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Von Dr. Doris Marszk<br />
08 - <strong>explore</strong>: 1/2007<br />
ENTDECKUNG Ideen, die in der Luft liegen<br />
Ideen, die in der Luft liegen<br />
Erfindungen setzen sich offenbar nur durch, wenn die Idee sowieso „in<br />
der Luft liegt“. Aber was liegt da eigentlich in der Luft?<br />
Abbildung von Johann Philipp Reis mit einem<br />
Telefon in der Hand. Reis konstruierte das<br />
erste Gerät zur Tonübertragung mittels elektromagnetischer<br />
Wellen und damit das Telefon. Er<br />
wurde am 7. Januar 1834 geboren und ist am<br />
14. Januar 1874 gestorben.<br />
Fernsprechempfänger, 1861 konstruiert von<br />
Philipp Reis.<br />
Erste Drehstromanlage in Berlin am Schiffbauer<br />
Damm; Nicola Tesla hatte 1887 mit seinen<br />
grundlegenden Patenten die Basis der<br />
Drehstromtechnik und der Drehstromkraftübertragung<br />
geliefert.<br />
Zu den größten Unglücken, die<br />
Menschen in früheren Jahrhunderten<br />
zustoßen konnten, gehörten Brände,<br />
die häufig durch Blitzschlag ausgelöst<br />
wurden. Das Feuerlöschen war reine<br />
Handarbeit, die Feuerversicherung<br />
noch nicht erfunden. So verloren<br />
Menschen, deren Haus vom Blitz getroffen<br />
wurde, oft ihre gesamte Existenz.<br />
Dennoch bestand jahrhundertelang<br />
die Blitzabwehr hauptsächlich in<br />
geweihten Glocken zur Abwehr der<br />
Gewitterdämonen. Die Glocken trugen<br />
Inschriften wie „fulgura frango“ (die<br />
Blitze breche ich) in der berühmten<br />
Schillerglocke in Schaffhausen.<br />
Geweihte Glocken als Blitzabwehr<br />
Solange Blitz und Donner als Werke<br />
von Teufel oder Dämonen betrachtet<br />
wurden, konnte nicht der Gedanke<br />
entstehen, Maßnahmen zur Blitzabwehr<br />
ergreifen zu müssen. Erst im<br />
Zeitalter der Aufklärung, die gleichsam<br />
unter dem Motto stand „Habe den<br />
Mut, dich deines eigenen Verstandes<br />
zu bedienen“, wurde es möglich, Blitz<br />
und Donner einer genaueren Untersuchung<br />
zu unterziehen. Das Buch<br />
Vom Blitze des Hamburger Arztes<br />
Johann Albert Reimarus (1729 bis<br />
1814) zeigt, wie im 18. Jahrhundert<br />
unter den Gebildeten eine Sammelleidenschaft<br />
für Blitz-Erfahrungen ausgebrochen<br />
war. Reimarus hat diese<br />
Berichte gesammelt und sie, modern<br />
gesprochen, ausgewertet. So kommt<br />
er zu naturwissenschaftlichen Schlüssen<br />
wie diesem: „Gleichwie aber die<br />
Anlockung und der Sprung zu oder<br />
von unterbrochenem Metalle in der<br />
Nähe dem Menschen gefährlich seyn<br />
kann, so schützet ihn vielmehr das<br />
Metal welches neben ihm in einer<br />
Strecke herab gehet oder ihn umgibet:<br />
denn der Bliz verläßt das Metal nicht<br />
um auf den Menschen zu springen<br />
wenn er durch jenes eine Leitung zur<br />
Erde haben kann.“ Erst in einem solchen<br />
für Naturbeobachtungen aufgeschlossenen<br />
Klima wurde die Erfindung<br />
des Blitzableiters, die Benjamin<br />
Franklin zu verdanken ist, möglich.<br />
Für andere Erfindungen musste sich<br />
nicht gleich das theologisch-philosophische<br />
Weltbild ändern. Damit sich<br />
eine Erfindung durchsetzte, konnte es<br />
ausreichen, dass bestimmte Rahmenbedingungen<br />
stimmten. Aber Erfinder<br />
konnten auch tragisch scheitern, wenn<br />
diese Bedingungen nicht gegeben<br />
waren.<br />
Neues Weltbild oder<br />
andere Bedingungen<br />
Der Russe Ivan Ivanovič Polzunov<br />
(1728 bis 1766) entwarf 1763 eine<br />
Maschine zum Antrieb von zwei Blasebalgen<br />
für einen Hüttenbetrieb im Altai.<br />
Zwei Zylinder waren nebeneinander<br />
über dem Kessel angeordnet. Der Hub<br />
betrug 1.800 Millimeter und wurde<br />
über Kettenverbindungen auf die<br />
Blasebalge übertragen. Die Zarin<br />
Katharina II. zahlte ihm dafür 400<br />
Rubel und verlieh ihm einen höheren<br />
Rang im Dienstadel. Mehr Aufmerksamkeit<br />
gab es für den Erfinder<br />
nicht, weil Russland zu dieser Zeit<br />
industriell noch zu rückständig war,<br />
und so gab es niemanden, der diese<br />
Erfindung weiterführen konnte. In England<br />
hingegen war die Industrialisierung<br />
schon weiter fortgeschritten,<br />
und an der Konstruktion einer Dampfmaschine<br />
hatten sich ab dem Ende<br />
des 17. Jahrhunderts bereits mehrere<br />
Erfinder versucht. Der Schotte James<br />
Watt baute auf diesen Vorarbeiten auf<br />
und präsentierte 1769 eine Dampfmaschine,<br />
bei der Dampf abwechselnd<br />
auf beide Seiten der Kolben einwirkte.<br />
Seither gilt James Watt (1736<br />
bis 1819) als der Erfinder der<br />
Dampfmaschine.