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NOVA ET VETERA - Prof. Dr. Johannes Stöhr

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Augustinus (354-430), Contra litteras Petiliani, lib. 2, c. 103, n. 237 (CSEL 52, 152)<br />

62. Auch möchte ich deshalb nicht gesagt haben, dass die kirchliche Disziplin vernachlässigt<br />

werde, dass jedem erlaubt wird, das zu tun, was er möchte, ohne jegliche Zurechtweisung und ohne<br />

eine gewisse heilsame Strafe und furchterregende Milde und Strenge der Liebe. Denn was würde<br />

sonst aus dem Wort des Apostels: Weist zurecht, die eine unordentliches Leben führen, tröstet die<br />

Kleinmütigen, nehmt euch der Schwachen an und seid geduldig mit allen! Seht zu, dass keiner dem<br />

anderen Böses mit Bösem vergilt (1 Thess 5, 14-15)? Als er nämlich hinzugefügt hat: "Seht zu, dass<br />

keiner dem anderen Böses mit Bösem vergilt" zeigt er damit deutlich genug, dass das Zurechtweisen<br />

der Unordentlichen nicht Böses mit Bösem vergelten bedeutet, obgleich für die Schuld der Unordnung<br />

die Strafe der Zurechtweisung erteilt wird. Also ist die Strafe der Zurechtweisung nicht etwas<br />

Schlechtes, weil die Schuld böse ist; sie bedeutet nämlich nicht das Eisen eines Feindes, das verwundet,<br />

sondern eines Arztes, der operiert.<br />

Neque hoc ideo dixerim, ut neglegatur ecclesiastica disciplina, ut permittatur quisque facere quod velit sine<br />

ulla correptione et quadam medicinali vindicta et terribili lenitate et caritatis severitate. Nam ubi erit illud<br />

Apostoli: "Corripite inquietos, consolamini pusillanimes, suscipite infirmos, patientes estote ad omnes. Videte<br />

ne quis malum pro malo alicui reddat" (1 Thess 5, 14-15)? Cum hoc utique subiecit: "Videte ne quis malum pro<br />

malo alicui reddat", satis ostendit non esse mali pro malo redditionem corripere inquietos, quamvis pro culpa<br />

inquietudinis reddatur poena correptionis. Non ergo malum est correptionis poena, cum sit malum culpa;<br />

neque enim ferrum est inimici vulnerantis, sed medici secantis.<br />

Augustinus (354-430), Contra litteras Petiliani, lib. 3, c. 4, n. 5 (CSEL 52, 166)<br />

63. Deshalb müssen wir mit Liebe zurechtweisen; nicht begierig zu schaden, sondern eifrig zu<br />

bessern. Wenn wir uns so verhalten, dann verwirklichen wir auch sehr gut das, wozu wir heute ermahnt<br />

werden: Wenn dein Bruder gegen dich sündigt, dann weise ihn zwischen dir und ihm allein<br />

zurecht (Mt 18, 15). Warum weist du ihn zurecht? Weil es dich schmerzt, dass er gegen dich gesündigt<br />

hat? Keineswegs. Wenn du aus Eigenliebe handelst, dann tust du gar nichts. Wenn du aus<br />

Liebe zu ihm handelst, dann handelst du sehr gut. Beachte schließlich in den Schriftworten selbst,<br />

mit welcher Liebe du handeln sollst, aus Selbstliebe oder aus Liebe zum anderen: Wenn er dich hört,<br />

so heißt es, dann hast du deinen Bruder gewonnen. Also tue es um seinetwillen, um ihn zu gewinnen.<br />

Wenn du ihn durch dein Tun gewinnst, dann würde er zugrunde gehen, wenn du es nicht tun<br />

würdest.<br />

Ideo debemus amando corripere; non nocendi aviditate, sed studio corrigendi. Tales si fuerimus, optime<br />

facimus quod hodie admoniti sumus: Si peccaverit in te frater tuus, corripe illum inter te et ipsum solum (Mt<br />

18, 15). Quare illum corripis? Quia te doles, quod peccaverit in te? Absit. Si amore tui id facis, nihil facis. Si<br />

amore illius facis, optime facis. Denique in ipsis verbis attende, cuius amore id facere debeas, utrum tui, an<br />

illius. Si te audierit, inquit, lucratus es fratrem tuum. Ergo propter illum fac, ut lucreris illum. Si faciendo<br />

lucraris, nisi fecisses perierat.<br />

Augustinus (354-430), Sermo 82, c. 3 n. 4 (De verbis Domini, 16) (PL 38, 507-508)<br />

64. Wenn du [die Zurechtweisung] vernachlässigst, bist du schlimmer als er [der gesündigt<br />

hat]. Jener hat Unrecht getan und durch das Unrechttun sich selbst eine schwere Verletzung zugefügt:<br />

Mißachtest du die Verwundung deines Bruders? Du siehst, dass er zugrunde geht oder schon<br />

zugrunde gegangen ist, und übersiehst es? Du bist schlechter durch dein Schweigen, als er durch<br />

seine Fehler. Wenn also jemand gegen uns sündigt, dann sollen wir sehr besorgt sein, aber nicht für<br />

uns; denn es ist ehrenvoll Unrecht zu vergessen, d. h. Unrecht gegen dich zu vergessen, nicht aber<br />

die Wunde deines Bruders. Also "weise ihn zwischen dir und ihm allein zurecht" (vgl. Mt 18, 15-17),<br />

bedacht auf die Zurechtweisung und die Beschämung ersparend. Denn vielleicht fängt er an, aus<br />

Scham seine Sünde zu verteidigen, und du machst den, welchen du zurechtgewiesen wünschst,<br />

schlechter. "Tadle ihn also zwischen dir und ihm allein". Wenn er dich hört, hast du deinen Bruder<br />

gewonnen; denn er würde zugrunde gehen wenn du es nicht tun würdest. "Wenn er dich aber nicht<br />

hört", d. h. seine Sünde sozusagen als Gerechtigkeit verteidigt, "dann nimm zwei oder drei mit dir,<br />

denn durch den Mund von zwei oder drei Zeugen steht jede Aussage fest. Wenn er auch sie nicht<br />

hört, sage es der Kirche; wenn er auch die Kirche nicht hört, sei er dir wie ein Heide und Zöllner".<br />

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