629_TAB_KSB_SZ_2012_20_final - Klinikum Saarbrücken
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KLINIKINFO<br />
12<br />
Schnelle Hilfe bei Schlaganfall<br />
Thrombektomie ist ein neuartiges Verfahren,<br />
um Blutgerinnsel im Gehirn zu entfernen<br />
Prof. Dr. Elmar Spüntrup,<br />
Chefarzt der Radiologie des <strong>Klinikum</strong>s<br />
<strong>Saarbrücken</strong>: „Bei Gefäßverschlüssen in den<br />
großen Hirnarterien können wir jetzt mit dem<br />
Mikrokatheter das Blutgerinnsel entfernen.“<br />
eden Tag erleiden allein im Saarland<br />
etwa 13 Menschen einen<br />
Schlaganfall. Der Schlaganfall gehört<br />
inzwischen in Deutschland mit<br />
zu den häufigsten Ursachen für Tod<br />
oder bleibende Behinderung mit<br />
Pflege bedürftigkeit. Risikofaktoren<br />
sind Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen,<br />
Zuckerkrankheit, Rauchen<br />
und Herzrhythmusstörungen. Die<br />
Ursache ist eine plötzliche Durchblutungsstörung<br />
im Gehirn durch Verengungen,<br />
Verstopfungen oder eine<br />
Gehirnblutung durch einen Riss oder<br />
Platzen der Gehirngefäße. Wenn das<br />
Gehirn nicht mehr richtig durchblutet<br />
wird, die Sauerstoffzufuhr blockiert ist,<br />
kommt es zu einem Schlaganfall.<br />
Die Symptome sind vielfältig<br />
Je nach betroffenem Hirngefäß<br />
können Lähmungen von Gesicht,<br />
Arm oder Bein, Sprachstörungen,<br />
Seh störungen, Doppelbilder, Schluckstörungen,<br />
Verwirrtheit oder gar<br />
Bewusstlosigkeit auftreten. Alle diese<br />
Symptome haben aber eines gemeinsam:<br />
Sie entstehen plötzlich, von einer<br />
Sekunde auf die andere. Und dann ist<br />
Eile geboten. Denn durch den Sauerstoffmangel<br />
sterben pro Minute etwa<br />
zwei Millionen Gehirnzellen.<br />
Ist der Schlaganfall durch eine Gefäßverstopfung<br />
verursacht, so wird<br />
man das im Gefäß „verklumpte“ Blut<br />
mit einem Medikament versuchen<br />
wieder aufzulösen (Lyse). „Die Lyse ist<br />
jedoch nur erlaubt, wenn sich vorher<br />
www.klinikum-saarbruecken.de<br />
Prof. Dr. Karl-Heinz Grotemeyer,<br />
Chefarzt der Neurologie, eröffnete 1996<br />
die erste Stroke Unit im Saarland. „Je früher<br />
ein Schlaganfallpatient in die Klinik kommt,<br />
desto besser können wir ihm helfen.“<br />
eine Blutung als Ursache des Schlaganfalls<br />
ausschließen lässt”, erläutert<br />
Prof. Dr. Karl-Heinz Grotemeyer, Chefarzt<br />
der Neurologie des <strong>Klinikum</strong>s<br />
<strong>Saarbrücken</strong>. Dafür ist eine Computertomographie<br />
vor der Medikation<br />
erforderlich.<br />
Aber: Die Therapie mit Gerinnungshemmer<br />
oder Blutverdünnungsmittel<br />
kann nur bis zu viereinhalb Stunden<br />
nach Beginn eines akuten Schlaganfalles<br />
eingesetzt werden. Hinzu kommt,<br />
dass die Erfolgsquote der Lyse therapie<br />
in manchen Fällen gering ist – wenn<br />
zum Beispiel die großen Gehirnarterien<br />
mit einem Blutgerinnsel verstopft sind,<br />
so der Neurologe Prof. Dr. Grotemeyer:<br />
„Wenn es nicht gelingt, das Blutgerinnsel<br />
medikamentös aufzulösen,<br />
weil es zu groß ist, gibt es seit einiger<br />
Zeit die Möglichkeit, das Blutgerinnsel<br />
direkt, also mechanisch, aus dem<br />
Gehirn zu entfernen.“<br />
Sechs Stunden Zeit<br />
„Das Zauberwort heißt Thrombektomie<br />
“, erklärt Prof. Dr. Elmar Spüntrup,<br />
Chefarzt des Instituts für Radiologie.<br />
Dieses Verfahren nutzt kleinste<br />
Katheter mit einem Durchmesser von<br />
weniger als 0,9 Millimetern. Von den<br />
Patienten, die einen Schlaganfall aufgrund<br />
einer verschlossenen großen<br />
Hirnarterie haben, können so etwa<br />
90 Prozent erfolgreich behandelt werden.<br />
Und es hat noch einen weiteren<br />
Vorteil: Das Zeitfenster für die Behandlung<br />
ist länger offen. Dieses Verfahren<br />
kann noch nach sechs Stunden erfolgreich<br />
angewendet werden. Nach dem<br />
Eingriff sind die betroffenen Patienten<br />
im wahrsten Sinne des Wortes „mit<br />
dem Schrecken davon gekommen“,<br />
denn sie sind oft schnell wieder relativ<br />
beschwerdefrei.<br />
„Selbst große Gerinnsel mit vollständigem<br />
Verschluss auch größerer<br />
Hirnarterien können mit Hilfe dieser<br />
Mikrokathetertechnik entfernt werden“,<br />
so der Neuroradiologe. Im <strong>Klinikum</strong><br />
<strong>Saarbrücken</strong> konnten in den letzten<br />
Monaten schon 30 Patientinnen<br />
und Patienten mit diesem Verfahren<br />
erfolgreich behandelt werden.<br />
Bisher wird dieses Verfahren, auch<br />
wenn es seit einiger Zeit offiziell zugelassen<br />
ist, nur in wenigen Kliniken<br />
in Deutschland angeboten. Bei aller<br />
Euphorie – im Magazin „Spiegel“ wurde<br />
schon von einer „neuen Ära in der<br />
Therapie des Schlaganfalls“ gesprochen<br />
– muss dennoch ermahnt werden,<br />
bei den beschriebenen Symptomen<br />
schnell in die Klinik zu kommen.<br />
Denn für die meisten Schlaganfälle<br />
(85 bis 90 Prozent) gilt weiterhin das<br />
Zeitfenster von viereinhalb Stunden.<br />
„Time is brain – Zeit ist Hirn“. Je früher<br />
der Patient nach Beginn der Symptome<br />
ins Krankenhaus kommt, umso größer<br />
ist die Aussicht auf eine Wiedereröffnung<br />
der Gefäße. Ziel ist es, möglichst<br />
optimale Be dingungen für die Hirndurchblutung<br />
zu schaffen und dem<br />
Patienten das höchstmögliche Maß an<br />
Lebens qualität zurückzugeben.<br />
INFO<br />
„Stroke Unit“ – Schlaganfalleinheit<br />
Seit 1996 verfügt die Neurologie<br />
des <strong>Klinikum</strong>s <strong>Saarbrücken</strong> über<br />
eine Schlaganfall-Spezialstation<br />
(Stroke Unit) mit derzeit zehn<br />
Betten zur intensiven Schlaganfallbehandlung.<br />
Auf der Stroke<br />
Unit werden die Patienten rund<br />
um die Uhr durch ein spezialisiertes<br />
multidisziplinäres Team betreut–<br />
bestehend aus Ärzten, Pflegepersonal,<br />
Physiotherapeuten,<br />
Logopäden und Sozialarbeitern.<br />
Die Station ist nach den Kriterien<br />
der Deutschen Schlaganfall-<br />
Gesellschaft und der Stiftung<br />
Deutsche Schlaganfall-Hilfe als<br />
Überregionale Stroke Unit zertifiziert.<br />
Überregionale Stroke Units<br />
bezeichnen die höchste technische,<br />
medizinische und pflegerische<br />
Stufe im bundesweiten Schlaganfall-Versorgungskonzept.<br />
INFO<br />
Institut für Radiologie<br />
Telefon 0681/963-2351<br />
Klinik für Neurologie<br />
Telefon 0681/963-2451<br />
Die Radiologen Chefarzt Prof. Dr. Elmar Spüntrup und Oberärztin Dr. Marisa Ziegler entfernen<br />
mit kleinsten Kathetern Blutgerinnsel im Gehirn. Auf den Monitoren können sie ihr Arbeitsfeld<br />
kontrollieren.