Schwarzbuch Leiharbeit
Schwarzbuch Leiharbeit
Schwarzbuch Leiharbeit
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
14<br />
<strong>Leiharbeit</strong>sboom nach der Wirtschaftskrise: 2010 verzeichnete die arbeitnehmerüberlassung mit<br />
einem Plus von 176.000 Beschäftigten den stärksten Zuwachs aller Branchen<br />
Veränderung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten nach Branchen in Tausend<br />
Juni 2010 im Vergleich zum Vorjahr<br />
Verarbeitendes Gewerbe<br />
Erbr. von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen<br />
Handel, Instandhaltung, Reparatur von Kfz<br />
Information und Kommunikation<br />
Land-, Forstwirtschaft und Fischerei<br />
Bergbau, Energie- und Wasserversorgung,<br />
Entsorgungswirtschaft<br />
Verkehr und Lagerei<br />
Öffentliche Verwaltung, Verteidigung,<br />
Soz.-versi., ext. Organisationen<br />
Gastgewerbe<br />
Sonst. Dienstleistungen, private Haushalte<br />
Baugewerbe<br />
Erziehung und Unterricht<br />
Wirtschaftliche Dienstleistungen<br />
ohne ANÜ<br />
Gesundheits- und Sozialwesen<br />
Arbeitnehmerüberlassung (ANÜ)<br />
–113<br />
–19<br />
–5<br />
–4<br />
2<br />
2<br />
8<br />
12<br />
13<br />
18<br />
25<br />
33<br />
65<br />
118<br />
176<br />
Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Beschäftigungsstatistik<br />
monatlichen Bruttolohn von 2.702 Euro. In<br />
der <strong>Leiharbeit</strong> lag dieses Mittel bei 1.419<br />
Euro, also bei gut der Hälfte. Die Einkommensunterschiede<br />
sind unabhängig von<br />
Qualifikation und Bildungsgrad vorhanden.<br />
Mit Fach- oder Hochschulabschluss verdienen<br />
<strong>Leiharbeit</strong>nehmer im Schnitt rund<br />
34 Pro zent weniger als ihre festangestellten<br />
Kollegen mit gleichem Bildungsabschluss.<br />
Unter Beschäftigten mit Berufsausbildung<br />
beträgt der Unterschied 44 Prozent, ohne<br />
Berufsausbildung bekommt man als Leih-<br />
arbeiter sogar 46 Prozent weniger.<br />
So ist das Verarmungsrisiko besonders<br />
hoch. Rund elf Prozent der <strong>Leiharbeit</strong>neh-<br />
mer mussten zuletzt „aufstocken“ und<br />
staatliche Transferleistungen beziehen.<br />
Die Stellen werden damit indirekt sub-<br />
ventioniert – auf Kosten der Steuerzahler,<br />
zugunsten der Unternehmer und zu Las-<br />
ten der <strong>Leiharbeit</strong>er mit ihren niedrigen<br />
Einkommen. Die niedrigen Löhne machen<br />
sich zudem bei der Kaufkraft und den ge-<br />
ringeren Beiträgen zu den Sozialkassen<br />
bemerkbar, Kranken- und Pflegeversiche-<br />
rung, Arbeitslosenversicherung und Ren-<br />
tenversicherung sind davon betroffen. Und<br />
auch langfristig haben die niedrigen Löhne<br />
schwerwiegende Folgen: Die <strong>Leiharbeit</strong>er<br />
von heute werden aufgrund ihrer geringen<br />
Rentenansprüche in Zukunft vermehrt von<br />
Altersarmut betroffen sein.<br />
Der Boom der <strong>Leiharbeit</strong> ist in Deutschland<br />
ungebremst. Sie schafft für die Betroffenen<br />
weder eine verlässliche Lebensgrundlage<br />
noch Perspektiven und Gerechtigkeit. Im<br />
Gegenteil: Durch die massive Ungleichheit<br />
unterläuft die <strong>Leiharbeit</strong> Lohn- und<br />
Sozialstandards, verdrängt qualifizierte,<br />
gesicherte und tariflich entlohnte Arbeits-<br />
plätze und spaltet die Beschäftigten so in<br />
15<br />
Arbeitnehmer erster und zweiter Klasse.