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Ideen, die in der Luft liegen ENTDECKUNG<br />
Polzunov ist nahezu vergessen<br />
Der Wirtschafts- und Technikhistoriker<br />
Professor Dr. Hans-Joachim Braun<br />
von der Bundeswehrhochschule Hamburg<br />
spricht bei Erfindungen wie der<br />
Dampfmaschine von einem Nachfragesog.<br />
In der beginnenden Industrialisierung<br />
Englands gab es bestimmte<br />
technische Herausforderungen, für<br />
die durch neue Erfindungen Abhilfe<br />
geschaffen werden musste.<br />
Es wurde etwa im Bergbau immer tiefer<br />
gebohrt, so dass es nötig wurde,<br />
das nachsickernde Grundwasser<br />
abzupumpen.<br />
Anders liegt der Fall bei Erfindungen,<br />
ohne dass die Welt von sich aus<br />
danach verlangt hat. „Wenn ich einen<br />
Vortrag halte, frage ich die Leute<br />
immer gern: ,Was ist für Sie die<br />
erstaunlichste Erfindung?'“, erzählt<br />
Professor Braun. „Und die Antwort ist<br />
immer: ,Das Telefon'. Die Leute empfinden<br />
es auch heute noch als ein<br />
Wunder, dass man mit jemandem<br />
sprechen kann, der Hunderte von<br />
Kilometern entfernt ist.“<br />
Das Telefon wurde zur etwa gleichen<br />
Zeit (um 1860 bis 1870) diesseits und<br />
jenseits des Atlantiks erfunden: von<br />
dem Deutschen Philipp Reis und dem<br />
Amerikaner Alexander Graham Bell.<br />
Doch obwohl die Welt nicht auf das<br />
Telefon gewartet hatte, verstand es<br />
Bell, daraus einen Erfolg zu machen,<br />
während Reis scheiterte. Der amerikanische<br />
Wissenschaftshistoriker W.<br />
Bernard Carlson von der University of<br />
Virginia erklärt dies mit den ganz unterschiedlichen<br />
Herangehensweisen der<br />
beiden Männer: Reis hatte sich das<br />
Telefon nicht hauptsächlich als<br />
Kommunikationsmittel vorgestellt. Er<br />
sah es als wissenschaftliches Instrument<br />
an, das Aufschluss über das<br />
menschliche Hören geben sollte. Bell<br />
hingegen behielt den Nutzen des Telefons<br />
für das amerikanische Bürgertum<br />
im Blick.<br />
Die Bürger sollten über das Telefon<br />
nicht nur mit ihresgleichen schwatzen<br />
können. Das Telefon wurde auch vermarktet<br />
als Instrument, mit dem der<br />
bürgerliche Hausherr seine Bediensteten<br />
kommandieren oder mit dem der<br />
Unternehmer die Arbeit in seiner Fabrik<br />
kontrollieren konnte.<br />
Professor Braun sieht hier zwei gegensätzliche<br />
Motivationen, die überhaupt<br />
in der Geschichte der Erfindungen<br />
immer wieder eine Rolle spielen: die<br />
intrinsische und die extrinsische. Reis<br />
hatte eine eher intrinsische Motivation.<br />
Er fand seine Erfindung interessant<br />
und dachte, andere sähen das auch<br />
so. Bell hingegen achtete darauf, was<br />
die Menschen mit seiner Erfindung<br />
würden anfangen können. „In der früheren<br />
Geschichte war die intrinsische<br />
Motivation wahrscheinlich sehr viel<br />
häufiger – weshalb dann eben auch<br />
geniale Erfindungen in Vergessenheit<br />
gerieten.“<br />
Im großen Stil wurde die Vulkanisation von Kautschuk durch Dampfkessel möglich. Temperatur<br />
und Druck machen den Kautschuk gegen chemische und mechanische Einflüsse widerstandsfähig,<br />
es entsteht Gummi. Das Verfahren hatte Charles Goodyear 1839 entwickelt. Unser Bild zeigt<br />
eine Anlage bei Continental um 1900.<br />
Der britisch-amerikanische Stimmphysiologe<br />
Alexander Graham Bell verbesserte das von<br />
Johann Philipp Reis erfundene Telefon und<br />
führte es in den USA ein.<br />
Eine nach den Plänen von Johann Philipp Reis<br />
angefertigte Fernsprechkonstruktion. Reis<br />
erlebte den Siegesfeldzug seiner Erfindung<br />
nicht mehr, er verstarb völlig verarmt mit nur 40<br />
Jahren am 14. Januar 1874. Der Amerikaner<br />
Alexander Graham Bell verbesserte kurze Zeit<br />
später die Erfindung und führte das Telefon in<br />
den USA ein.<br />
<strong>explore</strong>: INFOBOX<br />
LINKS:<br />
Der Hamburger Arzt Johann Albert Heinrich<br />
Reimarus hat einiges zum Thema Blitzeinschlag<br />
publiziert. Ein Werk, „Die Ursache<br />
des Einschlagens vom Blitze“, wird gerade in<br />
Wikisource veröffentlicht. Wer selbst einen<br />
Eindruck gewinnen will, wie man sich im 18.<br />
Jahrhundert dem Thema genähert hat, kann<br />
hier stöbern:<br />
http://de.wikisource.org/wiki/<br />
Die_Ursache_des_Einschlagens_vom_Blitze<br />
<strong>explore</strong>: 1/2007 - 09