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Lebenslange Freiheitsstrafe und Sicherungsverwahrung

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3 <strong>Sicherungsverwahrung</strong><br />

tungszeitraums von 2 Jahren nach der Entlassung bei 28 % der Verurteilten zu einer neuen<br />

Straftat, die eine <strong>Freiheitsstrafe</strong> ohne Bewährung, darunter bei 8 % sogar eine Sicherungs-<br />

verwahrung zur Folge hatte.<br />

Zusätzliche Schwierigkeiten stellen sich für einen internationalen Vergleich zur Dauer<br />

der <strong>Sicherungsverwahrung</strong>. Dies hängt zunächst schlicht damit zusammen, dass es nur<br />

wenige Rechtsordnungen gibt, die eine mit den Regelungen der §§ 66 ff. StGB unmittel-<br />

bar vergleichbare Sanktion gegen schuldfähige gefährliche Straftäter kennen. 14 Das be-<br />

reits mehrfach zitierte Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Fall<br />

M. nennt unter den 47 Mitgliedsstaaten des Europarats Belgien, Dänemark, Frankreich,<br />

Italien, Liechtenstein, Österreich, San Marino, die Schweiz <strong>und</strong> die Slowakei. 15 Nicht<br />

alle diese Sanktionen stellen nach nationaler Rechtsauffassung Sicherungsmaßregeln dar;<br />

die Funktion der Sicherung lässt sich auch durch lange oder unbefristete <strong>Freiheitsstrafe</strong>n<br />

erreichen. Die Möglichkeiten empirischer Sanktionsforschung hängen zudem davon ab,<br />

dass solche Sanktionen in relevantem Ausmaß verhängt werden. Die Situation in einigen<br />

Nachbarländern Deutschlands stellt sich gegenwärtig folgendermaßen dar:<br />

• In Frankreich wurde 2008 eine Sanktion eingeführt, die in gewisser Weise der deut-<br />

schen nachträglichen <strong>Sicherungsverwahrung</strong> entspricht. 16 Die rétention de sûreté<br />

war nach der Vorstellung des Gesetzgebers als Maßregel mit Rückwirkung aus-<br />

gestaltet, was durch eine Entscheidung des Conseil constitutionnel unter dem ver-<br />

fassungsrechtlichen Gesichtspunkt des Rückwirkungsverbots verhindert wurde. Im<br />

März 2010 erfolgten einige gesetzgeberische Modifikationen. Es wird damit ge-<br />

rechnet, dass diese Sanktion erst auf längere Sicht praktische Bedeutung gewinnen<br />

wird.<br />

• Die in Österreich im Anschluss an den Vollzug einer <strong>Freiheitsstrafe</strong> vorgesehene<br />

Unterbringung gefährlicher Rückfallstäter wird nur äußerst selten praktiziert. Die<br />

Zahl der Personen im Vollzug dieser Maßnahme lag seit 1989 nie über vier Betrof-<br />

fenen; zuletzt war es ein einziger Untergebrachter (Bruckmüller 2011, 149; Bun-<br />

desministerium für Justiz 2011, 87).<br />

14 Einige Hinweise zu internationalen Vergleichen finden sich z.B. bei Padfield (2010) <strong>und</strong> Trips-Hebert<br />

(2010). Auf einer allgemeineren Ebene argumentieren Dünkel et al. (2010).<br />

15 EGMR, Kammerurteil vom 17. Dezember 2009, M. ./. Deutschland – 19359/04 (= EuGRZ 2010, 25<br />

).<br />

16 Loi n° 2008-174 du 25 février 2008 relative à la rétention de sûreté et à la déclaration d’irresponsabilité<br />

pénale pour cause de trouble mental (Journal officiel de la République française, n° 0048, p. 3266). Zur<br />

Entstehung dieses Gesetzes <strong>und</strong> zu einer systematischen Einordnung der Sanktionsform etwa Wyvekens<br />

(2010).<br />

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