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Neues und Altes vom Antisemitismus in Europa. Eine Langzeitstudie ...

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Rosa-Luxemburg-Stiftung –Gesellschaftsanalyse <strong>und</strong> Politische Bildung - Sem<strong>in</strong>armaterialien<br />

abgedroschen Phrase. Viele e<strong>in</strong>zelne Ersche<strong>in</strong>ungen <strong>in</strong> letzter Zeit weisen jedoch darauf h<strong>in</strong>,<br />

daß es um e<strong>in</strong>en Qualitätsumschwung geht. Die antisemitische Rede des CDU-<br />

B<strong>und</strong>estagsabgeordneten Hohmann <strong>und</strong> die andauernde Solidarität mit ihm <strong>in</strong>nerhalb der<br />

CDU <strong>und</strong> von weiter rechts zu f<strong>in</strong>denden politischen Kräften, der juristische Streit um die<br />

schließlich <strong>vom</strong> B<strong>und</strong>esverfassungsgericht erteilte Erlaubnis für Neonazis, <strong>in</strong> Bochum gegen<br />

den Bau e<strong>in</strong>er neuen Synagoge öffentlich protestieren zu dürfen <strong>und</strong> die Wahlerfolge<br />

rechtsextremistischer Parteien bei Kommunal- <strong>und</strong> Landtagswahlen, nicht nur <strong>in</strong> Sachsen <strong>und</strong><br />

Brandenburg, s<strong>in</strong>d nur die bekanntesten Indizien für solche Veränderungen.<br />

Was Roland Bach <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er jüngsten Analyse zum Rechtsextremismus e<strong>in</strong>geschätzt hat, gilt<br />

auch für den „Spezialfall“ <strong>Antisemitismus</strong>: „Es ist nicht entscheidend, ob man heute wie<br />

manche Forscher <strong>in</strong> ihren Analysen von e<strong>in</strong>em Rechtsextremismus neuen Typs spricht.<br />

Wichtig ist, zu erkennen, wie Kont<strong>in</strong>uität <strong>und</strong> Veränderung gleichermaßen vorhanden s<strong>in</strong>d,<br />

um richtige Strategien des Widerstandes gegen den gefährlichen Aufstieg der Neonazis zu<br />

entwickeln.“ 17<br />

Der Geschäftsführende Direktor der Berl<strong>in</strong>er Stiftung Topographie des Terrors, Rabb<strong>in</strong>er Dr.<br />

Andreas Nachama äußerte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Interview dazu folgendes:<br />

(...)<br />

„Die Gr<strong>und</strong>lagen, auf denen die B<strong>und</strong>esrepublik nach 1945 mit den Lehren aus der<br />

Vergangenheit errichtet wurde, auch e<strong>in</strong>e soziale Gesellschaft se<strong>in</strong> zu wollen, <strong>in</strong> der es soziale<br />

Verankerung <strong>und</strong> Sicherheit gibt, werden im Rahmen e<strong>in</strong>er gigantischen Umverteilung<br />

plötzlich <strong>in</strong> Frage gestellt. Das ist die Kehrseite der Medaille, auf der diese Gesellschaft<br />

errichtet wurde. Es sollte e<strong>in</strong>e Gesellschaft werden, die nicht mehr rassistisch, nicht<br />

antisemitisch, nicht militaristisch ist.<br />

(...)<br />

Ja, wir erleben e<strong>in</strong>en gesamtgesellschaftlichen Paradigmenwechsel. Wir werden sehen, woh<strong>in</strong><br />

das führt. Ich befürchte, daß die Herausforderungen, vor denen wir stehen, noch viel größer<br />

werden, wenn es nicht gel<strong>in</strong>gt, diese Indifferenz der Gesellschaft zu überw<strong>in</strong>den. Wobei es<br />

ungerecht wäre nicht zu sagen, daß es gerade vor diesem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> eben auch andere gibt,<br />

die sich verstärkt dagegen engagieren.“ 18<br />

Übrigens sei nur h<strong>in</strong>zugefügt, daß Andreas Nachama <strong>in</strong> diesem Gespräch die Ansicht des<br />

bekannten Widerstandskämpfers Peter G<strong>in</strong>gold teilte, daß <strong>Antisemitismus</strong> ke<strong>in</strong>e Me<strong>in</strong>ung,<br />

sondern e<strong>in</strong> Verbrechen ist.<br />

Folgender gr<strong>und</strong>sätzliche Bef<strong>und</strong> von Prof. Ra<strong>in</strong>er Rillig, nachzulesen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Artikel 19 zu<br />

den Landtagswahlen <strong>in</strong> Sachsen <strong>und</strong> Brandenburg gilt auch für den Teilaspekt<br />

<strong>Antisemitismus</strong>:<br />

„Faschismus, Rechtsextremismus <strong>und</strong> die völkischen Richtungen s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e rasch<br />

vorübergehende Ersche<strong>in</strong>ungen, sondern e<strong>in</strong> Jahrh<strong>und</strong>ertphänomen. Sie s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e große <strong>und</strong><br />

mächtige Gr<strong>und</strong>strömung des entwickelten Kapitalismus – überall auf der Welt <strong>und</strong><br />

geme<strong>in</strong>sam mit den drei anderen bedeutsamen politischen Richtungen des Liberalismus,<br />

Sozialismus <strong>und</strong> Konservatismus. Und ebenso wie diese verändert sich die Rechte – <strong>und</strong><br />

bleibt sich aber auch gleich.<br />

17<br />

Siehe Roland Bach: Ke<strong>in</strong> Spuk, der schnell verschw<strong>in</strong>det. Zu jüngsten Entwicklungen des Rechtsextremismus.<br />

In: Disput 10/2004, S. 30.<br />

18<br />

Siehe „antifa“Gespräch: Die Indifferenz überw<strong>in</strong>den. In Antifa Oktober/November 04, S. 15.<br />

19<br />

Ra<strong>in</strong>er Rill<strong>in</strong>g: Die Rechte ist auch nicht mehr, was sie e<strong>in</strong>mal war. Standpunkte 15/2004 der Rosa-<br />

Luxemburgstiftung Berl<strong>in</strong>.<br />

10

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