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Schwarzbuch Leiharbeit

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Insgesamt<br />

Fach- und Hochschulabschluss<br />

Mit Berufsausbildung<br />

Ohne Berufsausbildung<br />

Keine Zuordnung<br />

möglich<br />

6,15 Euro pro stunde<br />

Michael, gelernter Schreiner aus Thüringen,<br />

arbeitet als <strong>Leiharbeit</strong>er. „Mit 47 Jahren ge-<br />

hört man in Thüringen schon fast zum alten<br />

Eisen“, sagt er. „Alle Bewerbungen, die ich<br />

versendet habe, wurden negativ beantwor-<br />

tet.“ Die Agentur für Arbeit forderte ihn auf,<br />

sich bei Leihfirmen in Weimar und Erfurt<br />

vorzustellen. „Diese Firmen wollten mich<br />

dann genau da arbeiten lassen, wo ich vor-<br />

her auf meine Bewerbungen nur Absagen<br />

bekommen habe. Die Stundenlöhne waren<br />

ihren Sitz in Fulda in Hessen hat. Denn in<br />

den alten Bundesländern sind die Löhne<br />

auch in der <strong>Leiharbeit</strong> noch immer höher.<br />

So arbeitet Michael nun für eine hessische<br />

Firma, die Textilmaschinen herstellt. „Hier<br />

bekomme ich 9,50 Euro pro Stunde und<br />

0,50 Euro pro Stunde Zuschlag. Ich bekomme<br />

auch Schichtzuschläge, wöchentliches<br />

Fahrtgeld und Essensgeld.“ Zwar verdient<br />

Michael nun rund 50 Prozent mehr, als er in<br />

Weimar oder Erfurt bekommen hätte. Doch<br />

gerecht ist sein Lohn trotzdem nicht: Denn<br />

er hat am Monatsende nicht das Gleiche in<br />

der Tasche wie die festangestellten Kolle-<br />

Ost brutto<br />

West brutto<br />

der Hohn: ab 6,15 Euro bis knapp 7 Euro.“ gen. „Wer gute Arbeitskräfte braucht und<br />

Ein Bekannter empfahl ihm, sich bei einer will, muss auch bereit sein, faire Löhne zu<br />

<strong>Leiharbeit</strong>sfirma in Erfurt zu bewerben, die zahlen“, findet Michael.<br />

Nach abzügen: hartz-IV-satz<br />

Ulrike geht es ähnlich. Die gelernte Bürokauffrau<br />

kam nach der Familienphase nur<br />

gleiche arbeit, weniger geld: die Bruttolöhne in der <strong>Leiharbeit</strong> sind deutlich niedriger<br />

über <strong>Leiharbeit</strong> als Produktionshelferin un-<br />

als in der Beschäftigung insgesamt<br />

ter. Das ist doppelt ungerecht. Durch den<br />

Mittleres Bruttoarbeitsentgelt insgesamt und in der <strong>Leiharbeit</strong><br />

Einsatz, der nicht ihrer Ausbildung und ih-<br />

Stand: 31.12.2010<br />

ren Kenntnissen entspricht, wird ihre Qualifikation<br />

entwertet, zudem wird sie deutlich<br />

2.702 Euro<br />

schlechter bezahlt. Von ihrem Stundenlohn<br />

1.419 Euro<br />

von 7,60 Euro kann Ulrike kaum leben. Sie<br />

4.613 Euro<br />

hat das Gefühl, „verheizt“ zu werden. „Ich<br />

3.064 Euro<br />

bin geschieden und habe am Ende des Monats<br />

trotz einer Vollzeitstelle nur 900 Euro.<br />

2.750 Euro<br />

Die Jobs bedürfen einer Einarbeitungszeit<br />

1.528 Euro<br />

von etwa zwei Wochen. Danach werde ich<br />

2.331 Euro<br />

eingesetzt wie eine Festangestellte, verdie-<br />

1.253 Euro<br />

ne aber nur die Hälfte. Sonderzahlungen<br />

sind auch nicht drin. Zurzeit beträgt meine<br />

1.956 Euro<br />

Miete 500 Euro, dazu kommen Strom- und<br />

1.454 Euro<br />

Telefonkosten sowie das Geld für die Fahr-<br />

Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Entgeltstatistik<br />

karte. Was mir dann noch bleibt, entspricht<br />

dem Hartz-IV-Satz.“<br />

Bruttolöhne in der <strong>Leiharbeit</strong>: Beschäftigte in Ostdeutschland verdienen 15 Prozent<br />

weniger als ihre Kollegen im Westen<br />

Mittleres Bruttoarbeitsentgelt in der <strong>Leiharbeit</strong><br />

Stand: 31.12.2010<br />

1.255 Euro<br />

1.483 Euro<br />

Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Entgeltstatistik<br />

ausgebildeter hilfsarbeiter<br />

Auch Mario hat eine erfolglose Stellensuche<br />

hinter sich. Nach seiner Ausbildung<br />

fand der gelernte Metallbauer, Fachrichtung<br />

Konstruktionstechnik, zunächst<br />

keine feste Anstellung: „Entsprechende<br />

Metallbaufirmen verlangten zumeist qualifizierende<br />

Schweißerpässe und einen<br />

LKW-Führerschein. Das sind aber Qualifikationen,<br />

die man in der Ausbildung<br />

überhaupt nicht bekommt.“ Dabei sind<br />

Marios Erwartungen an einen Arbeitgeber<br />

bescheiden – er hofft noch immer auf<br />

„eine gerechte Bezahlung und vorschriftsmäßige<br />

Arbeitsbedingungen“.<br />

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