Das komplette Buch (22 MB) - Volksbund Deutsche ...
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Für Freiheit und<br />
Gerechtigkeit:<br />
der 20. Juli 1944<br />
62<br />
„Die Rettung Deutschlands war der<br />
letzte Sinn des deutschen Widerstandes.<br />
Der Rettung des Vaterlandes im physischen<br />
und moralischen Sinn galt der<br />
verzweifelte Stoß des 20. Juli 1944. Wir,<br />
die dazugehörten oder sonstwie gegen<br />
die Schändung Deutschlands Front gemacht<br />
hatten, stimmten, ohne ein einziges<br />
Wort darüber zu verlieren und ohne<br />
Rücksicht auf unsere politische Herkunft<br />
– die Kommunisten eingeschlossen –,<br />
völlig darin überein, dass die Rettung<br />
Deutsch lands und die Sicherung seiner<br />
Zukunft allein in der Wiederherstellung<br />
des freiheitlichen Rechtsstaates und seiner<br />
entschlossenen Verteidigung gegen<br />
seine inneren und äußeren Feinde liegen<br />
könne. <strong>Das</strong> ist das bleibende Vermächtnis<br />
des 20. Juli 1944.“ Dies sagte einer der Beteiligten,<br />
der spätere Bundestagspräsident<br />
Eugen Gerstenmaier, nach dem Krieg.<br />
Im Attentat auf Hitler am 20. Juli<br />
gipfelt der Widerstand im Dritten Reich<br />
gegen das nationalsozialistische Regime<br />
und seine unheilvolle Politik. Viele Jahre<br />
war die westdeutsche Geschichtsschreibung<br />
auf dieses Ereignis und seine Vorgeschichte<br />
fixiert. Inzwischen hat sich die<br />
Perspektive jedoch erweitert, und auch<br />
der Widerstand außerhalb des militärischen<br />
und bürgerlich-konservativen La -<br />
gers wird gewürdigt. Damit wird der Tatsache<br />
besser Rechnung getragen, dass der<br />
Widerstand vielfältige Formen gezeigt hat<br />
– die im Übrigen nur schwer unter ei nem<br />
zentralen Begriff zusammengefasst werden<br />
können.<br />
Den Frauen und Männern, auch Ju -<br />
gend lichen, die Widerstand leisteten –<br />
offen oder verdeckt, konsequent oder gelegentlich,<br />
fast immer mit schweren Folgen<br />
für sie und ihre Familien – ist eines<br />
gemeinsam gewesen: Die Erkenntnis,<br />
dass der Weg, den Deutschland unter<br />
Hitler beschritten hatte, in die Katastrophe<br />
führte; das Bewusst sein, Widerstand<br />
leisten zu müssen und durch eigenes<br />
Handeln zur Rückkehr in eine bessere<br />
Gesellschaft beitragen zu können.<br />
Natürlich waren die Handlungsmöglichkeiten<br />
Einzelner sehr begrenzt. <strong>Das</strong><br />
gilt nicht zuletzt für die Soldaten an der<br />
Front. Viele hatten sich vor dem Krieg<br />
von den (vermeintlichen) innen- und außenpolitischen<br />
Erfolgen Hitlers blenden<br />
lassen und im Krieg von den erstaunlichen<br />
militärischen Anfangserfolgen. Bei<br />
vielen ist das Gewissen erst spät erwacht.<br />
Viele haben gar nicht oder erst sehr spät<br />
erfahren, welche Verbrechen in Namen<br />
des Vaterlandes und durch Landsleute in<br />
anderen Ländern und auch in Deutschland<br />
selbst geschehen waren. Viele Soldaten<br />
haben lange gezögert, wollten nicht<br />
eidbrüchig werden. Immerhin wurde die<br />
eigene Bevölkerung durch 40 000 Gesta po-<br />
Beamte, den SD (Sicherheitsdienst) und<br />
ungezählte Spitzel und Zuträger überwacht.<br />
Schon unbedeutende kritische Äußerungen<br />
– wie zum Beispiel Zweifel am<br />
propagierten „Endsieg“ – waren lebensgefährlich.<br />
Trotz der Gefahr für Leib und Leben<br />
haben sich während des Dritten Reiches<br />
viele aufrechte Menschen für ein besseres<br />
Deutschland eingesetzt. Sie kamen aus der<br />
Arbeiterbewegung, den Kirchen, dem Militär,<br />
bürgerlichen Kreisen. Zu ihnen gehörten<br />
einfache Arbeiter und hohe Diplo -<br />
maten, Hausfrauen und Feldmarschälle,<br />
Studenten und Staats beamte, Kommunisten<br />
und Kirchenführer. Der Erfolg blieb<br />
ihnen versagt, die Unrechtsherrschaft<br />
wurde erst durch den äußeren Gegner beendet.<br />
Aber es gilt das Wort des Generalmajors<br />
Hans Henning von Tresckow kurz<br />
vor dem Attentat am 20. Juli: „<strong>Das</strong> Attentat<br />
muß erfolgen, coûte que coûte (koste<br />
es, was es wolle). Sollte es nicht gelingen,<br />
so muss trotzdem in Berlin gehandelt<br />
werden. Denn es kommt nicht mehr auf<br />
einen praktischen Zweck an, sondern<br />
darauf, dass die deutsche Widerstandsbewegung<br />
vor der Welt und vor der Geschichte<br />
den entscheidenden Wurf ge -<br />
wagt hat. Alles andere ist daneben gleichgültig.“<br />
■<br />
Hitler überlebt das Attentat von Graf Stauffenberg.<br />
Später zeigt er Musso lini die zerstörte Baracke.<br />
1 2 3 4<br />
5 6 7 8<br />
Roland Freisler, Vorsitzender des berüchtigten Volksgerichtshofes<br />
in Berlin, während des Prozesses gegen<br />
die Widerstandskämpfer des 20. Juli. Immer mehr<br />
Menschen werden – auch wegen nichtiger Vorfälle –<br />
zum Tod verurteilt.<br />
Die Geschwister Hans und Sophie Scholl verteilen als<br />
Angehörige der Weißen Rose in München Flug blätter<br />
gegen das Regime und seine Kriegspolitik und werden<br />
deswegen hingerichtet.<br />
9 <br />
Persönlichkeiten<br />
des Widerstandes<br />
1 Generaloberst Ludwig Beck gilt<br />
als das Haupt der Verschwö rung.<br />
Freitod am 20. Juli 1944.<br />
2 Oberst Claus Schenk Graf von<br />
Stauffenberg zündet die Bombe in<br />
Hitlers Hauptquartier.<br />
Am 20. Juli 1944 erschossen.<br />
3 Ulrich-Wilhelm Graf Schwerin. Am<br />
8. September 1944 hingerichtet.<br />
4 Carl-Friedrich Goerdeler,<br />
Oberbürgermeister von Leipzig.<br />
Am 2. Februar 1945 hingerichtet.<br />
5 Helmuth James Graf von Moltke<br />
gründet den oppositio nellen Kreisauer<br />
Kreis. Am 23. Januar 1945<br />
hingerichtet.<br />
6 Julius Leber kämpft bis 1933<br />
als SPD-Reichstagsabgeordneter<br />
ge gen die totalitären Parteien.<br />
Am 5. Januar 1945 hingerichtet.<br />
7 Wilhelm Leuschner, 1932<br />
stellvertretender Vorsitzender des<br />
Gewerk schaftsbundes. Hin ge richtet<br />
am 29. Sep tem ber 1944.<br />
8 Ulrich von Hassell, 1932 – 1938<br />
Botschafter in Rom. Am 8. Septem<br />
ber 1944 hingerichtet.<br />
9 Friedrich Werner Graf von<br />
der Schu lenburg,1934 – 1941<br />
Botschafter in Moskau. Hin ge richtet<br />
am 10. November 1944.<br />
Generalfeldmarschall Erwin von<br />
Witzleben. Am 9. August 1944<br />
hingerichtet.<br />
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