biogasanlage ist seit zwei Monaten<br />
in Betrieb und läuft sehr gut. Wir sind<br />
sehr zufrieden“, berichtet Johannes Körner,<br />
Ackerbauer und Beiratsmitglied des<br />
Rheinischen Rübenbauer-Verbandes für<br />
die Region Westmünsterland. Unterstützt<br />
wird er von einem festen Mitarbeiter und<br />
Sohn Christian, der gerade seinen staatlich<br />
geprüften Landwirt gemacht und<br />
jetzt voll in den Betrieb eingestiegen ist.<br />
„Das Erneuerbare-Energien-Gesetz von<br />
2009 hat uns die Entscheidung für die<br />
Biogasanlage erleichtert. Doch vor der<br />
Anlagenplanung stand die wichtigste Frage,<br />
nämlich was wir mit der Wärme machen.“<br />
Bei der Suche nach Abnehmern<br />
fand sich schnell der benachbarte Klausenhof,<br />
eine große Bildungsakademie.<br />
Der Vertrag wurde im November 2009 ge-<br />
schlossen und dann ging es in die eigentliche<br />
Planung der Biogasanlage.<br />
Auch auf Rüben gesetzt<br />
Klar war auch, dass bei den Substraten<br />
nicht nur auf Mais gesetzt werden sollte.<br />
„Hier in der Region ist der Maisanbau<br />
schon sehr verbreitet. Um eine vielseitigere<br />
Fruchtfolge zu haben – das Rüben-<br />
Know-how haben wir ohnehin – füttern<br />
wir die Biogasanlage mit einem Drittel<br />
Mais, einem Drittel Zuckerrüben und einem<br />
Drittel Gülle. Die Gülle besteht zu<br />
drei Viertel aus Schweine- und zu einem<br />
Drittel aus Rindergülle.“ Die Gülle kommt<br />
von festen Partnern.<br />
Mais und Rüben werden zurzeit noch<br />
selber angebaut, aber Körners streben Kooperationen<br />
mit Berufskollegen an. Neben<br />
85 ha Mais werden zurzeit 30 ha Kartoffeln,<br />
47 ha Zuckerrüben und 11 ha<br />
Weizen angebaut. Bis vor einigen Jahren<br />
verbessern. Auch der Einsatz von Additiven<br />
bringt in kritischen Phasen kleine,<br />
aber spürbare und dringend notwendige<br />
Wirkungsreserven.<br />
Wenn es bei der Unkrautbekämpfung<br />
eng wird, darf man irgendwann nicht<br />
mehr zu vorsichtig sein. Rüben sollte man<br />
nicht unnötig mit Herbiziden ärgern. In<br />
Situationen wie 2011 muss man kurzfristig<br />
Wirkung vor Verträglichkeit stellen.<br />
Abzuwarten bleibt auch, ob die Unterblattspritze<br />
und die Hackmaschine wieder<br />
einen festeren Platz in der Unkrautbekämpfung<br />
finden oder weiterhin nur als<br />
Notlösung in Extremjahren wie 2011 eingesetzt<br />
werden.<br />
heinrich Brockerhoff<br />
landwirtschaftskammer Nordrhein-westfalen<br />
Kreisstelle Düren, Aachen, Euskirchen<br />
Die Rüben werden gereinigt und geschreddert<br />
in diesem hochbehälter gelagert.<br />
gehörten auch Spinat, Möhren und<br />
Schwarzwurzeln in die Fruchtfolge, aber<br />
davon sind nur noch 20 ha Winterspinat<br />
für Iglo übrig geblieben, die nach Mais<br />
gesät und im April geerntet werden. Zum<br />
Betrieb gehört außerdem eine Kornbrennerei,<br />
in der Weizen zu Industrieschnaps<br />
verarbeitet wird.<br />
Rüben nur einmal anfassen<br />
Die Zuckerrüben für die Biogasanlage<br />
wurden bei der Ernte nur geschlegelt,<br />
16 | Z U C K E R R Ü B E N J O U R N A L LZ 30 · 2011
Z u c K E R<br />
T E c h N I K A N B A u B E T R I E B S w I R T S c h A F T<br />
über ein Reinigungsband gesäubert und<br />
dann mit einem Doppstadt-Schredder geschreddert.<br />
„Dieser Schreddder ist für<br />
Holz geeignet und ein sehr stabiles Gerät,<br />
das rund 120 t / h schafft“, erläutert Johannes<br />
Körner. „Die Blätter geben wir<br />
nicht in die Biogasanlage, da wir bei anderen<br />
Betrieben gesehen haben, dass sich<br />
die Fasern der Blätter nicht so gut verarbeiten<br />
lassen.“ Rund 3 500 m³ Rüben<br />
wurden am 6. Dezember in einem Hochbehälter<br />
eingelagert. Während des kalten<br />
Winters silierten die Rüben nicht, erst bei<br />
steigenden Temperaturen im Frühjahr beobachteten<br />
Körners eine leichte Gasbildung<br />
im Rübensilo. „Die Rübe ist zwar bei<br />
der Einlagerung aufwändiger als der<br />
Mais, aber wenn sie einmal im Silo ist,<br />
wird sie nur noch mit der Pumpe bewegt.<br />
Die Maissilage muss jeden Tag mit dem<br />
Radlader in den Feststoffbehälter transportiert<br />
werden. Unterm Strich ist das<br />
kein Unterschied“, ist Johannes Körner<br />
überzeugt. Rund eine Dreiviertelstunde<br />
kalkulieren die beiden täglich für das Beschicken<br />
der Anlage ein.<br />
Gülle, Mais und Rüben werden im Anmischbehälter<br />
auf 40 °C erwärmt, mit<br />
Material aus dem Fermenter versetzt und<br />
stündlich in die Biogasanlage gegeben.<br />
„Warmes Material bedeutet weniger<br />
Stress für die Bakterien.“ Bis sich ein stabiler,<br />
leistungsfähiger Bakterienstamm in<br />
der Anlage etabliert hat, kann ein Jahr<br />
vergehen, aber trotzdem sind Körners<br />
auch nach zwei Monaten schon sehr zufrieden<br />
mit der Gasausbeute der 500-kW-<br />
Anlage. Begeistert sind sie auch von der<br />
Rübe, die ein schnelles Anfahren der Anlage<br />
erlaubt und ihrer Meinung nach genauso<br />
viel Methan pro Hektar liefert wie<br />
der Mais.<br />
Bau noch nicht ganz fertig<br />
Die Anlage wurde individuell geplant und<br />
nach den Wünschen von Vater und Sohn<br />
konzipiert. „Wir haben uns einige Anla-<br />
gen angesehen und man merkt deutlich,<br />
wie sich die Technik weiterentwickelt.“<br />
Ganz fertig ist das Areal noch nicht, auch<br />
wenn die Anlage schon am Netz ist. Eine<br />
große Siloplatte ist noch nicht fertig:<br />
„Alle Berufskollegen haben uns berichtet,<br />
dass sie zu wenig Lagerraum haben. Wir<br />
hoffen, dass wir das nicht haben werden,<br />
denn man muss zur Ernte Substrat kaufen<br />
können.“ Auch das Regenrückhaltebecken<br />
ist noch nicht fertig und die umfangreichen<br />
Bepflanzungsauflagen müssen<br />
noch umgesetzt werden, aber das<br />
dauert nicht mehr lange, wie Johannes<br />
Körner, der die Bauarbeiten beaufsichtigt,<br />
betont. Sohn Christian kümmert sich<br />
mehr um den Ackerbau. Dass die Biogasanlage<br />
ihr gemeinsames Projekt ist, sieht<br />
man auch daran, dass sie sich beide intensiv<br />
damit beschäftigen. „Es ist schön,<br />
dass wir das gemeinsam machen können,<br />
alleine wäre das gar nicht zu schaffen“,<br />
gibt Johannes Körner zu.<br />
Zu<br />
Pläne haben die beiden genug. So könnten<br />
sie sich auch vorstellen, ein weiteres<br />
Blockheizkraftwerk zu bauen, denn Anfragen<br />
nach Wärme gibt es inzwischen auch<br />
aus einem Wohngebiet in der Nähe.<br />
Das Westmünsterland<br />
M A R K T P o l I T I K A K T u E l l E S<br />
Rund 70 % der Rüben, die jetzt wachsen,<br />
sind für die Biogasanlage eingeplant,<br />
die übrigen 30 % gehen in die 35 km entfernte<br />
Zuckerfabrik nach Appeldorn. Angebaut<br />
werden unter anderem die Sorten<br />
Rubens, Beretta und Robinson, aber auch<br />
zwei Energierübensorten. „Ob diese Sorten<br />
besser abschneiden, können wir noch<br />
nicht sagen. Zurzeit haben sie etwas weniger<br />
Blätter als die normalen Sorten“<br />
meint Christian Körner.<br />
Natascha Kreuzer<br />
Vor der Biogasanlage<br />
befindet sich der<br />
hochbehälter für die<br />
Rüben. Der Schutzwall<br />
ist zurzeit mit<br />
lupinen eingesät,<br />
später wird der umfangreicheBepflanzungsplanumgesetzt.<br />
christian und Johannes<br />
Körner sind zufrieden<br />
mit dem Start<br />
ihrer Biogasanlage.<br />
Fotos: Natascha<br />
Kreuzer<br />
Der Beiratsbezirk Westmünsterland des Rübenbauer-Verbandes erstreckt sich über die Kreise Borken,<br />
Coesfeld sowie die Städte Recklinghausen und Münster. Der Anteil der Zuckerrüben liegt nur bei etwa<br />
10 % der Fruchtfolge. Die meisten Betriebe haben nicht nur Ackerbau, sondern Schweine- oder Rinderhaltung.<br />
Noch rund 95 Anbauer mit einer Rübenfläche von knapp 810 ha sind übrig geblieben, denn die<br />
Landwirte haben mit über 40 % einen sehr hohen Anteil der Rübenquote im Rahmen der Restrukturierung<br />
der Zuckermarktordnung zurückgegeben und den Rübenanbau eingestellt.<br />
Die Böden sind sehr unterschiedlich in ihrer Güte, zum Teil aber auch sehr leicht, das Gebiet ist eher klein<br />
strukturiert. Die Entfernung zur Zuckerfabrik Appeldorn beträgt bis 120 km für die Anbauer in Münster.<br />
Es gibt drei Lohnunternehmer in der Region, die die Rüben roden und die Abfuhr organisieren. Kaum einer<br />
der Anbauer fährt seine Rüben selber in die Fabrik.<br />
LZ 30 · 2011 Z U C K E R R Ü B E N J O U R N A L | 17
A K T u E l l E S P o l I T I K<br />
M A R K T B E T R I E B S w I R T S c h A F T A N B A u T E c h N I K Z u c K E R<br />
wie entsteht eigentlich carbokalk?<br />
Nebenprodukt aus der Fabrik ist wertvoller Dünger<br />
Es wird oft über carbokalk und seine Verwendungsmöglichkeiten<br />
geschrieben. Über seine herkunft und die daraus entstehende<br />
Zusammensetzung ist aber nur sehr wenig zu finden.<br />
So sehen Dünnsaft,<br />
Dicksaft und Rohsaft<br />
aus, sie entstehen bei<br />
der Zuckergewinnung<br />
in der Fabrik.<br />
Fotos: ■■■<br />
Da Zucker in der Rübe nicht in kristalliner<br />
Form, was die Gewinnung stark vereinfachen<br />
würde, sondern im Zellsaft gelöst<br />
vorkommt, stehen die Zuckerfabriken vor<br />
der Aufgabe, den Zucker vom Zellsaft und<br />
allen darin enthaltenen Bestandteilen zu<br />
trennen.<br />
Man spricht von Zucker und von Nichtzuckerstoffen.<br />
Mit Zucker ist natürlich<br />
Saccharose gemeint. In den Nichtzuckerstoffen<br />
können auch, wenn vom Begriff<br />
zwar eher unlogisch, unerwünschte Zucker,<br />
wie zum Beispiel Fruchtzucker oder<br />
Traubenzucker, enthalten sein. Weitere<br />
Bestandteile sind organische Stoffe, wie<br />
zum Beispiel Zellwände mit darin enthaltenen<br />
Pektinen, stickstoffhaltige organische<br />
Säuren und Eiweißstoffe sowie anorganische<br />
Stoffe, wie Kalium, Natrium<br />
oder Kieselsäure. Das sind alles Stoffe, die<br />
die Rübe zum Leben und für die Überwinterung<br />
benötigt.<br />
Bei der Herstellung des Zuckers gibt es<br />
verschiedene Veredlungsstufen, an denen<br />
die Saccharose von der Rübe getrennt<br />
wird. Zunächst werden die Rüben in feine<br />
Streifen geschnitten. In der Extraktion<br />
wird aus diesen Rübenschnitzeln der<br />
größte Teil des Zuckers mittels Wasser<br />
ausgelaugt. Der nächste Schritt zur Reinigung<br />
des Zuckersaftes findet in der sogenannten<br />
Carbonatation statt. Hier wird<br />
der Großteil der Nichtzuckerstoffe aus<br />
dem Zuckersaft<br />
entfernt.<br />
Der letzte<br />
Veredlungsschritt<br />
findet dann in der<br />
Kristallisation<br />
statt. Abschließend<br />
wird die<br />
Melasse in den<br />
Zentrifugen in<br />
mehreren<br />
Schritten mit<br />
Fliehkraft und<br />
kurzen Wasserdampfstößen<br />
von den<br />
Zuckerkristallen<br />
getrennt. In<br />
der Melasse sind zum Beispiel Aminosäuren,<br />
Betain, Amide und Peptide enthalten.<br />
hier entsteht carbokalk<br />
Der Carbokalk entsteht, wie der Name<br />
schon vermuten lässt, in der Carbonatation.<br />
Zur Vorbereitung der Carbonatation<br />
werden im Kalkofen, dem Wahrzeichen<br />
fast aller Zuckerfabriken, Kalksteine und<br />
Koks zu Branntkalk gebrannt. Dieser Prozess<br />
findet immer in der Zuckerfabrik<br />
statt, da man zwei Dinge gewinnen will:<br />
Brantkalk und CO 2. Beides wird in der Carbonatation<br />
benötigt. Um zu verstehen,<br />
carbokalk ist ein<br />
wertvoller Dünger.<br />
wie in dieser Reinigungsphase Carbokalk<br />
entsteht, muss man wissen, was in diesem<br />
Prozess passiert. Der aus den Rüben<br />
gewonnene Rohsaft ist ein grauschwarzer<br />
trüber Saft mit den beschriebenen<br />
unterschiedlichsten Nichtzuckerstoffen.<br />
Nun ist es nicht so, dass man diesem Saft<br />
einfach Kalk und CO 2 zusetzen kann und<br />
dann fallen alle Nichtzuckerstoffe aus. Es<br />
ist ein sehr sensibler Prozess, in dem in<br />
verschiedenen Stufen und bei verschiedenen<br />
pH-Werten steigende Mengen von<br />
Kalkmilch zugesetzt werden. Auf diese<br />
Weise werden die unterschiedlichen Fraktionen<br />
der Nichtzuckerstoffe in abfilterbare<br />
Produkte umgewandelt.<br />
Im letzten Schritt, der eigentlichen<br />
Carbonatation, wird der<br />
gelöste Kalk (CaO) durch<br />
Zugabe von CO 2 zu Calciumcarbonatumgewandelt,<br />
das dann in Form kleinerCalciumcarbonat-Kristalle<br />
ausfällt und mit<br />
den daran gebundenenNichtzuckerstoffen<br />
abgepresst wird.<br />
Da die Rüben von<br />
Jahr zu Jahr, von Schlag<br />
zu Schlag, von Sorte zu<br />
Sorte und auch von<br />
Rübe zu Rübe sehr unterschiedlicheZusammensetzungen<br />
der<br />
Nichtzuckerstoffe ha-<br />
18 | Z U C K E R R Ü B E N J O U R N A L LZ 30 · 2011
Z u c K E R T E c h N I K A N B A u B E T R I E B S w I R T S c h A F T M A R K T P o l I T I K A K T u E l l E S<br />
ben, ist es sehr wichtig, den Prozess immer<br />
an die aktuellen Gegebenheiten anzupassen.<br />
Feine Struktur von Vorteil<br />
Dieser Prozess erklärt die sehr feine Struktur<br />
des Carbokalks. Er besteht also nicht,<br />
wie oft angenommen, aus fein gemahlenen<br />
Kalksteinen, sondern aus feinsten Calciumkristallen.<br />
Daraus resultiert auch die<br />
immer wieder betonte schnelle Reaktionsfähigkeit.<br />
Da diese Calciumkristalle so reaktionsfreudig<br />
sind, lagern sie sich auch<br />
gerne im Boden an die dort vorhandenen<br />
Gefüge an und verbessern und stabilisieren<br />
so die Bodenstruktur. Die verbesserte<br />
Bodenstruktur bewirkt wiederum, dass<br />
sich die Wasseraufnahmefähigkeit des Bodens<br />
und das Wasserhaltevermögen erhöhen.<br />
Auch die Durchwurzelbarkeit des Bodens<br />
wird deutlich erhöht.<br />
Ein weiterer Vorteil des Carbokalks sind<br />
die in ihm vorhandenen Nichtzuckerstoffe.<br />
Sie stammen ausschließlich aus der Rübe<br />
und damit vom Feld. Die Ausbringung des<br />
Carbokalks auf den landwirtschaftlichen<br />
Flächen ist damit ein wertvoller Beitrag zur<br />
Kreislaufwirtschaft.<br />
Die enthaltenen Nichtzuckerstoffe haben<br />
aber auch eine wirtschaftliche Bedeutung.<br />
Neben dem Anteil basisch wirksamen<br />
CaO von im Durchschnitt etwa 41 %<br />
bezogen auf die Trockenmasse enthält der<br />
Carbokalk etwa 2,4 % MgO, 1,9 % P 2O 5,<br />
0,4 % N und 0,3 % S. Setzt man aktuelle<br />
Düngekosten an, so ergibt sich bei einer<br />
Kalkung von 5 t / ha ein Nährstoffwert von<br />
rund 186 € / ha. Dagegen stehen Kosten für<br />
den Carbokalk inklusive Transport frei Feldrand<br />
bei einer mittleren Transportentfernung<br />
von etwa 64 € / ha. Carbokalk ist also<br />
nicht nur ein wertvoller, sondern auch ein<br />
preiswerter Dünger, der sich in mehrfacher<br />
Weise bezahlt macht.<br />
Mehr Informationen über Carbokalk<br />
gibt es auch im Internet unter www.<br />
agrar-produkte.com. In der Rubrik Beratung<br />
/ Kontakt sind die Ansprechpartner in<br />
den einzelnen Regionen aufgeführt, bei denen<br />
man Carbokalk beziehen kann.<br />
Tim wischmann<br />
Pfeifer & langen, Appeldorn<br />
Zutra schulte Mausfahrer<br />
Insgesamt 70 Mausfahrer aus dem ganzen Rheinland<br />
folgten am 21. und 22. Juni der Einladung der<br />
Zutra Speditions-Gesellschaft mbH in die Pfeifer &<br />
Langen-Werke Euskirchen und Jülich zu einer<br />
Mausfahrerschulung.<br />
Die vergangene Kampagne mit dem frühen<br />
Wintereinbruch hat allen Beteiligten gezeigt, wie<br />
schnell Mensch und Maschine an die Grenzen der<br />
Belastbarkeit gelangen können. Aus diesem<br />
Grund, aber auch aus dem ständigen Kostendruck<br />
heraus hat die Zutra Speditions-Gesellschaft mbH<br />
im Frühjahr entschieden, eine Mausfahrerschulung<br />
anzubieten. Themen dieser Schulung waren<br />
materialschonender Maschineneinsatz, Verbrauchsminimierung,<br />
Umgang mit Frostmieten,<br />
Optimierung der Verladezeiten und auch eine Verbesserung<br />
der äußeren Qualität der Zuckerrüben.<br />
Neben einem aktuellen Überblick über die<br />
Agrarmärkte und den Zuckermarkt standen langfristige<br />
Trends im Ertrag und Deckungsbeitrag, die<br />
neue Rübenkopfbewertung bei geköpften und<br />
entblatteten Rüben, der Umgang mit faulen<br />
Rüben, die Schwadprobenaktion 2011 und die<br />
Zahlen zur Kampagneplanung 2011 auf dem Programm.<br />
Ergänzend wurden noch Wünsche an die<br />
Mausfahrer formuliert: Kranke Rüben sollten möglichst<br />
früh in die Fabrik kommen, Unkrautstrünke<br />
in der Ladung sollten vermieden, die Rüben sollten<br />
nicht nur geladen, sondern auch gereinigt und der<br />
Rübenbruch sollte möglichst gering gehalten werden.<br />
Tipps vom Profi<br />
Den theoretischen Teil der Mausfahrerschulung<br />
übernahm Werner Hofbauer von Ropa, der auch<br />
die Roder- und Mausfahrerschulungen bei den Geräteauslieferungen<br />
durchführt. Er stellte Möglichkeiten<br />
zur Kostenreduzierung durch Kraftstoffeinsparung<br />
und Verschleißreduzierung vor.<br />
Durch grundlegende Änderungen am Antriebsstrang<br />
und den Einsatz eines neuen Pumpenverteilergetriebes<br />
einhergehend mit stark gesenkten<br />
Motordrehzahlen konnte der Kraftstoffverbrauch<br />
erheblich gesenkt werden. In den letzten zehn Jahren<br />
sei die Motordrehzahl um 25 % gesenkt worden<br />
und das bei einer gleichzeitig gestiegenen Ladeleistung<br />
und einer gesteigerten Erdabreinigung.<br />
Der Verbrauch ist stark von der Motordrehzahl<br />
beim Verladen abhängig. Die Auswertung von Maschinendaten<br />
habe gezeigt, dass bei einer verbrauchsoptimierten<br />
Ladedrehzahl ein Verbrauch<br />
von 9,3 l / h erreicht wurde. Bei annähernd gleichen<br />
Maschinenleistungen sei auch ein Verbrauch<br />
von 18,5 l / h gemessen. Hier wurde offensichtlich<br />
Für den praktischen Teil hatten die Maschinenringe Erft-<br />
Neffelbach und Rheinland-west jeweils eine Maus zu Anschauungszwecken<br />
zur Verfügung gestellt. hier konnten<br />
viele vorher in der Theorie angesprochene Fakten sehr<br />
eindrucksvoll erläutert werden. Foto: Gottfried lappé<br />
die Ladedrehzahl nur auf einen hohen Durchsatz<br />
angepasst. Man sehe daran, dass hier ein großes<br />
Potenzial stecke, so Hofbauer. Neben vielen technischen<br />
Faktoren sei der Verbrauch allerdings auch<br />
von der Feuchtigkeit des Ackerbodens, des Erdanteils<br />
in der Rübenmiete und der Beschaffenheit<br />
der Zuckerrübe abhängig.<br />
Ein wesentlicher Faktor bei der Verschleißreduzierung<br />
sei das rechtzeitige Erkennen von Fehlern.<br />
Eine regelmäßige Kontrolle und frühzeitige Wartung<br />
könnten hier zu einer Kostenoptimierung<br />
beitragen. Hofbauer wies unter anderem auf die<br />
Spannung des Bauchgurts, den Zustand der Aufnahmefinger<br />
und aller Förderspiralen, die richtige<br />
Entlastung der Aufnahmeseitenteile sowie die<br />
richtige Tiefenführung der gesamten Aufnahme<br />
hin. Werner Hofbauer regte an, Wartezeiten zwischen<br />
den Beladungen zur Wartung zu nutzen.<br />
LZ 30 · 2011 Z U C K E R R Ü B E N J O U R N A L | 19<br />
Fazit<br />
Als wichtiges Fazit kann festgehalten werden:<br />
Niedrige Motordrehzahl und langsamer Vorschub<br />
in die Miete bedeuten einen niedrigen Verbrauch,<br />
weniger Verschleiß und eine bessere Erdabreinigung<br />
und somit eine bessere äußere Qualität der<br />
Zuckerrübe. Diese Optimierungspotenziale gelten<br />
natürlich für die Mäuse aller Fabrikate gleichermaßen.<br />
Gottfried lappé<br />
Zutra Speditions-Gesellschaft mbh
A K T u E l l E S P o l I T I K<br />
Eine Besonderheit bei der Planung waren<br />
die geologischen Gegebenheiten auf dem<br />
Werksgelände: Es liegt in einer erdbeben-<br />
M A R K T B E T R I E B S w I R T S c h A F T A N B A u T E c h N I K Z u c K E R<br />
Neues Zuckersilo im werk Jülich<br />
Großbaustelle in Jülich<br />
Im Rahmen der Veränderungen der Zuckermarktordnung und<br />
der damit verbundenen Schließung der Zuckerfabrik Elsdorf<br />
mussten auch die dortigen großen Zuckersilos zurückgebaut<br />
werden, wie man den Abriss im Amtsdeutsch bezeichnet. Da<br />
der lagerraum aber im Rheinland benötigt wird, wird im werk<br />
Jülich ein neues Silo mit einem Fassungsvermögen von<br />
60 000 t errichtet. Die Planungen dazu begannen im Frühjahr<br />
2010, sodass der Silobau mit der herstellung des untergrundes<br />
im oktober 2010 beginnen konnte.<br />
Die Bodenplatte ruht auf 292 Bohrpfeilern.<br />
Diamant Eis-Zauber für Joghurt<br />
Joghurteis-Fans aufgepasst: Ab sofort sorgt der<br />
neue Diamant Eis-Zauber für Joghurt für cremig-frischen<br />
Eisgenuss. Mit der Produktneuheit von Pfeifer<br />
& Langen lässt sich Eis ganz einfach zu Hause<br />
selbst machen – ohne Eismaschine.<br />
Einfach 350 g Joghurt in ein hohes, schmales Rührgefäß<br />
geben. Diamant Eis-Zauber für Joghurt hinzufügen<br />
und mit einem Handrührgerät drei Minuten<br />
lang aufschlagen. Anschließend alle Zutaten für<br />
das Lieblingseis, wie zum Beispiel Schokoraspel, gehackte<br />
Nüsse oder eine Dessertsoße, unterheben.<br />
Die Eismischung in geeignete Behälter füllen, verschließen<br />
und im Gefrierschrank bei –18 °C min-<br />
gefährdeten Zone. Dies führte dazu, dass<br />
das gesamte Bauwerk auf insgesamt 292<br />
Bohrpfählen gestellt werden musste, um<br />
einen sicheren Stand unter allen Umständen<br />
zu garantieren. Das Herstellen der<br />
rund 24 m langen Pfähle und das Gießen<br />
der Bodenplatte nahmen drei Monate in<br />
Anspruch. Mitte Februar 2011 begann der<br />
Silorohbau im Gleitschalungs-Verfahren.<br />
In nur 22 Tagen und Nächten und mit einer<br />
Geschwindigkeit von etwa 2,7 m am<br />
Tag wurde der Silokörper mit Bewehrung<br />
und Beton hochgezogen. Nur ein Beton-<br />
Fahrzeug pro Stunde reichte aus, um die<br />
40 cm dicken Wände zu erstellen. Des<br />
Weiteren ist die Silowand mit einer<br />
Wandheizung versehen worden, um den<br />
konditionierten Zucker vor Kälte zu schützen.<br />
Die isolierte Wandverkleidung mit<br />
den typisch blauen Streifen ist an die bereits<br />
vorhandenen Silos angepasst.<br />
Kran fliegt rein und raus<br />
Um das Dach zu errichten, war es notwendig,<br />
einen Lkw-Kran in das Innere des<br />
Silos zu heben. Kurz vor Vollendung des<br />
Daches wurde er auf dem gleichen Weg<br />
wieder ins Freie gehoben. Das Kegeldach<br />
besteht aus 32 Holzbindern, von denen<br />
einer allein schon rund 30 m lang und<br />
destens 5 bis 8 Stunden einfrieren. Wer es fruchtiger<br />
mag, ersetzt einen Teil des Joghurts durch pürierte<br />
Früchte oder Fruchtsaft. Je nach Geschmack<br />
kann man statt Joghurt auch andere saure Milchprodukte,<br />
wie Buttermilch, Crème fraîche, Kefir<br />
oder Dickmilch, verwenden. Alternativ gelingt das<br />
Eis natürlich auch mit verzehrfertigem Fruchtjoghurt.<br />
Eine 200-g-Packung Diamant Eis-Zauber für Joghurt<br />
ergibt mit 350 g Joghurt rund 900 ml Eis und kostet<br />
1,89 € (UVP) im Handel. Weitere Informationen und<br />
Rezepte unter www.eiszauber.de.<br />
■<br />
Ein lkw-Kran wurde in das Silo gehoben, um<br />
die Dachkonstruktion während des Baus zu<br />
stabilisieren.<br />
rund 1 m hoch ist. Mitte Juni wurde das<br />
Dach mit Isolierung und Dampfsperre geschlossen.<br />
Mit dem Aufsetzen der rund<br />
60 t schweren Verbindungsbrücke auf das<br />
Kegeldach erfolgte am 2. Juli ein wichtiger<br />
Schritt zur Fertigstellung des Silos.<br />
Am 9. September soll das Silo in einer Feierstunde<br />
seiner Bestimmung übergeben<br />
werden.<br />
Markus coenen<br />
Pfeifer & langen, Jülich<br />
20 |? Z U C K E R R Ü B E N J O U R N A L LZ 30 · 2011