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Neues und Altes vom Antisemitismus in Europa. Eine Langzeitstudie ...

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Rosa-Luxemburg-Stiftung –Gesellschaftsanalyse <strong>und</strong> Politische Bildung - Sem<strong>in</strong>armaterialien<br />

die <strong>in</strong>nen- wie außenpolitische Aktionen der Bush-Regierung oder der Regierung Scharon <strong>in</strong><br />

Israel kritisieren, unter Generalverdacht gestellt, Antisemiten zu se<strong>in</strong> oder <strong>Antisemitismus</strong><br />

Vorschub zu leisten. 5 Übrigens werden viel zu oft unter diesem Blickw<strong>in</strong>kel Äußerungen <strong>und</strong><br />

Aktivitäten L<strong>in</strong>ker mit denen von Rechtsextremisten auf e<strong>in</strong>e Stufe gestellt. E<strong>in</strong>e solche<br />

Position gilt es deutlich zurückzuweisen.<br />

Viertens ist festzuhalten, daß viele der angeblich neuen Denk- <strong>und</strong> Verhaltensmuster von<br />

<strong>Antisemitismus</strong> nur „alter We<strong>in</strong> <strong>in</strong> neuen Schläuchen“ s<strong>in</strong>d, sich weitgehend mit dem<br />

traditionellen <strong>Antisemitismus</strong> decken, wie er <strong>in</strong> Deutschland <strong>in</strong>sbesondere am Ende des 19.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts se<strong>in</strong>en Vormarsch begann, bevor er <strong>in</strong> der antijüdischen Politik der<br />

Nationalsozialisten se<strong>in</strong>en „Höhepunkt“ (besser: Tiefpunkt) erreichte.<br />

Def<strong>in</strong>itionsangebot: <strong>Antisemitismus</strong><br />

Die Def<strong>in</strong>itionen zu diesem Begriff s<strong>in</strong>d zahlreich. In e<strong>in</strong>er populärwissenschaftlichen<br />

Broschüre haben Birgit Gregor <strong>und</strong> ich ihn wie folgt zu erklären versucht:<br />

„<strong>Antisemitismus</strong> kann man im weitesten S<strong>in</strong>ne mit Judenfe<strong>in</strong>dlichkeit übersetzen. Diese<br />

Judenfe<strong>in</strong>dlichkeit erlebte ihren ersten Aufschwung, als das Christentum im antiken Rom im<br />

Jahre 380 zur Staatsreligion erhoben wurde. Seither waren Juden <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> immer wieder<br />

Verfolgungen <strong>und</strong> Repressalien ausgesetzt.<br />

(...)<br />

Gegen (griechisch: anti) Semiten zu se<strong>in</strong>, ist eigentlich e<strong>in</strong>e besondere Form von allgeme<strong>in</strong>er<br />

Ausländerfe<strong>in</strong>dlichkeit, denn zur Geme<strong>in</strong>schaft der semitischen Sprachen gehören unter<br />

anderem sowohl Arabisch als Abess<strong>in</strong>isch als auch Hebräisch. Erst im Verlauf der<br />

Jahrh<strong>und</strong>erte wurde <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e Vore<strong>in</strong>genommenheit gegenüber den Völkern<br />

des Orients, die man für m<strong>in</strong>derwertig hielt, ausschließlich auf die Juden bezogen.“ 6<br />

Daß es auch ganz andere Beschreibungen geben kann, zeigt folgendes Beispiel.<br />

In e<strong>in</strong>em 1949 erschienen Lexikon heißt es zum Stichwort „Jude“ nach längeren historischen<br />

Abhandlungen, die bis <strong>in</strong> die Zeit vor Christi zurückreichen <strong>und</strong> mit der Zeit des<br />

Nationalsozialismus enden (hier die Begriffswahl u. a. : „erneute Verfolgung“,<br />

„Synagogenverbrennung“, „während des Krieges Deportationen zur Ausrottung <strong>in</strong> den<br />

besetzten Gebieten“), anschließend wie folgt:<br />

„ Die häufige Rassenkreuzung <strong>und</strong> die lange Unterdrückung haben den Charakter der Juden<br />

mitgeprägt. Sie s<strong>in</strong>d im allgeme<strong>in</strong>en vielseitig begabt, anpassungsfähig, betriebsam,<br />

geschäftstüchtig, oft hart, im Abendland körperlicher Arbeit zumeist abgeneigt, halten sehr<br />

zusammen <strong>und</strong> zeigen starken Familiens<strong>in</strong>n.<br />

Bei glaubenstreuen Juden f<strong>in</strong>det sich echte Frömmigkeit <strong>und</strong> Gottesfurcht. Kaufmännische<br />

<strong>und</strong> freie akademische Berufe werden von Juden bevorzugt. Ihr E<strong>in</strong>fluß im wirtschaftlichen,<br />

politischen <strong>und</strong> kulturellen Leben ist tiefgreifend; sie beherrschen weitgehend Geldwesen,<br />

Theater, K<strong>in</strong>o <strong>und</strong> Presse.<br />

Die eigentliche Bedeutung des Judentums liegt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Religion.<br />

(...)“ 7<br />

E<strong>in</strong> Kommentar ist wohl überflüssig.<br />

5 Siehe die andern von mir zum Thema vorgelegten Texte.<br />

6 Siehe: Horst Helas unter Mitarbeit von Birgit Gregor: Davidstern <strong>und</strong> Synagoge. Antworten auf Fragen<br />

Fürstenwalder Jugendlicher zur Geschichte der Juden <strong>in</strong> Deutschland, Berl<strong>in</strong> 1999, S. 16-17.<br />

7 Siehe: Der Neue Herder, Freiburg 1949, S. 1917.<br />

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