Welt der Wunder - DEMO
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<strong>der</strong><br />
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DU BIST<br />
Ich weiß<br />
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du vorh<br />
Von EPO bis Testosteron<br />
Der erste<br />
Körper-Atlas<br />
des Dopings<br />
Die Grenzen, die Gefahren,<br />
die wahren Folgen<br />
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... ..._<br />
GEDANKEN LESEN? Wie man verheimlichte Absichten erkennt °-<br />
und an<strong>der</strong>en immer einen Schritt voraus ist<br />
Zelle auf<br />
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Orte in<br />
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eserbriefe<br />
Die Redaktion freut sich über Ihre Meinung. Schreiben Sie an: Redaktion wett <strong>der</strong><br />
wun<strong>der</strong>, Brieffach 30139, 20067 Hamburg o<strong>der</strong> per E-Mail an wdwfabauerredaktionen.de<br />
„HAT DIE SONNE SCHULD AN FLUT UND WALDBRÄNDEN?"<br />
HENRIK BULLA PER E-MAIL<br />
Liebes wdw-Team, als ich den Artikel „Wie krank ist die Sonne" gelesen habe, habe ich mich<br />
gefragt, ob es da auch einen Zusammenhang zwischen <strong>der</strong> Inaktivität <strong>der</strong> Sonne und dem zurzeit<br />
schlechten Wetter im Hochsommer gibt. Gibt es vielleicht auch eine Verbindung zu den<br />
vielen Naturkatastrophen, die es im Moment auf <strong>der</strong> ganzen <strong>Welt</strong> gibt?<br />
> Forscher haben aus den Wetteraufzeichnungen nur einen Zusammenhang zwischen sehr kalten<br />
Wintern und einer inaktiven Sonne herstellen können. Inwieweit das Sommerwetter durch<br />
den Aktivitätsgrad <strong>der</strong> Sonne beeinflusst wird, ist noch unklar. Extreme Wetterereignisse könnten<br />
jedoch mit dem Jetstream zusammenhängen, einem Starkwindband, das sich um die ganze<br />
Erde zieht und <strong>der</strong>zeit langsamer als gewöhnlich weht. Das führt zu einer Wetterblockade:<br />
Je nach Region bleibt die Hitze, o<strong>der</strong> es hört nicht auf zu regnen. Da eine inaktive Sonne unsere<br />
Atmosphäre weniger aufheizt, flauen die Jetstreams ab, und das Wetter setzt sich quasi<br />
fest — somit könnte die „ruhige" Sonne tatsächlich für die Naturdesaster mitverantwortlich sein.<br />
„GEBALLTE KOMPETENZ"<br />
BRIGITTE SIELAFF AUS HOLZMINDEN<br />
Liebe wdw-Redaktion, da ich mich beson<strong>der</strong>s für die menschliche<br />
Psyche interessiere, habe ich bei eurer August-Ausgabe mit dem Gehirn-Dossier<br />
sofort zugegriffen. Und meine Erwartungen wurden sogar<br />
übertroffen: Gleich fünf renommierte Neurowissenschaftler, Psychiater<br />
und Psychologen beantworten spannende Fragen rund um<br />
das Thema Psyche und Gehirn. Das nenne ich mal geballte Kompetenz<br />
auf acht Seiten! Bitte mehr davon.<br />
> Wir haben in dieser Ausgabe ein Doppel-Poster beigelegt, das sich<br />
mit dem Thema Gehirn und Psyche beschäftigt. Viel Spaß also beim<br />
Ausklappen, Lesen und Staunen.<br />
„WER IST NUN DER WAHRE MEISTERSCHÜTZE?"<br />
RANKO PAVLOVIC PER MAIL<br />
Liebe wdw-Redaktion, in eurer Ausgabe 1/10 heißt es, dass <strong>der</strong> weiteste<br />
Treffer mit einer Waffe 2430 Meter betrage. Der Schütze sei Rob<br />
Furlong. In <strong>der</strong> Ausgabe 8/10 heißt es jetzt jedoch, dass es <strong>der</strong> Schütze<br />
Craig Harrison gewesen sei und die Entfernung 2475 Meter betragen<br />
habe. Welche Aussage entspricht denn jetzt <strong>der</strong> Wahrheit?<br />
> Der Kanadier Rob Furlong erzielte seinen Rekord-Treffer 2002 in<br />
Afghanistan. Sieben Jahre später stellte <strong>der</strong> britische Schütze Craig<br />
Harrison Ende 2009, ebenfalls in Afghanistan, den Rekord auf. Dies<br />
wurde jedoch erst nach Redaktionsschluss für die Ausgabe 1/10 bekannt<br />
— konnte also erst bei nächster Gelegenheit in <strong>der</strong> Ausgabe 8/10<br />
aktualisiert werden.<br />
„EIN WEITERER GRUND, EUER HEFT ZU KAUFEN"<br />
DANAIL STEPANOV PER E-MAIL<br />
Liebes wdw-Team, von klein auf haben mich die Gesetze <strong>der</strong> Schwerkraft<br />
fasziniert. Der Artikel „Die seltsamen Gesetze <strong>der</strong> Schwerkraft"<br />
war daher für mich ein weiterer Grund, euer Heft zu kaufen. Schon<br />
interessant, zu erfahren, dass Bäume maximal 130 Meter hoch wachsen<br />
können und dass die Tage durch die Schwerkraft immer länger werden.<br />
Ich finde es toll, dass ihr über solche Themen schreibt, und bin<br />
schon gespannt, mit welchem Thema ihr mich als Nächstes überrascht.<br />
„WISSENS-HAPPEN FÜR DEN ALLTAG"<br />
THOMAS METSCHL PER E-MAIL<br />
Hallo liebes wdw-Team! Mit je<strong>der</strong> Ausgabe werdet ihr besser! Am besten<br />
gefallen mir die „Fragen und Antworten". Sie geben einem immer<br />
kleine Wissens-Happen, die man im täglichen Leben manchmal<br />
gut gebrauchen kann. Macht bitte weiter so. Ich freue mich schon auf<br />
die nächste Ausgabe!<br />
„DANKE FÜR EURE ‚NACHHILFE"'<br />
VINZENT OLSZOK PER E-MAIL<br />
Hallo liebes wdw-Team! Ich wollte einfach mal sagen, wie viel mir euer<br />
Magazin an Wissen vermittelt. Dank eurer Hilfe konnte ich sogar<br />
meinen Schulabschluss verbessern. Als dieses Jahr die Prüfungen <strong>der</strong><br />
10. Klasse in Nie<strong>der</strong>sachsen anstanden, konnte ich mit dem Wissen<br />
aus den welt-<strong>der</strong>-wun<strong>der</strong>-Magazinen punkten. Nun habe ich meinen<br />
Realschulabschluss und muss sagen, dass ich ohne eure Hilfe nicht<br />
so weit gekommen wäre. An dieser Stelle noch einmal: Danke!<br />
> Lieber Vinzent, toll, dass unsere Artikel auch in <strong>der</strong> Schule weiterhelfen.<br />
Herzlichen Glückwunsch von <strong>der</strong> gesamten wdw-Redaktion für<br />
die bestandenen Abschlussprüfungen.<br />
„WIE KOMMEN DIE PFERDE AUF DIE INSEL?"<br />
UWE GAISBAUER PER MAIL<br />
Hallo wdw-Team, ich habe ein paar Fragen zur Ausgabe 8/10. Folgendes<br />
würde ich gerne wissen: Ihr schreibt auf Seite 25, dass auf <strong>der</strong><br />
Sandinsel Sable Island 300 Wildpferde leben. Wie kommen die da hin,<br />
und von was ernähren sie sich, wenn die Insel ständig in Bewegung<br />
ist? Was wächst dort?<br />
> Eine Annahme ist, dass im 18. Jahrhun<strong>der</strong>t französische Einwan<strong>der</strong>er<br />
Pferde auf die Insel brachten. Nach und nach wil<strong>der</strong>ten die Tiere<br />
aus, pflanzten sich fort und sind heute als die sogenannten Sable<br />
Island Ponys bekannt. Die Pferde ernähren sich in erster Linie von den<br />
Gräsern, die hier wachsen, die langsame Bewegung <strong>der</strong> Sandinsel stellt<br />
für sie kein Problem dar.<br />
Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe gekürzt abzudrucken. TITELFOTOS: Image Source, Recker, Carroll/Corbis 14); Plain Picture; Getty Images;<br />
Fotolia; Robert Clark; Kunsthistorisches Museum Wien; Keystone; Manfred Linke/Laif<br />
weit <strong>der</strong> wun<strong>der</strong> 5 9/10
Ich weiß, was<br />
vorhast<br />
Wir senden auf vielen Kanälen Informationen über unsere Gefühle<br />
aus — und können diese auch bei an<strong>der</strong>en entschlüsseln. Wie<br />
ertappt man einen Lügner? Und wie durchschaut man die wahren<br />
Absichten seiner Mitmenschen? Ab Seite 24<br />
WIE LEBT ES SICH<br />
EIGENTLICH OHNE...<br />
... Lungen, Geschlecht,<br />
Gedächtnis? Wie wun<strong>der</strong>bar<br />
man auf angeblich<br />
lebenswichtiges<br />
Beiwerk verzichten<br />
kann, zeigen die<br />
Ausnahmetalente<br />
des Tierreichs!<br />
Ab Seite 36<br />
NACHHER<br />
101"s<br />
WAS KOMMT,<br />
WENN DAS EIS GEHT?<br />
Nirgendwo sonst schmel-<br />
zen die Gletscher schnel-<br />
ler als auf Grönland. Wie<br />
verän<strong>der</strong>t eine einzige<br />
Insel das weltweite<br />
Klima? Forscher lüften<br />
die Geheimnisse im drei<br />
Kilometer dicken Eis.<br />
Ab Seite 50<br />
DER GROSSE<br />
DOPING-ATLAS<br />
DES KÖRPERS<br />
Ihre Nebenwirkungen<br />
sind mit denen von<br />
Heroin und Kokain ver-<br />
gleichbar. Doch Steroide<br />
sind für jeden ganz<br />
leicht zugänglich. Wie<br />
gefährlich sie wirklich<br />
sind, ab Seite 42<br />
GESCHICHTE<br />
16 Deutschlands mystische Orte<br />
Archäologen und Historiker spüren alte Legenden auf<br />
MErISCH<br />
24 Ich weiß, was du vorhast<br />
Wie kann man die Gedanken an<strong>der</strong>er Menschen lesen?<br />
42 Der erste Doping-Atlas des Körpers<br />
Wie EPO und Anabolika unseren Organismus verän<strong>der</strong>n<br />
84 Das Herz — das zweite Gehirn des Menschen<br />
Die unglaublichen Fähigkeiten unseres wichtigsten Muskels<br />
flATUR<br />
36 Wie lebt es sich eigentlich ohne...?<br />
Der Barbourfrosch hat keine Lunge - und das aus gutem Grund<br />
50 Was kommt, wenn das Eis geht?<br />
Was die Eisschmelze am Nordpol für den Rest <strong>der</strong> Erde bedeutet<br />
72 Das größte Gehirn <strong>der</strong> <strong>Welt</strong><br />
Vier Millionen Ameisen bilden einen Super-Organismus<br />
TECHflIK<br />
58 Wie fliegt man einen Kampfhubschrauber?<br />
Wendig und gefürchtet: <strong>der</strong> Kriegshelikopter AH-64 Apache<br />
64 Schlauer in 60 Sekunden Thema: Hubschrauber<br />
90 Die Orakelmaschine<br />
Kriege, Klima, Krankheiten: das Zukunftswissen <strong>der</strong> Computer<br />
WISSEr1SCHAFT<br />
66 Das geheimnisvollste Molekül des Universums<br />
Leistungsfähig, wandelbar - und ein Killer: die DNA<br />
78 Wie landet man auf einem Asteroiden?<br />
2025 wollen Menschen erstmals ein All-Geschoss betreten<br />
82 Schlauer in 60 Sekunden Thema: Asteroiden<br />
PUBRIKEI-1<br />
8 Was wirklich zählt<br />
Matt Hunter meistert den schnellsten Radweg <strong>der</strong> <strong>Welt</strong><br />
10 Fragen und Antworten<br />
Das Neueste aus Wissenschaft und Technik<br />
96 Was am Ende zählt<br />
Was wissen Pottwale über die <strong>Welt</strong>meere?<br />
98 Rätsel/Impressum/Vorschau<br />
2 VVIssens- ii,<br />
ppster,. Universum<br />
in meinem Kopf
Was wirklich zählt ...<br />
er schnellste<br />
Radweg <strong>der</strong> <strong>Welt</strong><br />
Matt Hunter liebt das Fahrradfahren. Einzige Bedingung: Er darf sich<br />
selbst aussuchen, wo er langfährt. Dabei weiß <strong>der</strong> 27-jährige Freeri<strong>der</strong>,<br />
dass auf den unsichtbaren Straßen <strong>der</strong> Natur je<strong>der</strong> noch so kleine<br />
Fehler mit dem Tod bestraft wird ...<br />
65 Grad zum Training<br />
Die Arme durchgestreckt, das Körpergewicht nach hinten verlagert. den Blick nach vorn gerichtet — das alles bei<br />
50 Kilometern pro Stunde im 65-Grad-Winkel einen schroffen Felsen hinab: Was fur Matt Hunter eine gewohnliche<br />
Trainingsfahrt durch die raue Felslandschaft von Utah (Foto) ist. wurde selbst fur geubte Radfahrer den sicheren<br />
Tod bedeuten. Bereits eine falsche Gewichtsverlagerung, ein zu kraftiger Tritt in die Pedale o<strong>der</strong> ein ubersehener<br />
Stein reicht aus, und <strong>der</strong> Fahrer sturzt bis zu 200 Meter den Abhang hinunter ...<br />
1 Karte im Kopf<br />
Das Wichtigste beim sogenannten Freeriden ist jedoch we<strong>der</strong> Material noch Korperbeherrschung. son<strong>der</strong>n <strong>der</strong><br />
Kopf: Wenn Hunter an einer Klippe steht, scannt er zunächst jeden Zentimeter <strong>der</strong> geplanten Route...Dabei muss<br />
eine Karte in meinem Kopf entstehen. Ich muss die Strecke vor meinen Augen sehen konnen". erklart <strong>der</strong> 27-<br />
Jährige. Tatsachlich speichert Hunter vor <strong>der</strong> Abfahrt jede Kurve, jeden Winkel und jeden Sprung des Wegs im<br />
Gehirn ab. Selbst den Rollwi<strong>der</strong>stand des Untergrunds berechnet er. ,.Bei <strong>der</strong> Abfahrt hofft man schließlich,<br />
dass sich kein Fehler bei <strong>der</strong> Routenplanung eingeschlichen hat ...". sagt Hunter.<br />
15 Zentimeter Ideal-Linie<br />
Die Reifen eines Freeride-Bikes sind etwa fünf Zentimeter breit. Links und rechts davon hat ein Fahrer<br />
zudem etwa fünf Zentimeter Platz, um auf <strong>der</strong> Ideal-Linie zu bleiben. Je<strong>der</strong> weitere Zentimeter Abweichung<br />
erhöht das Risiko, die Kontrolle zu verlieren und von <strong>der</strong> Strecke abzukommen. Das Problem: Bei<br />
Tempo 60 reicht bereits eine um wenige Millimeter veran<strong>der</strong>te Lenkerstellung aus, um den Fahrer zwei<br />
bis drei Meter vom Kurs abzubringen. Professionelle Freeride-Biker trainieren daher vor allem ihre<br />
Unterarmmuskeln. Denn nur so schaffen sie es. dass ihre Hande trotz stärkster Erschutterungen und<br />
des extremen Adrenalinrauschs den Lenker vollkommen ruhig halten.
3 Tage Randale<br />
Es ist eines <strong>der</strong> gefährlichsten Sport-Events weltweit: Vom 1. bis 3. Oktober 2010 findet in den steilen Sandstei<br />
Canyons von Utah (USA) die sogenannte Red Bull Rampage (deutsch: Randale) statt. Bereits in den Vorjahren gab<br />
es Dutzende Verletzte — was vielleicht auch an den Regeln liegt. Denn es gibt keine. Die Fahrer mussen einfach<br />
nur moglichst schnell die Ziellinie uberqueren, die 500 Hohenmeter unter ihnen liegt. Wie9 Das bleibt jedem einzelnen<br />
selbst uberlassen. Festgelegte Strecken gibt es nicht. Sprunge bis zu zwolf Meter in die Tiefe, gewagte<br />
Stunts und halsbrecherische Abfahrten sind daher programmiert. Matt Hunter ist naturlich dabei ...<br />
2 gebrochene Beine, 0 Zweirel<br />
Seinen ersten Sturz erlebt Hunter im Alter von vier Jahren. Schon da will sich <strong>der</strong> junge Kanadier nicht an die<br />
vorgegebenen Straßen und Wege halten und sucht sich lieber steile Abfahrten. Mit gerade einmal 20 Jahren<br />
gewinnt er schließlich die Ultimate Freeride Challenge und steigt in die <strong>Welt</strong>spitze <strong>der</strong> Freeri<strong>der</strong> auf. Zwei Beinbruche.<br />
unzählige Handgelenksbrüche sowie Stauchungen. Quetschungen und Platzwunden spater ist Matt<br />
Hunter noch immer da. Zweifel an dem. was er tut, hat <strong>der</strong> Sportler bis heute nicht: ..lch liebe es einfach. eine<br />
Straße runterzufahren, die sonst kein an<strong>der</strong>er sieht."<br />
FOTO: Sterling Lorence
Einfache Fragen - kin<strong>der</strong>leichte Antworten? Von wegen! Oft müssen Wissenschaftler<br />
ganz schön tüfteln, um simple Vorgänge erklären zu können. Und<br />
manchmal stoßen sie dabei auf Wun<strong>der</strong>, die unsere <strong>Welt</strong> verän<strong>der</strong>n<br />
Wie entsteht ein<br />
Wald aus STEIN?<br />
Das Tal Tsingy de Bemaraha auf Madagaskar ist eine wahre Schatzkammer <strong>der</strong> Natur: Das 1500 Quadrat-<br />
kilometer große Gebiet wi<strong>der</strong>setzte sich über Jahrtausende den Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Evolution — nicht<br />
zuletzt durch die Unzugänglichkeit <strong>der</strong> bis zu 30 Meter hohen ..Nadeln" (deutsch für Tsingy) aus Kalk-<br />
stein. Geologen haben nun rekonstruiert, wie diese weltweit einzigartige Landschaft entstehen konnte.<br />
Gleich von zwei Seiten wurde das natürliche Monument bearbeitet: Über 200 Millionen Jahre formten<br />
Monsunregen die Oberfläche <strong>der</strong> großen Kalksteinbank. Unterirdische Grundwasserströme, die Sedimen-<br />
te mit sich führten, lösten das weiche Gestein wie Schmirgelpapier von unten auf. Als die Höhlendecken<br />
zusammenfielen, sank <strong>der</strong> Spiegel des Oberflachenwassers immer weiter ab. Zum Vorschein kam ein<br />
Labyrinth aus bis zu 20 Meter tiefen Schluchten und Höhlen. Fast alle Tiere, die in diesem steinernen<br />
Wald leben — Lemuren (o.), Geckos o<strong>der</strong> die Raubkatze Fossa — kommen nur hier vor.<br />
9/10 10 weit <strong>der</strong> wun<strong>der</strong><br />
rra eng<br />
GEBURT ALS LAGUNE<br />
, Eine 300 Meter dicke<br />
Schicht aus Kalkstein<br />
setzte sich vor 200 Mio.<br />
Jahren unter einer Lagune<br />
ab. Plattentektonik hob<br />
das Gestein langsam an
errnrzbe<br />
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DIE WEGE DES WASSERS<br />
Der tektonische Auftrieb<br />
erzeugte ein Netz aus feinen<br />
Spalten. Durch diese drang<br />
Grundwasser nach oben,<br />
löste den Stein auf und schuf<br />
immer größere Höhlen<br />
N AUCH SIE EINE FRAGE AN UNSER WISSENSTEAM?<br />
Schicken Sie einfach eine E - Mail an<br />
wdwObauerredaktionen.de, Betreff „Fragen und Antworten"<br />
TIEFE SCHLUCHTEN<br />
Gleichzeitig nagte Regen<br />
von oben am Gestein.<br />
Dort, wo Höhlendecken<br />
brüchig wurden,<br />
entstanden Schluchten<br />
e.4,<br />
SCHÖPFUNGS-SCHATZ<br />
Fast alle <strong>der</strong> 650 Pflanzen-<br />
und fast 200<br />
Tierarten findet man<br />
nur im Tsingy-Tal<br />
TRESOR DER NATUR<br />
Nur mühsam kletternd<br />
gelangt man ins Tal —<br />
dadurch konnte es so<br />
FLÜSSIGER<br />
ARCHITEKT<br />
Regen formte die<br />
oberen drei Meter,<br />
den Rest <strong>der</strong> 30<br />
Meter hohen Tsingys<br />
höhlte Grundwasser<br />
aus<br />
MONUMENT IM<br />
WANDEL<br />
Noch heute verän<strong>der</strong>t<br />
Grundwasser<br />
die Oberfläche <strong>der</strong><br />
Tsingys und vergrößert<br />
Höhlen
fragenEi_r=1.nr-_\2\furrir-n<br />
Das kommt darauf an. welche Teile <strong>der</strong> Pflanze giftig sind. Denn oft enthal-<br />
ten nur Blätter giftige Inhaltsstoffe. <strong>der</strong> Nektar jedoch nicht. Ausnahme:<br />
Der sogenannte Pontische Honig aus <strong>der</strong> Schwarzmeerregion. <strong>der</strong> aus<br />
einer Rhododendronart Rhododendron ponticum (Foto) gewonnen wird und<br />
einen hohen Anteil des Giftes Andromedotoxin enthält. Ihn sollte man nur<br />
in Maßen genießen. um Ubelkeit und Schwache zu vermeiden. Bei uns<br />
fliegen Honigbienen verschiedene Blumen an. sodass <strong>der</strong> Anteil an Gift-<br />
pflanzen kaum ins Gewicht fällt und <strong>der</strong> Honig daher unbedenklich ist.<br />
ATEM-SIMULATION<br />
Mit dem Lungenchip kann <strong>der</strong><br />
gesamte Weg bestimmter<br />
Stoffe aus <strong>der</strong> Atemluft in den<br />
Blutkreislauf nachgestellt<br />
werden<br />
Warnen uns Träume<br />
vor Krankheiten?<br />
Die Schlafstörung RBD (REM sleep behaviour dis-<br />
or<strong>der</strong>) sorgt für gewalttätige Träume: Betroffene<br />
träumen häufig. sie müssten Angreifer abwehren.<br />
Und da ihre Muskeln nicht wie sonst im Schlaf<br />
erschlafft sind, schlagen RBD-Patienten um sich.<br />
RBD ist jedoch nicht nur ein Fluch: Eine Studie<br />
zeigt jetzt, dass zwischen 80 und 100 Prozent<br />
<strong>der</strong> Betroffenen innerhalb <strong>der</strong> nächsten 50 Jahre<br />
ihres Lebens eine Erkrankung des Nervensystems<br />
erleiden, wie Parkinson o<strong>der</strong> bestimmte Demenz-<br />
krankheiten. Diese lange Vorwarnzeit kann eine<br />
frühzeitige Behandlung <strong>der</strong> Leiden ermöglichen.
LUFT-NETZWERK<br />
In je<strong>der</strong> Lunge sind ca. 300<br />
Millionen Alveolen für den<br />
Gasaustausch zwischen<br />
Blut und Lunge zuständig<br />
Unsere Lunge ist eines <strong>der</strong> komplexesten<br />
Organe: Mit jedem Atemzug füllen sich mikro-<br />
skopisch kleine Bläschen, die Alveolen, mit<br />
Luft. Von diesen Alveolen wan<strong>der</strong>t <strong>der</strong> Sauerstoff<br />
durch eine Trennschicht in die haarfeinen<br />
Kapillaren des Blutgefäßsystems. Diese Mem-<br />
bran ist gerade einmal 0.1 bis 1,5 Mikrometer<br />
dick. Vorgänge, die sich darin abspielen, lassen<br />
sich deshalb so gut wie gar nicht direkt untersu-<br />
chen. Jetzt gelang US-Forschern ein originalge-<br />
treuer Nachbau einer solchen Struktur in einem<br />
radiergummigroßen Kunststoffblock. Zwei<br />
Schichten lebendigen Gewebes — menschliche<br />
Epithel- und Endothelzellen — wurden dabei auf<br />
eine Silizium-Membran platziert, während ein<br />
Kulturmedium die Blutbahn nachahmte. Damit<br />
ließ sich testen, wie Lungenzellen auf Bakterien<br />
und an<strong>der</strong>e Eindringlinge reagieren. Mit dem<br />
Chip werden Labortests mit Umweltgiften,<br />
Nanopartikeln und Medikamenten einfacher —<br />
und sie kommen ohne Versuchstiere aus.<br />
Warum bekommen<br />
Insekten kein<br />
Schleu<strong>der</strong>trauma?<br />
Durch Beschleunigung wirkt eine Last namens g-Kraft auf<br />
den Korper ein. Unser Kreislauf hält sie ab einer Hohe<br />
von 8 g nicht lange aus, denn das Blut wird in eine<br />
Halfte unseres Korpers gepresst, was die Gefaße zum<br />
Platzen bringt. Insekten dagegen halten Beschleunigun-<br />
gen bis 400 g aus. Anstelle eines Blutkreislaufs haben<br />
sie nur ein Gefäß, in dem ihre Organe wie in einem<br />
Hohlraum schwimmen. Das ermöglicht es zum Beispiel<br />
<strong>der</strong> Schaumzikade (Foto), bei einem Sprung mit 400 g zu<br />
beschleunigen. Zudem haben Insekten den Winzig-<br />
Vorteil: Je kleiner <strong>der</strong> Korper, desto weniger Kraft wirkt<br />
bei <strong>der</strong> Beschleunigung auf ihn ein.<br />
,210 lir, 'ei.)<br />
. _ 4<br />
FALT-GENIE<br />
IST ONLINE<br />
Vielleicht<br />
wird <strong>der</strong> Aids-<br />
Impfstoff hier<br />
entdeckt:<br />
www.fold.it<br />
Rettet ein Online-Spiel Leben?<br />
Proteine sind die Arbeitstiere in je<strong>der</strong> Zelle: Nährstoffe etwa gelangen<br />
nur nach ihrer Aufspaltung durch Proteine ins Blut. Diese langkettigen<br />
Aminosäuren existieren in unzähligen Varianten. Sie falten sich, um<br />
eine möglichst kompakte Form zu erreichen. Kennt man die Faltmög-<br />
lichkeiten eines Proteins, lassen sich damit Arzneien entwickeln, die<br />
gezielter Viren bekämpfen als bisher. Beim von US-Forschern entwi-<br />
ckelten Online-Spiel „Foldit" machten sich rund 60000 User weltweit<br />
auf die Suche nach <strong>der</strong> optimalen Falttechnik: An virtuellen Proteinen<br />
wackelten sie an Molekül-Ästen, schafften neue Verbindungen o<strong>der</strong><br />
öffneten Verschlüsse. Das Verblüffende: Die geballte Intuitionskraft <strong>der</strong><br />
Masse war dabei sehr viel kreativer als <strong>der</strong> beste Computer.<br />
Beseitigt ein Ballon Müll?<br />
<strong>Welt</strong>raumschrott besteht aus Überbleibseln von Satelliten und<br />
Raketenendstufen im Erdorbit: Das sind 60 000 rasend schnelle<br />
Geschosse, die Satelliten und Raumschiffe gefährden. US-<br />
Entwickler planen jetzt, Satelliten mit Airbag-gleichen Ballons<br />
auszustatten. Am Ende seiner Dienstzeit pumpt <strong>der</strong> Satellit seinen<br />
Ballon mit Helium auf. Der bläht sich bis auf 37 Meter auf und<br />
kann einen 1200-Kilogramm-Trabanten so gut abbremsen, dass er<br />
binnen eines Jahres aus einer 830 Kilometer hohen Umlaufbahn<br />
in die Erdatmosphäre abtaucht und dort gefahrlos vergluht.<br />
,er 13
fragen&H[:\;<br />
Wie sieht <strong>der</strong> Regenwald ohne Bäume aus?<br />
Laserstrahlen durchdringen das Dickicht des Dschungels und lüften<br />
Geheimnisse, die mehr als zwei Jahrtausende lang verborgen waren: Die von<br />
<strong>der</strong> NASA entwickelte „Light Detection and Ranging"-Technologie (LIDAR)<br />
kartografierte im südamerikanischen Belize die Mayasiedlung Caracol auf bis<br />
zu 15 Zentimeter genau — und in 3-D! Eine archäologische Sensation: In vier<br />
Tagen kamen so mehr Daten über ein 200 Quadratkilometer großes Areal<br />
zusammen als in einem Vierteljahrhun<strong>der</strong>t mühsamer Forschungsarbeit.<br />
Tausende neue Bauwerke, Zehntausende landwirtschaftliche Terrassen und<br />
zahlreiche Höhlen traten mit LIDAR zutage. Dank des Dschungel-Scans weiß<br />
man nun: Die 115 000-Einwohner-Metropole Caracol verfügte über eine<br />
außergewöhnlich mo<strong>der</strong>ne Infrastruktur — und war mit 177 Quadratkilometern<br />
größer als bislang gedacht.<br />
-' 10 14<br />
150 in<br />
14<br />
-<br />
Warum blinzeln<br />
Säuglinge<br />
so selten?<br />
Zwei- bis dreimal pro Minute schließen<br />
Säuglinge für jeweils 400 Millisekunden<br />
die Augen, während Erwachsene in <strong>der</strong><br />
gleichen Zeit bis zu 15-mal geblinzelt<br />
haben. Beim Blinzeln verteilt das Oberlid<br />
Tränenflüssigkeit auf dem Auge, damit<br />
es nicht austrocknet. Warum das bei<br />
Babys nicht so wichtig zu sein scheint,<br />
ist unklar. Wahrscheinlich ist die<br />
Schicht <strong>der</strong> Tränenflüssigkeit auf <strong>der</strong><br />
Hornhaut dicker und verdunstet somit in<br />
geringerem Maße als bei Erwachsenen.<br />
Zudem sind die Tränenkanäle im ersten<br />
Lebensmonat noch nicht voll entwickel t<br />
weshalb Babys auch noch ohne Tränen<br />
weinen. Es gibt also keine Flüssigkeit,<br />
die sie wegblinzeln müssten.<br />
MACHTZENTRUM<br />
Die Pyramide von Caana<br />
in Caracol ist 43 Meter<br />
hoch und war eine bedeutende<br />
Kultstätte <strong>der</strong> Maya<br />
WASSER-RESERVOIRE<br />
Die 3-D-Karte deckt<br />
Vertiefungen auf: Hier<br />
speicherten die Maya ihr<br />
Wasser. Zahlreiche Steinstraßen<br />
führen zu entfernten<br />
Siedlungen<br />
TERRASSEN-FELDER<br />
Die Maya bauten Mais,<br />
Bohnen, Chili und Obst<br />
auf ausgedehnten<br />
Terrassen an — genug für<br />
115 000 Menschen<br />
Beim Trinken nimmt <strong>der</strong> Körper Wasserstoff- und<br />
Sauerstoff-Atome aus dem Wasser auf und baut<br />
sie in Proteine ein, wie in das Keratin in unse-<br />
ren Haaren. Wasserstoff und Sauerstoff kommen<br />
in Isotopen vor. Misst man <strong>der</strong>en Konzentration.<br />
erfährt man den Herkunftsort des Wassers.<br />
Mehr noch: Dieser Wasser-„Fingerabdruck"<br />
findet sich auch in Bier und Limonaden regio-<br />
naler Getränkehersteller. Mit diesem Wissen<br />
lässt sich nicht nur die genaue Herkunft von<br />
Getränken analysieren. Auch die Reisebewe-<br />
gungen von Kriminellen o<strong>der</strong> verdächtigen Per-<br />
sonen wären mit Haaranalysen nachvollziehbar.<br />
FOTOS: Olivier Grunewald (3): Fotolia; AlPix; Photoresearchers. SPL/Agentur<br />
Focus (2): Bernd Vogel. P Edmondson/Corbis (2); S. Krause-Wieczorek/almdi.net<br />
ILLUSTRATIONEN: National Geographie Stock; www.visualmd.com: Nasa: PR (3)
Kann es 01 regnen?<br />
Nach <strong>der</strong> Ölpest hat man jetzt in Louisiana Angst vor Ölregen<br />
- erste Videos mit Ölschauern kursieren im Internet. Doch<br />
kann Öl tatsächlich in Regenwolken gelangen? Ein großer Teil<br />
des Öls im Golf von Mexiko wurde durch die Chemikalie Co-<br />
rexit zersetzt. Dabei bleiben Ölreste an <strong>der</strong> Meeresoberfläche,<br />
<strong>der</strong>en genaue Beschaffenheit man nicht kennt, weil Corexit in<br />
dieser Menge noch nie eingesetzt wurde. Bereits 2003 ergab<br />
eine Studie des Ocean Studies Board, dass es möglich ist,<br />
dass Rohöl mit in die Regenwolken aufsteigt. "Wenn die be-<br />
deckte Fläche auf dem Meer groß genug ist und ein bestimm-<br />
ter Grad an Emulsionsbildung erreicht ist, können Ölbestand-<br />
teile in den Wasserkreislauf gelangen - , heißt es dort.<br />
Sind alle Tierbabys zahnlos?<br />
Die meisten Säugetiere kommen ohne Zähne zur <strong>Welt</strong>. Beim Hund<br />
zeigen sich erste Eckzähne ab <strong>der</strong> dritten Lebenswoche. Im<br />
Unterschied zum Menschen haben sie jedoch keine Schmerzen<br />
beim Zahnen. Mit etwa sechs Wochen ist das Milchgebiss mit<br />
28 Zähnen ausgebildet. Erst ab dem dritten Monat beginnt <strong>der</strong><br />
Zahnwechsel zum bleibenden Gebiss aus 42 Zähnen. Übrigens:<br />
Im Gegensatz zu den meisten an<strong>der</strong>en Säugetieren haben Ele-<br />
fanten im Laufe ihres Lebens nicht zwei, son<strong>der</strong>n bis zu sieben<br />
Zahnwechsel: So oft erneuern sich ihre Mahlzähne im Maul.<br />
r von<br />
LESERFRAGE<br />
Hannelore Nunlist
10.e) Wun<strong>der</strong> Geschichte<br />
HERRSCHAFTS-SITZ<br />
Wer über Deutschland herrschen<br />
wollte, musste hier Platz nehmen:<br />
auf dem Thron Karls des Großen (I.).<br />
Die Marmorplatten stammen aus<br />
<strong>der</strong> Grabeskirche in Jerusalem. dem<br />
überlieferten Grab Jesu Clgisti.<br />
4;<br />
Menschenopfer, goldene Kelche, Wun<strong>der</strong>waffen -<br />
GEHEIMNIS DER KRONE<br />
Die mächtigsten deutschen Herrscher<br />
wurden in Aachen mit <strong>der</strong> Reichskrone (I.)<br />
gekrönt. Ursprünglich war sie mit einem<br />
legendären Edelstein besetzt: dem Waisen<br />
(bedeutet: <strong>der</strong> Einzigartige). Niemand<br />
weiß, wieso er im Mittelalter verschwand ...<br />
0 0 0<br />
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0:i<br />
man faszinierende Entdeckungen machen. Noch immer graben Archäologen nach<br />
Deu se<br />
Deutschlands<br />
4) 1<br />
Geschichte steckt 0<br />
voller Geheimnisse. Man muss nur unter <strong>der</strong> Oberfläche suchen, und schon kann<br />
Schätzen, und Historiker spüren den Wurzeln <strong>der</strong> Legenden nach
Ke 0<br />
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:24<br />
-4,<br />
rei Jahre lang gruben sie in historischen Gewöl-<br />
ben, suchten hinter jahrhun<strong>der</strong>tealten Mosaiken.<br />
Jeden Quadratzentimeter des Aachener Doms nahm ein<br />
Team von Top-Archäologen unter die Lupe. Vor einigen<br />
Wochen gaben sie auf - das Grab Karls des Großen, des<br />
mächtigsten Herrschers in <strong>der</strong> Geschichte Europas, bleibt<br />
verschwunden. Hals über Kopf hatte man den Kaiser vor<br />
fast 1200 Jahren noch an seinem Todestag verscharrt.<br />
Schnell, formlos und ohne Kennzeichnung - plün<strong>der</strong>nde<br />
Wikinger sollten keine Chance haben, sein Grab zu ver-<br />
wüsten. Seit Kaiser Barbarossa gut 200 Jahre später und<br />
nach langer Suche die Gebeine Karls in den Dom bringen<br />
ließ, fehlt von <strong>der</strong> ursprünglichen Grabstätte - und den<br />
darin vermuteten Schätzen - jede Spur. Doch irgendwo<br />
in <strong>der</strong> Kathedrale, dem Machtzentrum von Karls Riesen-<br />
reich, muss sie zu finden sein. Der Dom ist ein gewaltiges<br />
VVun<strong>der</strong> <strong>der</strong> Baukunst, eines <strong>der</strong> ersten Gebäude über-<br />
haupt, die zum UNESCO-<strong>Welt</strong>erbe erklärt wurden. 31<br />
deutsche Herrscher waren Karl auf den steinernen Thron<br />
gefolgt, sie alle trugen seine Zeichen <strong>der</strong> Macht - die<br />
Reichsinsignien Krone, Zepter, Schwert, Mantel. Heilige<br />
Lanze. Heute liegen die in <strong>der</strong> Wiener Hofburg, doch alle<br />
sieben Jahre wird im Dom ein an<strong>der</strong>er Schatz präsentiert:<br />
sagenhafte Reliquien aus Jerusalem, darunter das Len-<br />
dentuch Christi. Und Karls Grab? Es gibt acht Theorien<br />
über seine Lage. Fünf wurden mit <strong>der</strong> letzten Grabung<br />
ausgeschlossen. Bleiben noch drei.<br />
Der Kaiserdom<br />
das Geheimnis von<br />
Karls Kathedrale<br />
UNBESIEGBARE WAFFE<br />
Die Heilige Lanze zählt zu den<br />
Reichsinsignien, war eines <strong>der</strong><br />
Symbole bei je<strong>der</strong> Krönung. Mit<br />
ihr soll Jesus bei <strong>der</strong> Kreuzigung<br />
verwundet worden sein. Sie soll<br />
jedes Heer unbesiegbar machen.
MYTHOS- BESESSEN<br />
SS-Chef Heinrich Himmler (r.)<br />
war besessen von den Mythen<br />
<strong>der</strong> alten Germanen. Er wollte<br />
<strong>der</strong>en Riten wie<strong>der</strong>beleben.<br />
ut 1000 Jahre lang ist sie nichts Beson<strong>der</strong>es —<br />
eine Burg wie viele an<strong>der</strong>e auch. Nur ihr unge-<br />
wöhnlicher Grundriss fällt auf: ein Dreieck. „Wie ein Pfeil,<br />
<strong>der</strong> in das Herz Russlands zielt!", denkt Heinrich Himm-<br />
ler, als er die Burg <strong>der</strong> Stadt Büren 1933 besucht. Schon<br />
1934 lässt <strong>der</strong> SS-Chef sie anmieten. Aus dieser Burg<br />
will er das oberste Heiligtum seiner Totenkopf-Krieger<br />
machen. Hier soll sich die braune Elite versammeln. Hier<br />
weiht Himmler seine Offiziere in die Pläne für den Russ-<br />
land-Feldzug ein. Im Auftrag <strong>der</strong> SS erdichten Historiker<br />
eine Saga <strong>der</strong> Wewelsburg: Angeblich sei sie schon im<br />
Mittelalter das wichtigste Bollwerk gegen die Slaven ge-<br />
wesen. Himmler lässt monströse Pläne für die Burg ent-<br />
wickeln. Im Inneren wird je<strong>der</strong> Winkel mit Nazi-Insignien<br />
verziert. Rundherum soll eine ganze SS-Stadt entstehen.<br />
Ihr Grundriss soll an die Heilige Lanze erinnern — mit <strong>der</strong><br />
Burg als Spitze. Für die Arbeiten wird ab 1939 ein eigenes<br />
KZ aufgebaut. Hier leiden 3900 Gefangene, 1285<br />
sterben im Schatten <strong>der</strong> Wewelsburg. Doch während des<br />
Kriegs kommen die Arbeiten kaum voran. Als die Alliier-<br />
ten die Nazis zurückdrängen, lässt Himmler die Burg<br />
sprengen, die Anlage brennt aus. Heute existiert zwar<br />
dort kaum noch eine Spur des SS-Wahnsinns, aber die<br />
Wewelsburg bleibt in <strong>der</strong> Erinnerung ein gespenstischer<br />
Ort deutscher Geschichte.
LAUTLOSE WAFFEN<br />
Kisten mit 72 Millionen Pfund<br />
Falschgeld liegen im See. Mit<br />
diesen Blüten sollte die britische<br />
Wirtschaft destabilisiert werden.<br />
Top litzsee<br />
stätte <strong>der</strong><br />
Nazi-Geheimnisse?<br />
reelerre<br />
rn it bloßem Auge erkennt niemand, dass in <strong>der</strong><br />
Tiefe des Toplitzsees einige <strong>der</strong> größten Geheimnisse<br />
<strong>der</strong> deutschen Geschichte begraben liegen.<br />
Der See in den österreichischen Alpen ist nicht beson-<br />
<strong>der</strong>s groß, aber mit 103 Metern verblüffend tief.<br />
Und er hat eine ungewöhnliche Schichtung: Nur<br />
auf den ersten 20 Metern ist das Wasser sauer-<br />
stoffhaltig. Darunter gibt es keinen Sauerstoff,<br />
so gut wie kein Leben. Nichts, was im See ver-<br />
sinkt, wird von Bakterien zersetzt. Als Österreich<br />
sich dem Deutschen Reich anschließt, erklärt die<br />
Wehrmacht den See zum Sperrgebiet. Die Kriegs-<br />
GEHEIME wAFFEN w maarine führt hier VVaffenexperimente durch. Als<br />
Immer wie<strong>der</strong> kamen die Nazis die drohende Nie<strong>der</strong>lage erkennen, ver-<br />
OOffiziere d. ziere<br />
geheime Waffentests<br />
für<br />
Die an<br />
ndeln sie das Gewässer in eine Schatzkammer.<br />
ena.See.<br />
Kriegsmarin e feuerte<br />
u Niemand weiß, was sie dort alles versenkt haben.<br />
neue Torpedos<br />
in die Felswände. Bisher hat man nur einen Teil des Schatzes gefun-<br />
den: Kisten, gefüllt mit britischen Banknoten, etwa<br />
72 Millionen Pfund - alles Falschgeld. Noch immer sind<br />
Taucher und Mini-U-Boote in dem See unterwegs, denn<br />
womöglich liegt hier auch ein Goldschatz <strong>der</strong> Nazis. Doch<br />
<strong>der</strong> Seegrund ist ein ungeheures Labyrinth aus Baum-<br />
stämmen, die seit Jahrhun<strong>der</strong>ten in den See stürzen und<br />
nicht verrotten. In diesem Mega-Mikado kann auch eine<br />
gewaltige Schiffsladung Gold leicht übersehen werden.<br />
Kunstwerke, Listen mit Nummernkonten, Gold aus den Staats-<br />
banken eroberter Lan<strong>der</strong> - all das haben die Nazis angeblich<br />
im Toblitzsee versenkt. Hier ist je<strong>der</strong> Tauchgang lebensge-<br />
fährlich. Dafür sorgen Uberreste von Waffentests <strong>der</strong> Kriegs-<br />
marine und unzählige Baumstämme auf dem Grund des Sees.<br />
wel; ;de, ig 9 , 10<br />
_
GÖTZE NDIENSTM.111" Den vierköpfigen Kriegsgott<br />
Svantovit (I.) verehrten<br />
.,, die Slaven auf Rügen mit<br />
rauschhaften Orgien (o.).<br />
■ nen, son<strong>der</strong>n heidnische Slaven. Sie huldigen Mächten<br />
ie Küste Mecklenburg-Vorpommerns im frühen<br />
Mittelalter: Hier leben keine christlichen Germa-<br />
wie dem vierköpfigen Kriegsgott Svantovit. Der verlangt<br />
regelmäßig Opfer: Wein, Gebäck, kleine Geschenke.<br />
Svantovit-Gottesdienste arten oft in rituelle Orgien aus.<br />
Der wichtigste Tempel des Kriegsgottes steht an einem<br />
geradezu überwältigenden Ort — Kap Arkona, hoch auf<br />
den Kreideklippen von Rügen. Dorthin schicken Slaven-<br />
herrscher aus ganz Osteuropa wertvolle Geschenke: gol-<br />
dene Kelche, reich verzierte Waffen. Im 12. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />
wird es eng für die Slaven. Christliche Heere dringen im-<br />
mer weiter nach Osten vor. Die Opfer für Svantovit wer-<br />
den blutiger. Christliche Gefangene sterben auf seinen<br />
Altären. Doch die Opfer bringen keine Rettung, das Sla-<br />
venreich geht unter. Nur auf Rügen können die Slaven<br />
sich länger halten — die Insel ist ihre letzte Festung. Erst<br />
1168 wird <strong>der</strong> Tempel von dänischen Truppen zerstört.<br />
Damit endet das Heidentum in dieser Region, und <strong>der</strong><br />
Tempelschatz verschwindet. Vielleicht wurde er geraubt,<br />
vielleicht ist er noch heute auf <strong>der</strong> Insel vergraben. Inzwi-<br />
schen ist <strong>der</strong> Tempel mit seinen Festungsanlagen gefun-<br />
den. Doch unter ihm zerfallen die Klippen, große Teile<br />
sind ins Meer gestürzt. Vielleicht auch <strong>der</strong> Schatz?<br />
Das Windeb<br />
Heima<br />
Moorleichen<br />
Geheimnisvoll senken sich die Nebel über das Moor.<br />
Wahrscheinlich liegt noch so manche Leiche unter dem Moos.<br />
Mehr als 1000 Moorleichen wurden in ganz Europa gefunden.<br />
Doch die Funde werden seltener. Torf wird heute mit Maschinen<br />
abgebaut, sie zerstören die Leichen. Manche Moore werden<br />
trockengelegt, das lässt die toten Körper verwesen.
GESCHICHTE IM MOOR<br />
Immer wie<strong>der</strong> finden Torfstecher<br />
menschliche Überreste. Noch<br />
alltäglicher sind Tierleichen —<br />
Zeugen grausamer Tode im Moor.<br />
DIE MOORTAUSCHUNG<br />
Das ..Madchen von Windeby" wurde mit<br />
verbundenen Augen gefunden. Heute<br />
weiß man: Es ist die Leiche eines Jungen<br />
mit einem verrutschten Stirnband.<br />
s ist ein grausiger Fund, den Torfstecher 1952<br />
im Windeby-Moor bei Eckernförde machen:<br />
zwei Leichen. wohl ein Mann und eine Frau. Scheinbar<br />
hingerichtet wegen Ehebruch. Die Augen des einen Op-<br />
fers sind verbunden, das an<strong>der</strong>e trägt noch das Seil um<br />
den Hals. mit dem man es erwürgt hat. Inzwischen weiß<br />
man: Zwar wurden beide Leichen während <strong>der</strong> Römer-<br />
zeit im Moor versenkt, aber im Abstand von 200 Jahren.<br />
Die „Frau" war ein junger Mann, den man friedlich im<br />
Moor beerdigte. Doch <strong>der</strong> Mann starb tatsächlich eines<br />
gewaltsamen Todes. Immer wie<strong>der</strong> wurde den Göttern<br />
im Moor ein Menschenopfer dargebracht. Manchmal wa-<br />
ren es Verbrecher, doch meist junge, gesunde Männer<br />
und Frauen. Schon die Germanen wussten, dass das<br />
Moor die Leichen konserviert. Vielleicht sollten die Toten<br />
so auf ewig den Göttern dienen. Die Entstehung <strong>der</strong><br />
Moorleichen ist hochkompliziert. Der Prozess <strong>der</strong> Kon-<br />
servierung setzt nur ein, wenn die Opfer im Herbst o<strong>der</strong><br />
Frühjahr im Moor versinken. Dann sind die Temperatu-<br />
ren passend. Manche Moose son<strong>der</strong>n Substanzen ab,<br />
die Bakterien in <strong>der</strong> Leiche töten. An<strong>der</strong>e Moose produ-<br />
zieren Stoffe, die die Knochen auflösen und die Haut zu<br />
Le<strong>der</strong> gerben. So verän<strong>der</strong>te Leichen halten sich Jahr-<br />
tausende. Niemand weiß, wie viele Tote noch in den<br />
Mooren liegen und warum sie wirklich versanken.<br />
weit <strong>der</strong> wun<strong>der</strong> 21<br />
- Ahr
■ eutschland ist reich an grausigen Orten —<br />
und auf die Liste gehören ganz sicher die<br />
zwei Ofnethöhlen in Schwaben. Niemand weiß, was<br />
vor gut 10 000 Jahren in einer dieser Höhlen ge-<br />
schah, doch es muss sich um grausame Rituale gehandelt<br />
haben. Wahrscheinlich wurde hier mehr als<br />
ein Menschheits-Tabu gebrochen. 1908 fand <strong>der</strong> Tü-<br />
binger Altertumsforscher Robert Rudolf Schmidt in<br />
<strong>der</strong> Großen Ofnethöhle zwei sogenannte Schädelnes-<br />
ter: neun Frauenschädel, 20 Kin<strong>der</strong>schädel und vier<br />
Männerschädel. Es waren noch die Reste von aufwen-<br />
digem Schmuck zu erkennen: rote Farbe, Hirschzäh-<br />
ne, 4250 Schneckenhäuser. Das Erschreckende: Hier<br />
lagen nicht nur Schädel, son<strong>der</strong>n auch Unterkiefer und<br />
Halswirbel. Das ließ nur einen Schluss zu: Man hatte<br />
die Köpfe frisch von den Leichen getrennt und komplett<br />
mit Haut und Haaren in die Höhle gelegt. In dem bizar-<br />
ren Arrangement waren sie so angeordnet, dass die to-<br />
ten Augen zum Höhlenausgang nach Westen blickten.<br />
Wahrscheinlich floss noch Blut aus den Hälsen, als die<br />
untergehende Sonne zum ersten Mal auf die Köpfe<br />
schien. Einige Schädel wurden aufgebrochen, vielleicht,<br />
um das Gehirn zu essen. Über die Hintergründe des<br />
Menschenopfers kann man nur spekulieren: Wurde hier<br />
ein Dorf ausgelöscht? Waren die Toten miteinan<strong>der</strong> ver-<br />
wandt? Mussten sie für eine Gottheit sterben?<br />
9/10 22 weit de, wun<strong>der</strong><br />
SCHÄDELNEST<br />
Nach fast 10 000 Jahren fand man<br />
die Schädel in den Ofnethöhlenteso<br />
t:<br />
arrangiert. Die Mör<strong>der</strong> hatteanit<br />
bemalt.<br />
Köpfe geschmückt und<br />
HÖHL EN - SCHLUND<br />
Als die Schädelnester 1908<br />
entdeckt wurden, gingen die<br />
Ausgräber rabiat vor. Der Höhleneingang<br />
wurde aufgesprengt.<br />
Die Ofnethöhlen<br />
Massenmord für<br />
die Götter?<br />
Während <strong>der</strong> Steinzeit waren die beiden Ofnethöhlen bei<br />
Nördlingen mehrere Jahrtausende lang bewohnt. So entstand<br />
eine reiche Fundstätte: Steinwerkzeuge, Tierknochen,<br />
Schmuckstücke. Aber die Archäologen stießen auch auf<br />
33 Schädel, vermutlich Überreste einer Massenopferung.
I I<br />
eutschland im Chaos <strong>der</strong> Stammeskriege. So<br />
sieht unsere Heimat im 3. und 4. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />
aus. Bis dahin sorgten die Römer für Ordnung. Doch nun<br />
ist Rom geschwächt. Immer weniger Legionäre bewachen<br />
die Grenzen. Die Völkerwan<strong>der</strong>ung hat begonnen. Die<br />
Anarchie dieser Zeit bringt große Legenden hervor, die<br />
man sich das ganze Mittelalter hindurch erzählt. Vieles<br />
wird umgeformt, abgewandelt. zusammengefasst. So ent-<br />
steht die Sage <strong>der</strong> Nibelungen. Ein wichtiger Bestandteil<br />
<strong>der</strong> Sage ist <strong>der</strong> Schatz <strong>der</strong> Nibelungen — angeblich mehr<br />
als 100 Ochsenkarren voller Gold, die Siegfried raubt und<br />
die Hagen von Tronje in den Rhein wirft. Hat auch hier die<br />
Sage einen wahren Kern? Dass <strong>der</strong> Schatz absichtlich im<br />
Rhein versenkt wurde, klingt unglaubhaft. Sicher ist, dass<br />
die Germanen Raubzüge im Römischen Reich unternah-<br />
men. Auf dem Rückweg mussten sie den Rhein überque-<br />
ren. Dabei wurden sie oft von römischen Kriegsschiffen<br />
abgefangen. 1967 wurde tatsächlich bei Baggerarbeiten<br />
am Rhein ein Schatz gefunden, mehr als 1000 Metallge-<br />
genstände, kiloweise Silber<br />
— <strong>der</strong> größte Germanen-<br />
schatz aller Zeiten. Wahr-<br />
scheinlich stammt er von ei-<br />
nem Raubzug im Jahr 277.<br />
Auf <strong>der</strong> Flucht wurde das<br />
Germanenschiff versenkt.<br />
Der Ursprung <strong>der</strong> Legende<br />
vom Nibelungenschatz?<br />
e,<br />
se<br />
N IBELUNGENSEE?<br />
Der Baggersee bei Neupotz (o.)<br />
ist ein alter Rheinarm. Bei<br />
<strong>der</strong> Kiesför<strong>der</strong>ung wurde ein<br />
Germanenschatz (u.) gefunden.<br />
'<br />
MYSTISCHER SEE<br />
Um den Blautopf ranken sich<br />
viele Legenden. Schon seine<br />
Farbe, Folge <strong>der</strong> Tiefe und Klarheit<br />
des Wassers, das nur die<br />
blauen Anteile des Lichts zurückwirft,<br />
verblüffte die Menschen.<br />
uf den ersten Blick ist es nicht mehr als ein Teich,<br />
<strong>der</strong> tiefblau im Wald schimmert. Doch auf den<br />
ersten Blick sollte man sich beim Blautopf nicht verlas-<br />
sen. Dass in dieser Karstquelle bei Ulm etwas verborgen<br />
sein müsse, ahnte man seit Jahrhun<strong>der</strong>ten. Immerhin<br />
sprudeln hier ungeheure Wassermassen aus dem Boden.<br />
Mit bis zu 32 000 Litern pro Sekunde ist es eine <strong>der</strong><br />
ergiebigsten Quellen Europas. Und mit 21 Metern ist <strong>der</strong><br />
kleine See verblüffend tief. Woher kommt das Wasser,<br />
das einen ganzen Fluss speist? Wie findet es seinen Weg<br />
in den Blautopf? Erste Antworten finden sich in den 60er-<br />
Jahren. Taucher wagen sich ins Wasser. Und sie können<br />
nur staunen: Unter dem Blautopf öffnet sich ein riesiges<br />
Höhlensystem. Bis heute ist die Erforschung <strong>der</strong> Blau-<br />
topfhöhlen nicht abgeschlossen. Die Tauchgänge sind<br />
lebensgefährlich, mehrfach gab es Tote. Doch immer wie-<br />
<strong>der</strong> wagen sich Expeditionen für mehrere Tage in die Tie-<br />
fe. Das Höhlensystem ist nicht komplett geflutet. Die Tau-<br />
cher stießen auf riesige Hallen voller Tropfsteine und auf<br />
unterirdische Seen, die sie mit Booten befahren können.<br />
Bis jetzt ist <strong>der</strong> erkundete Bereich etwa zehn Kilometer<br />
lang. Wegen <strong>der</strong> großen Gefahr kommen die Forscher<br />
nur langsam voran. Niemand weiß, was sie in dem riesi-<br />
gen unterirdischen Labyrinth finden werden.<br />
MIRKO HERR<br />
QUICKLINK ! SCHLAGWORT: 0910MYSTISCHEORTE<br />
Der schnelle Weg zu vielen weiterführenden Informationen<br />
zum Thema: Einfach das Schlagwort in das entsprechende Feld auf<br />
www.welt<strong>der</strong>wun<strong>der</strong>.de eingeben.
Ici) weiß, was<br />
du vorhast<br />
Wie lange wird es noch Geheimnisse geben? Wie oft gelingt es noch, beim Lügen<br />
nicht ertappt zu werden? Derzeit arbeiten Wissenschaftler verschiedener Forschungs-<br />
richtungen daran, unser Gehirn zu entschlüsseln. Das Ziel: unsere Gedanken in naher<br />
Zukunft lesbar zu machen. Doch schon jetzt ist es möglich, die geheimen Absichten<br />
eines Menschen zu erkennen. wdw verrät in einem Test, wie das funktioniert
Eine Spezialeinheit, die immer schon im Voraus<br />
111 weiß, wann und wo ein Verbrechen geschieht. Täter<br />
landen im Gefängnis, bevor sie ihren Opfern auch nur<br />
begegnen. Im Jahr 2002 war <strong>der</strong> Film „Minority Report"<br />
mit Tom Cruise pure Science-Fiction. Heute, acht Jahre<br />
später, hat die Wissenschaft dafür gesorgt, dass aus <strong>der</strong><br />
Fiktion Realität geworden ist. Die Mauern unseres Ge-<br />
hirns sind unser einziger Schutz vor <strong>der</strong> <strong>Welt</strong> und zugleich<br />
eine <strong>der</strong> letzten Grenzen <strong>der</strong> Wissenschaft. Sie zu über-<br />
winden versuchen Forscher gleich mehrerer Disziplinen:<br />
Mediziner, Neurologen, Psychologen und Ingenieure ar-<br />
beiten daran, unsere Gedanken lesbar zu machen. Ers-<br />
te Erfolge gibt es bereits; und das Tempo, in dem weiter-<br />
führende Entdeckungen gemacht und neue Technologien<br />
wie <strong>der</strong> funktionelle Magnetresonanztomograf entwickelt<br />
werden, ist rasant. Schon rüsten Sicherheitsfirmen und<br />
die Personalabteilungen großer Unternehmen auf, um<br />
Menschen zu scannen. Die Verän<strong>der</strong>ungen für unser Le-<br />
ben werden weitgreifend sein. Die Frage, ob jemand weiß,<br />
was ein an<strong>der</strong>er vorhat, wird immer öfter mit Ja beantwor-<br />
tet werden.<br />
Die Entdeckungen <strong>der</strong> Neurologie sind bereits im Begriff,<br />
ein neues Zeitalter <strong>der</strong> Strafverfolgung einzuleiten. Ge-<br />
hirn-Scans könnten schon bald mit Sicherheit belegen,<br />
wer lügt und wer die Wahrheit sagt. „Neuro Law" kann<br />
aber noch viel mehr bedeuten. Verbrecher sollen aufge-<br />
spürt werden, bevor sie ihre Taten begehen. Mehr als 24<br />
amerikanische Universitäten beteiligen sich an einem Pro-<br />
jekt für Rechts- und Neurowissenschaften, dem Law and<br />
Neuroscience Project. Dort machen Hirnforscher Juris-<br />
ten mit den Möglichkeiten ihrer Wissenschaft vertraut.<br />
Dazu Adina Roskies vom Dartmouth College: „Neurowis-<br />
senschaften können es möglich machen, mit einiger Ge-<br />
nauigkeit den Inhalt von Gedanken zu bestimmen."<br />
SIND GEDANKENLESER SCHON IM EINSATZ?<br />
In den USA bekommen Sicherheitsbeamte spezielle<br />
Schulungen, um die Absichten von Terroristen zu erkennen<br />
Je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> letzten Zeit auf einem US-Flughafen für<br />
einen Flug eingecheckt hat, hat wahrscheinlich schon ei-<br />
nen Gedanken-Scan hinter sich. Dafür sorgen 3000 Be-<br />
haviour Detection Officers. Das sind Beamte <strong>der</strong> Ver-<br />
kehrssicherheitsbehörde TSA mit einer Spezialschulung<br />
zum - Gedankenleser. Die Supercops haben gelernt, ih-<br />
re Mitmenschen genau zu beobachten. Sie können Hun-<br />
<strong>der</strong>te von auffälligen Verhaltensweisen identifizieren und<br />
exakt bestimmten Absichten zuordnen. Fast genauso gut<br />
wie ein Lügendetektor können sie erkennen, ob ein<br />
Mensch gerade beson<strong>der</strong>s aufgeregt ist, etwas zu ver-<br />
bergen hat o<strong>der</strong> mit <strong>der</strong> eiskalten Entschlossenheit eines<br />
Selbstmordattentäters durch das Terminal spaziert.<br />
Schon mehr als 1000-mal klickten die Handschellen, weil<br />
die Gedankenpolizisten glaubten, einen Verdächtigen zu<br />
erkennen. Meist sind es allerdings keine Terroristen, son-<br />
<strong>der</strong>n Schmuggler o<strong>der</strong> illegale Einwan<strong>der</strong>er. Mastermind<br />
dieses Gedankenlese-Programms ist <strong>der</strong> Psychologe<br />
ga ❑ 2Ö weit <strong>der</strong> wun<strong>der</strong><br />
Paul Ekman, <strong>der</strong> bis zu seiner Pensionierung an <strong>der</strong> Uni-<br />
versity of California in San Francisco lehrte und forsch-<br />
te. Ekman ist <strong>der</strong> weltweit führende Experte, <strong>der</strong> den Zu-<br />
sammenhang zwischen Emotionen und Gesichtsausdrü-<br />
cken erforscht hat. „Mit ausreichend Training kann je<strong>der</strong><br />
lernen, die Emotionen und Absichten seiner Mitmenschen<br />
zu erkennen", sagt er. Ekmans entscheidende Entde-<br />
ckung sind die sogenannten Mikroexpressionen - winzi-<br />
ge Verzerrungen des Gesichts, die nur Sekundenbruch-<br />
teile lang gezeigt werden und die wahren Gedanken<br />
verraten. Ekman hat außerdem einen Katalog aller Emo-<br />
tionen mit den dazugehörigen Gesichtsverän<strong>der</strong>ungen<br />
erstellt, Muskel für Muskel. Sein Lebenswerk hat über<br />
1000 Seiten. Heute ist er Berater von CIA, FBI und TSA.<br />
WERDEN UNS COMPUTER DURCHSCHAUEN?<br />
Wahrscheinlich sind PCs sogar die besseren Gedankenleser<br />
Wenn John Kircher einem Menschen in die Augen schaut,<br />
sollte man besser nicht versuchen, ihn anzuschwindeln.<br />
Schließlich ist <strong>der</strong> Psychologe ein Experte dafür, an den<br />
Augen eines Menschen dessen Absichten abzulesen.<br />
„Das funktioniert sogar besser als bei einem gewöhnli-<br />
chen Lügendetektor. Und dabei stehen wir erst am An-<br />
fang", sagt <strong>der</strong> Forscher von <strong>der</strong> University of Utah. Er<br />
beobachtet die Augenbewegungen seiner Versuchsper-<br />
sonen mit einer Spezialkamera. Ein Computer wertet<br />
dann aus, wie sich die Pupillen verhalten und in welche<br />
Richtung sich die Augen bewegen o<strong>der</strong> wie lange sie an<br />
einem Punkt verharren. Noch arbeitet Kircher ausschließ-<br />
lich im Labor. Aber er hat schon jetzt eine Partnerschaft<br />
mit einem Sicherheitsunternehmen angeschoben. Das<br />
Geschäftsmodell: Überwachungskameras, die die Ab-<br />
sichten eines Menschen erkennen können. Sie könnten<br />
einen Alarm auslösen, lange bevor <strong>der</strong> Bankräuber sei-<br />
ne Waffe zöge. Und gewiss würden sie zuerst an Flughä-<br />
fen eingesetzt, um nach Terroristen zu suchen. Man kann<br />
die Geräte noch mit einer Wärmebildkamera kombinie-<br />
ren, um die Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Körpertemperatur zu mes-<br />
sen. Solche Kameras könnten auch blitzschnelle Verän-<br />
<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Hautfarbe erfassen, die bei starken Emotio-<br />
nen auftreten.<br />
KANN JEDER GEDANKEN LESEN?<br />
Wir haben spezielle Neuronen im Gehirn, die es uns<br />
erlauben, die Gefühle an<strong>der</strong>er Menschen nachzuempfinden<br />
Während Hirnforscher vor allem mit aufwendiger Techno-<br />
logie versuchen, die Gedanken von Menschen ganz prä-<br />
zise zu erfassen, sind wir alle eigentlich ständig mit dem<br />
Gedankenlesen beschäftigt. Bei je<strong>der</strong> Begegnung stel-<br />
len wir mehr o<strong>der</strong> weniger bewusst Vermutungen darü-<br />
ber an. was unser Gesprächspartner gerade denken mag.<br />
Ohne diese Ansätze zum Gedankenlesen wäre ein funk-<br />
tionierendes Sozialleben gar nicht möglich. Wenn wir bei<br />
einem Freund tiefe Traurigkeit wahrnehmen, werden wir<br />
entsprechend darauf reagieren und damit auch die<br />
Freundschaft festigen. Erst seit Kurzem ist bekannt, wie
7<br />
1171"..+<br />
tyria<br />
diese Prozesse funktionieren. Dahinter, so<br />
DER<br />
TRAUERBLICK<br />
Echte Trauer zeigt sich<br />
an den Augenbrauen.<br />
Das Gefuhlszentrum im<br />
Gehirn sorgt dafür. dass<br />
wir die Braueninnenseiten<br />
nach oben ziehen.<br />
wird zumindest angenommen, stecken die Spiegel-<br />
DER NASENZUG<br />
Wenn wir unzufrieden<br />
sind, ziehen wir die<br />
Nasenflügel nach oben.<br />
Das dauert nur WIlisekunden,<br />
doch damit<br />
wurde das Gefühl eindeutig<br />
verraten.<br />
DER<br />
ZUNGENSTRICH<br />
So kann sich ein<br />
Terrorist verraten: Wer<br />
das Gefühl hat, nicht<br />
erwischt worden zu<br />
sein, streicht mit <strong>der</strong><br />
Zunge über die Lippen.<br />
neuronen, die von dem italienischen Forscher Giacomo<br />
Rizzolatti entdeckt wurden. Noch ist die Forschung bei<br />
Weitem nicht abgeschlossen, aber Neurologen vermu-<br />
ten, dass die Spiegelneuronen ein eigenes komplexes<br />
Netzwerk in unserem Gehirn bilden. Wirklich wahrneh-<br />
men können wir nur die körperlichen Anzeichen einer<br />
Emotion: die Stimmlage, die Gesichtszüge, die Körper-<br />
haltung, die scheinbar automatisch mit Traurigkeit o<strong>der</strong><br />
Wut einhergeht. Auf diese Wahrnehmung reagieren die<br />
Spiegelneuronen, indem sie in unserem Gehirn genau die<br />
Zentren aktivieren, die auch bei unserem Gesprächs-<br />
partner aktiv sind. Plötzlich spüren wir selbst die Traurig-<br />
keit unseres Gegenübers, wenn auch schwächer ausge-<br />
prägt. Um die Spiegelneuronen möglichst wirksam zu<br />
nutzen und so Gedanken lesen zu können, muss man die<br />
körperlichen Anzeichen, die Gedanken verursachen kön-<br />
nen, kennen. Je besser man sich mit ihnen vertraut<br />
macht, desto besser funktioniert das Gedankenlesen. Die<br />
wichtigsten Regeln verrät <strong>der</strong> wdw-Test „Wie gut kann<br />
ich Gedanken lesen" ab Seite 32. MIRKO HERR<br />
Wie arbeiten<br />
Wahrheits-<br />
zauberer?<br />
p aul<br />
Ekman ist beinahe so etwas wie <strong>der</strong> Papst<br />
<strong>der</strong> Gedankenleser. Er gilt als einer <strong>der</strong> wich-<br />
tigsten Psychologen unserer Zeit und wurde<br />
vom ..Time Magazine" zu einem <strong>der</strong> 100 einflussreichs-<br />
ten Männer ernannt. Als Ekman vor etwa 50 Jahren mit<br />
seiner Arbeit über den Zusammenhang zwischen Ge-<br />
sichtsausdrücken und Emotionen begann. hatte er<br />
quasi die gesamte Psychologengemeinde gegen sich.<br />
Damals galt das Dogma: Die mimischen Reaktionen<br />
auf eine Emotion werden ganz stark von <strong>der</strong> Kultur ge-<br />
prägt. Damit wäre das „Lesen" in Gesichtern unmög-<br />
lich gewesen. Doch Ekman war gegen das Dogma.<br />
Sein Lebenswerk ist das Facial Action Coding System.<br />
ein über 1000 Seiten dickes Manual. In diesem Hand-<br />
buch listet er für jede Emotion genau auf. welche Ge-<br />
sichtsmuskeln wie an <strong>der</strong> Darstellung <strong>der</strong> Emotion be-<br />
teiligt sind. Mithilfe dieses Manuals und sehr viel Trai-<br />
ning kann man tatsächlich fast zum Gedankenleser<br />
werden und erkennen. was ein Gegenüber wirklich<br />
empfindet. Dabei sind beson<strong>der</strong>s sogenannte Mikro-<br />
expressionen verräterisch. die nur wenige Millisekun-<br />
den dauern und nicht kontrolliert werden können. Ek-<br />
man ist es bei seinen Studien auch gelungen. soge-<br />
nannte Truth Wizzards zu identifizieren. Das sind Men-<br />
schen mit <strong>der</strong> angeborenen Gabe. Mikroexpressionen<br />
zu lesen. Dadurch können sie mit 90-prozentiger Si-<br />
cherheit Lügner erkennen. Inzwischen hat Hollywood<br />
den Wissenschaftler entdeckt. Die Fernsehserie ..Lie<br />
to me" basiert auf Ekmans Forschungen.<br />
GEDANKENLESER<br />
Paul Ekman entdeckte die<br />
Mikroexpressionen - winzige<br />
Gesichtsausdrücke. die unsere<br />
Gedanken verraten.
Wie erkennt man<br />
Psychopathen?<br />
ie haben kein Mitgefuhl. kein Gewissen,<br />
sie manipulieren ihre Mitmenschen. und<br />
manchmal töten sie sie auch - Psychopa-<br />
then sind die wohl gefahrlichsten psychisch Kranken<br />
uberhaupt. Und Kent Kehl arbeitet jeden Tag mit ih-<br />
nen...Obwohl Psychopathen in den USA nur ein Pro-<br />
zent <strong>der</strong> Bevolkerung ausmachen. veruben sie 30 Pro-<br />
zent aller Verbrechen - nicht nur Morde, son<strong>der</strong>n auch<br />
Raubüberfalle und extrem teure Wirtschaftsdelikte".<br />
sagt er. Deshalb ist es kein Wun<strong>der</strong>. dass Kiehl seine<br />
Versuchspersonen vor allem in Hochsicherheffsgefäng-<br />
nissen findet. Er durchleuchtet mithilfe von Kernspin-<br />
tomografen die Gehirne <strong>der</strong> Psychopathen. Schon jetzt<br />
hat er wichtige Entdeckungen gemacht. ..Wir konnen<br />
ganz klar nachweisen. dass die emotionalen Struk-<br />
turen im Gehirn. das sogenannte limbische und para-<br />
limbische System. bei Psychopathen gestort sind".<br />
erklart er. Sein großes Ziel: Psychopathen einzig und<br />
allein mit einem Gehirn-Scan zu erkennen - moglichst<br />
bevor sie schwere Straftaten begehen. Bei an<strong>der</strong>en<br />
psychischen Krankheiten. wie z. B. <strong>der</strong> Schizophrenie.<br />
ist das schon moglich. Wenn so ein Psychopathen-<br />
Scan gelänge. bekame man damit klare Hinweise auf<br />
die Vorhaben eines Menschen...Der durchschnittliche<br />
Psychopath hat vier Gewaltverbrechen begangen. be-<br />
vor er 40 Jahre alt ist. Und innerhalb weniger Jahre<br />
werden wir in <strong>der</strong> Lage sein. Psychopathen eindeutig<br />
zu identifizieren", sagt Kiehl. Eine solche Entdeckung<br />
wird aber schwierige Fragen aufwerfen. Denn obwohl<br />
je<strong>der</strong> Psychopath seinen Mitmenschen Schaden zu-<br />
fügt, wird er doch nicht unbedingt zum Verbrecher. Darf<br />
man ihn trotzdem von <strong>der</strong> Polizei überwachen lassen<br />
o<strong>der</strong> zu einer Therapie zwingen? Es könnte sogar zu<br />
einem vollkommen neuen Verstandnis von Verbrechen<br />
fuhren. Kehl vergleicht Psychopathen mit Schizophre-<br />
nen. die ebenso krank, aber viel weniger gefahrlich<br />
sind: ..Dle Schizophrenieforschung bekommt trotzdem<br />
hun<strong>der</strong>tmal mehr Forschungsgel<strong>der</strong>. Die Gesellschaft<br />
sieht in Schizophrenen Opfer. in Psychopathen Raub-<br />
tiere. Nur Schizophrenen bringen wir Empathie entge-<br />
gen.- Ein großes Problem: Fur Psychopathie gibt es<br />
momentan keine wirkungsvolle Therapie. Aber auch<br />
das will <strong>der</strong> Forscher mithilfe seiner Entdeckungen an-<br />
<strong>der</strong>n. Sein großer Traum: „Wir konnten Medikamente<br />
entwickeln. die genau in <strong>der</strong> betroffenen Hirnregion an-<br />
setzen. Wenn wir nur funf Prozent <strong>der</strong> Psychopathen<br />
heilen konnten. wurde das <strong>der</strong> Gesellschaft enormen<br />
Nutzen bringen und vielen Menschen das Leben retten."<br />
PSYCHOPATHEN-<br />
SOAN<br />
Auf Gehirn-Scans lasst<br />
sich die Aktivitat aller<br />
Hirnbereiche beobachten.<br />
Psychopathen-Gehirne<br />
haben ganz spezifische<br />
Muster. mittels <strong>der</strong>er man<br />
die Storung diagnostizieren<br />
kann.<br />
BLICK INS GEHIRN<br />
Kent Kiehl von <strong>der</strong> University of<br />
New Mexico ist Experte fur die<br />
Untersuchung von psychisch<br />
Kranken via Kernspintomografie.
Wie durchschauen wir<br />
unsere Mitmenschen?<br />
G<br />
edanken lesen ist eigentlich keine Kunst. Immer,<br />
wenn wir uns mit einem an<strong>der</strong>en Menschen<br />
unterhalten, stellen wir Vermutungen<br />
darüber an, wie er sich gerade fühlt. Wenn ich den Ein-<br />
druck habe, dass ein Freund traurig ist, werde ich an-<br />
<strong>der</strong>s mit ihm sprechen, als wenn er wütend zu sein<br />
scheint. Wie schaffen wir es, uns so sehr in unsere Mit-<br />
menschen hineinzuversetzen? Wir können zumindest<br />
ahnen, was sie fühlen. Das gelingt nur dank <strong>der</strong> Spiegel-<br />
neuronen, die <strong>der</strong> Neurologe Giacomo Rizzolatti ent-<br />
deckt hat. Wenn wir einen Vorgang beobachten, lösen<br />
die Spiegelneuronen in unserem Gehirn die gleichen Rei-<br />
ze aus, die entstehen würden, wenn wir den Vorgang<br />
selbst durchführten. Rizzolatti hat die Spiegelneuronen<br />
bei Studien zur Bewegungssteuerung entdeckt. Wenn<br />
wir eine Handbewegung sehen, sind in unserem Gehirn<br />
die gleichen Bereiche aktiv, als wenn wir selbst unsere<br />
Hand bewegten. Die Aktivität ist zwar schwächer, aber<br />
deutlich nachweisbar. Und wenn wir bei einem an<strong>der</strong>en<br />
Menschen Traurigkeit beobachten, ist auch in unserem<br />
Gehirn Traurigkeit angesagt. Nach Rizzolattis Entde-<br />
Was verraten unsere<br />
Augen über uns?<br />
J<br />
ohn Kircher ist ein Experte dafür, an den Augen<br />
Emotionen und Lügen zu erkennen. Dafür<br />
nutzt er eine spezielle Kamera, die genau<br />
festhält, wie sich die Augen bewegen, wenn eine<br />
Person beson<strong>der</strong>s aufgeregt ist o<strong>der</strong> gar Lügen erzählt.<br />
Das verräterischste Zeichen sind Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Pu-<br />
pillen, die sich zusammenziehen o<strong>der</strong> erweitern. „Die Er-<br />
gebnisse unserer Experimente sind großartig", sagt Kir-<br />
chen „Unsere Methode ist genauso gut o<strong>der</strong> besser als<br />
die üblichen Lügendetektoren. Und wir sind noch in <strong>der</strong><br />
frühesten Entwicklungsphase dieser neuen Methode des<br />
Gedankenlesens." Im Prinzip scannen die Forscher ei-<br />
ne Person nach Zeichen beson<strong>der</strong>er geistiger Anstren-<br />
gung ab. Sie gehen davon aus, dass Lügen und Täu-<br />
schungsversuche mit mehr Anstrengung verbunden sind<br />
als Offenheit und Ehrlichkeit. Diese neue Technologie ist<br />
so vielversprechend, dass sich Kircher Partner in <strong>der</strong><br />
Wirtschaft gesucht hat. Das Ziel sind völlig neuartige Si-<br />
cherheitskameras. Sie könnten an Flughäfen nach Ver-<br />
dächtigen Ausschau halten und Terroristen entlarven.<br />
Um die Systeme noch verlässlicher zu machen, könnte<br />
WURZEL<br />
DER<br />
EMPATHIE<br />
Spiegelneuronen<br />
ermöglichen<br />
es uns, die Emotionen<br />
an<strong>der</strong>er<br />
Menschen nachzuempfinden.<br />
ckung sind die<br />
Spiegelneuronen .0›.<br />
eines <strong>der</strong> heißes-<br />
ten Forschungs- ‚U<br />
ar igge eih_<br />
gebiete <strong>der</strong> Neu-<br />
rologie gewor-<br />
den. Immerhin kann man durch Training seine Fä-<br />
higkeit des Gedankenlesens nachweislich verbessern.<br />
Seit den Terroranschlägen von 9/11 haben Geheimdiens-<br />
te daran ein großes Interesse. Aber auch Wirtschafts-<br />
unternehmen geben dafür Geld aus. Sie heuern schon<br />
heute speziell trainierte Gedankenleser für wichtige Ver-<br />
tragsverhandlungen an.<br />
MITGEFÜHLSMEISTER<br />
Giacomo Rizzolatti von <strong>der</strong><br />
Universität Parma in Italien<br />
entdeckte die Spiegelneuronen<br />
rein zufällig.<br />
man sie zusätzlich mit einem Infrarotsystem aufrüsten.<br />
Dann könnten die Kameras auch Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong><br />
Körperwärme registrieren. Es ist sehr wahrscheinlich,<br />
dass wir alle bald in das Visier solcher Wahrheits-Kame-<br />
ras geraten.<br />
BLICK IN DIE AUGEN<br />
John Kircher beherrscht viele<br />
Methoden, unsere Gedanken zu<br />
erkennen. Sein größter Erfolg:<br />
<strong>der</strong> Augenscanner. .<br />
FENSTER<br />
ZUR SEELE<br />
Computergesteuerte<br />
Kameras<br />
können unsere<br />
Pupillen und <strong>der</strong>en<br />
Bewegungen ganz<br />
genau vermessen<br />
und so unsere<br />
Gefühle erkennen.
Haben Soldaten<br />
bald telepathische<br />
Fähigkeiten?<br />
elepathie. Gedankenübertragung - das klingt<br />
nach purer Science-Fiction. Ist es aber nicht.<br />
Schon heute können gelähmte Menschen mit<br />
ihren Gedanken einen Computer o<strong>der</strong> einen Rollstuhl<br />
steuern. Ein Elektroenzephalogramm (EEG) misst Mus-<br />
ter in Hirnströmen, und die Menschen haben gelernt.<br />
bestimmte Muster zu bilden, die ein Computer als Be-<br />
fehl interpretiert, etwa ..Rollstuhl nach rechts fahren".<br />
Nichts ist einfacher, als einen solchen Gedankenbefehl<br />
per Funk auf einen an<strong>der</strong>en Menschen zu übertragen.<br />
Genau das ist Telepathie. Michael D'Zmura will die<br />
Technik perfektionieren - im Auftrag des US-Militärs.<br />
Er hat gerade vier Millionen Dollar Forschungsgel<strong>der</strong><br />
von <strong>der</strong> DARPA. <strong>der</strong> Forschungsabteilung des Penta-<br />
gons. bekommen. Sie hofft, dass sich Soldaten auf dem<br />
Schlachtfeld künftig per Gedankenübertragung verstän-<br />
digen können. Schon heute gibt es EEG-Helme, mit de-<br />
nen man Computerspiele steuern kann. Ein ähnlicher<br />
Helm könnte Soldaten die Telepathie ermöglichen.<br />
D'Zmura sucht nach bestimmten Mustern im EEG. Die<br />
Muster tauchen immer dann auf, wenn ein Mensch an<br />
Wie verräterisch<br />
ist die Schrift?<br />
D ass Handschriften etwas über die Persönlichkeit<br />
eines Menschen verraten. galt lange als<br />
anerkannte Lehrmeinung, wird inzwischen<br />
aber immer stärker in Zweifel gezogen. Trotzdem ist<br />
es den israelischen Forschern Gil Luria und Sara Ro-<br />
senblum gelungen, mithilfe einer Schriftanalyse etwas<br />
über unser Denken zu erfahren. Zumindest konnten sie<br />
erkennen. ob jemand die Wahrheit sagt o<strong>der</strong> lügt. Bei<br />
<strong>der</strong> Analyse geht es allerdings nicht um die Hand-<br />
4%.
ein bestimmtes Wort denkt. Ein kleiner Computer kann<br />
die Muster erfassen und in eine Nachricht umwandeln.<br />
die dann vom Funkgerät des Soldaten übertragen wird,<br />
ganz ähnlich wie eine SMS. Der Empfänger würde so-<br />
fort wissen. was <strong>der</strong> Sen<strong>der</strong> denkt. Die Soldaten wären<br />
auf einer neuronalen Ebene miteinan<strong>der</strong> vernetzt und<br />
könnten blitzschnell Befehle austauschen. Um eine<br />
komplette telepathische Unterhaltung zu führen, sind<br />
wohl noch einige Jahre Forschungsarbeit nötig. ..Es<br />
braucht viel Training. bevor die Soldaten mit so einer<br />
Apparatur Nachrichten übertragen können. Anfangs<br />
werden sie nur vorgegebene Stichworte absenden. et-<br />
wa ‚Angriff!". sagt D'Zmura. Eine an<strong>der</strong>e Möglichkeit.<br />
die heute schon fast möglich ist: Der Gedankenleser<br />
kann unterbewusste Signale für Gefahr erfassen. die<br />
im Gehirn auftauchen. bevor das Bewusstsein sie verar-<br />
beitet hat. Sobald auch nur ein Soldat eines Platoons<br />
unterbewusst eine Gefahr wahrnimmt, könnten alle Ka-<br />
meraden informiert werden. Die vernetzten Gehirne <strong>der</strong><br />
Kämpfer würden im Gleichklang agieren.<br />
reg<br />
SMS AUS DEM GEHIRN<br />
Michael D'Zmura forscht mit<br />
Gel<strong>der</strong>n des Pentagons an <strong>der</strong><br />
University of California in Irvine.<br />
Ziel: Gedankenübertragung.<br />
schrift, son<strong>der</strong>n um das Verhalten während des Schrei-<br />
bens. Die Forscher ließen ihre Versuchspersonen auf<br />
einem Touchscreen schreiben, ähnlich wie bei einem<br />
iPad. Ein Computer analysierte dann Parameter wie<br />
den Druck des Stiftes, die Zeit, die das Schreiben ein-<br />
zelner Wörter und Zeichen in Anspruch nahm, wie lan-<br />
ge <strong>der</strong> Stift auf dem Bildschirm war o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Luft<br />
schwebte. Solche Indizien lassen sich kaum willent-<br />
lich steuern und verraten sehr viel über die Einstellun-<br />
gen des Schreibers zu seinem Text. Ansatzweise kann<br />
man eine solche Analyse auch ohne Computerhilfe<br />
durchführen. Der Druck eines Stiftes auf dem Papier<br />
lässt sich durchaus erkennen, auch die Schreibge-<br />
schwindigkeit und die Verweildauer bei einzelnen Wör-<br />
tern zeigt sich bei Schreibgeräten wie dem Füller an<br />
<strong>der</strong> Menge <strong>der</strong> hinterlassenen Tinte. Und die Buchsta-<br />
ben werden höher und breiter, wenn <strong>der</strong> Schreiber lügt.<br />
Wer sich beim Schreiben also nicht durchschauen lassen<br />
will, sollte besser zum Kuli greifen.<br />
SCHRIFTGELEHRTE<br />
Die Forscherin Sara Rosenblum<br />
von <strong>der</strong> Universität Haifa in Israel<br />
kann an <strong>der</strong> Handschrift Absichten<br />
eines Menschen erkennen.<br />
GEHIRN EINES LÜGNERS<br />
Die Magnetresonanztomografie zeigt: Dieser<br />
Mensch lügt. Die Aktivität in den roten<br />
Gehirnarealen ist ein klarer Hinweis darauf.<br />
Wie viel wissen die<br />
Geheimdienste?<br />
E<br />
ric Haseltine hat eine ziemlich ungewöhnliche<br />
Karriere hinter sich. Nachdem er an US-<br />
Elite-Universitäten Psychologie studierte und<br />
in <strong>der</strong> Hirnforschung promovierte, ging er erst einmal in<br />
die Rüstungsindustrie, wechselte dann zur Walt Disney<br />
Company, wo er Experte für virtuelle Realitäten wur-<br />
de, um danach beim Geheimdienst NSA anzuheuern.<br />
Schließlich wurde er wissenschaftlicher Berater aller US-<br />
Geheimdienste. Niemand weiß mehr über die Tricks von<br />
CIA und Co. als Haseltine. Und er weiß, wie gut die Spio-<br />
ne Gedanken lesen können. Natürlich verrät Haseltine<br />
nicht alles, was er weiß, aber er ist überzeugt: „Es ist fast<br />
unvermeidlich, dass wir mit den Neurowissenschaften<br />
schon bald an einen Punkt kommen, wo wir genau he-<br />
rausfinden können, was eine Person denkt, ohne dass<br />
die Person merkt, dass wir ihre Gedanken lesen." Die<br />
Wissenschaftler <strong>der</strong> Geheimdienste kennen natürlich al-<br />
le Technologien. die an Universitäten entwickelt werden,<br />
und nutzen sie auch: „Magnetresonanztomografie, Au-<br />
genkameras, Infrarotdetektoren, Mikroexpressionen, wir<br />
haben für alles Experten. Wir können sogar mit Radarge-<br />
räten Ihren Puls messen, ohne dass Sie es merken", sagt<br />
Haseltine. Noch ist es nicht ganz so weit. Wenn man Ha-<br />
seltine nach den besten Gedankenlesern fragt, ist seine<br />
Antwort: „Speziell trainierte Agenten. Noch kann unser<br />
Gehirn solche Aufgaben besser erfüllen als je<strong>der</strong> Compu-<br />
ter. Aber das wird nicht so bleiben. Bald werden wir Rech-<br />
ner haben, die Mikroexpressionen und Körpersprache<br />
besser identifizieren können als je<strong>der</strong> Mensch." Immer-<br />
hin macht Haseltine sich manchmal Gedanken, was das<br />
für die Zukunft bedeuten könnte: „Ich habe nicht wirklich<br />
Angst davor, aber die Möglichkeit des Gedankenlesens<br />
wird unsere Gesellschaft mit sehr schwierigen Proble-<br />
men konfrontieren. Einfache Lösungen gibt es nicht."<br />
FORSCHER DER SPIONE<br />
Eric Haseltine ist Berater <strong>der</strong><br />
Geheimdienstbranche und war<br />
Chefforscher aller US-Spione. Sein<br />
Spezialgebiet: Gedankenlesen.
TES WIE<br />
1. WIRD AUFFALLEND OFT<br />
GELÄCHELT? niNEIN<br />
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sppuosaq papti sa pun utrem uapuassnellp1Sa9 .19S1111 au)<br />
`awats uals3inpim pp sawa ulaq3ei se0 :9NM1117)1213<br />
2. WERDEN DIE AUGENBRAUEN<br />
OFT GEHOBEN? JA nNEIN<br />
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.3. GIBT ES BEIM LÄCHELN<br />
FÄLTCHEN? T-IJA r-INEIN<br />
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ICH LERNE<br />
GEDANKEN ZU LESEW<br />
5. WIRD MIT GESCHLOSSENEN<br />
LIPPEN GELÄCHELT? JA iNEIN<br />
i2aJa3;ne Japo uialtmitlas Japamwa Jauped Jqi pun qoa<br />
upqaei sep Ist ais uatme.viamuimuanv aip wn Ualp<br />
aip UalpeW pamsJawn uag -ualios uapJam wosnew3<br />
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Japo puis somau ais uuam `asiam asaip ;ne uatpsuao; uptim<br />
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ui3olopAsd atpsipeuem aip maitps '„uptipei same timt Ist<br />
uaddil uauassoitosa2 upoel awaim seg":9Nrwv-Didg<br />
6. ZEIGT DER KOPF NACH<br />
UNTEN? F-IJA NEIN<br />
uauaZia uawas ue `watids Isqlas Ja uuam Japo UnIOM<br />
1.13.1111 ue Japamwa qapamz Jaupedstpeidse Ja0 laPaPAZ<br />
uatpiazuv uta Jaqa 2unZiaugloy Jap u! lqais sJaHeM<br />
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Ja sem luawovt; wasaip u! tpis 1.2e1; Jaupedsqapdsa9 Jqi<br />
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sa wapaf ui .uauotwpJclialui apiipanosiawn<br />
sa wi3 uawn ll3EU sagloy sap 3unlaN inZ :9NIMV7Xt13<br />
7. WIRD DER KOPF MIT DER<br />
HAND ABGESTÜTZT? 1-11A<br />
.trautw9 Je3os Japo Japilua3nv apua4tris 'autiv appentosian<br />
puis assapwisag Jo; uatiotazuv atpiwap alapuv pueH pp<br />
2unweia8 Jap ui aaii pattpsJawn Jag assaJawi sappuosaq<br />
Je3os Japo liamtptimuappeN 431 uatpiazuv Jaqa sep Ist<br />
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Jaupedstpeidsa9 Jap uuam :waision Jaqv .uanettasqoinp nz<br />
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-assaJawi in; Jowmtpui piept up Ist glom Jac :9N(1dV7Mk13<br />
4. HEBEN SICH DIE 8. SCHEINT DIE NASE ZU<br />
WANGEN? NEIN JUCKEN? JA NEIN<br />
uaqatana Jait.pnaH ualiom sep<br />
neue -3qtpisioltun uapJam Jim pun Itaiwqa9 uattiiisod iiw<br />
uauoinaup3aids apsun uaJai3eai isuos uuag masaiswaisa9<br />
in; Ziqpim sppuosaq supqm uatosiel sauia 3unmeiw3<br />
aig lunian4s uawsnmaq Jap watu uaäaipawn tqamsnLA;<br />
uapuapiaqaswa aig uaJaitrowlapad nz upqm sapsie;<br />
uta wn 'uaqaq ua3uem awas wnem Jau3n-i apipuoissamd<br />
pp tone uuem pqa4a3wn uamarppJawn wpiu siiewaqa<br />
tpis wsei seg .uauem uauaqoqa3 aip puis uptim saltpa<br />
tria ;ne stamutH Jaännaputa Anum tri3 eNntltf7Mt13<br />
9,10 32 ..dpIt <strong>der</strong> wun<strong>der</strong><br />
rauärn uap sa minn `waitpsa2 3ipuels sa uuam Jaqe So'<br />
-s2unwapaq uazwa satieuaria ui3 uanan! nz aseN aip<br />
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Ist seg luniiamtpsaqame Pup nz wapJagne sep pqrm aseN<br />
pp uv lawiqqamp Amieis pJim aqama9 sep `uapam ineH<br />
Jap u! uatpiapv uaäin mag tpis ssep Itaqa3Ja uaqeq uaip<br />
-rqs aqast3oioniiN 13wetpsaq aseN Jawas Jautj aups<br />
uaJem awum oid iew-9z nz sis lmequa Jau3ni sie hisuimai<br />
Heg wnz uaJotpaA uap uowii3 ins UOLIOS tpIS wq ;wieg<br />
JamisseiN up ist aseN Jap UE uazwiN seg :9NMIV7)1213
Wie ehrlich ist ein Gesprächspartner? Drei bis fünf verdächtige Antworten<br />
genügen, und Sie sollten Ihrem Gegenüber besser misstrauen. Dann sind aller<br />
Wahrscheinlichkeit nach verborgene Absichten im Spiel: Betrug, Angst, Lüge.<br />
Die Erklärungen helfen bei <strong>der</strong> Interpretation<br />
9. NEIGT SICH DER KOPF NACH 13. IST DIE STIMME SEHR<br />
RECHTS? 1-11A nNEIN HOCH? r-- JA FiNEIN<br />
uaJa!laJclialu! neua3 3un3!auldo3 an) ti3IS ;ssel<br />
`uagacpeaq uauogow3 atonpa!q3sJamn uagiequi!ii uamaq<br />
aJasun ea was ualtp!sqv an4e3au aualumpan Jni uaq3laz<br />
wa mem sea ualos pun äunuuedsuv m;napaq Jaa!aua2<br />
S11133.1 113eU u!a `gamtmnpunaJj Japo ign;a3m ;3!az ;doN<br />
Jaa!aua3 smug yaeu tn3 uaqa3Ja ;again' ad!wqd uavadx3<br />
-aquidsJachou uaq3s!spzueJ; sap uawrns uaqeq sea un;<br />
-qapaun3!aN puap!aq3sm3 JÄ3 aatteig-apevy tn3oloq3<br />
-Xsg agos!peuem a!p CES '„ua3!au agas Jnz isiaw clom uawas<br />
Ja JIM Intinz 11 31 1Mie Puewar uamll :DlillIdt1731d3<br />
10. WIRD SEHR HÄUFIG<br />
GEZWINKERT? JA r--1NEIN<br />
uaJanioJluo4 gangtaue ;q3m qa!s Iss?' 3unp<br />
-unian asan3 tliamsnunammmz uap nz 'sunqa9 sap<br />
-uazsuonow3 wap 'elep3Xtuy Jap uon 3ungamanJaN aNanp<br />
ama sa ssep `uaqa3Ja uaqeq uaueg ue ua3untiansiamn<br />
s! uapuncpan Is3uv gut 3nnapma alenamwmz alqotpa aup<br />
ssep '12!aza3 q3!s ;et; uatmsuavy pun uaJau . gw uagansJaA ui<br />
uassnuu!aaqlqam uauuom sea uawdnd an) L1311Ell<br />
unl u!a ennla uuam IlapJam Isoia2sne xagag sie tuaenmz<br />
sep uuem uaänv Jap zmq3s wnz alio.nuoN Jaiun lzuaJ3aq Jnu<br />
nM uaqeq Japnuanv JaJasun tua4u!mz sea :9Nrwy-my3<br />
11. IST DIE SPRACHE<br />
AUFFALLEND LEISE? JA NEIN<br />
qaJnp Jaqa a3n1 an) Itia3 'ewata sagownad Japo sapuainap<br />
-aqun u!a !as sa aua3oiag Jap uuam as!ai uatpaids<br />
Jau3n1 apposa5 u!as ♦3pi u!a q3ne Jage uuem si iiej<br />
Jap uawatu uationtnad !aq 3!;neq 4s! seg uaia!dsnziaguati<br />
sewamq3eJcIsa9 sama Zurnnapag a!p `uatiansian uew<br />
uuem awanis uas!ai Jatna ualeman uaio!sqv mem a4<br />
a!p uoq3s eituogie3 waginas ÄgsJan!un Jap uon<br />
sseig ue111!1 upaq3sJoj-aq3eidsJadJoN an) 1.3es '„uauuamJa<br />
slaupedsq3mIsa9 satna a3eismwa9 a!p gaqJag3is Jalmaz<br />
-ald-gg nw JIM UaUlJOM aW11111S Jap puequv": 9N1121V7)1213<br />
lneipan puaq3!aJsne<br />
mo!ti uatng JaupedsgamIsa9 Jqi ssep liamapaq 431-1e<br />
aWWI1S motpa lgotai au) uuem `ptns uapuetpon uatmtazuv<br />
uaJapam aula>I uauonow3 atiolos in; uuam li300 '1)(3 aaueJj<br />
-apevy 43es '„;nm Japo 3unäagnv 'uo!legsrui sep ;fflapaq<br />
uau!awaiiv WI Jailuq3s 3un3ag uaJautn uaniels Jawa<br />
ssni;m3 wap Jamn pnm awunis a!g" g!am sa uew uuaM<br />
Jage 'uassnumaaq gainuawm Jemz 43IS 4ssei sea taqo yaeu<br />
aWWI1S a!p lqa3 muedsaue als uuam .panalsa3 Jrnei<br />
-nmsnwOwnqau Jap uon Num aqoqwwns :9N172IV7)1213<br />
14. WIRD DER REDEFLUSS<br />
LANGSAMER? nJA NEIN<br />
unqn Jet gtu inu uew ;JLilli<br />
-Jaqn a!s ua)f3o;s su! uapunmasnim uamJa2 Jau3n1 ain3<br />
istgas 22!aza2 uaJoNampuaäni uamawpadx3 !aq yane<br />
q3!s leg sea .nalligEnn a!p sie Ja!puamme Jaww! imaw<br />
pms uani apeJa3 one Jage Ja ani 1q3!allayi Jaupag uap<br />
Jnj ewaqi sa3pa!mq3s u!a wn q3egna 43!s sa gapueq as!aM<br />
-Jaq3n2ovy lagaia3wn ufflag wnz uapag won pJ!M a!3Jau3<br />
-Atm sJapuosaq unqa9 sep 1s! Ja!H -qospamian apag aw<br />
-esOuei a!p apeJa9 siaupag sap 3un3uagsuv aiemaw an; ne<br />
as!ammH pajap na)13!pu!mq3sa3q3aJcis a!CI :9/t/f1k/V7)1H3<br />
15. IST DIE ZUNGE HÄUFIG ZU<br />
SEHEN? JA nNEIN<br />
. puamm ;stlias qa!s ine is! Ja Japo 'was uapapmzun uautg<br />
uuem Jaupedstmeidsa9 tn3 . wq pgimom uaup Ine sep Isiam<br />
ist uagas nz 34ney illaS q3eidsa9 waula !aq a!s uuam . 3urn<br />
-napag asaw q3OU ;ssnmatpamn a3unz alp leg Jrnirm JaJasun<br />
u! istgas ua3!az a3unz upmini-42m uaq3s!puelaasnau wap<br />
-af !aq 113011 sa iinaq a3emzmaq `Mtuey wapaf nz a3unz Jap<br />
u93!az sep apoqa3 'spueleasnaN tpaugommain uap 'IJoevj<br />
uap !aq q3nv uaqaZia uasuedum3s pun segpo9 ue uaäurn<br />
-q3eqoag waJapue Jamn uaqeq sea apieqa2qoin aula a3unz<br />
Jap ualaz sep qa!ntp!tiasa3s3unppimm3 : 9Nn2IV7)1113<br />
12. IST DIE SPRACHE SEHR 16. RÖTEN SICH DIE WANGEN<br />
UNDEUTLICH? JA NEIN BEIM GESPRÄCH? JA NEIN<br />
uamqa3 ;q3!sJoA ;s! !ag<br />
-uage; pun gaste; sa uuam tgaton sep ;ne umaq we uew<br />
Imme `uamaq3sJamn nz uatualtiontms won Jamneuegioguom<br />
uap wn . uanastiomp uawm uatnas garte mem leg agoiluo)i<br />
iewup isia JaM pun ssei9 ne!lin Ples '„uag3suawi!Inl<br />
au!as Jaqn alloiluom gumuJaqn apuatpaitis as!ai Jag ualgq<br />
nz ua3uniogJapaw wn pun uawwomnziaqeu 'Liane ;agp!ild<br />
-Jan awwns aq3ios au!a Jaqv" gaquiagionos uon uaq3!az<br />
sie awunls aq3!nnapun 'as!ai aup JIM uaJanaJdJam! 14o pan<br />
-nclmew ganmana a!s uapJam Ja!H i3un;q3v :9NrIdV7M4Y3<br />
13SLJelAl Japaf sie Janaug3s pun JaneuaU<br />
q3!nuasam äungaeMJagfl Jap !aq seJaweN uapJam<br />
awalsAss3unq3emJaqn apuasaiufflepa3 in; aieu3!suneiv<br />
ualsänqa!m Jap watnanz uuem nneJadwamaguem agmtpa<br />
an] - uassepa seJawnlloJeJwi uauu94 sea L1311E to!s uaw<br />
-Jennia a!s 'inu it13!u q3!s ualoi ua3uem a!g un2uansuv pun<br />
mgsonJaN uon uaq3!azuv saJeim u!a puis ua3uem aiagpa9<br />
iaqeq ssnutn3 uatiagluawm uatna4 sep ine 'panalsa3<br />
wmAsuanJaN uawouoine won pnm ssnignig Jag ainiqqamp<br />
in3 slapuosaq Isi ua3uem JaJasun ineH :9N114YV7N213
17. GIBT ES HÄUFIGE BISSE AUF<br />
DIE LIPPEN? nJA riNEIN<br />
uaqapps autmez aip liattOSIMZ uaddn au] muawoiN was<br />
-a!p uatpsuaLN alayt I!aM ';ne mnu alS "uapmam prmawaq<br />
wnem apinM 2unmaBozman aw ssnw uaupmo massaq uamtmepa9<br />
au!as ma pam 'paz mauel 43!iquanv uatpaim uatpa ppm<br />
-mut( map pw qa!s ;sm Jatell mag ua2es paqmqem au] mtp!ti<br />
tputpatosmtmem ppm 'wem uaddn uap ;ne zmn)r Jal;JOA pun pos<br />
uammommeaq a2em3 auia mam :Up% sep ms! puap!atosmu3 ap<br />
-uemsnz amauu! ;ne as!amu!N au!am tpou mcineima tpalle uaileq<br />
-man Se(' autrez au) uatps!mz addpmaqg au) mapo -mamun au)<br />
lewtpa mapae mawup 2epiv mwupu nm" :9NMIV7Mt13<br />
18. VERÄNDERT SICH DIE<br />
ATEMFREQUENZ? JA NEIN<br />
ssamms uatpa4 als uapuudwa `uaqeq uasseau samtpapps<br />
u!am a!s eg uatnedotpAsd :apommuom mamun 2untpsnei mauia<br />
ua!z!pui amapue pun sasaw uaqeq uatpsuaky apiam mnN<br />
Ounwiej a!p Drums 2unmapipmamun aip gang tp!s ualemman<br />
a!s Liane Jagd uamapipmamun sindup uatpipadmom uap uauuom<br />
`maia!dsmamod al lauoissalomd emma `matpsnei apappemi ins igas<br />
inN mailautps sea uuep mtma2 a!s mapapJ 2unwmv a!p ;ne<br />
tp!s mäeitmos ssamis maie!zos Liane maqv gomsmanes 43111 madmom<br />
map mtpnemq 'uassnw uamtpni; mapo uaidwem uuam lunwmv<br />
amasun qa!s papueman ualuawowssamms uI :9Nrldt‚731d3<br />
19. VERÄNDERN SICH DIE<br />
PUPILLEN? JA NEIN<br />
izinua2 uamommamapuani manau äuni ♦ aimmu3<br />
au) mp; Nue sea uamtpeqoaq emawem unmanamsa2malndwo3<br />
matpa 11w all!dnd a!p qa!s Iss?' mn2 smapuosag ue ms2uv mapo<br />
mgpsonmaN uuep 12!az s3 apamtpluquapurplas mnu sa mmanep mig<br />
ualimawaq nz aiiidnd map uaqa!zinv sep wn `uassedlne neua2<br />
ua2a2ep uew ssnw qaemdsau uatmapOguie Lin lun2amm3 mai<br />
ianxas uon äuntpatpsmapaiäag sie tone 2unmapammaualodnd<br />
atpa ms! mequualma mn2 smapuosag uassepa massaq uoimenps<br />
aip uautmo ♦ 'Any su! mtman .111aW mue; uueg Ilall!dnd<br />
amasun tp!s umapamma uauo!menlispepaN IJI :9Nn2IV7)1213<br />
20. WIRD DAS EIGENE VER-<br />
HALTEN GESPIEGELT? JA NEIN<br />
ualrimd aiemmawsualietimaA amapam uew<br />
ssnw peislapamz WI uatp!amma nz aia!z aua29 wn Imannu<br />
maummed man!leindpiew tpa uuem sea u!a uapu!maqiqom m!w<br />
iaq tp!s mgams loam 2untpaini auiaw maummedstpemdsag u!aw<br />
ssep 'aqnei2 tp! pun mia2a!dsa2 uamieqman tpaw ssep<br />
'ammawaq qa! uuam tpas qansmansuo!meind!ueiN u!a llanE<br />
maqe uuem 2unia2a!dssuamietpaA ptps 2untpaiN maup mau<br />
-pedstpemdsau wap mpu J!M uuam 12emdasne smapuosaq Isl<br />
sea UaWLIelpell uatmasuer mamapue uagetimaA sep 24netm MOS<br />
J!M ssep `mplep ualos uauomnaula2a!ds a!Cl :9NM1V7)1d3<br />
4. Du willst<br />
';'mich - belügen<br />
wir <strong>der</strong> Wun<strong>der</strong><br />
21. FÄLLT SELTEN DAS<br />
WÖRTCHEN „ICH"? 11A 1—IUEIN<br />
imaizildwom ma2plam uam<br />
-uawoinr uasaw atpemds a!p pmim limanemq;ne ualepzedem<br />
alewaw ua2!n sep ea mmaimmsa2 matpeoia alles app Puls<br />
mwesa2sui Liasspul uawqaumaqn uamietpan mni Ounuom<br />
muemaA au) a!s ssep `umapuppan ais ualiom os uaBes als seM<br />
`wap uon topmautp tp!s uama!zuems!p mauln aw tmonemqa2<br />
-tpemds uaiewmou tu! sie mapuamman maualias uapmam „tpaw"<br />
mapo „tp!"a!m ammom :spiqa13 tpas lqansmamun waten<br />
uon unetimantpemds sep pun aixal meq sexai Xpsmaniun<br />
map von ma4eqauued sawer aolotpitsd Ja° :9N17dV7)I83<br />
22. WIRD AUGENKONTAKT<br />
VERMIEDEN? JA nNEIN<br />
uauualma mmemuomua2nv qamnp lqapi tp!s uassel uarn am<br />
-atpaim qams ia!ds wap ;ne la!n smapuosaq uauap !aq Imaryi —<br />
sap ameis-4nm uap :pm!M Itiansa2 pieluomuany man!sualui uap<br />
uon addne ualumwnsaq maup !aq Liane ssep `uapunma2snem<br />
-aq aunils uauom2 maup leg emeqmeg ques u! e!umopie3 ftm<br />
-!sman!un map uon oinedag epag u!2olotpitsd :43!smoA Jagd<br />
inetps uanv a!p tp Aue' uew map `uosmad matpa 2untpaiN a!p<br />
uew mai ssima2 maqe `uamnapaq u!asmqamman tplai2 mtp1u ssnw<br />
s3 Itmeaunz pun amedwÄs mp; uatp!az sa2unaptpa u!a ms!<br />
sep `uatias uanv an) auei 3ll!asuaZa 311 3 !S :9NMI11'7M2I3<br />
23. SENKEN SICH KURZ DIE<br />
AUGENLIDER? JA riNEIN<br />
ua2unmauup3 au!as ul ti3ne umapuos `uatmasuaiN<br />
satpa miamua)ruepag a!p u! >laug uatpa mnu mtp!u sapii sap<br />
2un2amag a!p pineima os pauu!ma ms2uv auatme2man laue!<br />
au9 ue tp!s uew uuam `ualammine tpne uuem s3 uapmam<br />
msola2sne uonenps allanPle a!p tpmnp 12tppaqun mtpiu ssnw<br />
uamuaspn sea umamtpmz u!a4 map 2unZamag a2iiewula<br />
auia msi s3 uanntps nz ue2mosauu!s samaimqapen u!as Issnm<br />
-aqmalun mtonsman madmom mag is2uv mn; uatpiaz sa4nap<br />
ula u!a ms! sea uamun qaeu pamtmaniquapunmas uatna in; tpis<br />
ufflas mappuanv :pautpszpiq mqa2 s3 :9Nndy7)by3<br />
24. PASST DAS VERHALTEN<br />
ZUR SITUATION? JA FiNEIN<br />
umassaqman 2unww!1s a!p pos uapu!maqitmom uon ua2!az<br />
sea luniddommong ampsod aup ine 2unugoii amssnmaqun<br />
a!p mmaams maffleg sne uas!amsualietpaA ampsod iewtpuew<br />
a!s msoi 'ppm mwwamtpsmaqn ualmag uange2au von a!s uuam<br />
atpÄsd map qansmans2unmmag u!a umapuos laiatmanail atpam<br />
ms! sea ma!pan apema2 weaj mtp itmomqo `uatmassne tp!pioniä<br />
JtiaSInaWOW uau9 mp; uauuom mueg map ;ne matpeilllequnj<br />
mmaams uonenps uatutmauaäueun matpa apema2 ma itmomqo 'al<br />
-qpiag annisod 11-11uatp!azuv uaqapmadmom alle 12!az tpsuavy<br />
1-1.1VniaA mamtpeqoas Puls letutpuevy :9N1121V7Md3<br />
BUCH TIPP<br />
.,Die Wahrheit über die Lüge" von Marie-France Cyr.<br />
191 S., Mo<strong>der</strong>ne Verlagsgesellschaft MVG, 4.99 Euro.<br />
etnär, »Klar cri." ruvrenr nn 1 A &IV fäll f<br />
ilL114111.111111. .7.nd-4YMa ‚Fun UUUUU lyncryi.ce_g_n<br />
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FOTOS: Image Sou rce, Rec ker, Carro ll, Alt, Williams/ Corbis ( 6); Pla in Pictu re ( 3); de Lossy, Schme lzer/ Getty Images ( 2); Be ll, Stege r, Guerin/ SPL/ Agentu r Focus ( 3); Univers ität Eppe ndo Allmedic; PR ( 5); Ste inmetz/ Agentu r Focus
Wie lebt es sich<br />
Axolotl:<br />
GRÖSSE: 23 bis 28 Zentimeter<br />
LEBENSRAUM: ausschließlich<br />
<strong>der</strong> Xochimilco-See (Mexiko)<br />
ALTER: in Gefangenschaft<br />
bis zu 28 Jahre
eigentlich ...<br />
. ..OHNE<br />
ERWACHSEN ZU WERDEN?<br />
Axolotl haben gut lachen, schon klar: Die mexikanischen<br />
Schwanzlurche dümpeln ihr Leben lang vergnügt im Larven-<br />
stadium vor sich hin. Für den Entwicklungssprung zum<br />
Salaman<strong>der</strong> fehlt ihnen nämlich das Schilddrüsenhormon<br />
Thyroxin — ein angeborener Defekt. Und zwar einer, <strong>der</strong> ewi-<br />
ge Jugend garantiert — mit ein paar wirklich netten Beigaben:<br />
Da sich ihre Zellen auf ewig in einem hoch teilungsfähigen<br />
Gedächtnis, Kiefer, Lunge,<br />
Wun<strong>der</strong> natur<br />
Geschlecht - alles überflüssiger<br />
Ballast! Wie fabelhaft man ohne<br />
angeblich lebenswichtiges<br />
Beiwerk über die Runden kommt,<br />
zeigen diese Ausnahmetalente<br />
des Tierreichs. Sie wissen ihr<br />
vermeintliches Defizit zu nutzen -<br />
und manche von ihnen tricksen<br />
damit sogar den Tod aus...<br />
Stadium befinden, können Axolotl ganze Gliedmaßen, Orga-<br />
ne und sogar Teile ihres Gehirns bei Schäden einfach erset-<br />
zen. Die Kehrseite: Da die Lurche nie auswachsen, können<br />
sie auch nie ihren heimischen See als stolze Salaman<strong>der</strong><br />
verlassen. Wobei das gar nicht so verlockend wäre — Sala-<br />
man<strong>der</strong> haben immerhin viele Fressfeinde. Und abgebissene<br />
Gliedmaßen ersetzen ist dann auch nicht mehr drin ...<br />
weit <strong>der</strong> wun<strong>der</strong>
Wie lebt es sich eigentlich ...<br />
... OHNE GEDÄCHTNIS?<br />
Okay, man kann mal einen Geburtstag vergessen. O<strong>der</strong><br />
einen Namen. Aber gleich seine gesamte Umgebung?<br />
Sollte besser nicht vorkommen — vor allem nicht, wenn<br />
man ein kleines Erdhörnchen ist, das auf dem Speiseplan<br />
sehr vieler Raubtiere steht. Dem Ziesel geschieht lei<strong>der</strong><br />
genau das — und zwar jedes Mal, wenn es aus seiner achtmonatigen<br />
Winterruhe erwacht. Tagelang irrt es dann<br />
unbeholfen umher und kann sich so gar keinen Reim auf<br />
irgendetwas machen. Tests zeigten. dass die Tiere tat-<br />
Ziesel:<br />
GRÖSSE: 13 bis 40 Zentimeter<br />
LEBENSRAUM: Eurasien und<br />
Nordamerika<br />
ALTER: bis zu 11 Jahre<br />
sächlich einen Großteil ihres vorherigen Wissens durch<br />
den Dauerschlaf einbüßen — offenbar, weil ihr Gehirn über<br />
Monate nur unzureichend mit Sauerstoff versorgt wird.<br />
Die Auswirkungen sind nahezu identisch mit denen <strong>der</strong><br />
Alzheimer-Krankheit. Mit einem Unterschied: Die Nager<br />
verfügen über ein bestimmtes Protein, das die Schäden<br />
innerhalb von Tagen wie<strong>der</strong> vollständig repariert — ihre<br />
Demenz ist nur vorübergehend. Jedenfalls bis zum nächs-<br />
ten Frühling ...
Wie lebt es sich eigentlich ...<br />
...OHNE KIEFER?<br />
Neunaugen haben alles, was ein guter Jäger braucht: einen<br />
schlanken, schnellen Körper, ausgefeilte Sinne, großen Hunger<br />
— und mehr als 100 scharfe Hornzähne. Dummerweise<br />
nur können sie damit nicht zubeißen — die Natur hat bei<br />
diesen lebenden Fossilien nämlich ausgerechnet am Kiefer<br />
gespart. Statt eines vernünftigen Mauls haben die fischähnlichen<br />
Wirbeltiere nur eine Art scheibenartigen Saugnapf,<br />
mit dem sie an ihrer Beute andocken. Da sie keine appetit-<br />
Wie lebt es sich eigentlich ...<br />
... OHNE DEN TOD?<br />
Würde man eine Hydra durch ein Sieb pressen. gäbe das<br />
zwar eine ziemliche Sauerei — aber mit Sicherheit keine<br />
tote Hydra. Die bis zu drei Zentimeter großen Süßwasserpolypen<br />
setzen sich einfach wie<strong>der</strong> zusammen. Selbst dann.<br />
wenn ihre verschiedenen Einzelteile kleiner sind als Salzkörnchen.<br />
Das allerdings ist nicht <strong>der</strong> einzige Unsterblich-<br />
Neunauge:<br />
GROSSE: bis zu 75 Zentimeter<br />
LEBENSRAUM: in fast allen<br />
Igten Zonen<br />
ALTER: bis circa 6 Jahre<br />
lichen, kleinen Bissen zu sich nehmen können, saugen und<br />
raspeln sich Neunaugen daher kurzerhand durch die Haut<br />
und das Fleisch ihrer Opfer. Damit <strong>der</strong>en Blut nicht verklumpt,<br />
son<strong>der</strong>n sie dabei ein gerinnungshemmendes Sekret ab. Für<br />
Forscher ist dieser Stoff mittlerweile <strong>der</strong> Schlüssel zu neuen<br />
Medikamenten — für Jungfische lei<strong>der</strong> oft das Todesurteil.<br />
Sie verbluten elendig. Denn wie gesagt: Hunger haben<br />
Neunaugen immer ...<br />
Hydra:<br />
GROSSE: c 3 Zentimeter<br />
LEBENSRAUM: Süß- und<br />
F I ießgewasser<br />
ALTER: bis zum Tod durch<br />
Gefressenwerden<br />
keitstrick. den die Hydra auf Lager hat: Sie besteht aus<br />
nur drei verschiedenen Zelltypen. Statt beschädigtes<br />
Gewebe aufwendig zu reparieren. stößt sie es einfach ab —<br />
und bildet neues. Ihrem Leben sind damit keine natürlichen<br />
Altersgrenzen gesetzt — wenn sie immer nur brav ihren FrKsfeinden<br />
aus dem Weg schwimmt ...<br />
weit <strong>der</strong> wun<strong>der</strong> 39 sari
- jeb<br />
Borstenwurm:<br />
GROSSE: ;2 s zu 20 Zentimeter<br />
LEBENSRAUM: fast alle <strong>Welt</strong>meere<br />
ALTER: unbekannt<br />
Wie lebt es sich eigentlich ...<br />
...OHNE GESCHLECHT?<br />
Beim Borstenwurm weiß man nie so recht, woran man eigentlich<br />
ist, denn insgeheim hat die Art Ophryotrocha pue-<br />
rilis eine geniale Doppelstrategie entwickelt, die ihr das<br />
Überleben in einer Umgebung sichert, in <strong>der</strong> das Nahrungs-<br />
angebot von „üppig" bis „gar nicht" variiert: Als Jungtiere<br />
sind diese Borstenwürmer allesamt Männchen. Die setzen<br />
Energie besser um als Weibchen und kommen auch mit ei-<br />
nem kargen Speiseangebot klar. Erst wohlgenährt verwan-<br />
delt sich <strong>der</strong> Wurm in ein Weibchen, das über genügend Re-<br />
' 94 .4-dir<br />
serven für die Eiablage verfügt. Dieses Umschalten zwischen<br />
den Geschlechtern wird offenbar von einem Botenstoff im<br />
Gehirn gesteuert: Als Biologen das Gehirn eines weiblichen<br />
Wurms entfernten, starb <strong>der</strong> nicht etwa — er verwandelte<br />
sich vielmehr zurück in ein Männchen. Ohne steuerndes<br />
Denkorgan kann er das Weibchen-Dasein nicht aufrechter-<br />
halten und wird quasi in die Werkseinstellung zurückver-<br />
setzt. Auf Rückschlüsse zwischen Denkvermögen und Ge-<br />
schlecht wollen wir hier allerdings verzichten ...
Nacktmull:<br />
GRÖSSE: 5 bis 10 Zentimeter<br />
LEBENSRAUM: ausschließlich<br />
Ostafrika<br />
ALTER: 28 Jahre und mehr<br />
Wie lebt es sich eigentlich ...<br />
... OHNE SCHMERZEN?<br />
Nein, Nacktmulle sind nicht hubsch anzusehen. Was auch<br />
kein Wun<strong>der</strong> ist: Sie werden von einer Königin tyrannisiert<br />
und verbringen ihr Leben mit Graben (man beachte die dafür<br />
vorgesehenen Schaufelzähne). Und doch: Würde man<br />
„Stirb langsam" mit Tieren besetzen, wäre <strong>der</strong> Nacktmull<br />
Bruce Willis — er spürt keinen Schmerz. Das kann kein an<strong>der</strong>es<br />
Säugetier. Egal, ob Stiche, Kratzer, Verbrennungen:<br />
Die pelzlosen Wesen nehmen sie zwar wahr, empfinden sie<br />
Ni*<br />
4......_,,,,A-<br />
11111111<br />
Wie lebt es sich eigentlich ...<br />
... OHNE LUNGE?<br />
Ein Barbourfrosch wiegt so viel wie drei Stücke Würfelzucker.<br />
Das ist angesichts <strong>der</strong> reißenden Wassermassen, die<br />
er seine Heimat nennt, eine eher schlechte Ausgangssituation.<br />
Irgendwann im Laufe <strong>der</strong> Evolution muss <strong>der</strong> Frosch die<br />
Sache mit dem Auftrieb gedanklich durchdrungen haben. Und<br />
kam zu dem Schluss: Lunge = schlecht. Denn je mehr Luft<br />
sich in seinem Körper befindet, desto leichter treibt er an die<br />
Wasseroberfläche — und wird fortgespült. Statt mit einer Lun-<br />
FOTOS: David Bickford, Herbert Ostwald, Stephen Dalton/NHPA, Photoshot/DPA Picture Alliance (3); Your Photo Today/AlPix;<br />
Konrad Wothe/Getty Images; Andrew 1. Martinez/NatureSource/Agentur Focus: Paul van Hoof/Okapia<br />
-<br />
jedoch nicht als unangenehm. Auch <strong>der</strong> extrem hohe Kohlendioxid-Anteil<br />
in den Höhlengängen, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Tieren<br />
peinigende Verätzungen zufügen würde, macht Nacktmullen<br />
nichts aus. Der Grund: Das Kohlendioxid verätzt sie zwar<br />
auch, aber ihrer Haut fehlt die Substanz P, die an <strong>der</strong><br />
Schmerzwahrnehmung beteiligt ist. So ist in <strong>der</strong> Nacktmull-<br />
Höhle ständige Schaufel-Action gewährleistet. Und Äußerlichkeiten<br />
werden ja bekanntlich überschätzt ...<br />
Barbourfrosch:<br />
GRÖSSE: 4 Zentimeter<br />
LEBENSRAUM: Kalimantan,<br />
<strong>der</strong> indonesische Teil Borneos<br />
ALTER: unbekannt<br />
:Nem -e,ge<br />
ge atmet <strong>der</strong> Frosch daher über unzählige winzige Hautzellen.<br />
Diese geniale Idee könnte er sich patentieren lassen:<br />
Von all den Froscharten, die Forscher weltweit entdeckten,<br />
ist <strong>der</strong> Barbourfrosch bislang die einzige ohne Lunge.<br />
C. RÜTTEN / A. KEßLER / D. TEVES<br />
QUICKLINK !<br />
SCHLAGWORT: 091 ONACKTMLILL<br />
Der schnelle Weg zu vielen weiterfuhrenden Informationen<br />
zum Thema: Einfach das Schlagwort in das entsprechende Feld auf<br />
www.welt<strong>der</strong>wun<strong>der</strong>.de etngeben.<br />
wett <strong>der</strong> wun<strong>der</strong> zu<br />
54K-*
Für sein Buch „The Fighter" unterzieht sich<br />
<strong>der</strong> kanadische Autor Craig Davidson einem<br />
lebensgefährlichen Selbsttest. Jede Woche<br />
injiziert er sich mindestens elf Spritzen mit<br />
illegalen Steroiden. Warum sich Millionen<br />
Menschen trotz tödlicher Risiken mit<br />
Steroiden dopen, wird dem 32-Jährigen<br />
schnell klar: „Es sind die Ergebnisse ..."
Wur-I<strong>der</strong> rTlensch<br />
ER ERSTE<br />
OPING-ATLAS<br />
ES KÖRPERS<br />
Sie zählen zu den gefährlichsten Drogen <strong>der</strong> <strong>Welt</strong>. Ihre Nebenwirkungen<br />
sind mit denen von Heroin, Kokain o<strong>der</strong> Crystal Meth vergleichbar. Sie<br />
verän<strong>der</strong>n das Gehirn, durchlöchern unsere Blutgefäße, manipulieren den<br />
Hormonhaushalt. Doch im Gegensatz zu harten Drogen kann man Doping-<br />
mittel wie EPO, Anabolika o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Steroide über das Internet kaufen ...<br />
Welchen Schaden richtet<br />
das Muskeldo in an?<br />
In wenigen Wochen hat Davidson 16 Kilo<br />
(hauptsächlich Muskelmasse) zugenommen.<br />
Doch schon zwei Wochen nach seinem Selbsttest<br />
fühlt er sich wie ein körperliches Wrack.<br />
Auf <strong>der</strong> Brust haben sich Abszesse gebildet,<br />
die Hoden sind geschrumpft, Angstzustände<br />
und starke Depressionen plagen ihn. Davidson<br />
erlebt jetzt die schweren Nebenwirkungen<br />
eines typischen Muskeldopings.<br />
a An<br />
einem Montagmorgen sticht sich Taylor<br />
Hooton die erste Spritze in den Hintern. Die<br />
Nadel hat einen Durchmesser von 0,8 Millimetern und ist<br />
fast vier Zentimeter lang. Der Inhalt <strong>der</strong> Spritze sieht aus<br />
wie öliger Urin: ein Milliliter Testosteron Enantat — ein syn-<br />
thetisches Steroid, das rund 180 Milligramm reines Tes-<br />
tosteron liefert. Das ist die 18-fache Menge des Testos-<br />
terons, das ein Mann an einem Tag selbst produziert. Die<br />
Nadel geht locker durchs Gewebe. Der 16-Jährige atmet<br />
ein und injiziert die Flüssigkeit tief in den Muskel. Tage zu-<br />
vor hatte ihm sein Trainer gesagt: „Wenn du einen Stamm-<br />
platz im Baseball-Team haben willst, musst du härter trai-<br />
nieren und mehr Muskulatur aufbauen." Mithilfe <strong>der</strong> Ste-<br />
roide maximiert <strong>der</strong> 1,88 Meter große, 81 Kilogramm<br />
schwere Junge seine Muskelmasse daraufhin innerhalb<br />
von zwölf Wochen um 14 Kilogramm. Die Brustmuskeln<br />
sind solide Fleischwülste, seine Rückenmuskeln wölben<br />
sich wie <strong>der</strong> Kopf einer gereizten Kobra. Seine Armmus- ><br />
weit <strong>der</strong> wun<strong>der</strong> 43 9/10
Wie lassen Steroide<br />
die Muskeln wachsen?<br />
Ein Zoom auf die Muskeln zeigt ein Bündel von bis zu 30 Zentimeter<br />
langen Muskelzellen. In diesen Zellen liegt das Geheimnis<br />
des Muskelwachstums: <strong>der</strong> Androgenrezeptor. An dieser biochemischen<br />
Erkennungsstelle können alle synthetischen Steroide<br />
— Wirkstoffe, die dem Geschlechtshormon Testosteron ähneln —<br />
andocken und ein vermehrtes Muskelzellwachstum anregen ...<br />
Steroide sprengen die Grenzen<br />
des Körpers und maximieren<br />
die Muskelmasse um bis<br />
zu 20 Prozent. Die Muskelzellen<br />
(I., rosa) wirken quasi<br />
wie aufgepumpt. Doch schon<br />
eine Woche nach <strong>der</strong> letzten<br />
Steroid-Kur sehen Brüste,<br />
Arme und Schultern aus wie<br />
Luftballons, aus denen die<br />
Luft entwichen ist.
Was macht Blutdoping zur<br />
tödlichen Falle für das Herz?<br />
Das Medikament EPO erhöht die Produktion des im Blut<br />
enthaltenen Sauerstoffträgers Hämoglobin, die Muskeln werden<br />
regelrecht mit Sauerstoff überflutet. Die Folge: mehr Ausdauer.<br />
Gleichzeitig verlangsamt die vermehrte Zahl <strong>der</strong> Blutkörperchen<br />
aber die Fließgeschwindigkeit des Blutes. Dadurch gerinnt es<br />
leichter, die Gefahr tödlicher Blutpfropfen steigt dramatisch.<br />
ANATOMIE EINES<br />
EPO-HERZTODES<br />
Wenn sich solch ein Blutpfropfen<br />
löst, besteht Lebensgefahr.<br />
Vom Blutstrom fortgerissen,<br />
wan<strong>der</strong>t er nicht selten durch<br />
die Blutgefäße bis hin zum<br />
Herzen. Durchdringt er eine<br />
<strong>der</strong> beiden Herzkammern und<br />
verstopft eine Arterie, trocknet<br />
das Pumpwerk aus, es kommt<br />
zum Infarkt (Foto I.).<br />
kein sind so angeschwollen, dass die Ärmel seines Base-<br />
ball-Shirts fast zu eng sind, als er am Anfang <strong>der</strong> Saison<br />
in <strong>der</strong> Startformation <strong>der</strong> Piano West Wolves steht. Taylor<br />
hat es geschafft - und setzt das Enantat ab. Mit fatalen<br />
Folgen: Am Morgen des 15. Juli 2003 finden seine Eltern<br />
ihn tot in seinem Zimmer, erhängt mit einem Gürtel.<br />
WIE MANIPULIEREN STEROIDE MEIN GEHIRN?<br />
Was an jenem Vormittag in Texas passierte, ist sicherlich<br />
ein beson<strong>der</strong>s krasser Fall. Fakt ist aber auch, dass allein<br />
in Deutschland etwa 30 Prozent <strong>der</strong> Hobby-Athleten Sub-<br />
stanzen konsumieren, die auf <strong>der</strong> Dopingliste stehen. Das<br />
entspricht etwa <strong>der</strong> Einwohnerzahl Berlins - vollgepumpt<br />
mit Steroiden, Aufputschmitteln o<strong>der</strong> EPO. Und die Prä-<br />
parate werden immer gefährlicher. „Mittlerweile gibt es ei-<br />
ne Vielzahl anaboler Steroide in Tablettenform", sagt Har-<br />
rison Pope, Professor für Psychiatrie an <strong>der</strong> Harvard Me-<br />
dical School. „Dadurch ist die Hemmschwelle, sich selbst<br />
zu dopen, stark gesunken." Was viele nicht wissen: Ana-<br />
bolika hinterlassen schon nach kurzer Zeit ein Schlacht-<br />
feld im Inneren des Körpers - und die Zerstörungen sind<br />
noch Jahre später zu sehen ...<br />
Justin drückt den Kolben <strong>der</strong> Spritze herunter. Über die<br />
Vene flutet ein Milliliter Testosteron Enantat wie ein Tsu-<br />
nami das Zentralnervensystem. Glückshormone wie Do-<br />
pamin und Serotonin werden daraufhin ausgeschüttet,<br />
und <strong>der</strong> 20-Jährige erlebt einen massiven Aktivitätsschub.<br />
Grund dafür ist die extreme Fettlöslichkeit <strong>der</strong> Steroide.<br />
„Je fettlöslicher ein Wirkstoff ist, desto schneller kann er<br />
die Blut-Hirn-Schranke überwinden", sagt Pope. Nach nur<br />
wenigen Minuten fühlt sich <strong>der</strong> Junge topfit. Statt 70 Ki-<br />
lo stemmt er heute 85 Kilo auf <strong>der</strong> Hantelbank. Die hohe<br />
Fettlöslichkeit von anabolen Steroiden hat jedoch noch<br />
einen weiteren Effekt. Der Körper braucht mehrere Tage,<br />
um die Giftstoffe abzubauen. In diesem Zeitraum schädi-<br />
gen die Steroide aber auch lebenswichtige Organe. Die<br />
Zellwände von Leber und Nieren werden zerstört. Zudem<br />
kommt es durch den Abbau <strong>der</strong> Giftstoffe zu Magen- und<br />
Darmstörungen. Und schon nach wenigen Monaten bil-<br />
den sich gefährliche Ablagerungen in den Blutgefäßen,<br />
die noch Jahre später zum Herzinfarkt führen können.<br />
Doch nicht nur die Infarktgefahr wächst, son<strong>der</strong>n auch<br />
das Risiko schwerer Hirnstoffwechselstörungen. „Werden<br />
die Steroide abgesetzt, bleibt auch die Ausschüttung <strong>der</strong><br />
aufputschenden Botenstoffe aus. Der Serotoninspiegel<br />
sinkt, Depressionen, Angstzustände und eine erhöhte<br />
Selbstmordgefährdung sind die Folge", sagt Pope. Er<br />
nennt dieses Phänomen „Bodybuil<strong>der</strong>-Psychose".<br />
Durch seine wissenschaftliche Arbeit und Obduktionsbe-<br />
richte von Psychologen und Ärzten lässt sich jetzt zum<br />
ersten Mal <strong>der</strong> Weg von anabolen Steroiden wie Enantat<br />
durch den Körper genau verfolgen - und es wird deutlich,<br />
wie gravierend ihre Wirkungen sein können. „Anabolika<br />
sind wie giftige Kampfstoffe", sagt Pope. „Sie führen ei-<br />
weit <strong>der</strong> Wun<strong>der</strong> 45 9/10
Treibt Ephedrin das Herz<br />
in die Enge?<br />
Ephedrin ist eines <strong>der</strong> stärksten Aufputschmittel auf dem Doping-<br />
Markt. Sein Wirkstoff Ephedrinhydrochlorid dockt vor allem an den<br />
alpha1-Rezeptoren <strong>der</strong> Blutgefäße an. Dadurch verengen sich die<br />
Gefäße, die Blutzirkulation wird gesteigert (u.: Kapillargefäß). Die<br />
Folge ist eine massive Erhöhung <strong>der</strong> motorischen Aktivität und <strong>der</strong><br />
Risikobereitschaft. Bei einer Überdosis von etwa 100 Milligramm<br />
pro Tag droht <strong>der</strong> Herzschlag ...<br />
Durch die künstlich geschaffene<br />
Krisensituation arbeitet <strong>der</strong> Körper<br />
im roten Drehzahlbereich.<br />
Was beim Sport die Leistung erhöht,<br />
führt in <strong>der</strong> Nacht aber an<br />
die Grenze zum Tod: Im Schlaf<br />
schalten mit Ephedrin gedopte<br />
Herzen auf Leerlauf — auf 35<br />
Schläge pro Minute und weniger.<br />
Kommt die Pumpe aus dem Takt,<br />
droht <strong>der</strong> Infarkt.<br />
ne Art chemischen Krieg auf dem Schlachtfeld Körper."<br />
Bei ihrem Feldzug durch den Menschen manipulieren die<br />
anabolen Steroide nicht nur das Gehirn, sie zerstören auch<br />
den gesamten Hormonhaushalt bis hin zur Kastration.<br />
Denn Anabolika blockieren die körpereigene Testosteron-<br />
produktion. „Für gewöhnlich bewegt sich an <strong>der</strong> Testos-<br />
teronfront in unserem Körper nichts ohne ein Signal vom<br />
Hypothalamus", sagt <strong>der</strong> Münchener Doping-Forscher<br />
Luitpold Kistler, <strong>der</strong> mehrere Anabolika-Tote obduziert hat.<br />
„Er ist sozusagen die Schaltzentrale <strong>der</strong> Hormonproduk-<br />
tion im Gehirn und misst ständig das Testosteron im Blut."<br />
Ist <strong>der</strong> Spiegel zu niedrig, benachrichtigt <strong>der</strong> Hypothala-<br />
mus die Hoden — mit einer täglichen Abgabe von sechs<br />
bis zehn Milligramm <strong>der</strong> Hauptproduktionsort —, die Pro-<br />
duktion zu verstärken. Steroid-Konsumenten dagegen ha-<br />
ben ständig einen fast 20-mal so hohen Testosteronspie-<br />
gel im Blut. Der erhöhte Spiegel und die dadurch andau-<br />
ernde Signal-Blockade treibt den Hypothalamus in den<br />
Selbstmord. Die Folge ist eine sogenannte Hodenatro-<br />
phie. Dabei sind einer o<strong>der</strong> beide Hoden so stark verklei-<br />
nert, dass sie in <strong>der</strong> Regel keine Funktion mehr zeigen.<br />
Doch das ist nicht einmal die größte Schneise <strong>der</strong> Ver-<br />
wüstung, die die Anabolika-Armee hinterlässt. In fünf Stu-<br />
dien wird <strong>der</strong> Abbau in <strong>der</strong> Leber als lebensgefährlich be-<br />
schrieben. Zudem hat sich <strong>der</strong> Wirkstoff in den vergan- ><br />
,gdo 46 wett <strong>der</strong> wun<strong>der</strong><br />
Zerfrisst ein einziges<br />
Methyltestosteron gehört zu den wenigen Steroidpräparaten, die<br />
in Tablettenform eingenommen werden. Nicht nur die Einnahme<br />
fällt leichter, auch Muskelmasse- und Kraftzuwachs verstärken<br />
sich schon nach vier Wochen enorm. Doch im Vergleich zu<br />
injizierbaren Präparaten führen seine Nebenwirkungen noch<br />
schneller zu Organschäden, weil sie das Verdauungssystem urul<br />
die Leber passieren müssen. Bereits 100 Milligramm können<br />
das gesamte Entgiftungssystem im Körper kollabieren lassen ...<br />
Die Leber eines Methyltestosteron-Konsumenten<br />
gleicht einem Schlachtfeld.<br />
Schuld daran sind 17-alphaalkylierte<br />
Steroide. Diese aggressive<br />
Form des Wirkstoffs<br />
lässt die entgiftenden Leber-<br />
Enzyme mutieren. Dabei<br />
entstehen mit Blut gefüllte<br />
Blasen, Tumoren, Krebs<br />
(Grafik, links, rot).
Toxische Steroide wie Methyltestosteron<br />
greifen nicht<br />
nur die Leber an, son<strong>der</strong>n<br />
das ganze Organsystem.<br />
Schon bei geringen Dosen<br />
von 25 Milligramm pro Tag<br />
entzündet sich die Magenschleimhaut<br />
(Gra-<br />
fik, rechts), es kommt<br />
zu Darmstörungen bis hin<br />
zum Darmverschluss.
Enantat ist eines <strong>der</strong> stärksten synthetischen Steroide. Doch es<br />
lässt nicht nur die Muskeln wachsen. Enantat heftet sich auch an<br />
die Rezeptoren in <strong>der</strong> Unterhaut (Subcutis), die das Wachstum <strong>der</strong><br />
Talgdrüsen stimulieren. Die Folge: Blutige, schmerzende Beulen ent-<br />
stehen — die sogenannte Steroidakne, die schwerste Form <strong>der</strong> Akne.<br />
Bereits bei einer Einstiegseinnahmemenge<br />
von 50 Milligramm<br />
Enanthat pro Tag<br />
kommt es nach wenigen<br />
Wochen zu starken und tiefgehenden<br />
Entzündungen. Abszesse<br />
bilden sich, die Haut<br />
platzt auf (Foto). Tiefe Narben<br />
sind die Folge, die in <strong>der</strong> Regel<br />
ein Leben lang bleiben.<br />
Kann ein Hormon<br />
den Körper vergiften?<br />
Die Hoden produzieren täglich 6 bis 10 Milligramm Testosteron. Ist<br />
<strong>der</strong> Spiegel zu niedrig, aktiviert <strong>der</strong> Hypothalamus, die Schaltzentrale<br />
<strong>der</strong> Hormonproduktion, die Hodenzellen. Die Produktion wird ver-<br />
stärkt. Regelmäßiges „Testo-Doping" zerstört allerdings die körper-<br />
eigene Produktion. Zurück bleibt ein komplett verän<strong>der</strong>ter Hormon-<br />
haushalt, <strong>der</strong> Körper gleicht einem vergifteten See.<br />
Das andauernde Doping mit synthetischem<br />
Testosteron führt zur<br />
falschen Rückmeldung an den Hypothalamus:<br />
„Die Hoden produzieren<br />
zu viel Testosteron." Folge:<br />
Die Entsendung <strong>der</strong> hodenstimulierenden<br />
Stoffe wird gestoppt und<br />
damit nicht nur die Testosteron-,<br />
son<strong>der</strong>n auch die Spermienproduktion<br />
(I.) komplett eingestellt.
Kann Amphetamin<br />
das Gehirn zerstören?<br />
Das Aufputschmittel wird häufig über die Nasenscheidewand aufgenommen, be-<br />
seitigt Müdigkeit und steigert kurzfristig die Leistungsfähigkeit. Innerhalb von<br />
zwei bis drei Minuten wirkt es im Gehirn. Denn sein Wirkstoff alpha-Methylphenethylamin<br />
gehört zu den wenigen Substanzen, die in <strong>der</strong> Lage sind, die<br />
Blut-Hirn-Schranke zu passieren. Das ist <strong>der</strong> interne Schutzwall, <strong>der</strong> das<br />
Gehirn vor im Blut zirkulierenden Toxinen schützen soll.<br />
Von einer Sekunde zur nächsten<br />
dringt das giftige alpha-Methylphenethylamin<br />
in das Gehirn ein. Bei<br />
einer Überdosierung von etwa 200<br />
Milligramm überflutet es geradezu<br />
die Gefäße, was zu einem tödlichen<br />
Hirnödem führen kann (Grafik links).<br />
In diesem Fall bersten die Zellwände<br />
in den Kapillargefäßen und verlieren<br />
Flüssigkeit (Grafik rechts).<br />
genen 50 Jahren verän<strong>der</strong>t, ist wirksamer und aggressi-<br />
ver geworden. Bereits eine Tagesdosis von 100 Milligramm<br />
des stärksten synthetischen Testosterons kann heute zu<br />
dauerhaften Schäden führen. Denn die 1 7-alpha-alkylier-<br />
ten Steroide in den anabolen Präparaten wandeln die ent-<br />
giftenden Leber-Enzyme in körperfremde Substanzen um,<br />
die die Leber angreifen. Im schlimmsten Fall gleicht die<br />
Leber schon nach acht VVochen einer Kraterlandschaft<br />
voller Tumoren und mit Blut gefüllter Zysten, die nur<br />
schwer zu behandeln sind.<br />
Haben sich die anabolen Kampfeinheiten aber erst ein-<br />
mal im Blutkreislauf verschanzt, dringen sie auch schnell<br />
bis zum Herzen durch. Dann gibt es kaum noch eine<br />
Chance auf Heilung ...<br />
FRESSEN ANABOLE STEROIDE<br />
DAS HERZ VON INNEN AUF?<br />
Ähnlich wie das Blutdoping-Präparat EPO kurbeln Ana-<br />
bolika die Herstellung <strong>der</strong> roten Blutkörperchen, <strong>der</strong> Ery-<br />
throzyten, an. Diese binden Sauerstoff im Blut. Und je<br />
mehr rote Blutkörperchen, desto mehr Sauerstoff gelangt<br />
ins Blut und desto größer ist die Leistungsfähigkeit des<br />
Körpers. „Dann fließt in den A<strong>der</strong>n Superbenzin statt Nor-<br />
mal", sagt <strong>der</strong> US-Kardiologe Dr. Lawrence Santora. Durch<br />
die vermehrte Zahl roter Blutkörperchen steigt aber auch<br />
<strong>der</strong> Hämatokrit massiv an. Das ist <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> zellulä-<br />
ren Bestandteile am Blutvolumen. Zudem senken die Ste-<br />
110'<br />
roide den HDL-Wert im Blut ab. „Dieses gute Cholesterin<br />
schützt das Herz-Kreislauf-System vor Erkrankungen",<br />
sagt Santora. Beson<strong>der</strong>s fatal: Anabolika lassen gleich-<br />
zeitig den Spiegel des schlechten Cholesterins, des LDL,<br />
ansteigen. Die Folge: Das Blut wird dickflüssiger und kann<br />
leichter gerinnen. Dadurch kann es schon nach wenigen<br />
Monaten zu klumpenartigen Verdickungen kommen, wel-<br />
che die Gefäße verengen und den Blutstrom stören. „Die<br />
größte Gefahr für einen Infarkt besteht dann, wenn sich<br />
Teile dieser Klumpen ablösen und die Arterien verstop-<br />
fen", sagt Santora. Ein Schaden, <strong>der</strong> oft zum Tode führt.<br />
Im Herbst 2006 veröffentlichte <strong>der</strong> Kardiologe Santora die<br />
erste Beobachtungsstudie über anabole Steroide und<br />
Herzerkrankungen. Er untersuchte 14 Bodybuil<strong>der</strong> zwi-<br />
schen 30 und 55, die durchschnittlich zwölf Jahre Anabo-<br />
lika genommen hatten. „Eine aussagekräftige Anzahl hat-<br />
te schon in jungen Jahren, mit Anfang 30, starke Ablage-<br />
rungen. Hierbei handelte es sich um die Art von Plaque,<br />
die man sonst nur bei jemandem mit 80 finden würde."<br />
Deutliche VVorte. Fakt ist: Jede Pille, jede Ampulle, jedes<br />
Milligramm Anabolika kann zu einer tickenden Zeitbom-<br />
be in unserem Körper werden ... CHRISTIAN BAHR<br />
Lf_BENSGEFAHR ANABOLIKA<br />
www.drug-infopool.de/rauschnlitte,a,,,üuilka.html<br />
- INFORMATIONEN RUND UMS THEMA DOPIN6<br />
www.nada-bonn.de; wts ,<br />
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SCHWARZE NARBEN<br />
Immer tiefer durchziehen Flüsse und Seen die<br />
weiße Eisdecke Grönlands. Am Grund lagern<br />
sich schwarze Rußpartikel ab. Das sogenannte<br />
Kryokonit stammt aus den Kraftwerken Europas<br />
und Amerikas, wird vom Wind nach Grönland<br />
transportiert und lässt durch seine größere<br />
Wärmeabsorption die Oberflächentemperaturen<br />
auf <strong>der</strong> Insel noch schneller ansteigen.<br />
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WAS KOMMT,<br />
WENN DAS EIS GEHT?<br />
Nirgendwo sonst auf <strong>der</strong> <strong>Welt</strong> schmelzen die Gletscher<br />
schneller als auf Grönland. Aber was bedeutet das für den<br />
Rest des Planeten? Kann eine einzige Insel das Klima <strong>der</strong><br />
gesamten Erde verän<strong>der</strong>n? Und welche Geheimnisse<br />
verbergen sich unter dem drei Kilometer dicken Eispanzer?<br />
Das Donnern ist noch in mehreren Kilometern<br />
Entfernung zu hören. Minutenlang.<br />
Wie an jedem Tag auf Grönland. Und den-<br />
noch ist diesmal alles an<strong>der</strong>s. Es sind die Dimensionen<br />
des abbrechenden Eisbergs am Petermann-Gletscher,<br />
die am 5. August 2010 sowohl die Wissenschaftler vor<br />
Ort als auch die NASA-Forscher in 3000 Kilometern Ent-<br />
fernung in ungläubiges Staunen versetzen: Mehr als 20<br />
Milliarden Tonnen schwer, bis zu 200 Meter dick und mit<br />
einer Fläche viermal so groß wie Manhattan — nie zuvor<br />
dokumentierten Satellitenbil<strong>der</strong> ein größeres „Kalb", wie<br />
Arktisforscher die abbrechenden Eisberge <strong>der</strong> Gletscher<br />
nennen. Und dennoch: „Es ist nur ein kleiner Vorge-<br />
schmack auf das, was uns in den nächsten Jahren er-<br />
wartet", sagt <strong>der</strong> deutsche Arktisforscher Konrad Stef-<br />
fen. „Der schmelzende Eispanzer Grönlands bringt nicht<br />
nur eine <strong>Welt</strong> mit Wiesen, Bergen und Seen zum Vor-<br />
schein, son<strong>der</strong>n wird das Klima auf <strong>der</strong> ganzen Erde ver-<br />
än<strong>der</strong>n — und das nicht erst, wie bisher angenommen,<br />
in 200 o<strong>der</strong> 300 Jahren ..."<br />
welt <strong>der</strong> wun<strong>der</strong> 51 9/10
IST GRÖNLAND DAS GEHEIME KLIMALABOR<br />
DER ERDE?<br />
Mit einer Fläche sechsmal so groß wie Deutschland ist<br />
Grönland die mit Abstand größte Insel <strong>der</strong> <strong>Welt</strong> - und<br />
dennoch nahezu unbewohnt. Grund: 80 Prozent <strong>der</strong><br />
Insel liegen unter einem bis zu drei Kilometer dicken<br />
Eispanzer. Damit verfügt Grönland über acht Prozent<br />
des gesamten Süßwasservorrats <strong>der</strong> Erde. Noch. Denn<br />
mittlerweile verliert die Insel jedes Jahr mehr als 150<br />
Milliarden Tonnen Eis - so viel, wie in den gesamten<br />
Alpen vorhanden ist. Dabei ist Grönland eine Art Seis-<br />
mograf <strong>der</strong> Erde. Was hier in den nächsten zehn Jah-<br />
ren passiert, beantwortet die Frage, wie sich die Erde<br />
in den nächsten 100 Jahren entwickeln wird. Das Pro-<br />
blem: „Irgendetwas läuft hier verdammt falsch", sagt<br />
<strong>der</strong> Arktisforscher Steffen.<br />
Eigentlich war er 1990 nach Grönland gekommen, um<br />
die Wechselwirkungen von Eis und Atmosphäre zu<br />
analysieren. Wenige Jahre nachdem er die Eisstation<br />
Swiss Camp im Süden <strong>der</strong> Insel gegründet hatte, be-<br />
merkte er jedoch, dass die Temperaturen an <strong>der</strong> Eis-<br />
oberfläche immer schneller anstiegen. Als <strong>der</strong> Forscher<br />
schließlich die Daten über einen Zeitraum von zehn<br />
Jahren verglich, stockte ihm <strong>der</strong> Atem. Steffen glaub-<br />
allaw<br />
.11■111e. - '.3 11111111111e 1.<br />
DIE GEBURT EINER<br />
NEUEN WELT<br />
Grönland verliert pro Jahr so viel Eis, wie in<br />
den Alpen vorhanden ist. Zum Vorschein kommen<br />
bizarre <strong>Welt</strong>en wie <strong>der</strong> „Red Fjord" (Foto).<br />
Aufgrund von Sedimentablagerungen des<br />
sogenannten Blutstein-Minerals leuchtet <strong>der</strong><br />
Fjord vor den weißen Eisbergen dunkelrot.<br />
«.<br />
te zunächst an einen Fehler und zögerte mit <strong>der</strong> Ver-<br />
öffentlichung <strong>der</strong> Zahlen. Doch auch nach mehreren<br />
Überprüfungen blieben die Ergebnisse unverän<strong>der</strong>t:<br />
„Allein in den vergangenen zehn Jahren ist die durch-<br />
schnittliche Oberflächentemperatur auf Grönland um<br />
3,8 Grad Celsius gestiegen", erklärt er. Zum Vergleich:<br />
<strong>Welt</strong>weit sind die Temperaturen in den vergangenen<br />
100 Jahren durchschnittlich um 0,7 Grad Celsius ge-<br />
stiegen.<br />
Aber auch ohne Messgeräte ist <strong>der</strong> extreme Tempera-<br />
turanstieg überall auf <strong>der</strong> Insel sichtbar: Im Sommer<br />
entstehen immer größere Wiesen, viele Ureinwohner<br />
bauen mittlerweile Kartoffeln auf Fel<strong>der</strong>n an - Land-<br />
wirtschaft, die vor wenigen Jahren noch undenkbar<br />
war. Zwischen den Eisdecken und Fel<strong>der</strong>n durchzie-<br />
hen türkisblaue Flüsse und gigantische Seen die Land-<br />
schaft; die massiven Gebirgszüge werden nur noch<br />
selten vom Eispanzer zugedeckt. Sogar die Messtür-<br />
me, die vor ein paar Jahren beim Swiss Camp vier Me-<br />
ter tief in das Eis gerammt wurden, verlieren an Halt<br />
und drohen umzukippen. Immer häufiger registrieren >
WANDERNDE MASSEN<br />
Allgemein gilt: je mehr Masse,<br />
desto mehr Gravitation (roter<br />
Bereich. Abbildung unten). Die<br />
Eisschmelze Grönlands wird<br />
daher nicht nur den Meeresspiegel<br />
erhöhen, son<strong>der</strong>n hat auch<br />
Auswirkungen auf die Erdanziehungskraft.<br />
So fanden NASA-<br />
Forscher heraus, dass durch<br />
das Abschmelzen des dicken<br />
Eispanzers (links) eine extreme<br />
Massenverschiebung stattfindet<br />
und so die Schwerkraft über<br />
<strong>der</strong> Insel nachlässt.<br />
40.<br />
Ue, ..vurIC3111, 53 9/10
Seismografen zudem sogenannte Eisbeben, ausgelöst<br />
von kalbenden Gletschern. Weniger Eis bedeutet jedoch<br />
auch weniger Gewicht: So schätzen Geologen, dass<br />
Grönland 600 Meter höher liegen wird, sobald <strong>der</strong> Eis-<br />
panzer vollständig geschmolzen ist. „Befreit von dem<br />
Gewicht des Eises, wird die Insel in die Höhe wachsen,<br />
und ein völlig neuer Lebensraum wird entstehen", sagt<br />
Steffen. Gleichzeitig gilt: Je höher Grönland aus dem<br />
Wasser ragen wird, desto mehr Regionen auf <strong>der</strong> <strong>Welt</strong><br />
werden überflutet ...<br />
STAUT SICH EIN MEGA-SEE UNTER<br />
DEM EISPANZER?<br />
Beson<strong>der</strong>s die Geschwindigkeit, mit <strong>der</strong> das Eis schmilzt,<br />
machte den NASA-Klimatologen Jay Zwally jedoch stut-<br />
zig. So viel Eis, wie hier jeden Tag in das kalte Polarmeer<br />
stürzt — das konnte unmöglich ausschließlich von den<br />
steigenden Temperaturen ausgelöst werden. Zusammen<br />
mit seinem Kollegen Steffen installierte <strong>der</strong> Wissen-<br />
schaftler Dutzende Messgeräte in <strong>der</strong> Eisdecke, verglich<br />
Satellitenbil<strong>der</strong>, Bodenradar- und GPS-Daten miteinan-<br />
<strong>der</strong> und entdeckte ein zweites Phänomen: den soge-<br />
nannten Dynamic Response Factor (DR-Faktor, siehe<br />
rechts). „Dabei frisst sich das Schmelzwasser <strong>der</strong> Ober-<br />
fläche durch den bis zu drei Kilometer dicken Eispan-<br />
WP«,<br />
WEITE WEGE<br />
Mit dem schmelzenden Eis auf Grönland wird auch das<br />
Jagdrevier <strong>der</strong> Eisbären immer kleiner. Die Tiere müssen<br />
immer weitere Strecken zurücklegen. um Beute machen<br />
zu können. Vor zwei Jahren wurde ein Eisbär auf Island.<br />
500 Kilometer von seiner Heimat entfernt, erschossen.<br />
9/10 54 weit <strong>der</strong> wun<strong>der</strong><br />
zer", erklärt Zwally. Tatsächlich durchziehen mittlerwei-<br />
le Tausende Meter dicke Schächte und Rinnen die Eis-<br />
decke Grönlands und bilden unter dem Eis einen gigan-<br />
tischen See. Erst dieses Phänomen ermöglicht es den<br />
massiven Eisschichten wie dem Petermann-Gletscher,<br />
so schnell vom Land ins kalte Polarmeer zu gleiten.<br />
Wer wissen will, wie sich das Abschmelzen <strong>der</strong> Eisde-<br />
cke auf die Landschaft in Grönland genau auswirkt, <strong>der</strong><br />
steigt am besten am Swiss Camp in einen Hubschrau-<br />
ber und fliegt über die Insel. Während die Satellitenbil-<br />
<strong>der</strong> noch eine weiße Eiswüste zeigen, erkennt man bei<br />
näherem Hinsehen große schwarze Flecken. „Das<br />
kommt vom Kryokonit", erklärt <strong>der</strong> Geophysiker Marco<br />
Tedesco. Kryokonit ist ein Sediment, das <strong>der</strong> Wind über<br />
das Eis weht. Es besteht aus Mineralstaub, <strong>der</strong> um die<br />
halbe <strong>Welt</strong> herantransportiert wird, sogar aus asiatischen<br />
Wüsten, aber auch aus Teilchen von Vulkanausbrüchen.<br />
Und aus Ruß. Quelle dieser Rußpartikel sind Feuer, Die-<br />
selmotoren und Kohlekraftwerke.<br />
Die dunkle Farbe des abgelagerten Rußes bewirkt<br />
schließlich, dass das Eis darunter weniger Sonnenlicht<br />
reflektiert. Folge: Es nimmt mehr Wärme auf — und<br />
schmilzt noch schneller. Ein Teufelskreis, denn in den<br />
entstehenden Kryokonitlöchern lagert sich bevorzugt<br />
neuer Staub ab — ein sich selbst verstärken<strong>der</strong> Effekt. ><br />
yr<br />
„mem-
Eiskappe<br />
.-r<br />
Gletschersee<br />
mit<br />
Sthachteingang<br />
Gletscherrinne<br />
Schmelzwassersee<br />
unter dem Eis<br />
Felsuntergrund<br />
ji» Kryokonitlöcher<br />
Grönlands Ground Zero<br />
Der Eispanzer Grönlands hat eine Linsenform, ist an den Rän<strong>der</strong>n wenige Hun<strong>der</strong>t Meter und im<br />
Zentrum bis zu drei Kilometer dick. Die Eisfläche bedeckt 80 Prozent <strong>der</strong> Insel und ist mehr als<br />
1,7 Millionen Quadratkilometer groß. Unter <strong>der</strong> Eisschicht liegt ein gewaltiges Felsplateau. Je mehr<br />
Schmelzwasser sich hier sammelt, desto eher rutschen Eisberge vom Festland ins Polarmeer.<br />
GRÖNLAND<br />
Der DR-Faktor<br />
Die Forscher bezeichnen es als „Dynamic Re-<br />
sponse Factor": Das Kryokonit absorbiert die<br />
Wärme <strong>der</strong> Sonne und bringt das Eis darunter<br />
zum Schmelzen. Folge: Das Wasser beginnt<br />
den Eispanzer förmlich zu durchfressen ...<br />
WÄRMESPEICHER<br />
Die schwarzen Rußpartikel, die im<br />
Eis abgelagert sind, absorbieren die<br />
Sonnenstrahlen.<br />
DAMMBRUCH<br />
Das Eis beginnt zu schmelzen, sammelt<br />
sich in einem See und bricht<br />
nach unten durch die Eisdecke.<br />
WASSERSCHACHT<br />
Eine kilometerlange Wasserrinne<br />
entsteht. Das Schmelzwasser läuft<br />
nach unten und sammelt sich<br />
dort in einem riesigen See.<br />
GLEITSCHICHT<br />
Wie ein Surfer auf einer Welle beginnt<br />
das Eis auf dem See hinwegzugleiten<br />
und bricht schließlich an<br />
den Rän<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Insel ins Polarmeer.<br />
IN EINEM LAND VOR UNSERER ZEIT<br />
Ein eisdurchdringen<strong>der</strong> Radar zeigt, was sich unter<br />
dem Eispanzer verbirgt: eine Felslandschaft mit gigantischen<br />
Seen und Flüssen. Es ist genau die Landschaft,<br />
die bis vor 115000 Jahren das Bild von Grönland geprägt<br />
hat — bevor sich <strong>der</strong> Eispanzer bildete. Eine prä-<br />
historische Landschaft, die jetzt erforscht werden kann.<br />
Szenarien für das Jahr 2100<br />
Wie schnell die Temperaturen steigen, ist um-<br />
stritten. Voraussichtlich werden 2100 auf<br />
Grönland mindestens 20 Prozent <strong>der</strong> Eisflä-<br />
che geschmolzen sein.<br />
Grönlands Eisdecke<br />
bei einem<br />
Temperaturanstieg<br />
von 2,5 Grad.<br />
Grönlands Eisdecke<br />
bei einem<br />
Temperaturanstieg<br />
von 5 Grad.<br />
Je mehr Eis schmilzt und in die kalten<br />
Polarmeere abläuft, desto weniger<br />
Gewicht liegt auf dem Felsplateau<br />
Grönlands.<br />
Je weniger Gewicht, desto höher steigt<br />
<strong>der</strong> felsige Untergrund. Folge: Wenn das<br />
Eis vollständig verschwunden ist, liegt<br />
Grönland 600 Meter höher als heute.
-<br />
DER SCHNELLSTE KLIMAWANDEL DER WELT<br />
Immer mehr Einwohner Grönlands bauen ihr eigenes Gemüse an.<br />
Schon bald müssen Kartoffeln und Brokkoli nicht mehr<br />
importiert werden. In den nächsten Jahren, glauben Experten,<br />
wird die Land- und Forstwirtschaft den Fischfang als<br />
Lebensgrundlage <strong>der</strong> Inuit ablösen.<br />
3<br />
Auch in den immer größer werdenden Schmelzwasser-<br />
seen setzt sich Kryokonit ab. An einem Tag noch auf dem<br />
Gewässergrund liegend, können die schwarzen Sedi-<br />
mente innerhalb weniger Stunden das Einzige sein, was<br />
von dem türkisblauen See noch übrig bleibt. So konnte<br />
2006 ein Team von amerikanischen Gletscherforschern<br />
beobachten, wie ein fünf Quadratkilometer großer Glet-<br />
schersee einfach auslief: 40 Millionen Kubikmeter Was-<br />
ser verschwanden innerhalb von 84 Minuten in einem<br />
Schmelzwasserschacht, <strong>der</strong> sich unterhalb des Sees ge-<br />
bildet hatte — schneller, als das Wasser über die Niaga-<br />
rafälle stürzen würde.<br />
KANN EINE INSEL DIE WELT<br />
VERÄNDERN?<br />
Bisher gingen pessimistische Klimatologen davon aus,<br />
dass Grönlands schmelzende Eismassen den Meeres-<br />
spiegel in den kommenden 90 Jahren weltweit um bis<br />
zu 20 Zentimeter ansteigen lassen könnten. Nach den<br />
Daten des Swiss Camps von Konrad Steffen sind jedoch<br />
selbst diese Prognosen sehr optimistisch: „Wenn die<br />
Entwicklung sich fortsetzt, wird <strong>der</strong> Meeresspiegel im<br />
Jahr 2100 auf <strong>der</strong> ganzen <strong>Welt</strong> einen Meter höher liegen<br />
als heute." Folge: Nicht nur Inseln wie die Malediven,<br />
Polynesien und Sylt wären dann fast vollständig vom<br />
Wasser verschluckt, son<strong>der</strong>n auch große Küstenab-<br />
schnitte Asiens und Europas wären im Meer verschwun-<br />
den. Hun<strong>der</strong>te Millionen Menschen würden zu Flüchtlin-<br />
gen werden. Dabei werden 2100 voraussichtlich gerade
einmal 20 Prozent von Grönlands Eisfläche geschmol-<br />
zen sein. Was würde dann erst passieren, wenn das ge-<br />
samte Eis auf <strong>der</strong> Insel weg und <strong>der</strong> Meeresspiegel welt-<br />
weit um sieben Meter gestiegen wäre?<br />
Und damit nicht genug. Was manche Wissenschaftler in<br />
ihre Klimaprognosen nicht mit einbeziehen: Die kalten<br />
Süßwassermassen von Grönlands Gletschern sind so-<br />
gar in <strong>der</strong> Lage, den Golfstrom, <strong>der</strong> das gesamte Klima<br />
<strong>der</strong> nördlichen Hemisphäre reguliert, zu beeinflussen. So<br />
sorgt das eisige Gletscherwasser bereits heute dafür,<br />
dass <strong>der</strong> Golfstrom immer langsamer wird. Sollte dieser<br />
Trend anhalten und <strong>der</strong> wichtigste Wärmestrom <strong>der</strong> Er-<br />
de tatsächlich vollständig zum Erliegen kommen, müs-<br />
sen sich nicht nur die Küstenbewohner, son<strong>der</strong>n auch<br />
die Menschen in München, Madrid und Moskau Sorgen<br />
machen. Denn dann könnte es - paradoxerweise - zu<br />
einer neuen Eiszeit kommen. Ein Effekt, <strong>der</strong> bereits in<br />
dem Film „The Day After Tomorrow" effektvoll dargestellt<br />
wird. wenn auch in einer etwas überzogenen Form. Und<br />
so hängt die Zukunft des Planeten vor allem von einer<br />
einzigen Insel ab - unglücklicherweise ausgerechnet von<br />
<strong>der</strong>, die sich mit am schnellsten verän<strong>der</strong>t ...<br />
HANNES WELLMANN<br />
DOKUMENTATION UBER GLETSCHER<br />
-<br />
SCHLAGWORT: 0910EISZEIT<br />
QUICKLINK !<br />
Der schnelle Weg zu vielen weiterführenden Informationen<br />
zum Thema: Einfach das Schlagwort in das entsprechende Feld auf<br />
www.welt<strong>der</strong>wun<strong>der</strong>.de eingeben.<br />
Arc hiv RLB<br />
EXPEDITION z<br />
den EISBÄREN<br />
Arktis<br />
Pr!ukt<br />
AM.<br />
Das WICK Blau Arktis-<br />
Projekt unterstützt den<br />
WWF bei seinem Engagement<br />
zum Schutz<br />
<strong>der</strong> Eisbären. Weitere<br />
Infos: www.wwf.wick.de<br />
Einmalige Cha<br />
Ein<br />
vielt-<strong>der</strong>-wun<strong>der</strong>-Leser<br />
'auf einen nvergesslichen Trip in die Arktis<br />
ie schwimmen 100 Kilometer<br />
weit, schaffen auf<br />
glattem Eis Tempo 40. trotzen<br />
arktischen Stürmen und Temperaturen<br />
von mehr als 50<br />
Grad minus - Eisbären sind<br />
faszinierende Wun<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
Natur. Doch <strong>der</strong> Klimawandel<br />
bedroht ihren Lebensraum, die<br />
Arktis: Im eisigen Norden hat<br />
sich in den letzten Jahren die<br />
Durchschnittstemperatur mehr<br />
als doppelt so schnell erhöht<br />
wie im Rest <strong>der</strong> <strong>Welt</strong>. Das<br />
Packeis, Jagdrevier des Eisbären,<br />
gefriert später und<br />
schmilzt früher. Die Tiere haben<br />
immer weniger Zeit, sich<br />
überlebenswichtige Energiereserven<br />
anzufressen.<br />
Wer mit eigenen Augen sehen<br />
will, was in <strong>der</strong> Arktis passiert.<br />
wer den bedrohten Eisbären<br />
live erleben will, hat<br />
jetzt eine einmalige Chance:<br />
Ein Leser wird den WICK Eisbär-Botschafter<br />
und den weit-<br />
-<br />
gleiten<br />
<strong>der</strong>-wun<strong>der</strong>-Reporter vom 17.<br />
bis zum 24. November 2010<br />
in den Wapusk-Nationalpark<br />
im Norden Kanadas begleiten.<br />
Dort hat er die seltene Gelegenheit,<br />
Eisbären in ihrem<br />
natürlichen Lebensraum zu<br />
beobachten sowie Eisbärforscher<br />
und Ureinwohner, die<br />
sich selbst First Nations nennen,<br />
zu treffen. Nur 38 Menschen<br />
pro Jahr haben überhaupt<br />
die Chance - einer von<br />
ihnen wird jetzt ein welt-<strong>der</strong>wun<strong>der</strong>-Leser<br />
sein!<br />
Unter allen Bewerbern. die bis<br />
zum 30.9.2010 eine E-Mail<br />
mit dem Betreff „Eisbär-Abenteuer"<br />
an welt<strong>der</strong>wun<strong>der</strong>@<br />
wickwwf.de senden, wird <strong>der</strong><br />
Teilnehmer ausgewählt. - In<br />
<strong>der</strong> E-Mail sollte <strong>der</strong> Absen<strong>der</strong><br />
auf circa einer Seite (etwa<br />
800 Zeichen) überzeugend<br />
begründen, warum gerade er<br />
<strong>der</strong> richtige Begleiter für den<br />
WICK Eisbär-Botschafter ist!<br />
Mitarbeiter beteiligter Unternehmer<br />
nicht mitmachen <strong>der</strong> Rechts...eg , st ausgeschlossen
a Afghanistan, 2009: Auf dem Monitor verfolgen<br />
die Piloten eine Gruppe von Taliban, die mit Schnell-<br />
feuergewehren und Raketenwerfern ausgerüstet sind.<br />
Die Amerikaner müssen sich sicher sein, dass keine Zivi-<br />
listen in <strong>der</strong> Nähe sind, bevor sie zuschlagen. Der Pilot<br />
drückt den Stick leicht nach vorne. Sanft gleitet <strong>der</strong> AH-<br />
64D vorwärts und fliegt näher an die Männer heran. Der<br />
Apache ist noch mehr als zwei Kilometer entfernt, die<br />
Terroristen können den „Todesengel" we<strong>der</strong> sehen noch<br />
hören, da <strong>der</strong> Lärm vom Wind weggetragen wird. Die Ta-<br />
liban ahnen nichts von <strong>der</strong> drohenden Gefahr, sie fühlen<br />
sich sicher im Schutz <strong>der</strong> Nacht. Doch es ist völlig egal,<br />
ob es Tag o<strong>der</strong> Nacht ist, ob das Wetter gut ist o<strong>der</strong> ob<br />
es stürmt und regnet: Der Apache ist immer und überall<br />
einsatzfähig, er ist <strong>der</strong> effektivste Hubschrauber <strong>der</strong> <strong>Welt</strong>.<br />
WER GEWINNT DEN DIGITALEN KRIEG?<br />
Die Gruppe <strong>der</strong> Taliban ist bereits seit 20 Minuten im Vi-<br />
sier des Apache Longbow. Die Hightech-Kameras ha-<br />
ben sie nie aus den Augen verloren. Immer wie<strong>der</strong> bringt<br />
<strong>der</strong> Pilot die Maschine in Position. Er achtet darauf, dass<br />
<strong>der</strong> Apache stets im Gegenwind steht, damit <strong>der</strong> Lärm,<br />
den die Rotoren erzeugen, nicht bis zu den Taliban ge-<br />
langt. Mit den im Winkel von 60 und 120 Grad angeord-<br />
neten vier Heckrotorblättern konnte die Lärmsignatur<br />
des Apache zwar schon deutlich gesenkt werden, aber<br />
<strong>der</strong> Helikopter ist immer noch so laut, dass er sich ver-<br />
stecken muss: in großer Höhe, hinter Hügeln und Bäu-<br />
men o<strong>der</strong> eben im starken Gegenwind. Wie ein Raubtier<br />
liegt <strong>der</strong> Apache nun auf <strong>der</strong> Lauer, seine Opfer ahnen<br />
nichts von seiner Anwesenheit.<br />
Es ist eine Evolution aus Stahl und Fiberglas: Seinen ers-<br />
ten richtigen Einsatz hatte <strong>der</strong> Apache im Zweiten Golf-<br />
krieg 1991. Seitdem wurde <strong>der</strong> AH-64A immer weiter<br />
mo<strong>der</strong>nisiert: stärkere Triebwerke, bessere elektronische<br />
Gegenmaßnahmen und mehr Hightech. Das aktuelle Mo-<br />
dell ist <strong>der</strong> AH-64D, <strong>der</strong> Apache Longbow, eine bis zu<br />
9,5 Tonnen schwere Kampfmaschine. Zwei Triebwerke<br />
mit je über 1800 PS bringen den 17,76 Meter langen Ko-<br />
loss auf eine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 365 Kilo-<br />
metern pro Stunde. Doch <strong>der</strong> Longbow ist mehr als nur<br />
ein Rambo aus Stahl und Titan. Er ist gleichzeitig ein<br />
lautloser Assassine und ein digitaler Killer. Ursprünglich<br />
wurde <strong>der</strong> Apache zur Vernichtung von Panzern und<br />
Panzerfahrzeugen eingesetzt, doch in Afghanistan fin-<br />
det kein gewöhnlicher Konflikt statt. Es ist ein asymmetri-<br />
scher Krieg, ein Kampf gegen Terroristen, die sich in den<br />
Tälern und Hügeln des Hindukusch verstecken. Wer die-<br />
sen Krieg gewinnen will, muss wissen, wo sich <strong>der</strong> Feind >
DER WENDIGE KOLOSS<br />
Seine Feinde nennen ihn den „Engel des Todes". Sie können ihn we<strong>der</strong> hören<br />
noch sehen, bevor er gnadenlos zuschlägt. Der AH-64 Apache gilt als effektivster<br />
Kriegshelikopter <strong>der</strong> <strong>Welt</strong>. Seine Mission: die Jagd auf Taliban in Afghanistan<br />
rerit=q- Tc=r-t-iralk<br />
Er ist fast 18 Meter lang, funf Meter hoch und wiegt bis zu 9,5 Tonnen. Trotzdem kann sich ein AH-64 Apache<br />
fast wie ein Jagdflugzeug bewegen. Der Koloss kann sich mit 100 Grad pro Sekunde abrollen — in rund<br />
3,6 Sekunden hat er eine komplette Drehung absolviert. Der Helikopter (Foto: <strong>der</strong> AH-64A Apache mit 4 x 4<br />
Hellfire-Raketen) kann sich mit <strong>der</strong> dreieinhalbfachen Geschwindigkeit <strong>der</strong> Erdbeschleunigung (3,5 g) in die<br />
Kurve legen, um so in eine optimale Schussposition zu kommen. An<strong>der</strong>e Hubschrauber kommen nur auf 2 g<br />
. 5g 9/10
Die primäre Waffe des Apache ist die AGM-114 Hellfire (dt.: Höllenfeuer). Die neueste Version. die Hellfire II.<br />
ist eine sogenannte Fire-and-Forget-Waffe. abfeuern und vergessen. Diese radargestutzte Rakete kann unter<br />
optimalen Voraussetzungen abgefeuert werden. ohne dass <strong>der</strong> Apache das Ziel weiter im Auge behalt. Sie<br />
kann auch aus einer Deckung heraus eingesetzt werden und wird hauptsächlich für Panzer und Panzerfahrzeuge<br />
verwendet. Die Hellfire kann auf Ziele in acht Kilometern Entfernung abgeschossen werden. Wahrscheinlich<br />
ist ihre Reichweite noch hoher, doch genaue Angaben hält das US-Militär geheim<br />
SEKUNDÄRWAFFE<br />
Bis zu 625 Kugeln pro<br />
Minute kann die<br />
30-mm-Bordkanone M230<br />
abfeuern. Sie entfalten<br />
noch in 1,5 Kilometern Entfernung<br />
ihre verheerende<br />
Wirkung. Selbst kleine<br />
Panzerwagen können damit<br />
aufgehalten werden<br />
9/10 80<br />
4 Ar<br />
'qiiii.111.11111111111
eh.<br />
- I V. %.‘ 1"›.;<br />
VORSORGE-UNTERSUCHUNG<br />
Ein Apache wird nach 500 Flugstunden in alle Einzelteile<br />
zerlegt und überprüft. Zum Vergleich: Eine Passagiermaschine<br />
hat ihren großen Check nach 1000 Stunden<br />
DIE WAHL DER WAFFEN<br />
Ein Apache kann unterschiedlich bestückt werden.<br />
Entwe<strong>der</strong> mit 16 Hellfire-Raketen o<strong>der</strong> 76 70-mm-Raketen.<br />
O<strong>der</strong> mit einem Mix (o.) aus acht Hellfire und 38 70-mm<br />
AUFPRALLSCHUTZ<br />
Das Wrack lässt die Vermutung kaum zu, doch beide<br />
Insassen überlebten den Absturz. Das Cockpit ist so konstruiert,<br />
dass es einen heftigen Aufprall überstehen kann<br />
aufhält, und sich ihm ungesehen nähern. Grundvoraus-<br />
setzung dafür ist ein leistungsstarker Radar, <strong>der</strong> beim<br />
Longbow in <strong>der</strong> Rotorkuppel installiert ist. Damit kann<br />
sein Computer bis zu 1024 potenzielle Ziele erfassen<br />
und davon 128 gleichzeitig analysieren. Das System mar-<br />
kiert die 16 gefährlichsten Feinde automatisch für den<br />
Piloten im hinteren Teil des Cockpits und für den Bord-<br />
schützen auf dem vor<strong>der</strong>en Sitz. Der Radar ist aber nur<br />
<strong>der</strong> erste Schritt zum erfolgreichen Angriff. Das TADS<br />
(Target Acquisition and Designation System), ein Sys-<br />
tem aus Überwachungskameras mit Nachtsichtgerät in<br />
<strong>der</strong> Nase des Apache, liefert hochaufgelöste Bil<strong>der</strong> auch<br />
in völliger Dunkelheit. Wo das menschliche Auge längst<br />
versagt, behält <strong>der</strong> Apache Longbow den Überblick. Im<br />
digitalen Krieg entscheidet dieses Wissen über Leben<br />
und Tod.<br />
DER HIGHTECH - TOD AM MONITOR<br />
Die Infrarotkamera des TADS schickt ein unwirkliches<br />
Bild <strong>der</strong> Taliban auf den Monitor: Graue Gestalten auf<br />
grauem Hintergrund - wie bei einem Computerspiel. Die-<br />
ses Bild wird aber nicht nur auf dem Monitor angezeigt,<br />
son<strong>der</strong>n dem Bordschützen direkt auf die Netzhaut des<br />
rechten Auges projiziert. Ein Scanner registriert jede<br />
Kopfbewegung und sendet sie an die Sensoren <strong>der</strong> Ka-<br />
mera - und an die M230, die gewaltige Bordkanone un-<br />
ter dem Vor<strong>der</strong>rumpf. Der Lauf folgt dem Blick des<br />
Schützen, die Waffensysteme des Apache sind so qua-<br />
si mit dem Gehirn verbunden.<br />
Dann kommt die Bestätigung vom kommandierenden<br />
Befehlshaber: „Clear to fire", Feuer frei. Der Bordschüt-<br />
ze dreht den Kopf ganz leicht und nimmt die Taliban so<br />
ins Visier. Dann drückt er ab. Mit bis zu 625 Schuss in<br />
<strong>der</strong> Minute katapultiert die Maschinenkanone die mehr<br />
als zehn Zentimeter langen Geschosse auf das Ziel. Die<br />
Patronen schlagen kleine Krater in den Boden und las-<br />
sen die Erde meterhoch aufspritzen. Zwei Sekunden spä-<br />
ter liegen sieben <strong>der</strong> 14 Taliban tot o<strong>der</strong> verletzt auf dem<br />
Boden. Der Schütze blickt in die Fluchtrichtung <strong>der</strong> üb-<br />
rigen Männer, die Bordkanone richtet sich neu aus. Die<br />
Laserzielbeobachtung und <strong>der</strong> Laserentfernungsmesser<br />
des Feuerleitsystems übernehmen die Berechnung <strong>der</strong><br />
Geschosse und stabilisieren die Waffe - <strong>der</strong> Bordschüt-<br />
ze muss nur noch abdrücken. Es gibt kein Entkommen<br />
vor dieser furchtbaren Waffe - auch wenn Unschuldige<br />
verstümmelt o<strong>der</strong> getötet werden.<br />
Im April 2010 veröffentlichte die Internetplattform Wiki-<br />
Leaks Videoaufnahmen aus einem Apache-Helikopter,<br />
<strong>der</strong> im Juli 2007 in Bagdad auf vermeintliche Terroristen<br />
feuerte und dabei zwei Journalisten tötete. Die Piloten<br />
hielten die Kameraobjektive <strong>der</strong> Fotoapparate für Waf-<br />
fen. Es ist unter an<strong>der</strong>em diese gnadenlose und brutale<br />
Art <strong>der</strong> Kriegsführung. die den Apache zum Todesengel<br />
macht. Seine Primärwaffe, die AGM-114 Hellfire, braucht<br />
<strong>der</strong> Apache schon kaum noch einzusetzen. Diese radar- ><br />
1
PITCH<br />
Verän<strong>der</strong>t den Anstellwinkel<br />
<strong>der</strong> Rotorblätter.<br />
Zieht <strong>der</strong> Pilot am Pitch,<br />
steigt die Maschine<br />
STICK<br />
Verän<strong>der</strong>t die<br />
Rotorebene und bestimmt<br />
so die Richtung, in die<br />
<strong>der</strong> Apache fliegt<br />
DAS GEHIRN DES KRIEGES<br />
Die Radarkuppel auf dem Rotormast ist die<br />
Beson<strong>der</strong>heit des AH-64D. Damit kann <strong>der</strong><br />
Longbow Ziele bei jedem Wetter und selbst<br />
bei dichtem Nebel anvisieren<br />
,cepw<br />
Ate» e<br />
ß !Alt ' t<br />
r114::<br />
DAS ALLSEHENDE AUGE<br />
MULTIFUNKTIONS-<br />
DISPLAY<br />
Hochauflösende Farbmonitore,<br />
die auf verschiedene<br />
Anzeigen umgestellt werden<br />
können<br />
FAHRTMESSER<br />
Zeigt die Geschwindigkeit<br />
in Knoten (das ca. 1,8-Fache<br />
in Kilometern) an<br />
HOHENMESSER<br />
Zeigt die Flughöhe an<br />
SUNBLOCKER<br />
Flache Scheiben verhin<strong>der</strong>n<br />
Sonnenreflexionen, die dem<br />
Feind die Position verraten<br />
GUTER RIECHER<br />
An <strong>der</strong> Nase des Apache sitzt ein System aus<br />
zwei Überwachungskameras, einer Laserzielbeobachtung<br />
und einem Entfernungsmesser.<br />
Mittels Infrarot sind Nachteinsätze möglich<br />
Der Apache Longbow erfasst 1024 Ziele. analysiert 128 davon und markiert die 16 Feinde. die die größte<br />
Bedrohung darstellen. Diese Informationen kann <strong>der</strong> Longbow an an<strong>der</strong>e Hubschrauber weitergeben. Was<br />
folgt. ist ein koordinierter Angriff einer Apache-Armada. eines Netzwerks zusammengeschalteter digitaler<br />
Waffensysteme. Auf einen Schlag können so mehr als 300 Feinde gleichzeitig bekämpft werden. Von <strong>der</strong><br />
ersten Radarerfassung bis zum ersten Abschuss vergeht keine Minute ...<br />
9/10 62
DER VERNETZTE KRIEGER<br />
Über ein Okular werden dem Piloten Bil<strong>der</strong> auf<br />
die Netzhaut projiziert. Sensoren registrieren<br />
jede Kopfbewegung und lassen Kameras und<br />
Waffen dem Blick des Piloten folgen<br />
BLACK HOLE<br />
Verkleidungssystem für<br />
den Auspuff, um Wärme zu<br />
absorbieren<br />
TAUMELSCHEIBE<br />
Zentrales Steuerungselement<br />
jedes Hubschraubers<br />
gesteuerte Luft-Boden-Rakete erlaubt es dem Helikop-<br />
ter, aus einer Deckung heraus aufzutauchen, seine Rake-<br />
ten auf Panzer abzufeuern und lange vor dem Einschlag<br />
wie<strong>der</strong> abzutauchen. Diese Strategie ist gleichzeitig sein<br />
bester Schutz: Er wird einfach nicht gesehen.<br />
VVIE FLIEGT MAN EINEN PANZER?<br />
Solche Angriffsmanöver setzen eine hohe Wendigkeit<br />
voraus - und die Bewegung des Apache grenzt an die<br />
eines Jagdflugzeugs: ein fliegen<strong>der</strong> Panzer, <strong>der</strong> sich mit<br />
fast 100 Grad pro Sekunde in <strong>der</strong> Luft abrollen kann.<br />
Dabei steuert er sich in erster Linie wie je<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Hub-<br />
schrauber. Die Rotorblätter haben dabei grundsätzlich<br />
die gleiche Funktion wie die Tragflächen eines Flugzeugs:<br />
Der Luftstrom teilt sich an den Blättern auf. Ein Teil nimmt<br />
den oberen VVeg, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Teil den unteren. Je nach<br />
Anstellwinkel des Rotorblattes hat <strong>der</strong> obere Luftstrom<br />
den längeren VVeg und muss sich daher schneller bewe-<br />
gen. Dadurch entsteht <strong>der</strong> Auftrieb. Eines <strong>der</strong> wichtigs-<br />
ten Elemente eines Hubschraubers ist die Taumelschei-<br />
be, die zentrale Steuerungseinheit, die am Rotormast<br />
angebracht ist. Über sie können alle Rotorblätter über<br />
die kollektive Blatteinstellung so verän<strong>der</strong>t werden, dass<br />
<strong>der</strong> Auftrieb zunimmt und <strong>der</strong> Helikopter steigt. Verrin-<br />
gert <strong>der</strong> Pilot den Einstellwinkel, sinkt <strong>der</strong> Auftrieb und<br />
mit ihm <strong>der</strong> Helikopter. Um in eine bestimmte Richtung<br />
4141<br />
SCHWARZ-WEISSE REALITAT<br />
Der Krieg scheint nicht echt: So sieht <strong>der</strong><br />
Bordschütze die <strong>Welt</strong>, auf die er feuert.<br />
Bei diesem Video vom Juli 2007 wurden<br />
14 Männer ohne Provokation angegriffen<br />
zu fliegen, steuert <strong>der</strong> Pilot die ganze Rotorfläche dort-<br />
hin - die Kraft des Auftriebs wird in Komponenten zer-<br />
legt, wirkt so nicht nur nach oben, son<strong>der</strong>n auch in die<br />
angesteuerte Richtung. Der kleinere Heckrotor sorgt da-<br />
für, dass <strong>der</strong> Hubschrauber nicht unkontrolliert rotiert -<br />
er gleicht das Drehmoment aus.<br />
Beim Apache Longbow sind alle Komponenten High-<br />
tech: Der Heckrotor zur Schalldämpfung, <strong>der</strong> Rotorkopf<br />
für eine höhere VVendigkeit und sogar die Rotorblätter<br />
sind Spezialanfertigungen aus Stahl, Fiberglas und Ti-<br />
tan. Sie sind in <strong>der</strong> Lage, selbst größere Äste zu zerfet-<br />
zen, damit <strong>der</strong> Apache gefahrlos zwischen Bäumen ver-<br />
schwinden kann. Gerät <strong>der</strong> Apache aber dennoch unter<br />
feindlichen Beschuss, schützen kugelsicheres Glas, Bor-<br />
Panzerplatten und spezielle Kevlarverkleidungen die Pi-<br />
loten. Was den Apache von an<strong>der</strong>en Kampfhubschrau-<br />
bern unterscheidet, ist, dass er genauso gut einsteckt,<br />
wie er austeilt.<br />
Doch auch <strong>der</strong> Longbow ist nicht unverwundbar: Die ein-<br />
zigartige Fähigkeit, in <strong>der</strong> Luft schweben zu können, ist<br />
gleichzeitig die Schwachstelle jedes Hubschraubers.<br />
Feinde können ihn leicht mit Luftabwehrraketen ins Vi-<br />
sier nehmen. Und die Taliban sind noch immer im Besitz<br />
von Stinger-Raketen, die sie im afghanisch-sowjetischen<br />
Krieg von 1979 bis 1989 von den USA bekommen ha-<br />
ben. Diese Waffen sind paradoxerweise die gefährlichs-<br />
te Bedrohung für die „Todesengel" <strong>der</strong> US-Armee.<br />
NUNO RAMOS<br />
VIDEO ÜBER DEN APACHE (TEIL 1 VON 6):<br />
www.youtube.coln/watch?v=kLGpIppbbYo<br />
QUICKLINK ! SCHLAGWORT: 0910KAMPFHUBSCHRALIBER<br />
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1<br />
1
ähdi jily schlauer in BO sek<br />
e.A►: r--Futz-J-_-_- [-ItarrbF_zr<br />
- -MIIIIIIIIIIIIIII■<br />
SPANNENDE WISSENSFRAGEN —<br />
beantwortet von HENDRIK HEY, Mo<strong>der</strong>ator<br />
von „<strong>Welt</strong> <strong>der</strong> Wun<strong>der</strong>" (RTL II, sonntags, 18 Uhr)<br />
(<br />
lir g 5<br />
\<br />
.1,- 64<br />
Was ist ein<br />
Gyrocopter?<br />
Er ist eine Mischung aus Hubschrauber<br />
und Flugzeug, optimal für Kurzstrecken.<br />
Ein Gyrocopter ist beson<strong>der</strong>s<br />
sicher, kann bis zu 185 Kilometer pro<br />
Stunde schnell fliegen und verbraucht gerade<br />
einmal acht Liter auf 100 Kilometer.<br />
Der Rotor auf <strong>der</strong> Oberseite wird nur beim<br />
Start angetrieben. Bewegt sich die Maschine<br />
in <strong>der</strong> Luft vorwärts, dreht sich <strong>der</strong><br />
Rotor mithilfe <strong>der</strong> anströmenden Luft ganz<br />
von allein. Für den Vor<strong>der</strong>antrieb sorgt ein<br />
Propeller.<br />
e hitp://tinyurl.comee583qc<br />
HELI-ZWITTER<br />
Der Gyrocopter hat einen<br />
Rotor und einen Propeller -<br />
und braucht eine Startbahn<br />
Wer erfand den<br />
Hubschrauber?<br />
Die Flugspirale (r.) von Leonardo<br />
da Vinci gilt als Prototyp des Hubschraubers,<br />
auch wenn sie nur als Skizze existierte.<br />
Doch schon im China des 4. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
v. Chr. gab es bereits ein Spielzeug<br />
für Kin<strong>der</strong>, das wie ein Helikopter<br />
funktionierte. An einem Holzstab wurden<br />
einan<strong>der</strong> gegenüberliegend zwei Gansefe<strong>der</strong>n<br />
im rechten Winkel zueinan<strong>der</strong> befestigt.<br />
Wurde <strong>der</strong> Stab nun zwischen den<br />
Händen schnell gedreht und losgelassen,<br />
stieg das Spielzeug kreisend in die Höhe.<br />
e http://tinyurl.com/2bo64ym<br />
Warum sind Hubschrauber<br />
so laut?<br />
Das typische Knattern eines Helikopters<br />
kommt nicht von seinem Antrieb,<br />
son<strong>der</strong>n von den Rotorblättern. An <strong>der</strong>en<br />
Spitzen entstehen durch die hohe Drehgeschwindigkeit<br />
Luftwirbel. Diese Turbulenzen<br />
werden vor allem beim Sinkflug vom<br />
nächsten Rotorblatt verschlagen — es<br />
kommt zu einer plötzlichen Druckän<strong>der</strong>ung,<br />
die sich durch einen hellen Schlag<br />
äußert, ähnlich einem Peitschenknall. Das<br />
passiert so oft hintereinan<strong>der</strong>, dass das<br />
bekannte Klopfgeräusch entsteht.<br />
e i<br />
MEHR INFORMATIONEN IM INTERNET UNTER<br />
http:Mlnyurl.conv22m9wkf<br />
Haben Helikopter<br />
einen Airbag?<br />
In Zukunft schon! Amerikanische<br />
Techniker arbeiten an einem Airbag, <strong>der</strong><br />
im Notfall den Aufschlag abmin<strong>der</strong>t und<br />
die Aufprallenergie abfängt. Das Prinzip:<br />
Verliert ein Hubschrauber zu schnell an<br />
Höhe, wird Gas in die Luftkissen hineingepumpt,<br />
die an <strong>der</strong> Unterseite des Hubschraubers<br />
angebracht sind. Sobald <strong>der</strong><br />
Helikopter auf dem Boden aufschlägt, entweicht<br />
das Gas über Ventile wie<strong>der</strong>. Damit<br />
wird verhin<strong>der</strong>t, dass die Flugmaschine in<br />
die Luft zurückspringt.<br />
e htetlitinyuncomlykuokbr<br />
MEHR INTORMATILINEN IM INTERNET UNTER<br />
LÄRMQUELLE<br />
Nicht <strong>der</strong> Motor macht<br />
den Hubschrauber<br />
so laut, son<strong>der</strong>n eine<br />
plötzliche Druckän<strong>der</strong>ung<br />
an den Spitzen<br />
<strong>der</strong> Rotorblätter<br />
e<br />
Wie hoch kann ein<br />
Helikopter Fliegen?<br />
Die Luftdichte begrenzt die Aufstiegsmöglichkeiten<br />
eines Helikopters. Mit<br />
zunehmen<strong>der</strong> Höhe nimmt sie ab, und die<br />
Rotorblätter erzeugen welliger Auftrieb.<br />
Herkömmliche Hubschrauber schaffen<br />
6000 bis 8000 Meter. Der <strong>Welt</strong>rekord liegt<br />
hei 13716 Metern. Der Franzose Didier<br />
Delsalle schraubte sich im Mai 2005 mit<br />
dem Eurocopter AS 350 B3 Ecureuil so lange<br />
in den Himmel. bis dessen Tank leer<br />
war. Anschließend rotierte <strong>der</strong> Heli, durch<br />
den Auftrieb getragen, wie<strong>der</strong> nach unten.<br />
MEHR INFORMATIONEN IM INTERNET UNTER<br />
hitglitinyustcom1218xub4<br />
HELI-PROTOTYP<br />
1483 entwickelte Leonardo da Vinci die<br />
Flugspirale. Sie kam nie aus dem Skizzenstadium<br />
heraus, da <strong>der</strong> nötige Antrieb fehlte<br />
.0<br />
0<br />
G-<br />
O
AS GEHEIMT1IS<br />
MOLEKÜL DES<br />
Die DNA ist das größte Rätsel des Lebens. Kein an<strong>der</strong>es Molekül ist leistungsfähiger,<br />
wandelbarer, stabiler. Ein gigantischer Datenspeicher - und doch birgt diese chemische<br />
Verbindung unglaubliche Geheimnisse in sich. Die neueste Entdeckung von Biologen:<br />
Die DNA kann sogar sehr angriffslustig sein ...<br />
Tatsächlich ist die DNA mehr<br />
als nur <strong>der</strong> größte Schatz je<strong>der</strong><br />
Zelle: Sie lockt Bakterien<br />
in eine tödliche Falle
0)&4/1<br />
Wun<strong>der</strong> Wissenschaft<br />
„Und ich dachte, VVIR hätten das Fischen<br />
erfunden", sagt Arturo Zychlinsky, als er<br />
den Kollegen von seiner Entdeckung<br />
berichtet. „Da haben wir uns getäuscht. Unsere Zellen<br />
waren schneller als wir." Das Team um den Biologen am<br />
Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie hat eine Eigen-<br />
schaft des Erbmoleküls entdeckt, die niemand für mög-<br />
lich gehalten hätte: „Bisher gingen wir davon aus, dass<br />
die DNA immer im Zellkern ruht, unverrückbar. Aber jetzt<br />
wissen wir, dass sie auch außerhalb einer Zelle existie-<br />
ren kann — und dort vom passiven Informationsspeicher<br />
zum aggressiven Angreifer wird." Wie ein Fischernetz<br />
o<strong>der</strong> noch eher ein klebriges Spinnennetz verlässt das<br />
Molekül das Innere von Fresszellen, jenen weißen Blut-<br />
körperchen des Immunsystems, sobald diese sich ei-<br />
nem Entzündungsherd im Körper nähern. Um sich im<br />
nächsten Moment über die feindlichen Mikroben zu stül-<br />
pen und sie zu vernichten.<br />
„Tatsächlich eignet sich die DNA aufgrund ihrer physi-<br />
kalischen Struktur zusammen mit an<strong>der</strong>en Bestandtei-<br />
,elt <strong>der</strong> wun<strong>der</strong> 67 9/10
Sie haben dieselben Gene wie alle an<strong>der</strong>en<br />
Zellen des Organismus. Aber embryonale<br />
Stammzellen (gr. Bild) nutzen die Gene<br />
nicht, die ihnen eine spezielle Funktion<br />
geben würden und die sie z. B. zu Lebero<strong>der</strong><br />
Hautzellen machen würden — diese<br />
frühen Stammzellen können sich in jeden<br />
Zelltyp verwandeln. Welche chemischen<br />
Signale auf <strong>der</strong> Klaviatur unseres geheimnisvollsten<br />
Moleküls spielen, wird <strong>der</strong>zeit<br />
erforscht. Es ist nicht weniger als die<br />
Suche nach dem Geheimnis des Lebens<br />
9/10 eda weit <strong>der</strong> wun<strong>der</strong>
Am Anfang entsteht <strong>der</strong> Körper allein aus<br />
„totipotenten" Zellen, d.h. aus Stammzellen,<br />
die sich in jedes Gewebe verwandeln<br />
können. Mit <strong>der</strong> Zeit spezialisieren sich<br />
die meisten Zellen für eine Aufgabe.<br />
Ihre DNA wird <strong>der</strong>art „geschal-<br />
tet", dass nur noch Gene aktiv<br />
sind, die <strong>der</strong> jeweilige<br />
Zelltyp braucht<br />
Bauchspeicheldrüsenzelle<br />
Aus den drei Keimblättern<br />
gehen Zellen hervor,<br />
die sich zunehmend<br />
spezialisieren<br />
ZELMACHSCHUB<br />
Im erwachsenen Körper sind<br />
es adulte Stammzellen,<br />
die jeweils bei bestimmten<br />
Gewebearten für frischen<br />
Zellnachschub sorgen<br />
Muskelzellen<br />
Knochenzellen<br />
. Stammzelle<br />
Blutgefäße<br />
Mit dem Körper<br />
wächst <strong>der</strong> „Stamm-<br />
baum" <strong>der</strong> Zellen; an<br />
dessen Ende stehen die Organe<br />
len <strong>der</strong> Fresszelle bestens als Todesnetz für Erreger — sie<br />
ist extrem klebrig, sodass sich viele Mikroben hilflos da-<br />
rin verhed<strong>der</strong>n", berichtet Zychlinsky. Die Ausnahme sind<br />
bestimmte Bakterien, denen es mithilfe eines Enzyms<br />
gelingt, das Netz aufzulösen. Im Schlepptau hat das<br />
Fangnetz weitere Waffen: etwa die Histone. Das sind<br />
jene Eiweiße, die das Erbmolekül im Zellkern normaler-<br />
weise dicht packen und dafür sorgen, dass <strong>der</strong> sonst<br />
zwei Meter lange Molekülstrang in Form <strong>der</strong> Chromoso-<br />
men dort hineinpasst. Diese Verpackungsmoleküle wer-<br />
den jetzt dazu verwendet, die gefangenen Mikroben —<br />
Pilze, Bakterien o<strong>der</strong> Parasiten — zu zerstören. „Die DNA<br />
als Vernichtungsmaschinerie <strong>der</strong> Immunabwehr zu be-<br />
nutzen ist genauso überraschend wie überaus clever",<br />
sagt Infektionsbiologe Zychlinsky. „Denn als Fangnetz<br />
dämmt sie nicht nur die Ausbreitung <strong>der</strong> Entzündung ein,<br />
son<strong>der</strong>n schützt auch den Körper selbst." Schließlich<br />
geben die Fresszellen zusammen mit dem DNA-Netz<br />
Gifte ab, chemische Abwehrstoffe, um die Erreger zu<br />
töten. Und hochaktive Enzyme, die die toten Erreger zer-<br />
legen, damit sie vom Körper entsorgt werden können.<br />
Diese speziellen Eiweiße sind aber gleichzeitig auch gif-<br />
tig für das körpereigene Gewebe. Das DNA-Netz sorgt<br />
nun dafür, dass die Enzyme nur lokal wirksam werden<br />
und umliegende Körperzellen unversehrt bleiben.<br />
Die DNA — für Wissenschaftler das Wun<strong>der</strong>molekül<br />
schlechthin. Und nichts weniger als <strong>der</strong> Datenträger des<br />
mzelle<br />
ezialisierte<br />
Ile<br />
HEILUNGS-T<br />
Stammzellen-<br />
vermehrung<br />
spezialisierte<br />
Zellen<br />
erneuertes<br />
Gewebe<br />
Adulte Stammzellen sind die<br />
Handwerker des Körpers — sie<br />
ersetzen abgestorbene Zellen<br />
Jede Verletzung<br />
von<br />
Gewebe bedeutet,<br />
dass dort<br />
Zellen sterben<br />
Stammzellen<br />
vermehren sich<br />
rasant, lagern<br />
sich an <strong>der</strong><br />
Verletzung an<br />
Die Stammzellenproduzieren<br />
jetzt<br />
den benötigten<br />
Zelltyp<br />
Das Gewebe<br />
hat sich dank<br />
neuer spezialisierter<br />
Zellen<br />
regeneriert<br />
Lebens: eine chemische Verbindung, die alle Informatio-<br />
nen für sämtliche Vorgänge einer Zelle und somit auch<br />
eines komplexen Organismus (inklusive Bauplan des<br />
Körpers) enthält. Im Vergleich zu Datenträgern <strong>der</strong> heu-<br />
tigen Computertechnik also noch immer ein wahres<br />
Wun<strong>der</strong>, von dem Ingenieure nur träumen können. Kein<br />
Computer speichert so effizient und langfristig Daten,<br />
und abgesehen davon enthält jene wun<strong>der</strong>same spiral-<br />
förmige chemische Verbindung sogar den Bauplan zur<br />
eigenen Vermehrung. „Die Erkenntnis aber, dass Zellen<br />
den Träger ihrer genetischen Informationen für Kamika-<br />
ze-Angriffe nutzen können, hat unsere Annahmen über<br />
das wohl geheimnisvollste Molekül des Universums<br />
geradezu erschüttert", sagt Michel Chignard. Mediziner<br />
und Forscher am Institut Pasteur in Paris. „Bisher kann-<br />
ten wir die DNA nur als Informationsträger, <strong>der</strong> diese<br />
Informationen zum Ablesen bereithielt und bei <strong>der</strong> Zell-<br />
teilung weitergab." Die neuen Erkenntnisse sollen vor<br />
allem für die Erforschung gefährlicher Autoimmuner-<br />
krankungen genutzt werden, bei denen Antikörper auch<br />
speziell das Erbgut <strong>der</strong> eigenen Zellen attackieren.<br />
Die Liste <strong>der</strong> Zutaten <strong>der</strong> DNA ist kurz: viel Kohlenstoff,<br />
Wasserstoff und Sauerstoff, reichlich Stickstoff, dazu<br />
Phosphor und etwas Schwefel. Schließlich Salze. eine<br />
Prise Kobalt, Zink und Mangan. Man könnte damit<br />
Fel<strong>der</strong> düngen — o<strong>der</strong> eben Leben erschaffen. Das Fas-<br />
zinierende: Bis heute kennt niemand eine Antwort auf
lüfeleffe''AMMW2WITMEII:Pi»/U<br />
- liDPWAFFE<br />
Ein lautloser Angriff: Mikroben dringen in den<br />
Organismus ein. Die Antwort kommt prompt und<br />
ebenso still. Sofort registriert das Immunsystem<br />
den Feind. Weiße Blutkörperchen gelangen<br />
über die Blutbahnen zum Ort des Geschehens.<br />
Unter ihnen Fresszellen, bereit, mit allen<br />
Mitteln zu kämpfen. Zur Not mit <strong>der</strong> eigenen DNA<br />
die Frage, wie die Rezeptur entstand, die aus Elemen-<br />
ten toter Materie belebte Natur werden ließ. VVas den Le-<br />
bensfunken entzündete. Fest steht: Das Ursprungsre-<br />
zept, das sich als Volltreffer entpuppte. ist seit vier Mil-<br />
liarden Jahren verschollen. Bis heute streiten VVissen-<br />
schaftler zudem darüber, ob die DNA, die Trägerin <strong>der</strong><br />
Erbinformationen aller Lebewesen, aus den Tiefen des<br />
Alls stammt o<strong>der</strong> aus den Schwarzen Rauchern, den un-<br />
termeerischen Vulkanen <strong>der</strong> Tiefsee.<br />
Schon länger weiß man, dass es auch in den VVeiten des<br />
Alls von höheren organischen Molekülen nur so wimmelt.<br />
Sie bilden sich aus einfachen Verbindungen wie Wasser<br />
o<strong>der</strong> Methanol durch die Bestrahlung interstellarer Eis-<br />
körnchen mit ultraviolettem Sternenlicht. Diesen Prozess<br />
haben Forscher vom Ames-Forschungszentrum <strong>der</strong><br />
NASA in Kalifornien im Labor nachgebaut. Danach fan-<br />
den sie in ihren Glaskolben Substanzen, die sogar kom-<br />
plex genug waren, um beim Kontakt mit Wasser spon-<br />
tan kleine Bläschen zu bilden. Die Membranen <strong>der</strong> aller-<br />
ersten lebenden Zellen waren vermutlich solche Blasen.<br />
Erst in ihrem Schutz konnten möglicherweise so kom-<br />
plexe Biomoleküle wie die DNA entstehen.<br />
Auch US-Biologen wie Leroy Hood und Craig Venter ar-<br />
beiten fieberhaft daran, das große Rätsel zu knacken:<br />
VVie wird ein Molekül zum Lebensmotor? Tatsächlich<br />
ist es Venter erstmals gelungen, ein künstliches Genom<br />
mithilfe eines Computers zusammenzustellen und an-<br />
schließend zu synthetisieren. Und er konnte das künst-<br />
liche Erbgut in lebende Zellhüllen einsetzen und den<br />
Zellen mit dem neuen Programm Leben einhauchen, das<br />
heißt: sie zur Zellteilung bringen und wachsen lassen.<br />
Es war zweifelsfrei die größte medizinisch-biologische<br />
Sensation seit <strong>der</strong> Erfindung des Antibiotikums.<br />
Das Unternehmen soll auch einen praktischen Nutzen<br />
haben: Die synthetische Biologie will Mikroben nach Plan<br />
schaffen. Die Visionen sind gewaltig. Es soll darum<br />
gehen, Viren und Bakterien zu erschaffen, die die drän-<br />
gendsten Probleme <strong>der</strong> <strong>Welt</strong> lösen können: Nahrung und<br />
Arzneimittel erzeugen, nach Industrieunfällen Umweltgif-<br />
te abbauen. Im menschlichen Körper sollen sie Infektio-<br />
nen bekämpfen o<strong>der</strong> dort gefährliche Substanzen wie<br />
überschüssiges Cholesterin vertilgen. „Leben ist Informa-<br />
tion", sagt Venters Kollege Hood. Er ist <strong>der</strong> Überzeugung,<br />
dass man die Gen-Informationen von Lebewesen nur so<br />
lange durchleuchten muss, bis man charakteristische<br />
Muster erkennt. Dabei macht genau diese Aussage das<br />
Jedes eintreffende weiße<br />
Blutkörperchen nimmt<br />
sich gezielt eine Gruppe<br />
feindlicher Mikroben vor<br />
Mysterium deutlich: Zwar werden <strong>der</strong>zeit Gene abge-<br />
lesen, was das Zeug hält, und dabei entstehen Daten-<br />
mengen, die nur noch mit Algorithmen auf Großrechnern<br />
bewältigt werden können. Aktuell wird das Erbgut von<br />
1000 Menschen entziffert. Aber die Gesetzmäßigkeiten<br />
hinter den Datenmassen bleibt rätselhaft. „Man stelle sich<br />
vor, Physiker hätten den Teilchenbeschleuniger LHC in<br />
Genf gebaut, ohne die Gesetze <strong>der</strong> Quantenphysik und<br />
die Relativitätstheorie zu kennen", sagt Leonid Kruglyak<br />
von <strong>der</strong> Princeton University. „VVir haben uns vorgegau-<br />
kelt, das Genom sei eine transparente Blaupause des<br />
Lebens", sagt <strong>der</strong> Zellbiologe Mel Greaves vom britischen<br />
Institute of Cancer Research. Aber das ist es eben nicht.<br />
Vielmehr stecken im Genom nicht nur Bauanleitungen für<br />
Eiweiße — <strong>der</strong> Quellcode besitzt viele verschiedene<br />
Funktionen und Kommando-Hierarchien. Und er steckt<br />
voller sich ständig wandeln<strong>der</strong> Steuersätze.<br />
Vom Schöpfungsakt sind Forscher somit noch Lichtjah-<br />
re entfernt. Immerhin ist es ihnen gelungen, Leben nach-<br />
zuahmen, wenn auch nicht, Leben zu schaffen. Deshalb<br />
liegt das Ziel, alle Teile einer lebenden Zelle von Grund<br />
auf zusammenzusetzen, noch in weiter Ferne ...<br />
FRIEDERIKE SCHÖN<br />
ZENTRUM FOR INFEKTIONSBIOLOGIE UND IMMUNITAT<br />
www.zibi - berlin.de/Deutsc:„profile/Zycn;ins,-.) ... ..<br />
QUICKLINK<br />
SCHLAGWORT: 091 ODNA<br />
Der schnelle Weg zu vielen weiterführenden Informationen<br />
zum Thema: Einfach das Schlagwort in das entsprechende Feld auf<br />
www.welt<strong>der</strong>wun<strong>der</strong>.de eingeben.
GEFArIGErl im LETZ<br />
Wie das Fangnetz einer Spinne stülpt sich die<br />
aus dem Zellinneren herausgespülte DNA über<br />
die Bakterien. Diese kleben an ihr fest und<br />
können jetzt systematisch neutralisiert werden<br />
freigesetzte DNA<br />
(0) Ike<br />
ef<br />
-14<br />
Die „freigelassene" DNA hilft,<br />
den Entzündungsherd einzuschließen.<br />
So sind die Körperzellen<br />
vor den giftigen Enzymen<br />
<strong>der</strong> Fresszellen sicher<br />
e.<br />
giftige Enzyme<br />
WAFFEnAnsEnAL<br />
Die Fresszellen produzieren Enzyme<br />
(rote Kugeln), die die feindlichen<br />
Erreger zerstören sollen. Aber auch für<br />
die körpereigenen Zellen sind diese<br />
speziellen Eiweiße gefährlich<br />
HELDEll-ArIGRIFF<br />
Am Ort des Angriffs entlässt die Immunzelle das<br />
Erbmolekül aus dem schützenden Zellkern. Ein<br />
irreversibler Vorgang. Nach <strong>der</strong> Vernichtung<br />
des Feindes stirbt die Fresszelle den Heldentod<br />
BAKTERIEFIGIFT<br />
Die Histone (blaue Kugeln), die den DNA-Strang<br />
im Zellkern aufwickeln, werden außerhalb<br />
<strong>der</strong> Zelle zum tödlichen, zersetzenden Gift für<br />
schädliche Bakterien und an<strong>der</strong>e Mikroben<br />
weit de wun<strong>der</strong> 71 9/10
(■..de<br />
1014/‚ Wun<strong>der</strong> natur<br />
1 '<br />
Es ist ein Staat, <strong>der</strong> nach ganz eigenen Gesetzen funktioniert: Blattschnei<strong>der</strong>ameisen<br />
errichten unterirdische Mega-Bauten, betreiben Landwirtschaft und verfügen über<br />
ein unsichtbares Kommunikationsnetzwerk. Doch damit nicht genug: Vier Millionen Tiere<br />
verbinden sich zu einem <strong>der</strong> gigantischsten Super-Organismen des Planeten ...<br />
um, 41,—,ameridemser-<br />
.......iidiesidet<br />
Was man hier sieht, ist viel mehr als nur <strong>der</strong> riesengroße Höhlenbau<br />
einer Ameisenkolonie: Kammern mit einem Fassungsvermögen von bis zu<br />
50 Litern, kerzengerade Luftschächte, meterlange Versorgungstunnel,<br />
die wie Nervenbahnen von einer Höhle zur nächsten führen — <strong>der</strong> Staat<br />
<strong>der</strong> Blattschnei<strong>der</strong>ameisen gehört zu den komplexesten Systemen <strong>der</strong><br />
<strong>Welt</strong>. Mehr als sechs Tonnen Zement und 8000 Liter Wasser mussten<br />
die Wissenschaftler in den verlassenen Mega-Bau gießen, um ihn erst<br />
auszufüllen und dann in seiner ganzen Struktur ausgraben zu können.<br />
weit dile svuntlie7<br />
STAAT DER<br />
SUPERLATIVE<br />
52 Quadratmeter Fläche, acht<br />
Meter Tiefe, mehr als 7800<br />
Kammern: Der in Brasilien<br />
ausgegrabene Bau einer Blattschnei<strong>der</strong>ameisenkolonie<br />
hat<br />
einmal wie ein Super-Organismus<br />
funktioniert.<br />
nt. I<br />
;er. -7,<br />
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*#<br />
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.<br />
r 818111.1113". "11611412.1»Z apj gre,,"ffludemeenhi<br />
Mit ihren kräftigen Mundwerkzeugen, den Mandibeln, fahren die<br />
Arbeiterinnen <strong>der</strong> Blattschnei<strong>der</strong>ameisen kiloweise Ernte ein. Der<br />
Lebensraum einer Kolonie beträgt bis zu 10 000 Quadratmeter.<br />
Er umfasst neben dem Nest Dutzende Erntefel<strong>der</strong>, Haupttransportstraßen<br />
und Nebenstraßen.
VERFUGT JEDE KOLONIE UBER EINE<br />
EINGEBAUTE KLIMAANLAGE?<br />
Blattschnei<strong>der</strong>ameisen ernähren sich von Pilzen, die sie mit<br />
Gräsern und Blättern „füttern". Das Problem dieser Pilzzucht: Die<br />
Kompostierung setzt verhältnismäßig große Mengen Kohlendioxid<br />
(CO2) frei. Zu viel davon würde die Insekten umbringen. Sie haben<br />
daher eine Art überdimensionale Lunge in ihrem Bau installiert:<br />
Dabei spielen vor allem die groß angelegten Abfallkammern eine<br />
wichtige Rolle. In ihnen ist es immer drei Grad wärmer als im übrigen<br />
Bau. Folge: Von hier aus steigt ein Strom warmer Luft auf, und<br />
im Gegenzug sinkt frische Luft nach unten. So maßen Forscher an<br />
den „Ausgängen" <strong>der</strong> Bauten einen erhöhten 002-Ausstoß, während<br />
die „Eingänge" den Sauerstoff förmlich in die Gänge saugten.<br />
9 1:1, 74 wett Oer wuntle<br />
Stillstand ist <strong>der</strong> Tod. Diese Doktrin<br />
scheint jede einzelne Blattschnei<strong>der</strong>-<br />
ameise von Geburt an verinnerlicht zu haben. Die Tiere<br />
wissen instinktiv: Nur wenn alle ihren Job machen, kann<br />
<strong>der</strong> Staat überleben. In den Tunneln des unterirdischen<br />
Mega-Baus herrscht daher 24 Stunden am Tag Hochbe-<br />
trieb, Millionen Arbeiterinnen bringen kiloweise Blätter<br />
und Gräser in den Bau. Derweil kümmern sich Zehntau-<br />
sende kleinere Helferinnen in speziell angelegten Kam-<br />
mern um die eingefahrene Ernte, während nur wenige<br />
Gänge weiter unzählige Kin<strong>der</strong>mädchen den Nachwuchs<br />
versorgen. Draußen auf den Erntefel<strong>der</strong>n sorgen wäh-<br />
renddessen kräftige Schnei<strong>der</strong>innen ununterbrochen für<br />
Blätter-Nachschub. Welche Dimensionen dieses komple-<br />
xe Staatssystem wirklich hat, wird jedoch erst deutlich,<br />
wenn man einen solchen Bau freilegt: Er benötigt eine<br />
Fläche von 52 Quadratmetern, ist acht Meter tief und<br />
durchzogen von bis zu 90 Meter langen Gängen und<br />
schnurgeraden Schächten, die wie Nervenbahnen von<br />
einer Kammer zur nächsten führen — die Ausbreitung ei-<br />
ner Blattschnei<strong>der</strong>ameisenkolonie übertrifft sämtliche<br />
Vorstellungen. Und erst allmählich wird den Forschern<br />
klar: Der gesamte Ameisenstaat funktioniert wie ein<br />
menschlicher Organismus — mit einem Verdauungssys-<br />
tem, einer Lunge und einem Gehirn, das aus bis zu vier<br />
Millionen einzelnen Tieren besteht ...<br />
ERNTESIGNALE<br />
Sobald eine Arbeiterin ein ertragreiches<br />
Erntefeld ausgemacht<br />
hat, sendet sie Duftstoffe aus.<br />
Ein hoch dosiertes Lockmittel für<br />
die Kolleginnen. Bereits ein<br />
Milligramm dieses Fährtenstoffs<br />
würde genügen, um 60-mal eine<br />
Spur um die Erde herumzulegen.<br />
WIE VIELE PILZE<br />
HAT EIN STAAT?<br />
Bei <strong>der</strong> Untersuchung<br />
eines typischen<br />
Nests waren von 1920<br />
Kammern 238 Kammern<br />
mit Pilzen belegt.<br />
Je<strong>der</strong> Pilz braucht eine<br />
bestimmte Luftfeuchtigkeit<br />
und eine spezielle<br />
Temperatur, um<br />
optimal zu wachsen. Die<br />
meisten Pilzkammern<br />
fanden die Wissenschaftler<br />
bei ihren Ausgrabungen<br />
in ein bis<br />
drei Metern Tiefe.<br />
WIE FUNKTIONIERT DAS GEHIRN DER<br />
KOLONIE?<br />
Ameisen gehören zu den erfolgreichsten Lebewesen <strong>der</strong><br />
vergangenen 50 Millionen Jahre. Sie haben nahezu alle<br />
Landmassen des Planeten unterhöhlt, leben in einer ver-<br />
borgenen VVelt, folgen unsichtbaren Spuren und übermit-<br />
teln geheime Botschaften. VVas jedoch die Biologen bei<br />
<strong>der</strong> Ausgrabung eines beson<strong>der</strong>s beeindruckenden Baus<br />
herausgefunden haben, geht weit darüber hinaus: So<br />
sind Blattschnei<strong>der</strong>ameisen offenbar in <strong>der</strong> Lage, einen<br />
Super-Organismus zu erschaffen — mit einem Körper, ge-<br />
baut von Millionen Arbeiterinnen, <strong>der</strong> wie ein einzelnes<br />
Lebewesen funktioniert. Aber wenn die unterirdische<br />
Mega-Metropole wie ein Organismus aufgebaut ist, wo<br />
befinden sich dann die einzelnen Organe? Wie arbeiten<br />
sie zusammen? Und was ist das Gehirn des Vier-Millio-<br />
nen-Staates?<br />
„Der ganze Ameisenstaat ist das Gehirn. Genau wie<br />
beim Menschen ist jedes einzelne Neuron für sich<br />
dumm. Nur weil sich Millionen Neuronen zusammen-<br />
schalten, kommen grandiose Leistungen heraus", er-<br />
klärt Bert Hölldobler, einer <strong>der</strong> weltweit führenden Amei-<br />
senforscher. Er analysierte zusammen mit seinen Mit-
X".%<br />
; -<br />
arbeitern das Verhalten von Blattschnei<strong>der</strong>ameisen in<br />
einem Hightech-Labor in Würzburg und stellte fest: Die<br />
einzelne Ameise eines Staates ist nichts wert. Erst wenn<br />
sich Millionen von ihnen zu einem arbeitsteiligen Sys-<br />
tem zusammenschalten, entsteht eine kollektive Intel-<br />
ligenz, die bis heute bei kaum einer an<strong>der</strong>en Tierart<br />
auf <strong>der</strong> Erde beobachtet werden konnte. Schächte<br />
für die Durchlüftung, unzählige Höhlen, Hauptstra-<br />
ßen als Transportwege — alles im Super-Organis-<br />
mus <strong>der</strong> Blattschnei<strong>der</strong>ameisen wirkt wie am Reiß-<br />
brett geplant und durchorganisiert. Dabei gibt es<br />
we<strong>der</strong> eine zentrale Bauaufsicht noch einen ver-<br />
antwortlichen Architekten.<br />
Gleichzeitig ist jede „Zelle" des Super-Organismus<br />
zu unglaublichen Leistungen fähig. Eine Blattschnei-<br />
<strong>der</strong>ameise kann das 100-Fache ihres Gewichts tra-<br />
gen und mit dieser Last täglich mehrere Hun<strong>der</strong>t Me-<br />
ter zurücklegen. Zum Vergleich: Hochgerechnet auf<br />
die menschliche Körpergröße, legt eine Blattschnei-<br />
<strong>der</strong>ameise täglich mehr als 20 000 Kilometer zurück —<br />
mit etwa acht Tonnen Gepäck auf ihrem Rücken. Eine<br />
Leistung, die sämtliche Gesetze <strong>der</strong> Physik außer Kraft<br />
ERNTE-GENIES<br />
Wie groß ist das Stück? Wie<br />
schwer? Können es die Kolleginnen<br />
am Boden tragen? Die<br />
Schnei<strong>der</strong>innen errechnen<br />
instinktiv vor ihrer Erntearbeit,<br />
welche Maße das<br />
Blattstück haben darf.<br />
zu setzen scheint. Die Untersuchung des in Südameri- ><br />
4ta<br />
BIO-BAUERN<br />
Langzeitstudien ergaben:<br />
Dank <strong>der</strong> Arbeitsteilung kann<br />
eine einzige Kolonie innerhalb<br />
eines Jahres 470 Kilo<br />
Biomasse ernten. Dies entspricht<br />
einer Blattfläche von<br />
bis zu 4500 Quadratmetern.
ofir"<br />
WER ENTSCHEIDET, WAS GEERNTET<br />
WIRD - UND WAS NICHT?<br />
Damit ein Super-Organismus aus Millionen Tieren überleben kann, braucht es<br />
vor allem eines: eine effiziente Kommunikation. Winzige Pflegerinnen kontrollieren<br />
ununterbrochen, ob es den Pilzen gut geht; sie entfernen Sparen frem<strong>der</strong><br />
Arten, und manche verwenden sogar eine Art Pestizid. Wenn ein Pilz Abwechslung<br />
auf dem Speiseplan wünscht, teilt er das den Pflegerinnen mit. Die Botschaft<br />
wird umgehend über Duftbotenstoffe weitergegeben, bis sie bei den Futtersammlerinnen<br />
ankommt, die sofort einen an<strong>der</strong>en Ernteplatz aufsuchen. So<br />
haben die Tiere selbst in 200 Metern Entfernung eine Art Standleitung zum Nest.<br />
76 ,<br />
ERNTE-BODYGUARDS<br />
Während die großen Arbeiterinnen<br />
die Blattstücke zum<br />
Nest bringen, sitzen auf <strong>der</strong><br />
Ernte kleinere Helferinnen, die<br />
als eine Art Sicherheitsdienst<br />
den Transport vor Parasiten<br />
schützen sollen.<br />
ka ausgegrabenen Riesen-Baus ergab: Insgesamt brin-<br />
gen die Arbeiterinnen während des 20-jährigen Staaten-<br />
daseins (das automatisch endet, wenn die Königin stirbt)<br />
40 Tonnen Erde an die Oberfläche und beför<strong>der</strong>n bis zu<br />
acht Tonnen Blätter und Gräser in die Kammern. Es<br />
scheint daher nicht übertrieben, wenn <strong>der</strong> Biologe Höll-<br />
dobler sagt: „Die Leistung <strong>der</strong> Blattschnei<strong>der</strong>ameisen ist<br />
vergleichbar mit dem Bau <strong>der</strong> Chinesischen Mauer."<br />
Im Gegensatz zur leblosen Chinesischen Mauer würde<br />
<strong>der</strong> Super-Organismus <strong>der</strong> Blattschnei<strong>der</strong>ameisen jedoch<br />
innerhalb eines Tages kollabieren — würden nicht Millio-<br />
nen Zellen 24 Stunden am Tag dafür sorgen. dass das<br />
Verdauungssystem arbeiten und die Lunge atmen kann<br />
— und selbst Krebsgeschwüre kein Problem darstellen ...<br />
KANN EIN AMEISENSTAAT VOR EINEM<br />
TUMOR EINFACH DAVONLAUFEN?<br />
Das Verdauungssystem des Super-Organismus besteht<br />
aus Pilzen, die in Tausenden Kammern von den Blatt-<br />
schnei<strong>der</strong>ameisen gezüchtet werden. Die Pilze werden<br />
ununterbrochen mit Blättern und Gräsern versorgt. In<br />
den Kammern landen je<strong>der</strong> geerntete Grashalm und je-<br />
des erbeutete Blatt im Umkreis von mehreren Hun<strong>der</strong>t<br />
KINDERMADCHEN<br />
Blattschnei<strong>der</strong>ameisen haben<br />
eine perfekte Arbeitsteilung:<br />
Kleinere Arbeiterinnen kümmern<br />
sich um den Nachwuchs (r.),<br />
größere Arbeiterinnen und<br />
Soldatinnen sind für die Ernte<br />
und die Verteidigung zuständig.<br />
GEBAR-MUTTER<br />
Die Königin ist eine reine Eierlegemaschine.<br />
Bei den Blattschnei<strong>der</strong>ameisen<br />
bringt sie am<br />
Tag rund 29000 Eier hervor. Im<br />
Laufe ihres 20-jährigen Lebens<br />
kann sie bis zu 200 Millionen<br />
Nachkommen haben.<br />
Metern. Schließlich ernähren die Pilze den gesamten<br />
Staat. Denn im Gegensatz zu den frisch geernteten Grä-<br />
sern enthalten die kompostierten Pilze wesentlich mehr<br />
Nährstoffe. Ohne die Pilzgärten wäre daher kein Staat<br />
überlebensfähig — alternative Nahrungsquellen gibt es<br />
nicht: „Versucht man, Blattschnei<strong>der</strong>ameisen im Labor<br />
ohne einen Pilz zu halten. verhungern sie — auch wenn<br />
man ihnen sonst jede erdenkliche Nahrung anbietet",<br />
sagt Hölldobler.<br />
Aber was passiert, wenn die Pilze sterben? „Dann bleibt<br />
nur <strong>der</strong> Umzug. Vor allem. wenn ein Parasit in den Pil-<br />
zen wie ein Tumor überhand nimmt", erklärt Hölldobler,<br />
„Wir Menschen können unserem Krebs nicht davonlau-<br />
fen — Blattschnei<strong>der</strong>ameisen können das." Der Umzug<br />
selbst ist eines <strong>der</strong> faszinierendsten Naturschauspiele<br />
unseres Planeten: So konnte Hubert Herz. ein damali-<br />
ges Mitglied <strong>der</strong> Würzburger Gruppe um Hölldobler, be-<br />
obachten, wie die ersten Tiere Stückchen <strong>der</strong> noch in-<br />
takten Pilze aus dem Bau tragen. Danach kommen die<br />
Arbeiterinnen, geschützt von Soldatinnen. Zum Schluss<br />
kommt die Königin, umgeben von sechs Bodyguards.<br />
Bei <strong>der</strong> geringsten Störung wird sie sofort unter ein Blatt<br />
geschoben, vor das sich die Soldatinnen stellen. Erst
wenn die Gefahr vorbei ist, darf die Königin wie<strong>der</strong> aus<br />
ihrem Versteck und wird in die neue Bruthöhle begleitet.<br />
WIE KOORDINIERT MAN VIER MILLIONEN<br />
ARBEITERINNEN GLEICHZEITIG?<br />
Gleichmäßig wie ein Uhrwerk bohren sich die Kieferzan-<br />
gen <strong>der</strong> großen Arbeiterin durch die Fasern des Blatts.<br />
Dabei schneidet sie keineswegs wahllos drauflos. Wie<br />
schwer wird das Stück sein? Kann es von einer kleinen<br />
Ernte-Ameise am Boden getragen werden? O<strong>der</strong> braucht<br />
es ein Spezialteam zum Abtransport? „Jede Arbeiterin<br />
muss vor dem Schneiden Größe und Gewicht <strong>der</strong> Ernte<br />
genau abschätzen", erklärt Hölldobler. Sobald das he-<br />
rausgeschnittene Stück <strong>der</strong> großen Arbeiterin zu Boden<br />
fällt, startet die Transportmaschinerie des Super-Orga-<br />
nismus: Ist es nicht zu groß, wird das Stück sofort von<br />
kleineren Erntehelferinnen eingesammelt und in den Bau<br />
gebracht. Dafür nutzen die Blattschnei<strong>der</strong>ameisen ver-<br />
schiedene Seitenstraßen, später die Hauptverkehrsstra-<br />
ße, die in einem Fluss von Tausenden Arbeiterinnen zum<br />
250 Meter entfernten Nest führt. Am Nest angekommen,<br />
wird das Blattstück an Heimarbeiterinnen abgegeben, die<br />
es zu Brei zerkauen, auf dem <strong>der</strong> Pilz wachsen kann.<br />
Aber woher weiß jede Arbeiterin so genau, wo, wann und<br />
was sie ernten soll? Wie koordiniert man vier Millionen Ar-<br />
beiterinnen gleichzeitig? Und warum kommt es nie zum<br />
Stau auf den Ameisenstraßen <strong>der</strong> Erntearbeiterinnen?<br />
Die Arbeitsteilung, <strong>der</strong> Nahrungsbedarf <strong>der</strong> Pilze, die<br />
Fortpflanzung - sämtliche Informationen über das Le-<br />
ben im Super-Organismus werden über Botenstoffe wei-<br />
tergeleitet. So legen Millionen Blattschnei<strong>der</strong>ameisen<br />
Pheromon-Spuren, die zu Blättern o<strong>der</strong> Gräsern führen.<br />
Dabei ist die chemische Substanz hochpotent. „Ein Milli-<br />
gramm einer Komponente ihres Fährtenstoffs würde ge-<br />
nügen, um 60-mal eine Spur um die Erde herumzule-<br />
gen", sagt Bert Hölldobler. Außerdem trägt jede Kaste<br />
eine für sie typische chemische Uniform, an <strong>der</strong> die<br />
Ameisen einan<strong>der</strong> erkennen. Auf diese Weise wird ihre<br />
Anzahl ständig kontrolliert. So entfernte <strong>der</strong> Ameisen-<br />
forscher Edward 0. Wilson in einem Experiment einmal<br />
die Hälfte <strong>der</strong> großen Blattschnei<strong>der</strong>innen: Der Super-<br />
Organismus erkannte das Problem innerhalb kürzester<br />
Zeit, und die Königin produzierte so lange vermehrt<br />
Arbeiterinnen <strong>der</strong> fehlenden Kaste, bis das Verhältnis<br />
wie<strong>der</strong> stimmte.<br />
Und was passiert, wenn die Kommunikation durch-<br />
brochen wird? Zum Beispiel durch einen Brand, <strong>der</strong> die<br />
Pheromon-Fährten zerstört und die Arbeiterinnen auf<br />
den Erntefel<strong>der</strong>n vom Nest abkoppelt? Zunächst<br />
herrscht Chaos, und alle Ameisen rennen orientierungs-<br />
los mit ihrer Ernte auf dem Rücken durcheinan<strong>der</strong>. Doch<br />
sobald die ersten Arbeiterinnen den Weg zurück gefun-<br />
den haben, legen sie neue Spuren aus und kommu-<br />
nizieren damit: „Zum Nest geht es hier lang." Der Bau<br />
des Staates, die Arbeitsaufteilung <strong>der</strong> Ernte, die Produk-<br />
tion des Nachwuchses - alles ist minutiös geplant, und<br />
auch im größten Chaos funktioniert alles nach Plan. Ein<br />
Phänomen, das beim Menschen nur selten beobachtet<br />
werden kann ... HANNES WELLMANN<br />
MI<br />
Das Buch „Der Superorganismus<br />
- <strong>der</strong> Erfolg<br />
von Ameisen, Bienen,<br />
Wespen und Termiten"<br />
von Bert Hölldobler und<br />
Edward 0. Wilson gilt<br />
als Meilenstein <strong>der</strong> Erforschung<br />
des sozialen<br />
Verhaltens bei Insekten.<br />
606 S., Springer Verlag,<br />
79,95 Euro.<br />
WIE SAUT MAN EIN AMEISENNEST?<br />
16<br />
DVD AMEISEN — DIE GEHEIME WELTMACHT"<br />
gaszinierende Dokumentation über das spektakuläre<br />
eben <strong>der</strong> Ameisen<br />
FOTOS: Wolfgang Thaler aus .,Der Superorganismus", Springer Verlag (4): Meckes/Ottawa/Eye of Science/Agentur Focus: Joun&Rius/Naturepl.com:<br />
Moffett/Getty Images: Ziegler/Minden/Picture Press
.................<br />
Wun<strong>der</strong> Wissenschaft<br />
UNBERECHENBARE GEFAHR<br />
Sonden waren bisher die einzigen<br />
menschengemachten Objekte, die sich<br />
Asteroiden näherten. Im Sonnensystem<br />
kreisen viele Millionen <strong>der</strong> Gesteinsbrocken,<br />
sie sind Überreste <strong>der</strong> Planetenbildung.<br />
Wie genau sie aufgebaut sind<br />
und welche Bahnen sie beschreiben, ist<br />
schwer zu berechnen. Sie könnten<br />
auch für die Erde bedrohlich sein.<br />
............<br />
Wie land<br />
man auf eine<br />
Aster iden?<br />
Es ist einer <strong>der</strong> kühnsten Pläne <strong>der</strong> Raumfahrtgeschichte: Im Jahr 2025 soll <strong>der</strong> erste<br />
Mensch einen Asteroiden betreten. Eine hochriskante Mission, die jedoch bahnbrechende .;<br />
Erkenntnisse über den Ursprung - und das Überleben - <strong>der</strong> Menschheit liefern könnte...
Die Anatomie eines Trümmerteils<br />
Je<strong>der</strong> Asteroid ist ein ungenutzter Planetenbaustein aus <strong>der</strong> Frühzeit des Son-<br />
nensystems vor fast fünf Milliarden Jahren. Die größten messen mehrere Hun-<br />
<strong>der</strong>t Kilometer, die meisten Asteroiden sind jedoch sehr viel kleiner und haben<br />
we<strong>der</strong> Atmosphäre noch nennenswerte Schwerkraft. Aus diesem Grund sind sie<br />
auch nicht rund wie Planeten: Erst ab einem Durchmesser von etwa 1000 km<br />
werden alle Massen so stark zum Mittelpunkt des Körpers gezogen, dass eine<br />
Kugelform sich bilden kann. Asteroiden gleichen eher Kartoffeln und rotieren<br />
entsprechend unregelmäßig.<br />
LOSE SCHUTTHALDE<br />
Der 535 m gjoße Asteroid Itokawa ist<br />
ein loser Klumpen aus Geröll, das sich<br />
nach Kollisionen zwischen Asteroiden<br />
zusammengefügt hat und durch seine<br />
geringe Schwerkraft mal eben so<br />
zusammengehalten wird.<br />
.................<br />
.."<br />
................<br />
...................................<br />
KARTE DER ANZIEHUNG<br />
Die Grafiken zeigen die unterschiedliche<br />
Verteilung <strong>der</strong> Schwerkraft auf ltokawa,<br />
von Rot (schwach) bis Blau (stark). Ein<br />
Ball, den man in einem roten Bereich<br />
fallen ließe, würde erst nach Grün und<br />
dann nach Blau rollen.<br />
Tief bohrt sich <strong>der</strong> Eispickel in den Felsen, bei<br />
jedem Hieb wirbelt feinster Staub auf und ver-<br />
harrt in einer Wolke über dem Boden. Andrew<br />
MacLachlan treibt Löcher ins Gestein, montiert Haken,<br />
die ein Netz von Seilen halten sollen. Es geht nur zenti-<br />
meterweise voran. Als MacLachlan plötzlich den Halt<br />
verliert, stößt er einen Fluch aus, bekommt gerade noch<br />
das Seil zu fassen. Doch statt in die Tiefe zu stürzen,<br />
schwebt er über dem Felsen. Durch das Visier seines<br />
Helms sieht er sein Raumschiff 50 Meter über sich trei-<br />
ben. Fünf Millionen Kilometer entfernt lässt sich eine win-<br />
zige blaue Kugel nur noch erahnen: die Erde. Doch hier,<br />
auf diesem kargen Eiland im <strong>Welt</strong>all, spielt sich gerade<br />
die kühnste Mission <strong>der</strong> Raumfahrtgeschichte ab: Wir<br />
schreiben das Jahr 2025, <strong>der</strong> erste Mensch betritt einen<br />
Asteroiden. O<strong>der</strong> besser: Er klammert sich daran fest.<br />
WAS WISSEN ASTEROIDEN ÜBER DEN<br />
URSPRUNG DES SONNENSYSTEMS?<br />
Als US-Präsident Barack Obama im April 2010 den Plan<br />
bekannt gab, dass die nächste bemannte Raummission<br />
auf einem Asteroiden landen soll, hielt die Fachwelt den<br />
Atem an. „Das ist die wohl schwerste Aufgabe, die wir<br />
je hatten", sagt NASA-Administrator und Ex-Astronaut<br />
Charles Bolden. Eine solche Reise würde viel länger dau-<br />
ern und weitaus größere Gefahren bergen als eine Rei-<br />
se zum Mond. Denn Asteroiden sind die unberechen-<br />
barsten Objekte, die das Sonnensystem zu bieten hat.<br />
4,5 Milliarden Kilometer von <strong>der</strong> Sonne entfernt, bilden<br />
unzählige Gesteinsbrocken die äußere Grenze des Son-<br />
nensystems: den Kuipergürtel. Der gleicht einer riesigen ><br />
79<br />
". ........
Schutthalde aus Überresten des Sonnennebels. Aus dem<br />
entstanden vor etwa 4,5 Milliarden Jahren Sonne und<br />
Planeten. Auch zwischen den Bahnen von Jupiter und<br />
Mars kreist ein Asteroidengürtel mit etwa 300 000 be-<br />
kannten Himmelskörpern. Einzig die gigantische Schwer-<br />
kraft des Jupiters hielt die Brocken davon ab, sich zu ei-<br />
nem Planeten zusammenzuschließen.<br />
Und dies fasziniert die Wissenschaftler an Asteroiden<br />
beson<strong>der</strong>s: Sie stellen den Ursprung <strong>der</strong> Planetenbil-<br />
dung dar, sind unverfälschte Fossilien des Sonnensys-<br />
tems und bergen die Geheimnisse <strong>der</strong> Entstehung unse-<br />
rer <strong>Welt</strong> in sich. Und vielleicht auch des Lebens. Jetzt<br />
entdeckten NASA-Astronomen mithilfe von Infrarotauf-<br />
nahmen auf dem All-Brocken 24 Themis eine Hülle aus<br />
Eis und komplexen organischen Molekülen. Das erhär-<br />
tet die Theorie, <strong>der</strong>zufolge Asteroiden durch Einschläge<br />
VVasser auf die junge Erde gebracht haben könnten.<br />
Doch damit kommen wir zum akuten Problem — Stichwort<br />
Einschläge. Passieren Asteroiden o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e kleine Him-<br />
melskörper bei ihrem Umlauf um die Sonne die Erdbahn,<br />
werden sie als Erdnahe Objekte (engl.: near- Earth ob-<br />
jects, NE0s) bezeichnet. Die NASA hat 7166 entdeckt, die<br />
mehrere 100 Meter groß sind, davon sind 1134 sogenann-<br />
te Potentially Hazardous Objects, die für die Erde eine Be-<br />
drohung darstellen können, weil sie ihr in den nächsten<br />
Jahrzehnten sehr nahekommen und groß genug sind, um<br />
bei einem Einschlag einen halben Erdteil zu zerstören<br />
(Stand: Juli 2010). O<strong>der</strong> dessen Folgen ganze Gruppen<br />
von Tieren auslöschen könnten, wie es bei den Dinosau-<br />
riern vor 65 Millionen Jahren <strong>der</strong> Fall war. „Wir sind schlau-<br />
er als die Dinosaurier", betont <strong>der</strong> Astrophysiker John<br />
Sonne<br />
Grunsfeld und rechtfertigt so wohl auch die zusätzlichen<br />
sechs Milliarden Dollar, die die US-Regierung in den<br />
nächsten fünf Jahren in das NASA-Projekt investieren will.<br />
ES GILT: FESTHALTEN UND KEINE GROSSEN<br />
SPRÜNGE MACHEN!<br />
VVürden Menschen auf einem bedrohlichen Asteroiden<br />
landen, könnte man Informationen darüber sammeln, wie<br />
sich die potenzielle Planeten-Bombe umleiten ließe. Dafür<br />
liegen bei <strong>der</strong> NASA Dutzende Pläne und Szenarien in <strong>der</strong><br />
Schublade, eine davon: Mission B612. Danach soll ein<br />
atombetriebenes, unbemanntes Raumschiff an einen 200<br />
Meter langen Asteroiden andocken und ihn anschieben.<br />
Doch niemand weiß, wie ein Asteroid auf das Andocken<br />
reagiert. Da er wahrscheinlich aus Einzelbrocken besteht.<br />
ist das Risiko groß, dass er durch den Aufprall des Schif-<br />
fes in Tausend Teile zerfällt. Eine bemannte Mission könn-<br />
te klären, wie stabil <strong>der</strong> Asteroid wirklich ist.<br />
Und damit kommen wir wie<strong>der</strong> zum Astronauten Andrew<br />
MacLachlan, <strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Asteroidenoberfläche hängt.<br />
<strong>Welt</strong>raumspaziergänge und Hüpfer, wie Neil Armstrong<br />
und Co. sie 1969 auf dem Mond vollführten, würden ihn<br />
unweigerlich in die Weiten des Alls katapultieren. Grund:<br />
Ein Asteroid hat eine extrem schwache Schwerkraft, die<br />
in ihrer Intensität sehr unregelmäßig ist. Ein größeres<br />
Raumschiff könnte wohl eher an den Brocken andocken<br />
o<strong>der</strong> nahebei kreisen, als direkt darauf zu landen. „Es ist<br />
Am 13. Juni brachte sie eine Probenkapsel zur Erde, <strong>der</strong>en Inhalt so<br />
wertvoll ist wie Gold und Diamanten: Sieben Jahre lang war die japanische<br />
Sonde „Hayabusa" unterwegs, im November 2005 stieß sie auf den<br />
Asteroiden 'tokawa hinab. Nach einigen Pannen (Kontrollsysteme fielen<br />
aus, die Landung gelang erst im zweiten Anlauf) konnte die Sonde beginnen,<br />
Bodenproben zu nehmen. Derzeit wird <strong>der</strong> Staub noch untersucht.<br />
ASTEROIDEN-TRIP<br />
Die Sonde „Hayabusa" verließ 2003<br />
die Erde (1), flog <strong>der</strong> 'tokawa-Bahn<br />
(weiß) entgegen (rote Flugbahn),<br />
landete dort 2005 (2), flog mit, bis<br />
<strong>der</strong> Asteroid 2007 auf einer erdnahen<br />
Position war (3), und kehrte 2010<br />
(orange Flugbahn) zur Erde<br />
zurück (4).<br />
_
ein bisschen so, als wolle man einen komplizierten Bil-<br />
lardstoß ausführen, während jemand am Tisch ruckelt",<br />
beschreibt NASA-Projektleiter Joseph Nuth das hoch<br />
komplizierte Manöver.<br />
Astronauten müssten sich mit Spikes, Raketen-Jetpacks<br />
o<strong>der</strong> Netzen auf <strong>der</strong> Oberfläche halten können. Und man<br />
verliert auf einem unregelmäßig geformten und wild rotie-<br />
renden Himmelskörper leicht die Orientierung: Die „Tage"<br />
sind viel kürzer, die Sonne würde nur so über den nur ei-<br />
nige Hun<strong>der</strong>t Meter breiten Horizont rasen. „Wir haben<br />
nicht genügend Daten, um einen Menschen guten Gewis-<br />
sens dort hinaufzuschicken", sagt Daniel Scheeres von<br />
<strong>der</strong> University of Colorado, <strong>der</strong> die chaotischen Orbits von<br />
Asteroiden simulierte. Ist eine Asteroidenmission also ein<br />
hochriskantes Himmelfahrtskommando, von dem man die<br />
Finger lassen sollte?<br />
„Wenn Menschen kein Erdnahes Objekt anfliegen kön-<br />
nen, dann schaffen sie es auch nicht bis zum Mars", sagt<br />
<strong>der</strong> Astronautik-Professor Ed Crawley vom Massachu-<br />
setts Institute of Technology. Im Vergleich zu Missionen<br />
zum Mond o<strong>der</strong> zum Mars wird dabei sehr viel weniger<br />
Treibstoff verbraucht, weil sich das Gefährt beim Start<br />
nicht mühsam aus dem Schwerefeld eines Planeten he-<br />
rauskatapultieren muss. Auch die erdnahe Bahn des<br />
UNSANFTE<br />
LANDUNG<br />
Beim ersten Landeanflug<br />
(links) war <strong>der</strong><br />
Öffnungsmechanismus<br />
des Probenbehälters<br />
defekt. Erst die zweite<br />
Landung ermöglichte<br />
Bodenkontakt — und<br />
wertvolle Proben.<br />
AUSFÄLLE UND<br />
VERLUSTE<br />
Der Aufprall sorgte für<br />
ein Leck im Treibstofftank.<br />
Zudem verlor die<br />
Sonde einen Teil <strong>der</strong><br />
Kommunikation, auch<br />
die Landesonde „Minerva"<br />
verschwand unwie<strong>der</strong>bringlich<br />
im All.<br />
Asteroiden wäre energetisch günstig. „Man springt qua-<br />
si auf, wenn er sich <strong>der</strong> Erde nähert, bleibt einige Wochen<br />
und springt dann wie<strong>der</strong> ab", sagt <strong>der</strong> frühere NASA-<br />
Astronaut Ed Lu. Der Himmelskörper selbst wäre ein idea-<br />
les Trainingsgelände für künftige Marsmissionen: Mit den<br />
dort vorhandenen Stoffen, wie Wasserstoff, Kohlenstoff<br />
o<strong>der</strong> Eisen, lässt sich etwa die Energiegewinnung auf<br />
einem fremden Himmelskörper erproben. Und wo soll es<br />
hingehen? Derzeit stehen 42 Asteroiden, die im Zeitfens-<br />
ter um das Jahr 2025 auf einer günstigen Position liegen,<br />
bei <strong>der</strong> NASA in <strong>der</strong> engeren Auswahl. Der konkreteste<br />
Plan, „Flexible Path", hat den fußballfeldgroßen Asteroi-<br />
den 1999 A010 im Visier, <strong>der</strong> zunächst unbemannt, dann<br />
bemannt angeflogen und genau erforscht werden soll.<br />
Schon macht sich Pionierstimmung bei den Raumfah-<br />
rern breit „,Apollo 8' sollte eigentlich nie zum Mond flie-<br />
gen", erinnert sich NASA-Ingenieur Rob Landis, „aber die<br />
NASA sagte: ,Was, wenn wir's trotzdem machen?' Ich<br />
denke, eine Asteroidenmission wäre ,Apollo 8' <strong>der</strong> nächs-<br />
ten Generation." Ein kleiner, aber bedeuten<strong>der</strong> Schritt vor<br />
dem großen Sprung zum Mars. ASTRID KEBLER<br />
ASTEROIDEN-ÜBERWACHUNG<br />
http://www.jpInasa.govi‘.. oulvvatch/index.cfm<br />
htfp://impact. arc.nasa.gov/<br />
QUICKLINK ! SCHLAGWORT: 0 9 10ASTEROID<br />
Der schnelle Weg zu vielen weiterführenden Informationen<br />
zum Thema: Einfach das Schlagwort in das entsprechende Feld auf<br />
www.welt<strong>der</strong>wun<strong>der</strong>.de eingeben.<br />
STAUB-<br />
ENTNAHME<br />
6. November 2005:<br />
Nachdem eine kleine<br />
ugel auf die Oberflähe<br />
geschossen woren<br />
war, saugte eine<br />
Düse den aufgewirbelten<br />
Staub auf--
e http://finyurLcom/schweif<br />
schlauer In BO sekunden<br />
Ille, tsa',771=!Ir'VZ DNSRF<br />
IKRAHGEEN Y Mo<strong>der</strong>ator<br />
—<br />
von „<strong>Welt</strong> <strong>der</strong> Wun<strong>der</strong>" (RTL II, sonntags,18 Uhr)<br />
Normalerweise nicht. Doch im Januar<br />
machte das Hubble-Teleskop eine<br />
Aufnahme vom Objekt P2010 A2 (unten).<br />
Was aussieht wie ein Komet mit Schweif,<br />
ist in Wirklichkeit eine Trümmerwolke <strong>der</strong><br />
Kollision zweier kleiner Asteroiden aus<br />
dem Asteroidengürtel. Der Crash ereignete<br />
sich wahrscheinlich bei mehr als<br />
15 000 km/h, es wurde mehr Energie freigesetzt<br />
als von einer Atombombe. Der<br />
Druck des Sonnenlichts verteilte dann die<br />
Trümmer in einen nachziehenden Schweif.<br />
Ceres vereint 30 Prozent <strong>der</strong> Masse<br />
des Asteroidengürtels zwischen Mars<br />
und Jupiter und ist kleinster Zwergplanet<br />
des Sonnensystems. Der dicke Asteroid<br />
mit einem Durchmesser von fast 1000 Kilometern<br />
entstand vor 4,57 Milliarden Jahren<br />
und besteht aus drei Schichten: Ein<br />
Gesteinskern ist umgeben von einer 100<br />
Kilometer dicken Eisschicht, die die Hälfte<br />
<strong>der</strong> Masse von Ceres ausmacht. Darüber<br />
liegt eine dünne, staubige Kruste, auf <strong>der</strong><br />
etwa minus 38 Grad Celsius herrschen.<br />
MEHR INFORMATIONEN IM INTERNET UNTER MEHR INFORMATIONEN IM INTERNET UNTER<br />
http://tinyurl.com/dawnmission<br />
FALSCHER KOMET<br />
Der Asteroiden-Crash war 140<br />
Mio. km von <strong>der</strong> Erde entfernt<br />
Kreist ein Asteroid innerhalb von<br />
195 Millionen Kilometern um die Sonne,<br />
hat er eine ähnliche Bahn wie die Erde und<br />
ist damit ein Near Earth Object (NEO). 815<br />
von insgesamt 7166 NEOs sind größer als<br />
einen Kilometer. Wie groß das Einschlagsrisiko<br />
eines Asteroiden ist, bemisst die Turiner<br />
Skala zwischen 0 (unwahrscheinlich)<br />
und 10 (sichere Kollision). 4 ist <strong>der</strong> höchste<br />
Wert, den ein Asteroid bislang zeitweise<br />
erreicht hat: Doch Apophis nähert sich<br />
<strong>der</strong> Erde im Jahr 2029 „nur" auf 30 000 km.<br />
e http:Minyurl.comIturinskala<br />
r f7f, 1 /r9 11114<br />
weit <strong>der</strong> wun<strong>der</strong><br />
Trojaner-Asteroiden umrunden die<br />
Sonne in <strong>der</strong> gleichen Geschwindigkeit wie<br />
die Planeten. Ihre Position sind sogenannte<br />
Lagrange-Punkte. Dort heben sich die<br />
auf Planet und Sonne wirkenden Kräfte<br />
weitgehend auf. Dadurch können sich kleine<br />
Himmelskörper für unbegrenzte Zeit in<br />
<strong>der</strong> Nähe des Planeten aufhalten, ohne mit<br />
ihm zu kollidieren. Auch die Erde hat wahrscheinlich<br />
einen solchen unheimlichen<br />
Begleiter, den Asteroiden 2002 AA29 mit<br />
einem Durchmesser von ca. 100 Metern.<br />
e http:litinyurl.comItrojanerfakt<br />
ASTEROIDEN-ANATOMIE<br />
2015 wird die Sonde „Dawn" den dreischichtigen<br />
Ceres näher erkunden<br />
Sicher: Asteroiden stellen eine<br />
Bedrohung für unseren Planeten dar. Doch<br />
auch die Erde sorgt für Chaos auf den All-<br />
Brocken. Astronomen zeigten jetzt, dass<br />
ein Asteroid, <strong>der</strong> in einer Entfernung von<br />
16 Erdradien (ca. 100 000 km) an <strong>der</strong> Erde<br />
vorüberfliegt, starken Erschütterungen<br />
ausgesetzt ist. Dieses „seismische Schütteln"<br />
zieht den Himmelskörper in die Länge<br />
und wühlt die Oberfläche auf. Dabei<br />
gelangen frische Sedimente (Regolith) an<br />
die Oberfläche.<br />
e http:MinyurLcomlasteroidbeben<br />
KLEIN, ABER BRUTAL<br />
Für Forscher ist <strong>der</strong> Einschlag eines<br />
mehrere Kilometer großen Asteroiden<br />
weniger wahrscheinlich als <strong>der</strong> von<br />
bis zu 50 Meter großen Brocken, die<br />
in <strong>der</strong> Atmosphäre explodieren und<br />
Städte zerstören können.
DAS HERZ, DER<br />
ERSTE TAKTGEBER<br />
IM KÖRPER<br />
Menschliches Leben am 56. Tag: Schon in diesem Stadium ist<br />
die Entwicklung des Embryos und seiner Organe erstaunlich<br />
weit fortgeschritten. Deutlich zu sehen sind die Leber (großer<br />
orangeroter Bereich unten) und die Lunge (weiß), das Herz<br />
befindet sich unterhalb des linken Armes. Seine Kontraktionen<br />
beeinflussen die Entwicklung des Ungeborenen in diesem<br />
Stadium stärker als das noch extrem kleine Gehirn.<br />
DAS EIGENLEBEN DES HERZENS<br />
Bereits ab dem 21. Tag nach <strong>der</strong> Befruchtung einer<br />
Eizelle beginnt das Herz des Embryos zu schlagen —<br />
drei Wochen bevor Gehirn und Rückenmark angelegt<br />
sind. Erstaunlich, da später alle Körperfunktionen<br />
vom zentralen Nervensystem gesteuert werden. Aber<br />
das Herz, von einer bislang unbekannten Kraft zum<br />
ersten Schlag angetrieben, behält auch später zu<br />
einem erheblichen Teil seine Autonomie bei, wie<br />
neue Forschungsergebnisse zeigen ...<br />
,' irsio<br />
39,<br />
LENKT DAS HERZ DIE GEDANKEN?<br />
Neurokardiologen fanden heraus, dass Herz und Gehirn<br />
in kontinuierlichem Austausch miteinan<strong>der</strong> stehen.<br />
Alles spricht dafür, dass das Herz sogar weit mehr<br />
Informationen an das Gehirn sendet als umgekehrt.<br />
Zudem beeinflussen die vom Herzen ausgeschickten<br />
Signale die Wahrnehmung, die Emotionen und<br />
bestimmte Denkleistungen eines Menschen.
BLUTPUMPE MIT SUPERKRAFTEN<br />
Mit einer Leistung von 2,4 Watt ist das Herz die<br />
stärkste elektromagnetische Kraftquelle im Organismus.<br />
Das von ihm erzeugte Reizfeld lasst sich in<br />
allen menschlichen Zellen nachweisen — weshalb<br />
man „Herzströme" (das EKG) durch Elektroden an<br />
Händen und Beinen messen kann. Damit nicht genug.<br />
Forscher wiesen nach: Ähnlich wie ein Sonar. das<br />
nicht nur Signale aussendet, son<strong>der</strong>n auch empfängt,<br />
erhält das Herz Informationen über den Gesundheitszustand<br />
von Körper und Psyche.<br />
Wun<strong>der</strong> rTlensch<br />
DAS HERZ<br />
DAS ZWEITE GEHIRN UNSERES KÖRPERS<br />
Es ist <strong>der</strong> einzige Muskel, <strong>der</strong> niemals stillsteht, solange ein Mensch lebt.<br />
Doch seine Fähigkeiten gehen weit darüber hinaus. Forscher entdeckten jetzt:<br />
Das Herz verfügt über eine eigene Intelligenz, ein eigenes Nervensystem. Es<br />
kommuniziert mit unserem Körper, mit unserem Gehirn - und nimmt Einfluss<br />
auf unser Denken, Fühlen und Handeln<br />
95 9 IC
Die Iängsgestreiften Muskelfasern in <strong>der</strong> Muskulatur<br />
<strong>der</strong> Herzwände (großes Bild) sind am Zusammenziehen<br />
<strong>der</strong> Vorhöfe und Kammern beteiligt. Im Gegensatz<br />
zu den quergestreiften, willentlich steuerbaren<br />
Muskeln des Körpers ist ihre Bewegung unwillkürlich.<br />
Vergleich: Magenwandmuskulatur (Bild 0.1.,<br />
längsgestreift) mit Magenschleimhaut (violett) und<br />
Skelettmuskulatur (o.r., quergestreift wie die Herzmuskeln)<br />
aus den Armen.<br />
Das Mädchen war acht Jahre alt und völ-<br />
lig verängstigt. Dabei hatte es eine Herz-<br />
transplantation ohne Komplikationen und<br />
mit den besten Aussichten überstanden. Ohne jedes An-<br />
zeichen einer negativen Nachwirkung. Im Gegenteil: Das<br />
Kind schien fröhlicher und gesün<strong>der</strong> denn je. Aber nach<br />
ein paar Monaten setzten schlimme Albträume ein. Das<br />
Mädchen träumte, jemand würde es brutal ermorden.<br />
Beinahe jede Nacht quälte es <strong>der</strong>selbe Horrorfilm. Die<br />
Träume waren so belastend. dass die Eltern ihr Kind<br />
schließlich zu einem Psychiater brachten. Was er sagte,<br />
war kurz — und eine medizinische Sensation: "Quelle <strong>der</strong><br />
Albträume ist das neue Herz. Durch die Transplantation<br />
kam es zu einer Übertragung von Lebenserfahrungen<br />
des Trägers auf den Empfänger des Organs."<br />
Ein Herz, das Lebenserfahrungen überträgt? Gefühle?<br />
Ängste? Was sich anhört wie das Hirngespinst eines For-<br />
schers, ist wissenschaftlicher Fakt. Darum kann sich<br />
auch Gary Schwartz, Professor für Psychologie an <strong>der</strong><br />
University of Arizona, auf Konferenzen <strong>der</strong> Aufmerksam-<br />
keit seines Publikums sicher sein. Seit Jahrzehnten er-<br />
forscht Schwartz zusammen mit Neurologen. Psychia-<br />
tern und Herzspezialisten ein faszinierendes Phänomen:<br />
die Übertragung von Eigenschaften, Erinnerungen und<br />
Vorlieben durch ein Spen<strong>der</strong>herz auf seinen Empfänger.<br />
Mehr als 70 Fälle weltweit hat Schwartz detailliert unter-<br />
sucht. Der Fall des von Albträumen geplagten Mädchens<br />
erscheint beson<strong>der</strong>s spektakulär: Es stellte sich heraus,<br />
dass sein Herz von einer Zehnjährigen stammte, die er-<br />
mordet worden war. Zwar war sie noch lebend aufge-<br />
funden worden, erlag aber ihren Verletzungen im Kran-<br />
kenhaus.<br />
Doch das war noch nicht alles. Der Psychiater, <strong>der</strong> die<br />
kleine Empfängerin des Herzens behandelte, bekam den<br />
Eindruck, dass seine Patientin ihm Hinweise auf den
DAS GEHIRN DES<br />
HERZENS Nirgends<br />
produziert das Herz mehr<br />
Elektrizität als in <strong>der</strong><br />
rechten Vorkammer.<br />
Deren Funktion ist die<br />
eines autonomen Kontrollsystems.<br />
Sie unterbindet<br />
zu extreme Ausreißer<br />
im Herzrhythmus.<br />
PERFEKTES ZUSAM-<br />
MENSPIEL Das Herz ist weit<br />
mehr als nur Blut und Muskel. Ein<br />
Netzwerk aus Neurotransmittern,<br />
Proteinen und Neuronen stattet es<br />
mit Strukturen aus, die denen des<br />
Gehirns gleichen — inklusive <strong>der</strong><br />
Produktion von „Glücks"- und<br />
„Liebes"-Hormonen (Dopamin,<br />
Oxytocin).<br />
STRAHLENQUELLE<br />
Das Herz produziert ein Magnetfeld,<br />
das 5000-mal stärker ist<br />
als das des Gehirns. Es kann<br />
noch drei Meter von unserem<br />
Körper entfernt gemessen werden.<br />
Forscher untersuchen, ob dieses<br />
Magnetfeld uns hilft. intuitive<br />
Entscheidungen zu treffen.<br />
SYMPATHIE-DETEKTOR HERZ?<br />
Experimente des Herzspezialisten Prof. Rollin McCraty<br />
vom HeartMath Institute bestätigten, dass die Herzen<br />
von Menschen kommunizieren. Dies geschieht<br />
unbewusst mittels des Magnetfelds, das von den<br />
pulsierenden Herzzellen aufgebaut wird. Treffen<br />
zwei Magnetfel<strong>der</strong> aufeinan<strong>der</strong>, verän<strong>der</strong>n sie sich.<br />
Möglicherweise ist das die Quelle <strong>der</strong> „Liebe auf den<br />
ersten Blick" - o<strong>der</strong> tief empfundener Abneigung.<br />
DAS HERZ,<br />
UNSERE ZWEITE<br />
IQ-QUELLE<br />
Freude, Angst, Stress und Ruhe: Jedes Gefühl<br />
wird von unserem Herzen wi<strong>der</strong>gespiegelt,<br />
doch nicht nur durch seinen Rhythmus. 60<br />
bis 65 Prozent <strong>der</strong> Herzzellen sind Neuralzellen<br />
und damit beschäftigt, Informationen<br />
des Körpers zu verarbeiten. Das Herz verfügt<br />
über eine eigene Intelligenz.<br />
WO DAS ICH GEBO-<br />
REN WIRD Neue Studien<br />
beweisen: Das Bewusstsein<br />
entsteht im Gehirn und im<br />
Körper. Das Herz spielt dabei<br />
aufgrund seiner engen neuronalen<br />
Verbindung zum<br />
Gehirn eine zentrale Rolle.<br />
GEHIRN-BOOSTER<br />
Wenn das Herz uber längere Zeit<br />
in ruhigem Takt schlägt, sendet es<br />
Signale uber das Rückenmark an<br />
das Gehirn. Sie führen dazu, dass<br />
sich <strong>der</strong> Mensch beson<strong>der</strong>s "klar"<br />
fühlt. Er kann leichter Entscheidungen<br />
fällen und ist kreativer.<br />
welt <strong>der</strong> wun<strong>der</strong> 87 9/10
Mör<strong>der</strong> des Mädchens schil<strong>der</strong>te, und übergab seinen<br />
Bericht <strong>der</strong> Polizei. Die Angaben entpuppten sich als so<br />
genau, dass <strong>der</strong> Täter überführt werden konnte.<br />
Häufiger als Erinnerungen zeigen sich bei den Betroffe-<br />
nen nach einer Organtransplantation mit einem Mal Cha-<br />
raktereigenschaften, Vorlieben und Talente, die ihnen<br />
vorher gänzlich fremd waren.<br />
Was ist <strong>der</strong> Grund für diese plötzlichen Wandlungen?<br />
Wie kann ein Herz, das doch hauptsächlich ein Muskel<br />
ist, Erinnerungen speichern, wie es ein Gehirn mit sei-<br />
nen Nervenzellen kann? Die Spur führt in das Innerste<br />
unseres Körpers: zu den Zellen. Denn in ihnen gibt es<br />
ebenfalls einen Speicher für Erinnerungen: das Zellge-<br />
dächtnis. Zellen, die man einem Gewebe entnommen<br />
hat, „erinnern" sich in Form chemischer Markierungen<br />
an ihr früheres Umfeld. Auf diese Weise speichern Zel-<br />
len Verän<strong>der</strong>ungen o<strong>der</strong> können Krankheiten wie<strong>der</strong>er-<br />
kennen. „Warum sollten dann nicht auch Herzzellen in<br />
<strong>der</strong> Lage sein, Informationen psychischer Natur zu spei-<br />
chern?", fragen sich Forscher wie Schwartz.<br />
Szenenwechsel. Das HeartMath Institute in Boul<strong>der</strong><br />
Creek, Colorado. Hier sind Spezialisten für ein noch jun-<br />
I : ... ;' KK<br />
. ;74 ; .I. V\%<br />
% !<br />
.<br />
1 ,?,
hängig von Nervenverbindungen elektrische Energie pro-<br />
duzieren und sich auch dann noch zusammenziehen,<br />
wenn die Verbindung zum Körper gekappt ist.<br />
Einer <strong>der</strong> Pioniere <strong>der</strong> Neurokardiologie, Dr. J. Andrew<br />
Armour, entwickelte als Erster das Konzept des Heart<br />
Brain. Seine Forschung zeigte, dass das Herz tatsäch-<br />
lich über ein eigenes Nervensystem verfügt: Dieses ent-<br />
hält ein ganzes Netzwerk verschiedener Nervenzellen,<br />
Neurotransmitter, Proteine und Stützzellen, wie sie sich<br />
etwa im Gehirn finden. Dieses Netzwerk ermöglicht<br />
es dem Herzen nicht nur, unabhängig zu arbeiten und<br />
diese Vorgänge selbst zu koordinieren, son<strong>der</strong>n auch,<br />
zu lernen, sich zu erinnern und wahrzunehmen: Druck<br />
und Puls, hormonelle, chemische Informationen, aber<br />
auch Schmerz- und an<strong>der</strong>e emotionale Signale, die es<br />
in Form elektrischer Impulse an das zentrale Nerven-<br />
system weiterleitet.<br />
Der Herzmuskel schüttet sogar selbst Hormone und<br />
Neurotransmitter aus - Botenstoffe wie Dopamin o<strong>der</strong><br />
das Stresshormon Noradrenalin - und gibt diese ans<br />
zentrale Nervensystem ab. Eine direkte Verbindung be-<br />
steht zum Mandelkern, also genau zu dem Bereich des<br />
Gehirns, <strong>der</strong> die Verarbeitung von Emotionen steuert.<br />
Die Signale des Herzens verän<strong>der</strong>n messbar die Hirn-<br />
strommuster. So beeinflusst das Herz am Ende die Wahr-<br />
nehmung und die kognitiven Fähigkeiten, aber auch Ge-<br />
fühle und Gesundheit.<br />
DER STRESS - CODE DES HERZRHYTHMUS<br />
Bei gesunden Menschen arbeitet das Herz wie ein<br />
Hightech-Instrument mit doppelter Funktion: Während<br />
es supersensibel und ununterbrochen äußere und inne-<br />
re Signale registriert, reagiert es auf seine „Messergeb-<br />
nisse" mit fein abgestimmten Verän<strong>der</strong>ungen (Variatio-<br />
nen) <strong>der</strong> Herzschlagfolge (Heart Rate Variability, HRV).<br />
Die HRV beschreibt also die Fähigkeit des Herzens, den<br />
zeitlichen Abstand von einem Herzschlag zum nächsten<br />
laufend zu verän<strong>der</strong>n und sich so flexibel ständig wech-<br />
selnden Herausfor<strong>der</strong>ungen anzupassen.<br />
Damit ist das Herz ein Garant dafür, dass sich unser Kör-<br />
per den auf ihn einströmenden Reizen und Anfor<strong>der</strong>un-<br />
gen anpassen kann. Auch bei Gesunden schlägt das<br />
Herz nicht regelmäßig wie ein Uhrwerk. Der Abstand zwi-<br />
schen zwei Schlägen än<strong>der</strong>t sich ständig - nicht als Fol-<br />
ge von Herzrhythmusstörungen, son<strong>der</strong>n aufgrund ei-<br />
ner gut funktionierenden Anpassung <strong>der</strong> Herzfrequenz<br />
an verschiedene Lebenssituationen.<br />
Kann man umgekehrt daraus schließen, dass sich Er-<br />
krankungen im Herzschlagrhythmus wi<strong>der</strong>spiegeln? Ei-<br />
nige Forscher sehen in Störungen <strong>der</strong> Herzschlagfolge<br />
tatsächlich einen Globalindikator für psycho-neurokar-<br />
diale Prozesse. Unser Herzrhythmus wirkt sich auch um-<br />
gekehrt auf die Fähigkeit des Gehirns aus, Informationen<br />
zu verarbeiten, Entscheidungen zu treffen, Probleme zu<br />
lösen und kreativ zu sein. Nicht zuletzt für die Stressfor-<br />
schung sind diese Wechselwirkungen von Interesse.<br />
Biofeedback und viele neue Methoden werden gezielt<br />
eingesetzt, um mit Willenskraft den Herzrhythmus zu re-<br />
gulieren und in die richtige Balance zu bringen. Es gibt<br />
zahlreiche Studien mit gestressten Managern, übertrai-<br />
nierten Sportlern, nervösen Studenten o<strong>der</strong> Menschen<br />
mit versteckten Krankheiten, die zeigen, welche Rolle<br />
<strong>der</strong> Herzschlag beziehungsweise die Flexibilitätswerte<br />
(HRV) dabei spielen.<br />
DIE SUCHE NACH DEM GLEICHGEWICHT DES<br />
HERZENS<br />
„Wenn <strong>der</strong> Herzschlag so regelmäßig wie das Klopfen<br />
eines Spechtes o<strong>der</strong> das Tröpfeln des Regens auf dem<br />
Dach wird, stirbt <strong>der</strong> Patient binnen vier Tagen", for-<br />
mulierte vor 1700 Jahren <strong>der</strong> Legende nach <strong>der</strong> chine-<br />
sische Arzt Wang Shuhe. Was dieser große Heiler nicht<br />
wissen konnte: Er nahm damit wichtige Erkenntnisse <strong>der</strong><br />
Herzforschung <strong>der</strong> vergangenen Jahre vorweg.<br />
Den riesigen Einfluss <strong>der</strong> Herzschlagsvariabilität auf die<br />
Gesundheit bewies das HeartMath Institute durch Tests<br />
an Tausenden Angestellten in US-Firmen und <strong>der</strong> US-<br />
Verwaltung. Nach nur einem Monat speziellen Trainings<br />
(30 Minuten täglich, fünfmal die Woche) zur Harmonisie-<br />
rung <strong>der</strong> HRV hatte sich die Ausschüttung des „Jugend"-<br />
Hormons DHEA verdoppelt und die des Stresshormons<br />
Cortisol um 23 Prozent abgesenkt. In an<strong>der</strong>en Tests er-<br />
gab sich durch eine Stabilisierung des HRV eine Blut-<br />
druckabsenkung, die vergleichbar war mit dem Effekt ei-<br />
ner Gewichtsreduktion um zehn Kilogramm.<br />
Ziel <strong>der</strong> Übungen war es nicht, die Menschen zu<br />
Buddhas zu machen. Im Gegenteil: Es ging darum, die<br />
Herzfrequenz wie<strong>der</strong> den Erfor<strong>der</strong>nissen des Lebens an-<br />
zupassen, damit sie auch Stresssituationen standhielt.<br />
Ein Körper, dessen Herz eingeschränkt variabel ist,<br />
gleicht einem Auto, das statt sechs Gängen plötzlich nur<br />
noch zwei hat. Unser Herz schlägt extrem unterschied-<br />
lich: ruhig, wenn wir entspannt sind, uns über etwas freu-<br />
en, glücklich sind, positive Gedanken haben. Unregel-<br />
mäßig und chaotisch, wenn wir wütend und verärgert<br />
sind. Ohne entsprechende „Gänge" auszukommen hat<br />
für das Herz auf Dauer verheerende Folgen. Denn erst<br />
sie stellen das Gleichgewicht zwischen Herzschlag und<br />
Nervensystem dar. Und das ist die Voraussetzung für ein<br />
gesundes Herz. FRIEDERIKE SCHÖN<br />
HOMEPAGE DES HEARTMATH-INSTITUTS<br />
,vww.heartmat<br />
ANATOMIE DES HERZENS<br />
.vww.medizinfo.de/kardio/anatomie.htm<br />
wett <strong>der</strong> wun<strong>der</strong> Bg 9/10
WO SCHLÄGT ER ZU?<br />
Pro Jahr bilden sich allein in den USA 1200 Tornados,<br />
etwa zehn davon sind echte Killerstürme.<br />
Noch kann niemand ihre Entstehung vorhersagen.<br />
4#1<br />
SIMULATION Tornado<br />
Nur wenig auf <strong>der</strong> Erde ist komplexer als die Atmosphäre. Die<br />
Strömungen von Luft o<strong>der</strong> Wasser sind schwer zu berechnen.<br />
Und in <strong>der</strong> Atmosphäre kommen noch viele an<strong>der</strong>e Einflussfaktoren<br />
hinzu, die sich blitzschnell än<strong>der</strong>n können. Deshalb braucht<br />
man die stärksten Computer, um atmosphärische Phänomene<br />
wie einen Tornado nachbilden zu können. Erst wenn die Forscher<br />
einen solchen Sturm in <strong>der</strong> Simulation wirklich verstanden<br />
haben, werden Vorhersagen möglich sein.<br />
SUPERCHIPS<br />
2009 stellte das japanische Unternehmen<br />
Fujitsu neue Chips für<br />
Supercomputer vor. Die Scheibe<br />
enthält eine Vielzahl von Chips,<br />
je<strong>der</strong> hat acht Kerne, rechnet also<br />
so gut wie acht einfache Chips.
10.11.1.°111.P<br />
jegir.000.';401009'.1<br />
_T A b -<br />
-2j0, ■ -<br />
Sie simulieren Schlachten und<br />
Atomexplosionen, sie berechnen das<br />
<strong>Welt</strong>klima in zehn Jahren und die<br />
Wirkung von Medikamenten im<br />
Körper. Mit Supercomputern besitzt<br />
die Menschheit zum ersten Mal die<br />
Wun<strong>der</strong> Technik<br />
Möglichkeit, wirklich in die Zukunft zu<br />
schauen. Und das macht die Rechner<br />
zu wahren Macht-Maschinen<br />
Es sind einige US-Generäle, die sich in die-<br />
sem Konferenzzimmer versammelt haben.<br />
Tische und Wände sind bedeckt mit Landkarten: das Ein-<br />
satzgebiet zwischen Vietnam und Laos. Die Militärs be-<br />
fehlen einen Luftangriff, setzen Infanterieeinheiten in Be-<br />
wegung. Doch <strong>der</strong> Feind reagiert mit einem unvorherge-<br />
sehenen Ausweichmanöver, die eigenen Bodentruppen<br />
werden eingekesselt und aufgerieben. Gut für die Ameri-<br />
kaner, dass diese Schlacht nur eine Simulation ist. Das<br />
Hauptquartier <strong>der</strong> Generäle liegt in <strong>der</strong> Zentrale <strong>der</strong> RAND<br />
Corporation (Research And Development) in Santa<br />
Monica in Kalifornien. Und <strong>der</strong> Feind wird von einem Su-<br />
percomputer simuliert. Die RAND Corporation ist ein<br />
Thinktank, eine Denkfabrik, gegründet im Kalten Krieg, fi-<br />
nanziert von Rüstungsunternehmen und dem Pentagon.<br />
Ihre Aufgabe: <strong>der</strong> US-Armee strategische Vorteile und ge-<br />
heime Informationen zu verschaffen. Im Prinzip ist sie ein<br />
privater Geheimdienst. Zugleich war die Denkfabrik ent-<br />
scheidend bei <strong>der</strong> Entwicklung von Supercomputern. Mit<br />
<strong>der</strong>en Hilfe simulierte RAND im Auftrag des US-Militärs<br />
den Vietnamkrieg, den Sturz des iranischen Schahs und<br />
Kriege zwischen Pakistan und Indien sowie Indien und<br />
China. Ihre Supercomputer können jeden Schritt in einem<br />
extrem komplexen System berechnen. Wie ein Orakel lie-<br />
fern sie ein wahrscheinliches Szenario <strong>der</strong> Zukunft.<br />
91<br />
■■■ ■
SIMULATION Atomexplosion<br />
Seit 1992 führen die USA keine Atombombentests mehr durch.<br />
Müssen sie auch nicht. Die Forschungsinstitute des US-Militärs<br />
können mit den besten Supercomputern <strong>der</strong> <strong>Welt</strong> Waffentests<br />
simulieren. Daten dafür sammeln sie bei kleineren Explosionen<br />
o<strong>der</strong> vom NIF-Laser, <strong>der</strong> Plutonium und Uran beschießt. Dank <strong>der</strong><br />
Simulationen werden die US-Atombomben ständig auf den neuesten<br />
Stand gebracht. Auch die an<strong>der</strong>en Atommächte haben genug<br />
Supercomputer, um den Test-Stopp-Vertrag unterlaufen zu können.<br />
SIMULATION Hurrikan<br />
Welche Stadt wird er auslöschen? Wenn sich ein Hurrikan über<br />
dem Atlantik bildet und zum Golf von Mexiko zieht, kann die<br />
richtige Antwort auf diese Frage Leben retten. Ein Hurrikan hat<br />
zwar eine ungeheure Kraft, aber er unterliegt den Gesetzen <strong>der</strong><br />
Natur. Wenn man genug Einflussfaktoren kennt, lassen sich <strong>der</strong><br />
Weg und die Entwicklung des Sturms berechnen. Und je<strong>der</strong> neue<br />
Sturm liefert Daten für die nächste Simulation. Im Duell Supercomputer<br />
vs. Hurrikan werden die Maschinen immer besser.<br />
DIGITALES PLASMA<br />
Militärforschung hat oft zwei<br />
■ Seiten. Mit den Daten des NIF-<br />
♦ / Lasers kann man Explosionen<br />
simulieren, aber auch das Plasma<br />
eines Kernfusionsreaktors (r.).<br />
Solch ein Reaktor könnte alle<br />
Energieprobleme lösen.<br />
0--<br />
HÖLLEN-LASER<br />
Die NIF-Laser sind stark<br />
genug, um an einem<br />
winzigen Punkt Temperaturen<br />
wie in einer<br />
Atombombe zu erzeugen.<br />
SIMULAilON Superjet<br />
Ob Kampfjet o<strong>der</strong> Linienflieger — ein neues Flugzeug startet<br />
immer zum ersten Mal im Supercomputer. Die Herstellung von<br />
Prototypen ist enorm teuer, deshalb werden sie erst einmal<br />
im Rechner simuliert. Hier kann man dann testen, wie die Luft<br />
um die Flügel strömt o<strong>der</strong> wie sich <strong>der</strong> Turbinenlärm ausbreitet.<br />
Gerade die Formeln <strong>der</strong> Strömungsphysik sind extrem kompliziert.<br />
Auch die Autoindustrie und an<strong>der</strong>e Maschinenbauer<br />
testen ihre Prototypen zuerst in starken Computern.
WERDEN SUPERCOMPUTER<br />
DEN KRIEG NEU ERFINDEN?<br />
Heute ist je<strong>der</strong> PC so gut wie ein früherer Supercomputer -<br />
dank <strong>der</strong> Forschung in Rüstungslaboren<br />
Eine Maschine, die die kompliziertesten Formeln und die<br />
Zukunft berechnen kann - kein Wun<strong>der</strong>, dass vor allem<br />
das Militär Supercomputer entwickelt und für seine Zwe-<br />
cke einsetzt. Tatsächlich hat die Forschungsabteilung<br />
des Pentagons kürzlich ein Projekt gestartet mit dem<br />
Ziel, einen Supercomputer zu entwickeln, <strong>der</strong> so klein<br />
und mobil ist, dass man ihn in Kriegsgebiete mitnehmen<br />
kann. Ein solcher Rechner würde in Echtzeit ein ganzes<br />
Schlachtfeld analysieren, gegnerische Truppen aufspü-<br />
ren und ihre Handlungen vorhersagen. „Projektive<br />
Kampf-Analyse" lautet das Stichwort. Der Rechner<br />
würde mit Soldaten kommunizieren, aber vor allem mit<br />
Drohnen und Kampfrobotern, die zum Teil schon heute<br />
im Einsatz sind. Die Maschinen könnten einen Großteil<br />
Kampfes übernehmen. Es ist aber denkbar, dass<br />
eine Schlacht gar nicht stattfindet, weil ein Com-<br />
puter berechnet hat, dass sie nicht gewonnen<br />
werden kann.<br />
Inzwischen beantworten die Mega-Rechner auch<br />
wichtige zivile Forschungsfragen. Doch wie konstruiert<br />
man einen Rechner, <strong>der</strong> 10 000-fach o<strong>der</strong> gar 100 000-<br />
fach schneller arbeitet als ein normaler PC?<br />
Tatsächlich stecken im Herzen eines Supercomputers gar<br />
keine beson<strong>der</strong>en Bauteile. Die Chips sind genau diesel-<br />
ben wie die in einem 08/15-Rechner. Entscheidend ist<br />
nur die Anzahl. Der Rekordhalter ist <strong>der</strong> „Jaguar"-Rech-<br />
ner am Oak Ridge National Laboratory in den USA, er ar-<br />
beitet mit 37 538 AMD Quad-Core-Prozessoren. Quad<br />
Core bedeutet, dass je<strong>der</strong> <strong>der</strong> Prozessoren selbst noch<br />
einmal in vier Einzelprozessoren unterteilt ist. Übrigens:<br />
Auch das Oak Ridge National Laboratory gehört <strong>der</strong> US-<br />
Regierung und betreibt unter an<strong>der</strong>em Militärforschung.<br />
Schon lange lässt sich die Leistungsfähigkeit von Super-<br />
computern nur noch steigern, indem man immer mehr<br />
Chips in die Maschinen einsetzt. Diese Supercomputer-<br />
technologie ist inzwischen auf unserem Schreibtisch an-<br />
gekommen. Ein normaler PC mit einem Quad-Core-Chip<br />
arbeitet eben auch mit vier Prozessoren und nicht nur mit<br />
einem, wie es noch Computer <strong>der</strong> 90er-Jahre taten. Tat-<br />
sächlich ist ein guter PC aus dem Supermarkt heute so<br />
leistungsfähig, wie es ein Supercomputer vor 20 Jahren<br />
war. Wichtige Grundlagen für solche Parallelrechner hat<br />
die RAND Corporation geschaffen. Die Herausfor<strong>der</strong>ung<br />
bei Supercomputern ist die Software: Die Programme<br />
müssen so geschrieben werden, dass sie Probleme in ei-<br />
ne Vielzahl von Einzelaufgaben zerlegen können. Die wer-<br />
den auf die vielen Prozessoren verteilt und später wie<strong>der</strong><br />
zu einem Ergebnis zusammengefügt. Für die Arbeit mit<br />
Supercomputern wurden sogar eigene Programmierspra-<br />
chen entwickelt. Als Betriebssystem nutzen aber fast al-<br />
le Mega-Rechner Linux. Da dieses Betriebssystem nicht<br />
durch Patente und Copyrights geschützt ist, können es<br />
die Programmierer für ihre gigantischen Rechner maß-<br />
schnei<strong>der</strong>n. Außerdem ist es weniger fehleranfällig als<br />
an<strong>der</strong>e Betriebssysteme.<br />
KANN EINE ATOMBOMBE<br />
IM COMPUTER EXPLODIEREN?<br />
Die USA nutzen Supercomputer, um im Wettlauf mit ande-<br />
ren Supermächten einen strategischen Vorteil zu erlangen<br />
Die National Ignition Facility (NIF) am amerikanischen<br />
Lawrence Livermore National Laboratory ist wahrschein-<br />
lich die stärkste Laser-Anlage <strong>der</strong> <strong>Welt</strong>. Eigentlich besteht<br />
die Anlage, die eine riesige Halle füllt, aus 192 einzelnen<br />
Lasern. Sie feuern alle gleichzeitig, und ihre Strahlen wer-<br />
den in einem einzigen Punkt vereint. An diesem Punkt<br />
wird so viel Energie frei wie sonst nur bei einer Atomex-<br />
plosion o<strong>der</strong> im Inneren eines Sterns. Wenn man die NIF-<br />
Wissenschaftler fragt, was sie erforschen wollen, nennen<br />
sie sofort die Kernfusion. Mit dem Laserlicht wollen sie<br />
Wasserstoff-Atome zu Helium-Atomen verschmelzen.<br />
Diese Reaktion versorgt Sterne mit Energie. Wenn <strong>der</strong><br />
Prozess auf <strong>der</strong> Erde zu kontrollieren wäre, würde das<br />
alle Energieprobleme <strong>der</strong> Menschheit lösen. Allerdings<br />
ist das Lawrence Livermore National Laboratory auch ><br />
wvit dwr wun<strong>der</strong> 93 9/10
1 SIMULATION<br />
SIMULATION Protein-Faltung<br />
Proteine sind die kompliziertesten und wichtigsten Moleküle in<br />
<strong>der</strong> Natur. Sie erledigen fast alle entscheidenden Aufgaben unserer<br />
Körperzellen. Die Zusammensetzung eines Proteins aus einzelnen<br />
Bausteinen können Forscher leicht entschlüsseln. Doch<br />
dann wissen sie noch nicht, zu welcher dreidimensionalen Struktur<br />
sich das fertige Protein faltet. Aus dem Aufbau eines Proteins<br />
dessen gefaltete Struktur vorherzusagen, ist fast unmöglich und<br />
funktioniert, wenn überhaupt, nur mit Supercomputern.<br />
ZUKUNFTS-<br />
RECHNER<br />
MareNostrum (o.)<br />
ist einer <strong>der</strong> 100<br />
stärksten Computer<br />
<strong>der</strong> <strong>Welt</strong>, gehört <strong>der</strong><br />
Uni Barcelona und '<br />
wurde in einer alten<br />
Kapelle aufgestellt.<br />
Er rechnet für die<br />
Pharmaforschung.<br />
Galaxie<br />
Auch die Vorgänge im Universum können wir nur mithilfe von<br />
Supercomputern verstehen. Der US-Forscher Gaurav Khanna<br />
benutzt seinen PS3-Supercomputer, um Kollisionen von schwarzen<br />
Löchern zu simulieren. An<strong>der</strong>e Forscher wollen wissen, wie<br />
sich ganze Galaxien (o. I.) im Laufe <strong>der</strong> nächsten Jahrmilliarden<br />
verhalten. Sie berechnen ein Galaxienmodell (o. r.), das sich<br />
dann im Zeitraffer entwickelt. So wollen die Forscher unter<br />
an<strong>der</strong>em die Geheimnisse <strong>der</strong> dunklen Materie lüften.<br />
eine <strong>der</strong> wichtigsten Atomwaffen-Schmieden <strong>der</strong> USA.<br />
Und es besitzt einen Supercomputer, <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeit Platz 5<br />
auf <strong>der</strong> <strong>Welt</strong>rangliste <strong>der</strong> stärksten Rechner einnimmt.<br />
Wenn man sich nach dessen Aufgaben erkundigt, be-<br />
kommt man zur Antwort: „Wir nutzen ihn für physikali-<br />
sche Simulationen." Was das heißt, ist ein offenes Ge-<br />
heimnis: Der Mega-Rechner simuliert Atomexplosionen.<br />
Und die Daten dafür liefern die Laser des NIE In <strong>der</strong> An-<br />
lage wird nicht nur Wasserstoff beschossen, son<strong>der</strong>n<br />
auch Plutonium und Uran. So wird Wissen über das Ver-<br />
halten dieser Metalle in einer Atomexplosion gesammelt.<br />
Dank ihres Supercomputers können sich die USA an den<br />
weltweiten Atomwaffen-Test-Stopp halten und trotzdem<br />
ihr Arsenal weiterentwickeln.<br />
WELCHES WETTER WIRD EUROPA<br />
IN 25 JAHREN HABEN?<br />
Die digitalen Orakel können das Klima simulieren und den<br />
Einfluss des Menschen darauf berechnen<br />
Der hochmo<strong>der</strong>ne Bau des Hadley Centers in Exeter im<br />
Süden Englands ist im wahrsten Sinne des Wortes eine<br />
Orakel-Stätte. Hier wird HadGEM berechnet, das <strong>der</strong>zeit<br />
genaueste Modell des <strong>Welt</strong>klimas. Gerade erst hat das<br />
Hadley Center den Kauf eines neuen Supercomputers<br />
bekannt gegeben. Klimamodelle zu erstellen gehört zu<br />
den schwierigsten Aufgaben von Rechnern. „Wir versu-
chen hier, in die Zukunft zu schauen und vorherzusagen,<br />
was mit unserem Klima passieren wird", sagt Julia Slin-<br />
go, die wissenschaftliche Leiterin des britischen Wetter-<br />
dienstes. Dabei zeigt sich: Das <strong>Welt</strong>klima ist eines <strong>der</strong><br />
komplexesten Systeme, die die Wissenschaft kennt.<br />
Selbst die stärksten Supercomputer können nur eine an-<br />
nähernde Simulation leisten. Für Klimamodelle wird die<br />
Atmosphäre in kleine Würfel unterteilt. Der Computer<br />
berechnet die Ereignisse in jedem Würfel und wie sich<br />
die Würfel gegenseitig beeinflussen. Je stärker <strong>der</strong> Com-<br />
puter, desto kleiner und zahlreicher sind die Würfel und<br />
desto genauer ist das Modell. „Die Klimamodelle be-<br />
stehen aus Hun<strong>der</strong>ttausenden Formeln, die unser<br />
Verständnis vom <strong>Welt</strong>klima repräsentieren. Ohne<br />
Supercomputer könnten wir die Rechnungen nie-<br />
mals bewältigen. Wir nutzen die gleichen Model-<br />
le für unsere täglichen Wettervorhersagen und<br />
testen so ständig <strong>der</strong>en Genauigkeit. Deshalb sind<br />
wir relativ sicher, dass unser Kristallkugel-Starren<br />
recht gut funktioniert", sagt Julia Slingo.<br />
KANN MAN AUS ACHT PLAYSTATIONS<br />
EINEN SUPERCOMPUTER BAUEN?<br />
Ein paar Spielekonsolen und ein wenig Software - mehr ist<br />
nicht nötig, um sich ein Rechenmonster ins Haus zu holen<br />
Der Physiker Gaurav Khanna von <strong>der</strong> University of Mas-<br />
sachusetts ist ein echter Bastler. Eigentlich ist er Exper-<br />
te für Astronomie und Quantenphysik. Immer wie<strong>der</strong><br />
arbeitet er mit Computersimulationen, um Phänomene<br />
im <strong>Welt</strong>raum besser verstehen zu können. „Aber die<br />
Ereignisse sind so komplex, dass wir für die Simulatio-<br />
nen mindestens einen mittelstarken Supercomputer brau-<br />
chen. Das ist teuer", sagt Khanna. Institute, die Millionen<br />
für einen Supercomputer ausgegeben haben. vermieten<br />
die Geräte an Kollegen an<strong>der</strong>er Institute. Aber für eine<br />
einzige Berechnung verlangen sie etwa 5000 Dollar. Dann<br />
kam Khanna auf die Idee, sich einen eigenen Supercom-<br />
puter zu bauen. Alles, was er dafür brauchte, waren acht<br />
Playstation-3-Spielekonsolen. Bis vor Kurzem war es<br />
möglich, auf diesen Konsolen das Linux-Betriebssystem<br />
zu installieren. Dann werden sie zu einem vollwertigen<br />
Computer mit einem rechenstarken Chip. Khanna hat<br />
acht Playstations zu einem sogenannten Grid vereint,<br />
zu einem virtuellen Supercomputer. Gemeinsam liefern<br />
sie eine Rechenleistung, die für die Simulation eines<br />
Sternenkollapses völlig ausreicht. „Mein PS3-Grid kos-<br />
tet keine 5000 Dollar, und ich kann ihn unendlich lange<br />
nutzen", sagt Khanna.<br />
MIRKO HERR<br />
GAURAV KHANNAS SUPERCOMPUTER<br />
http://gravity.phy.umassd.edies3.html<br />
ALLE SUPERCOMPUTER. RANGLISTEN & NEWS<br />
littp://top500.org/
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fE<br />
15 fTlinuten - von 24 Stunden<br />
Wie Schemen treiben sieben reglose Giganten im endlosen Blau des Atlantiks. Die Pottwalkühe<br />
befinden sich im Tiefschlaf. Es ist eine <strong>der</strong> seltenen Erholungsphasen, die sich die Riesen gönnen.<br />
Ihr Gehirn schalten sie dabei vollständig ab. Sie stellen sogar ihre Atmung ein. Eine Viertelstunde —<br />
dann geht es in die Tiefe. Pottwale (Physeter macrocephalus) sind nach den Blau- und den<br />
Finnwalen die größten Säugetiere und haben trotzdem das geringste Schlafbedürfnis.<br />
Jäger in B000 rTletern Tiefe<br />
In ihren kurzen Tiefschlafphasen sammeln Pottwale Kraft für ihre Jagd im schwierigsten Revier <strong>der</strong><br />
Ozeane. Ein Tauchgang dauert bis zu 90 Minuten und führt die Wale bis in 3000 Meter Tiefe. Dort liegt<br />
mitten im Atlantik das Atlantis-Massiv — ein gigantisches unterseeisches Gebirge. In seinen engen<br />
Schluchten jagen Pottwale in völliger Dunkelheit, geleitet durch ihr körpereigenes Sonarsystem, nach<br />
ihrer Lieblingsbeute. den bis zu 14 Meter langen Kolosskalmaren.<br />
90 ITlinuten, ohne zu atmen<br />
Der Pottwal öffnet seinen rechten Nasengang und flutet Hohlräume in seinem Kopf mit Seewasser.<br />
Damit beschwert er seinen Körper, um in die Tiefe sinken zu können. Jetzt werden nur noch die<br />
lebenswichtigsten Organe — also Herz, Gehirn und Rückenmark — mit sauerstoffhaltigem Blut versorgt.<br />
Die Muskeln haben ihren Sauerstoffvorrat vor dem Tauchgang gespeichert. So kann <strong>der</strong><br />
Wal bis zu an<strong>der</strong>thalb Stunden ohne einen einzigen Atemzug tauchen.<br />
Ein 25-ITleter-Räuber<br />
Der Zahn im New Bedford Whaling Museum, USA. misst 30 Zentimeter. Er gehörte einem <strong>der</strong> größten<br />
Raubtiere. das je auf unserem Planeten lebte: einem über 20 Meter langen Pottwal. Von <strong>der</strong>artigen<br />
Titanen berichteten Walfänger des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. Die Pottwale, die heute in den Ozeanen leben,<br />
werden bis zu 18 Meter lang. Tintenfische je<strong>der</strong> Größe sind ihr Hauptnahrungsmittel. In <strong>der</strong> Not<br />
tut's aber auch ein Hai. Im Magen eines gestrandeten Pottwals wurde einmal ein 2,50 Meter langer<br />
Riesenhai gefunden — in einem Stück verschlungen ...<br />
9,5 Kilogramm Intelligenz<br />
”Das Pottwalgehirn ist mit 9.5 Kilogramm Gewicht nicht nur das größte <strong>der</strong> Tierwelt, son<strong>der</strong>n mindestens<br />
genauso komplex wie unseres". sagt <strong>der</strong> kanadische Wal-Forscher Hal Whitehead. Er ist davon überzeugt, dass<br />
Pottwale nicht nur eine eigene Sprache, son<strong>der</strong>n auch eine eigene Kultur besitzen. Jede Gruppe entwickelt in<br />
ihrer Klicklautsprache neue Codes für bisher unbekannte Informationen. Außerdem können Pottwale jeden<br />
Ort im Ozean zielgenau anpeilen. Ihr Erinnerungsvermögen reicht weit zurück. "Es ist denkbar, dass die altesten<br />
Kühe uns noch von vergangenen Walfangzeiten berichten könnten, wenn wir ihre Codes verstünden", so<br />
Whitehead. An <strong>der</strong> Entschlüsselung dieser Codes arbeitet er in seinem Pottwal-Forschungsprojekt.<br />
FOTO: Magnus Lundgren Wild Won<strong>der</strong>s of Europe<br />
Sie tauchen in die Tiefsee hinab, gehören zu den gefürchtetsten<br />
Jägern <strong>der</strong> <strong>Welt</strong>meere. Die Giganten verfügen über das größte<br />
Gehirn des Planeten und sind hochintelligent. Jetzt wollen Forscher<br />
die geheimen Sprach-Codes <strong>der</strong> Pottwale entschlüsseln<br />
Was wissen<br />
die <strong>Welt</strong>
dr 97 9/10
Sie wissen genau. welcher Baum welche Medizin<br />
bereithält, konnen mithilfe <strong>der</strong> Sterne im endlosen<br />
Pazifik navigieren und Wasser in <strong>der</strong> Wüste riechen —<br />
bis heute gibt es Urvolker, die in vollig abgelegenen<br />
Gegenden leben und unglaubliche Fahigkeiten besitzen<br />
welt <strong>der</strong> wun<strong>der</strong> begibt sich auf Spurensuche ...<br />
9E<br />
!"-.7,7" JF Ani_As<br />
vorsc<br />
ÖGLICH<br />
Halluzinationen, Dejä-vus. falsche Erinnerungen:<br />
Ohne Vorwarnung entwickelt unser<br />
Gehirn oft Scheinwelten, die wir als Realität<br />
empfinden. Aber wie und warum entstehen<br />
sie? Und ab wann sind sie gefährlich?<br />
Das<br />
Elervensystem<br />
<strong>der</strong> Ozeane<br />
Plankton besteht aus<br />
Billiarden Lebewesen.<br />
Zusammen formen sie die<br />
Erde. auf <strong>der</strong> wir stehen.<br />
erzeugen die Luft. die wir<br />
atmen und die Nahrung fur<br />
Milliarden Menschen Jetzt<br />
entdecken Forscher die<br />
geheimen Regeln. nach<br />
denen ihr Reich funktioniert<br />
Todesatlas<br />
ITUnenfeld<br />
Sie kosten wenig. sind<br />
leicht herzustellen und<br />
nur schwer wie<strong>der</strong> zu<br />
entschärfen: <strong>Welt</strong>weit<br />
liegen bis heute mehr<br />
als 100 Millionen<br />
Landminen versteckt<br />
in <strong>der</strong> Erde.<br />
IMPRESSUM1<br />
MITARBEITER DIESER AUSGABE<br />
I<br />
J(vr<br />
CHEFRF_IDAKT1011<br />
Uwe Bokelmann (verantwortlich für<br />
den redaktionellen Inhalt)<br />
Sebastian Junge (Text)<br />
Thomas Maresch (Art Direktion)<br />
RECIAKTIOn<br />
Stv. Art Direktion: Julia Bünger,<br />
B. Ramis de Ayreflor, Christoph Hirsch<br />
Chef vom Dienst: Lothar Polster,<br />
Gabriela Strobel (Stellv.)<br />
Leiten<strong>der</strong> Redakteur: Dirk Simon<br />
Layout/Illustration: Dejan Bojcic,<br />
Anja Schächtele, Jan Svensson<br />
Foto: Bettina An<strong>der</strong>sen, Sonja Hallmann,<br />
Kathrin Hilse<br />
Text: Christian Bahr, Holger Diedrich,<br />
Mirko Herr, Sebastian Ness, Astrid Keßler,<br />
Nuno Ramos, Frie<strong>der</strong>ike Schön, Dorothee<br />
Teves, Hannes Wellmann, Christina Hütten<br />
(Volontärin), Jutta Junge (Freie Mitarbeit)<br />
Auslands-Kortespondentin: Ina Seibold<br />
(Paris), Fax: 00 33/142/225 30<br />
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FREITAG, DEM 24. SEPTEMBER 2010<br />
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DEUTSCHEN FESTNETZ, MOBILFUNK MAX. 42 CENT/MIN.) MO.-FR., 8-20 UHR<br />
Ihr Gegenüber denkt sich eine Zahl zwischen 1 und 1000 aus. Sie wollen herausbekommen, welche Zahl er sich<br />
ausgedacht hat. Dazu dürfen sie jedoch nur Ja-Nein-Fragen stellen. Wie viele Fragen müssen Sie stellen, um die<br />
Zahl herauszubekommen?<br />
Aus A. Beutelspacher, M. Wagner: .,Warum Kühe gem IM Halbkreis grasen ... und an<strong>der</strong>e mathematische Geheimnisse", 192 S., Her<strong>der</strong> Verlag. 14,95 Euro<br />
Losung aus 8/10:<br />
Es dauert genau sechs Minuten. bis die Badewanne getunt ist. In einer Minute füllt sich die Wanne bei eingestecktem Stopsel zur Halke. Umgekehrt: Wenn man den Stopsel<br />
zieht. leert sich die volle Wanne in einer Minute um ein Drittel. Geschieht beides gleichzeitig. so ist nach einer Minute eine Hagle minus ein Drittel. also ein Sechstel <strong>der</strong> Wann,<br />
getullt. Daher dauert es sechs Minuten. bis die Wanne ganz gefullt ist. O<strong>der</strong> kurz erklart: In sechs Minuten kann sich die Badewanne dreimal tullen. aber nur zweimal leeren.<br />
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