Das komplette Buch (22 MB) - Volksbund Deutsche ...
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1933<br />
Die Repressionen gegen innenpolitische<br />
Gegner der NSDAP werden<br />
von der Bevöl kerung widerstandslos<br />
hin genommen. Die ersten Konzen trationslager<br />
werden eingerichtet, willkürliche<br />
Verhaftungen vorgenommen.<br />
SA- und SS-Leute werden Hilfs polizisten.<br />
Angst und Terror sind jetzt Mittel<br />
der Politik. Goebbels ruft zum<br />
Boykott gegen jüdische Geschäftsleute<br />
auf. Bücher vor allem jüdischer<br />
Schriftsteller gelten jetzt als „un -<br />
deutsch“ und werden verbrannt.<br />
36<br />
Der Reichspräsident ernennt Hitler<br />
am 30. Januar zum Reichskanzler.<br />
Der Historiker Michael Salewski beurteilt<br />
diesen Vorgang rückschauend so: „Nicht<br />
so sehr der Umstand, dass die Nationalsozialisten<br />
tat sächlich an die Macht gekommen<br />
waren, wirkte im Nachhinein nieder -<br />
schmetternd, sondern, dass es ihnen so<br />
verdammt leicht gemacht wurde, fast von<br />
allen gesellschaftlichen Gruppen, den<br />
wichtigeren wie Reichswehr, Kirchen und<br />
Gewerkschaften ohnehin. Sie versagten<br />
kläglich, obwohl das Vaterland in Gefahr<br />
war – das hatte man an den Litfasssäulen<br />
lesen können: Hitler, das ist der Krieg.“ ❑<br />
Die Brandstiftung im Reichstag am 27. Fe -<br />
bruar liefert Hitler den Vorwand, mit Hilfe<br />
der sogenannten „Reichstagsbrandverordnung“<br />
die Demokratie abzuschaffen und<br />
die linke Opposition zu verfolgen und<br />
aus zuschalten. ❑ Reichspropagandaminister<br />
Joseph Goebbels entfaltet eine ungehemmte<br />
Agitation. Der „Tag von Pots dam“<br />
ist eine geschickt inszenierte Reverenz an<br />
das alte Preußen, den kaiser lichen General-<br />
feldmarschall und Reichspräsidenten der<br />
Republik und wird zu einem großen propagandistischen<br />
Erfolg für die neuen Machthaber.<br />
❑ Und trotz alldem hat die NSDAP<br />
bei den Reichstagswahlen am 5. März 1933<br />
nur 43,9 Prozent erhalten. Insofern ist es<br />
richtig: Hitler hat in einer freien Wahl vom<br />
Volk nie die ab solute Mehrheit erhalten.<br />
Aber diese Betrachtung täuscht über die<br />
Realitäten hin weg. Zusammen mit den<br />
Deutsch na tio nalen hat eine Regierung –<br />
erstmals wieder seit 1930 – im Parlament<br />
eine Mehrheit, jetzt 340 von 647 der Reichstagssitze,<br />
allerdings nicht die für eine Verfassungsänderung<br />
erforderli che Zwei drittelmehrheit.<br />
❑ Der Reichstag nimmt mit<br />
441 von 535 Stimmen das Ermächtigungsge<br />
setz an. Die Kommunisten werden mit<br />
Gewalt an der Sitzungsteilnah me gehindert.<br />
Nur die Sozial demo kra ten stimmen<br />
dagegen. Für die SPD hält Otto Wels die<br />
letzte freie Oppositionsrede im Reichstag.<br />
Er verweist darauf, dass angesichts der<br />
Mehrheitsverhält nisse dieses Gesetz überflüssig<br />
sei.<br />
Die Weimarer Demokratie ist damit formal<br />
am Ende. ❑ Und es geht Schlag auf<br />
Schlag weiter: Verbot der KPD, der SPD,<br />
aller Parteien außer der NSDAP, Verbot<br />
der Gewerkschaften, Gleichschaltung<br />
aller Organisa tionen und Verbot jeglicher<br />
Neugründungen, es sei denn nationalsozialistischer.<br />
❑ Die von der NSDAP inszenierte<br />
öffent liche Verbrennung „undeut -<br />
scher“ Schriften am 10. Mai auf dem Berliner<br />
Opernplatz symbolisiert das Ende<br />
des freien Geisteslebens in Deutschland.<br />
Unter den verbrannten Büchern befinden<br />
sich Werke von Karl Marx, Heinrich Mann,<br />
Erich Kästner, Sigmund Freud, Emil Ludwig,<br />
Theodor Wolff, Erich Maria Remarque,<br />
Alfred Kerr, Kurt Tucholsky und<br />
Carl v. Ossietzky. ❑ Die Emigration, vor<br />
allem der Intelligenz, aus Deutsch land<br />
beginnt. ❑ Deutschland tritt aus dem<br />
Völkerbund aus – der erste Schritt ins außenpoli<br />
tische Abseits. ■<br />
Symbol für das Ende der<br />
parla men tarischen Demokratie:<br />
Am 27. Februar brennt der Reichstag.<br />
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