Programmheft herunterladen - Münchner Philharmoniker
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„Pietà“, „rispetto“, „pace“<br />
nicht wenige seiner 26 opern haben einen<br />
kaum zu übertreffenden bekanntheitsgrad,<br />
einige ihrer arien oder Chöre weiß fast jedes<br />
kind zu trällern. giuseppe Verdi gilt als komponist<br />
menschlicher leidenschaften schlechthin.<br />
Und doch ist man immer wieder überrascht,<br />
in welchen formen und wie eindringlich<br />
dieser komponist seiner sehnsucht nach<br />
einem sein jenseits der leidenschaften ausdruck<br />
gibt, der sehnsucht nach „pietà“, „rispetto“<br />
und „pace“, nach erbarmen, respekt<br />
und frieden.<br />
Verdi hat in seinem leben erfahren müssen,<br />
dass der mensch von sich aus wenig vermag.<br />
als genialer sohn armer eltern, fand er früh<br />
einen väterlichen förderer, und in dessen tochter<br />
die geliebte ehefrau und mutter seiner beiden<br />
kinder. Verdi studiert, komponiert, arbeitet<br />
wie ein galeerensklave. doch der künstlerische<br />
erfolg bleibt aus. 1838/39 sterben seine<br />
beiden kinder, 1840 die geliebte frau. Verdi<br />
ist 27 Jahre alt und fühlt sich am ende. nirgends<br />
ein hauch von „pietà“.<br />
nur einmal noch will er es versuchen. er komponiert<br />
den „nabucodonosor“ (nabucco). es<br />
wird ein überwältigender erfolg. über nacht<br />
wird Verdi 1842 vom unbekannten provinztalent<br />
zum italienischen nationalkomponisten,<br />
zum künder des „risorgimento“, der italienischen<br />
befreiungsbewegung, bei der ein Volk<br />
„rispetto“ für sich fordert.<br />
der komponist wird zum abgeordneten des<br />
ersten republikanischen parlaments in turin<br />
(1860) und zum senator in rom (1874). Verdi<br />
dient der republik auch dann noch, als er<br />
sich in seinen hoffnungen getäuscht sieht,<br />
denn die politischen Veränderungen haben<br />
weder zu mehr „pietà“, noch „rispetto“ unter<br />
den menschen geführt.<br />
www.mphil.de<br />
Verdi ersehnt für sich und die welt nur noch<br />
eins: „pace“. Und wie kein zweiter komponist<br />
wird er zum gestalter kollektiver Visionen<br />
von „pietà“, „rispetto“ und „pace“.<br />
„Luisa Miller“<br />
Vier dramen von friedrich schiller weckten<br />
Verdis interesse und wurden von ihm vertont:<br />
„die Jungfrau von orleans“ 1845, „die räuber“<br />
1847, „kabale und liebe“ („luisa miller“) 1849<br />
und schließlich „don Carlos“ 1867. in allen<br />
schiller-opern wird der weltenlauf durch<br />
liebende herzen gespiegelt. die liebe geht<br />
zugrunde, das dunkel der welt wächst, aber<br />
auch die kraft des widerstands.<br />
so auch in „luisa miller“. ein eigennütziger<br />
machthaber trennt zwei liebende herzen. das<br />
mädchen luisa gerät in solche not, dass sie<br />
Verrat an ihrem geliebten übt, und der junge<br />
mann bringt seine luisa und sich selbst um.<br />
in der endlichen welt tragen die bösewichter<br />
den sieg davon, doch befreit der tod die liebenden<br />
von allen täuschungen, Verstellungen<br />
und fesseln und lässt ein anderes, besseres<br />
sein zur hoffung und gewissheit werden.<br />
schillers rebellentum, sein „in tyrannos“,<br />
interessierten Verdi, vertont aber hat er die<br />
Verstrickungen in die kleinheit der welt und<br />
die befreiung zu seelischer größe.<br />
die ouvertüre gehört nicht zu den bekanntesten<br />
und populärsten Verdis (wie etwa die zur<br />
„sizilianischen Vesper“ oder zur „macht des<br />
schicksals“), aber zu seinen besten. sie ist ein<br />
frühes meisterwerk in der form eines sonaten-allegros.<br />
webers „freischütz“-ouvertüre<br />
ist hier mitzuhören. allerdings ist bei Verdi<br />
die ganze welt zur „wolfsschlucht“ geworden,<br />
mit lieblichen wie irrlichternden holzbläserepisoden<br />
und einem teuflischen kehraus.