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FORSCHUNG „Wer nich dieken will, mut wieken!” – „Wer nicht deichen will, muss weichen“<br />

Der Querschnitt stellt dar, wie ein typischer Deich an den Küstenverläufen aufgebaut ist.<br />

Schenkt man den Vorhersagen von Klimaforschern<br />

Glauben, wird dieser Schwund in den kommenden Jahren<br />

noch zunehmen. Nicht nur Sylt ist bedroht: Entlang der<br />

europäischen Küsten könnte ein infolge des Klimawandels<br />

steigender Meeresspiegel den Kampf gegen die Fluten verschärfen.<br />

Intelligente Vorwarnsysteme, moderne Deiche<br />

und ein integrierter Küstenschutz können diesem Raubbau<br />

an den Ufern verzögern und die Folgen von Sturmfluten<br />

mindern.<br />

„Heute und für die kommenden wenigen Jahrzehnte sind<br />

die deutschen Küsten sicher“, sagt Professor Hans von<br />

Storch vom Institut für Küstenforschung am GKSS<br />

Forschungszentrum in Geesthacht bei Hamburg. Allerdings<br />

sind die Deichverbände in den Küstenländern Niedersachsen,<br />

Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern<br />

gefordert, ihre Schutzwälle gegen das Wasser<br />

bestens zu pflegen und auszubauen. Genau das geschieht<br />

auch. Allein Niedersachsen gibt jährlich etwa 46 Millionen<br />

Euro für den Küstenschutz aus; denn das Jahrhunderte alte<br />

Motto „Wer nich will dieken, mut wieken!“ („Wer nicht deichen<br />

will, muss weichen“), wird heute ernster denn je<br />

genommen.<br />

So wird bei Harlesiel gegenüber der Nordseeinsel<br />

Wangerooge der alte Seedeich bis 2008 auf 8,10 Meter<br />

über Normalnull erhöht. Wenn er fertig ist, wird er sich über<br />

eine Breite von 120 Metern erstrecken. Diese Größe ist<br />

nötig, damit der Deich flach genug wird, um die einfallenden<br />

Wellen tot laufen zu lassen. Steilere Deiche böten den<br />

Fluten eine zu verwundbare Angriffsfläche. Zuerst pumpen<br />

spezielle Spül-Pipelines Sand an, der den Kern des Deichs<br />

bilden wird. Bagger schütten darauf klebrigen und tonhaltigen<br />

Kleiboden. Diese anderthalb Meter dicke, zähe Schicht<br />

festigt das gesamte Bauwerk. Der lockere Sand allein<br />

würde allzu schnell wieder abgetragen werden.<br />

Abschließend kommt der vertraute Grasbewuchs, der<br />

ebenfalls vor Erosion durch Wind und Wellen schützt.<br />

34 - <strong>explore</strong>: 1/2007<br />

Deich mit Plastik<br />

Setzen Deichbauer wegen guter Verfügbarkeit und geringer<br />

Kosten früher wie heute auf natürliches Erdreich und Sand,<br />

könnten in Zukunft neue Materialien die Schutzwälle verbessern.<br />

Ulrich Zanke, Professor am Institut für Wasserbau<br />

und Wasserwirtschaft der Universität Siegen, stellt<br />

Geokunststoffe, Verbrennungsschlacken oder Materialien<br />

aus Bauschutt auf die Probe. Besonders für die Sanierung<br />

der Binnendeiche entlang der Flüsse sollen diese<br />

Werkstoffe zu einer höheren Standsicherheit führen und<br />

eine zu schnelle Durchweichung oder Unterspülung der<br />

Wälle verhindern. Spezielle Plastik-Polymere könnten in das<br />

normale Erdreich eingemischt werden. Die langkettigen<br />

Moleküle, die von Forschern des Chemie-Konzerns BASF<br />

entwickelt wurden, führten in ersten Versuchen zu einer<br />

großflächigen Vernetzung. Die Testdeiche ließen nur wenig<br />

Wasser durch, zeigten sich gleichzeitig aber auch fest und<br />

elastisch. Bewährt sich diese Technik, wäre auch ein<br />

Einsatz in den Küstendeichen denkbar.<br />

Mit höheren und festeren Deichbauten allein greift ein zeitgemäßer<br />

Küstenschutz allerdings zu kurz. Um gegen die<br />

kommenden Sturmfluten gefeit zu sein, beachten<br />

Küsteningenieure die gesamte Uferregion. Vorgelagerte<br />

Sandbänke, alte, so genannte Schlafdeiche im Hinterland<br />

oder der Zustand des Dünenwalds tragen ebenfalls zur<br />

Sicherheit der Küstenbewohner bei. Die Analyse von regionalen<br />

Meeresströmungen und der Materialtransport entlang<br />

der Strände liefern wertvolle Daten über das lokale Risiko<br />

der Schutzanlagen. Exakte Wetter-, Tiden- und Seegangsvorhersagen<br />

zeigen den Küstenschützern, auf welche<br />

Stellen ihrer Verteidigungslinie gegen die Fluten sie<br />

besonders Acht geben müssen. „Kurzfristwarnsysteme<br />

sind ganz entscheidend, um der Gefahr der Sturmfluten die<br />

Spitze zu nehmen“, sagt von Storch. „Sie erlauben, erforderliche<br />

Reaktionen zeitnah einzuleiten.“<br />

Sturmfluten werden häufiger und höher<br />

Im Laufe dieses Jahrhunderts werden diese Maßnahmen<br />

noch wichtiger werden. „Wir rechnen mit gefährlicheren

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