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Welt der Wunder - DEMO

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<strong>der</strong><br />

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DU BIST<br />

Ich weiß<br />

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du vorh<br />

Von EPO bis Testosteron<br />

Der erste<br />

Körper-Atlas<br />

des Dopings<br />

Die Grenzen, die Gefahren,<br />

die wahren Folgen<br />

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... ..._<br />

GEDANKEN LESEN? Wie man verheimlichte Absichten erkennt °-<br />

und an<strong>der</strong>en immer einen Schritt voraus ist<br />

Zelle auf<br />

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Orte in<br />

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eserbriefe<br />

Die Redaktion freut sich über Ihre Meinung. Schreiben Sie an: Redaktion wett <strong>der</strong><br />

wun<strong>der</strong>, Brieffach 30139, 20067 Hamburg o<strong>der</strong> per E-Mail an wdwfabauerredaktionen.de<br />

„HAT DIE SONNE SCHULD AN FLUT UND WALDBRÄNDEN?"<br />

HENRIK BULLA PER E-MAIL<br />

Liebes wdw-Team, als ich den Artikel „Wie krank ist die Sonne" gelesen habe, habe ich mich<br />

gefragt, ob es da auch einen Zusammenhang zwischen <strong>der</strong> Inaktivität <strong>der</strong> Sonne und dem zurzeit<br />

schlechten Wetter im Hochsommer gibt. Gibt es vielleicht auch eine Verbindung zu den<br />

vielen Naturkatastrophen, die es im Moment auf <strong>der</strong> ganzen <strong>Welt</strong> gibt?<br />

> Forscher haben aus den Wetteraufzeichnungen nur einen Zusammenhang zwischen sehr kalten<br />

Wintern und einer inaktiven Sonne herstellen können. Inwieweit das Sommerwetter durch<br />

den Aktivitätsgrad <strong>der</strong> Sonne beeinflusst wird, ist noch unklar. Extreme Wetterereignisse könnten<br />

jedoch mit dem Jetstream zusammenhängen, einem Starkwindband, das sich um die ganze<br />

Erde zieht und <strong>der</strong>zeit langsamer als gewöhnlich weht. Das führt zu einer Wetterblockade:<br />

Je nach Region bleibt die Hitze, o<strong>der</strong> es hört nicht auf zu regnen. Da eine inaktive Sonne unsere<br />

Atmosphäre weniger aufheizt, flauen die Jetstreams ab, und das Wetter setzt sich quasi<br />

fest — somit könnte die „ruhige" Sonne tatsächlich für die Naturdesaster mitverantwortlich sein.<br />

„GEBALLTE KOMPETENZ"<br />

BRIGITTE SIELAFF AUS HOLZMINDEN<br />

Liebe wdw-Redaktion, da ich mich beson<strong>der</strong>s für die menschliche<br />

Psyche interessiere, habe ich bei eurer August-Ausgabe mit dem Gehirn-Dossier<br />

sofort zugegriffen. Und meine Erwartungen wurden sogar<br />

übertroffen: Gleich fünf renommierte Neurowissenschaftler, Psychiater<br />

und Psychologen beantworten spannende Fragen rund um<br />

das Thema Psyche und Gehirn. Das nenne ich mal geballte Kompetenz<br />

auf acht Seiten! Bitte mehr davon.<br />

> Wir haben in dieser Ausgabe ein Doppel-Poster beigelegt, das sich<br />

mit dem Thema Gehirn und Psyche beschäftigt. Viel Spaß also beim<br />

Ausklappen, Lesen und Staunen.<br />

„WER IST NUN DER WAHRE MEISTERSCHÜTZE?"<br />

RANKO PAVLOVIC PER MAIL<br />

Liebe wdw-Redaktion, in eurer Ausgabe 1/10 heißt es, dass <strong>der</strong> weiteste<br />

Treffer mit einer Waffe 2430 Meter betrage. Der Schütze sei Rob<br />

Furlong. In <strong>der</strong> Ausgabe 8/10 heißt es jetzt jedoch, dass es <strong>der</strong> Schütze<br />

Craig Harrison gewesen sei und die Entfernung 2475 Meter betragen<br />

habe. Welche Aussage entspricht denn jetzt <strong>der</strong> Wahrheit?<br />

> Der Kanadier Rob Furlong erzielte seinen Rekord-Treffer 2002 in<br />

Afghanistan. Sieben Jahre später stellte <strong>der</strong> britische Schütze Craig<br />

Harrison Ende 2009, ebenfalls in Afghanistan, den Rekord auf. Dies<br />

wurde jedoch erst nach Redaktionsschluss für die Ausgabe 1/10 bekannt<br />

— konnte also erst bei nächster Gelegenheit in <strong>der</strong> Ausgabe 8/10<br />

aktualisiert werden.<br />

„EIN WEITERER GRUND, EUER HEFT ZU KAUFEN"<br />

DANAIL STEPANOV PER E-MAIL<br />

Liebes wdw-Team, von klein auf haben mich die Gesetze <strong>der</strong> Schwerkraft<br />

fasziniert. Der Artikel „Die seltsamen Gesetze <strong>der</strong> Schwerkraft"<br />

war daher für mich ein weiterer Grund, euer Heft zu kaufen. Schon<br />

interessant, zu erfahren, dass Bäume maximal 130 Meter hoch wachsen<br />

können und dass die Tage durch die Schwerkraft immer länger werden.<br />

Ich finde es toll, dass ihr über solche Themen schreibt, und bin<br />

schon gespannt, mit welchem Thema ihr mich als Nächstes überrascht.<br />

„WISSENS-HAPPEN FÜR DEN ALLTAG"<br />

THOMAS METSCHL PER E-MAIL<br />

Hallo liebes wdw-Team! Mit je<strong>der</strong> Ausgabe werdet ihr besser! Am besten<br />

gefallen mir die „Fragen und Antworten". Sie geben einem immer<br />

kleine Wissens-Happen, die man im täglichen Leben manchmal<br />

gut gebrauchen kann. Macht bitte weiter so. Ich freue mich schon auf<br />

die nächste Ausgabe!<br />

„DANKE FÜR EURE ‚NACHHILFE"'<br />

VINZENT OLSZOK PER E-MAIL<br />

Hallo liebes wdw-Team! Ich wollte einfach mal sagen, wie viel mir euer<br />

Magazin an Wissen vermittelt. Dank eurer Hilfe konnte ich sogar<br />

meinen Schulabschluss verbessern. Als dieses Jahr die Prüfungen <strong>der</strong><br />

10. Klasse in Nie<strong>der</strong>sachsen anstanden, konnte ich mit dem Wissen<br />

aus den welt-<strong>der</strong>-wun<strong>der</strong>-Magazinen punkten. Nun habe ich meinen<br />

Realschulabschluss und muss sagen, dass ich ohne eure Hilfe nicht<br />

so weit gekommen wäre. An dieser Stelle noch einmal: Danke!<br />

> Lieber Vinzent, toll, dass unsere Artikel auch in <strong>der</strong> Schule weiterhelfen.<br />

Herzlichen Glückwunsch von <strong>der</strong> gesamten wdw-Redaktion für<br />

die bestandenen Abschlussprüfungen.<br />

„WIE KOMMEN DIE PFERDE AUF DIE INSEL?"<br />

UWE GAISBAUER PER MAIL<br />

Hallo wdw-Team, ich habe ein paar Fragen zur Ausgabe 8/10. Folgendes<br />

würde ich gerne wissen: Ihr schreibt auf Seite 25, dass auf <strong>der</strong><br />

Sandinsel Sable Island 300 Wildpferde leben. Wie kommen die da hin,<br />

und von was ernähren sie sich, wenn die Insel ständig in Bewegung<br />

ist? Was wächst dort?<br />

> Eine Annahme ist, dass im 18. Jahrhun<strong>der</strong>t französische Einwan<strong>der</strong>er<br />

Pferde auf die Insel brachten. Nach und nach wil<strong>der</strong>ten die Tiere<br />

aus, pflanzten sich fort und sind heute als die sogenannten Sable<br />

Island Ponys bekannt. Die Pferde ernähren sich in erster Linie von den<br />

Gräsern, die hier wachsen, die langsame Bewegung <strong>der</strong> Sandinsel stellt<br />

für sie kein Problem dar.<br />

Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe gekürzt abzudrucken. TITELFOTOS: Image Source, Recker, Carroll/Corbis 14); Plain Picture; Getty Images;<br />

Fotolia; Robert Clark; Kunsthistorisches Museum Wien; Keystone; Manfred Linke/Laif<br />

weit <strong>der</strong> wun<strong>der</strong> 5 9/10


Ich weiß, was<br />

vorhast<br />

Wir senden auf vielen Kanälen Informationen über unsere Gefühle<br />

aus — und können diese auch bei an<strong>der</strong>en entschlüsseln. Wie<br />

ertappt man einen Lügner? Und wie durchschaut man die wahren<br />

Absichten seiner Mitmenschen? Ab Seite 24<br />

WIE LEBT ES SICH<br />

EIGENTLICH OHNE...<br />

... Lungen, Geschlecht,<br />

Gedächtnis? Wie wun<strong>der</strong>bar<br />

man auf angeblich<br />

lebenswichtiges<br />

Beiwerk verzichten<br />

kann, zeigen die<br />

Ausnahmetalente<br />

des Tierreichs!<br />

Ab Seite 36<br />

NACHHER<br />

101"s<br />

WAS KOMMT,<br />

WENN DAS EIS GEHT?<br />

Nirgendwo sonst schmel-<br />

zen die Gletscher schnel-<br />

ler als auf Grönland. Wie<br />

verän<strong>der</strong>t eine einzige<br />

Insel das weltweite<br />

Klima? Forscher lüften<br />

die Geheimnisse im drei<br />

Kilometer dicken Eis.<br />

Ab Seite 50<br />

DER GROSSE<br />

DOPING-ATLAS<br />

DES KÖRPERS<br />

Ihre Nebenwirkungen<br />

sind mit denen von<br />

Heroin und Kokain ver-<br />

gleichbar. Doch Steroide<br />

sind für jeden ganz<br />

leicht zugänglich. Wie<br />

gefährlich sie wirklich<br />

sind, ab Seite 42<br />

GESCHICHTE<br />

16 Deutschlands mystische Orte<br />

Archäologen und Historiker spüren alte Legenden auf<br />

MErISCH<br />

24 Ich weiß, was du vorhast<br />

Wie kann man die Gedanken an<strong>der</strong>er Menschen lesen?<br />

42 Der erste Doping-Atlas des Körpers<br />

Wie EPO und Anabolika unseren Organismus verän<strong>der</strong>n<br />

84 Das Herz — das zweite Gehirn des Menschen<br />

Die unglaublichen Fähigkeiten unseres wichtigsten Muskels<br />

flATUR<br />

36 Wie lebt es sich eigentlich ohne...?<br />

Der Barbourfrosch hat keine Lunge - und das aus gutem Grund<br />

50 Was kommt, wenn das Eis geht?<br />

Was die Eisschmelze am Nordpol für den Rest <strong>der</strong> Erde bedeutet<br />

72 Das größte Gehirn <strong>der</strong> <strong>Welt</strong><br />

Vier Millionen Ameisen bilden einen Super-Organismus<br />

TECHflIK<br />

58 Wie fliegt man einen Kampfhubschrauber?<br />

Wendig und gefürchtet: <strong>der</strong> Kriegshelikopter AH-64 Apache<br />

64 Schlauer in 60 Sekunden Thema: Hubschrauber<br />

90 Die Orakelmaschine<br />

Kriege, Klima, Krankheiten: das Zukunftswissen <strong>der</strong> Computer<br />

WISSEr1SCHAFT<br />

66 Das geheimnisvollste Molekül des Universums<br />

Leistungsfähig, wandelbar - und ein Killer: die DNA<br />

78 Wie landet man auf einem Asteroiden?<br />

2025 wollen Menschen erstmals ein All-Geschoss betreten<br />

82 Schlauer in 60 Sekunden Thema: Asteroiden<br />

PUBRIKEI-1<br />

8 Was wirklich zählt<br />

Matt Hunter meistert den schnellsten Radweg <strong>der</strong> <strong>Welt</strong><br />

10 Fragen und Antworten<br />

Das Neueste aus Wissenschaft und Technik<br />

96 Was am Ende zählt<br />

Was wissen Pottwale über die <strong>Welt</strong>meere?<br />

98 Rätsel/Impressum/Vorschau<br />

2 VVIssens- ii,<br />

ppster,. Universum<br />

in meinem Kopf


Was wirklich zählt ...<br />

er schnellste<br />

Radweg <strong>der</strong> <strong>Welt</strong><br />

Matt Hunter liebt das Fahrradfahren. Einzige Bedingung: Er darf sich<br />

selbst aussuchen, wo er langfährt. Dabei weiß <strong>der</strong> 27-jährige Freeri<strong>der</strong>,<br />

dass auf den unsichtbaren Straßen <strong>der</strong> Natur je<strong>der</strong> noch so kleine<br />

Fehler mit dem Tod bestraft wird ...<br />

65 Grad zum Training<br />

Die Arme durchgestreckt, das Körpergewicht nach hinten verlagert. den Blick nach vorn gerichtet — das alles bei<br />

50 Kilometern pro Stunde im 65-Grad-Winkel einen schroffen Felsen hinab: Was fur Matt Hunter eine gewohnliche<br />

Trainingsfahrt durch die raue Felslandschaft von Utah (Foto) ist. wurde selbst fur geubte Radfahrer den sicheren<br />

Tod bedeuten. Bereits eine falsche Gewichtsverlagerung, ein zu kraftiger Tritt in die Pedale o<strong>der</strong> ein ubersehener<br />

Stein reicht aus, und <strong>der</strong> Fahrer sturzt bis zu 200 Meter den Abhang hinunter ...<br />

1 Karte im Kopf<br />

Das Wichtigste beim sogenannten Freeriden ist jedoch we<strong>der</strong> Material noch Korperbeherrschung. son<strong>der</strong>n <strong>der</strong><br />

Kopf: Wenn Hunter an einer Klippe steht, scannt er zunächst jeden Zentimeter <strong>der</strong> geplanten Route...Dabei muss<br />

eine Karte in meinem Kopf entstehen. Ich muss die Strecke vor meinen Augen sehen konnen". erklart <strong>der</strong> 27-<br />

Jährige. Tatsachlich speichert Hunter vor <strong>der</strong> Abfahrt jede Kurve, jeden Winkel und jeden Sprung des Wegs im<br />

Gehirn ab. Selbst den Rollwi<strong>der</strong>stand des Untergrunds berechnet er. ,.Bei <strong>der</strong> Abfahrt hofft man schließlich,<br />

dass sich kein Fehler bei <strong>der</strong> Routenplanung eingeschlichen hat ...". sagt Hunter.<br />

15 Zentimeter Ideal-Linie<br />

Die Reifen eines Freeride-Bikes sind etwa fünf Zentimeter breit. Links und rechts davon hat ein Fahrer<br />

zudem etwa fünf Zentimeter Platz, um auf <strong>der</strong> Ideal-Linie zu bleiben. Je<strong>der</strong> weitere Zentimeter Abweichung<br />

erhöht das Risiko, die Kontrolle zu verlieren und von <strong>der</strong> Strecke abzukommen. Das Problem: Bei<br />

Tempo 60 reicht bereits eine um wenige Millimeter veran<strong>der</strong>te Lenkerstellung aus, um den Fahrer zwei<br />

bis drei Meter vom Kurs abzubringen. Professionelle Freeride-Biker trainieren daher vor allem ihre<br />

Unterarmmuskeln. Denn nur so schaffen sie es. dass ihre Hande trotz stärkster Erschutterungen und<br />

des extremen Adrenalinrauschs den Lenker vollkommen ruhig halten.


3 Tage Randale<br />

Es ist eines <strong>der</strong> gefährlichsten Sport-Events weltweit: Vom 1. bis 3. Oktober 2010 findet in den steilen Sandstei<br />

Canyons von Utah (USA) die sogenannte Red Bull Rampage (deutsch: Randale) statt. Bereits in den Vorjahren gab<br />

es Dutzende Verletzte — was vielleicht auch an den Regeln liegt. Denn es gibt keine. Die Fahrer mussen einfach<br />

nur moglichst schnell die Ziellinie uberqueren, die 500 Hohenmeter unter ihnen liegt. Wie9 Das bleibt jedem einzelnen<br />

selbst uberlassen. Festgelegte Strecken gibt es nicht. Sprunge bis zu zwolf Meter in die Tiefe, gewagte<br />

Stunts und halsbrecherische Abfahrten sind daher programmiert. Matt Hunter ist naturlich dabei ...<br />

2 gebrochene Beine, 0 Zweirel<br />

Seinen ersten Sturz erlebt Hunter im Alter von vier Jahren. Schon da will sich <strong>der</strong> junge Kanadier nicht an die<br />

vorgegebenen Straßen und Wege halten und sucht sich lieber steile Abfahrten. Mit gerade einmal 20 Jahren<br />

gewinnt er schließlich die Ultimate Freeride Challenge und steigt in die <strong>Welt</strong>spitze <strong>der</strong> Freeri<strong>der</strong> auf. Zwei Beinbruche.<br />

unzählige Handgelenksbrüche sowie Stauchungen. Quetschungen und Platzwunden spater ist Matt<br />

Hunter noch immer da. Zweifel an dem. was er tut, hat <strong>der</strong> Sportler bis heute nicht: ..lch liebe es einfach. eine<br />

Straße runterzufahren, die sonst kein an<strong>der</strong>er sieht."<br />

FOTO: Sterling Lorence


Einfache Fragen - kin<strong>der</strong>leichte Antworten? Von wegen! Oft müssen Wissenschaftler<br />

ganz schön tüfteln, um simple Vorgänge erklären zu können. Und<br />

manchmal stoßen sie dabei auf Wun<strong>der</strong>, die unsere <strong>Welt</strong> verän<strong>der</strong>n<br />

Wie entsteht ein<br />

Wald aus STEIN?<br />

Das Tal Tsingy de Bemaraha auf Madagaskar ist eine wahre Schatzkammer <strong>der</strong> Natur: Das 1500 Quadrat-<br />

kilometer große Gebiet wi<strong>der</strong>setzte sich über Jahrtausende den Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Evolution — nicht<br />

zuletzt durch die Unzugänglichkeit <strong>der</strong> bis zu 30 Meter hohen ..Nadeln" (deutsch für Tsingy) aus Kalk-<br />

stein. Geologen haben nun rekonstruiert, wie diese weltweit einzigartige Landschaft entstehen konnte.<br />

Gleich von zwei Seiten wurde das natürliche Monument bearbeitet: Über 200 Millionen Jahre formten<br />

Monsunregen die Oberfläche <strong>der</strong> großen Kalksteinbank. Unterirdische Grundwasserströme, die Sedimen-<br />

te mit sich führten, lösten das weiche Gestein wie Schmirgelpapier von unten auf. Als die Höhlendecken<br />

zusammenfielen, sank <strong>der</strong> Spiegel des Oberflachenwassers immer weiter ab. Zum Vorschein kam ein<br />

Labyrinth aus bis zu 20 Meter tiefen Schluchten und Höhlen. Fast alle Tiere, die in diesem steinernen<br />

Wald leben — Lemuren (o.), Geckos o<strong>der</strong> die Raubkatze Fossa — kommen nur hier vor.<br />

9/10 10 weit <strong>der</strong> wun<strong>der</strong><br />

rra eng<br />

GEBURT ALS LAGUNE<br />

, Eine 300 Meter dicke<br />

Schicht aus Kalkstein<br />

setzte sich vor 200 Mio.<br />

Jahren unter einer Lagune<br />

ab. Plattentektonik hob<br />

das Gestein langsam an


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,<br />

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DIE WEGE DES WASSERS<br />

Der tektonische Auftrieb<br />

erzeugte ein Netz aus feinen<br />

Spalten. Durch diese drang<br />

Grundwasser nach oben,<br />

löste den Stein auf und schuf<br />

immer größere Höhlen<br />

N AUCH SIE EINE FRAGE AN UNSER WISSENSTEAM?<br />

Schicken Sie einfach eine E - Mail an<br />

wdwObauerredaktionen.de, Betreff „Fragen und Antworten"<br />

TIEFE SCHLUCHTEN<br />

Gleichzeitig nagte Regen<br />

von oben am Gestein.<br />

Dort, wo Höhlendecken<br />

brüchig wurden,<br />

entstanden Schluchten<br />

e.4,<br />

SCHÖPFUNGS-SCHATZ<br />

Fast alle <strong>der</strong> 650 Pflanzen-<br />

und fast 200<br />

Tierarten findet man<br />

nur im Tsingy-Tal<br />

TRESOR DER NATUR<br />

Nur mühsam kletternd<br />

gelangt man ins Tal —<br />

dadurch konnte es so<br />

FLÜSSIGER<br />

ARCHITEKT<br />

Regen formte die<br />

oberen drei Meter,<br />

den Rest <strong>der</strong> 30<br />

Meter hohen Tsingys<br />

höhlte Grundwasser<br />

aus<br />

MONUMENT IM<br />

WANDEL<br />

Noch heute verän<strong>der</strong>t<br />

Grundwasser<br />

die Oberfläche <strong>der</strong><br />

Tsingys und vergrößert<br />

Höhlen


fragenEi_r=1.nr-_\2\furrir-n<br />

Das kommt darauf an. welche Teile <strong>der</strong> Pflanze giftig sind. Denn oft enthal-<br />

ten nur Blätter giftige Inhaltsstoffe. <strong>der</strong> Nektar jedoch nicht. Ausnahme:<br />

Der sogenannte Pontische Honig aus <strong>der</strong> Schwarzmeerregion. <strong>der</strong> aus<br />

einer Rhododendronart Rhododendron ponticum (Foto) gewonnen wird und<br />

einen hohen Anteil des Giftes Andromedotoxin enthält. Ihn sollte man nur<br />

in Maßen genießen. um Ubelkeit und Schwache zu vermeiden. Bei uns<br />

fliegen Honigbienen verschiedene Blumen an. sodass <strong>der</strong> Anteil an Gift-<br />

pflanzen kaum ins Gewicht fällt und <strong>der</strong> Honig daher unbedenklich ist.<br />

ATEM-SIMULATION<br />

Mit dem Lungenchip kann <strong>der</strong><br />

gesamte Weg bestimmter<br />

Stoffe aus <strong>der</strong> Atemluft in den<br />

Blutkreislauf nachgestellt<br />

werden<br />

Warnen uns Träume<br />

vor Krankheiten?<br />

Die Schlafstörung RBD (REM sleep behaviour dis-<br />

or<strong>der</strong>) sorgt für gewalttätige Träume: Betroffene<br />

träumen häufig. sie müssten Angreifer abwehren.<br />

Und da ihre Muskeln nicht wie sonst im Schlaf<br />

erschlafft sind, schlagen RBD-Patienten um sich.<br />

RBD ist jedoch nicht nur ein Fluch: Eine Studie<br />

zeigt jetzt, dass zwischen 80 und 100 Prozent<br />

<strong>der</strong> Betroffenen innerhalb <strong>der</strong> nächsten 50 Jahre<br />

ihres Lebens eine Erkrankung des Nervensystems<br />

erleiden, wie Parkinson o<strong>der</strong> bestimmte Demenz-<br />

krankheiten. Diese lange Vorwarnzeit kann eine<br />

frühzeitige Behandlung <strong>der</strong> Leiden ermöglichen.


LUFT-NETZWERK<br />

In je<strong>der</strong> Lunge sind ca. 300<br />

Millionen Alveolen für den<br />

Gasaustausch zwischen<br />

Blut und Lunge zuständig<br />

Unsere Lunge ist eines <strong>der</strong> komplexesten<br />

Organe: Mit jedem Atemzug füllen sich mikro-<br />

skopisch kleine Bläschen, die Alveolen, mit<br />

Luft. Von diesen Alveolen wan<strong>der</strong>t <strong>der</strong> Sauerstoff<br />

durch eine Trennschicht in die haarfeinen<br />

Kapillaren des Blutgefäßsystems. Diese Mem-<br />

bran ist gerade einmal 0.1 bis 1,5 Mikrometer<br />

dick. Vorgänge, die sich darin abspielen, lassen<br />

sich deshalb so gut wie gar nicht direkt untersu-<br />

chen. Jetzt gelang US-Forschern ein originalge-<br />

treuer Nachbau einer solchen Struktur in einem<br />

radiergummigroßen Kunststoffblock. Zwei<br />

Schichten lebendigen Gewebes — menschliche<br />

Epithel- und Endothelzellen — wurden dabei auf<br />

eine Silizium-Membran platziert, während ein<br />

Kulturmedium die Blutbahn nachahmte. Damit<br />

ließ sich testen, wie Lungenzellen auf Bakterien<br />

und an<strong>der</strong>e Eindringlinge reagieren. Mit dem<br />

Chip werden Labortests mit Umweltgiften,<br />

Nanopartikeln und Medikamenten einfacher —<br />

und sie kommen ohne Versuchstiere aus.<br />

Warum bekommen<br />

Insekten kein<br />

Schleu<strong>der</strong>trauma?<br />

Durch Beschleunigung wirkt eine Last namens g-Kraft auf<br />

den Korper ein. Unser Kreislauf hält sie ab einer Hohe<br />

von 8 g nicht lange aus, denn das Blut wird in eine<br />

Halfte unseres Korpers gepresst, was die Gefaße zum<br />

Platzen bringt. Insekten dagegen halten Beschleunigun-<br />

gen bis 400 g aus. Anstelle eines Blutkreislaufs haben<br />

sie nur ein Gefäß, in dem ihre Organe wie in einem<br />

Hohlraum schwimmen. Das ermöglicht es zum Beispiel<br />

<strong>der</strong> Schaumzikade (Foto), bei einem Sprung mit 400 g zu<br />

beschleunigen. Zudem haben Insekten den Winzig-<br />

Vorteil: Je kleiner <strong>der</strong> Korper, desto weniger Kraft wirkt<br />

bei <strong>der</strong> Beschleunigung auf ihn ein.<br />

,210 lir, 'ei.)<br />

. _ 4<br />

FALT-GENIE<br />

IST ONLINE<br />

Vielleicht<br />

wird <strong>der</strong> Aids-<br />

Impfstoff hier<br />

entdeckt:<br />

www.fold.it<br />

Rettet ein Online-Spiel Leben?<br />

Proteine sind die Arbeitstiere in je<strong>der</strong> Zelle: Nährstoffe etwa gelangen<br />

nur nach ihrer Aufspaltung durch Proteine ins Blut. Diese langkettigen<br />

Aminosäuren existieren in unzähligen Varianten. Sie falten sich, um<br />

eine möglichst kompakte Form zu erreichen. Kennt man die Faltmög-<br />

lichkeiten eines Proteins, lassen sich damit Arzneien entwickeln, die<br />

gezielter Viren bekämpfen als bisher. Beim von US-Forschern entwi-<br />

ckelten Online-Spiel „Foldit" machten sich rund 60000 User weltweit<br />

auf die Suche nach <strong>der</strong> optimalen Falttechnik: An virtuellen Proteinen<br />

wackelten sie an Molekül-Ästen, schafften neue Verbindungen o<strong>der</strong><br />

öffneten Verschlüsse. Das Verblüffende: Die geballte Intuitionskraft <strong>der</strong><br />

Masse war dabei sehr viel kreativer als <strong>der</strong> beste Computer.<br />

Beseitigt ein Ballon Müll?<br />

<strong>Welt</strong>raumschrott besteht aus Überbleibseln von Satelliten und<br />

Raketenendstufen im Erdorbit: Das sind 60 000 rasend schnelle<br />

Geschosse, die Satelliten und Raumschiffe gefährden. US-<br />

Entwickler planen jetzt, Satelliten mit Airbag-gleichen Ballons<br />

auszustatten. Am Ende seiner Dienstzeit pumpt <strong>der</strong> Satellit seinen<br />

Ballon mit Helium auf. Der bläht sich bis auf 37 Meter auf und<br />

kann einen 1200-Kilogramm-Trabanten so gut abbremsen, dass er<br />

binnen eines Jahres aus einer 830 Kilometer hohen Umlaufbahn<br />

in die Erdatmosphäre abtaucht und dort gefahrlos vergluht.<br />

,er 13


fragen&H[:\;<br />

Wie sieht <strong>der</strong> Regenwald ohne Bäume aus?<br />

Laserstrahlen durchdringen das Dickicht des Dschungels und lüften<br />

Geheimnisse, die mehr als zwei Jahrtausende lang verborgen waren: Die von<br />

<strong>der</strong> NASA entwickelte „Light Detection and Ranging"-Technologie (LIDAR)<br />

kartografierte im südamerikanischen Belize die Mayasiedlung Caracol auf bis<br />

zu 15 Zentimeter genau — und in 3-D! Eine archäologische Sensation: In vier<br />

Tagen kamen so mehr Daten über ein 200 Quadratkilometer großes Areal<br />

zusammen als in einem Vierteljahrhun<strong>der</strong>t mühsamer Forschungsarbeit.<br />

Tausende neue Bauwerke, Zehntausende landwirtschaftliche Terrassen und<br />

zahlreiche Höhlen traten mit LIDAR zutage. Dank des Dschungel-Scans weiß<br />

man nun: Die 115 000-Einwohner-Metropole Caracol verfügte über eine<br />

außergewöhnlich mo<strong>der</strong>ne Infrastruktur — und war mit 177 Quadratkilometern<br />

größer als bislang gedacht.<br />

-' 10 14<br />

150 in<br />

14<br />

-<br />

Warum blinzeln<br />

Säuglinge<br />

so selten?<br />

Zwei- bis dreimal pro Minute schließen<br />

Säuglinge für jeweils 400 Millisekunden<br />

die Augen, während Erwachsene in <strong>der</strong><br />

gleichen Zeit bis zu 15-mal geblinzelt<br />

haben. Beim Blinzeln verteilt das Oberlid<br />

Tränenflüssigkeit auf dem Auge, damit<br />

es nicht austrocknet. Warum das bei<br />

Babys nicht so wichtig zu sein scheint,<br />

ist unklar. Wahrscheinlich ist die<br />

Schicht <strong>der</strong> Tränenflüssigkeit auf <strong>der</strong><br />

Hornhaut dicker und verdunstet somit in<br />

geringerem Maße als bei Erwachsenen.<br />

Zudem sind die Tränenkanäle im ersten<br />

Lebensmonat noch nicht voll entwickel t<br />

weshalb Babys auch noch ohne Tränen<br />

weinen. Es gibt also keine Flüssigkeit,<br />

die sie wegblinzeln müssten.<br />

MACHTZENTRUM<br />

Die Pyramide von Caana<br />

in Caracol ist 43 Meter<br />

hoch und war eine bedeutende<br />

Kultstätte <strong>der</strong> Maya<br />

WASSER-RESERVOIRE<br />

Die 3-D-Karte deckt<br />

Vertiefungen auf: Hier<br />

speicherten die Maya ihr<br />

Wasser. Zahlreiche Steinstraßen<br />

führen zu entfernten<br />

Siedlungen<br />

TERRASSEN-FELDER<br />

Die Maya bauten Mais,<br />

Bohnen, Chili und Obst<br />

auf ausgedehnten<br />

Terrassen an — genug für<br />

115 000 Menschen<br />

Beim Trinken nimmt <strong>der</strong> Körper Wasserstoff- und<br />

Sauerstoff-Atome aus dem Wasser auf und baut<br />

sie in Proteine ein, wie in das Keratin in unse-<br />

ren Haaren. Wasserstoff und Sauerstoff kommen<br />

in Isotopen vor. Misst man <strong>der</strong>en Konzentration.<br />

erfährt man den Herkunftsort des Wassers.<br />

Mehr noch: Dieser Wasser-„Fingerabdruck"<br />

findet sich auch in Bier und Limonaden regio-<br />

naler Getränkehersteller. Mit diesem Wissen<br />

lässt sich nicht nur die genaue Herkunft von<br />

Getränken analysieren. Auch die Reisebewe-<br />

gungen von Kriminellen o<strong>der</strong> verdächtigen Per-<br />

sonen wären mit Haaranalysen nachvollziehbar.<br />

FOTOS: Olivier Grunewald (3): Fotolia; AlPix; Photoresearchers. SPL/Agentur<br />

Focus (2): Bernd Vogel. P Edmondson/Corbis (2); S. Krause-Wieczorek/almdi.net<br />

ILLUSTRATIONEN: National Geographie Stock; www.visualmd.com: Nasa: PR (3)


Kann es 01 regnen?<br />

Nach <strong>der</strong> Ölpest hat man jetzt in Louisiana Angst vor Ölregen<br />

- erste Videos mit Ölschauern kursieren im Internet. Doch<br />

kann Öl tatsächlich in Regenwolken gelangen? Ein großer Teil<br />

des Öls im Golf von Mexiko wurde durch die Chemikalie Co-<br />

rexit zersetzt. Dabei bleiben Ölreste an <strong>der</strong> Meeresoberfläche,<br />

<strong>der</strong>en genaue Beschaffenheit man nicht kennt, weil Corexit in<br />

dieser Menge noch nie eingesetzt wurde. Bereits 2003 ergab<br />

eine Studie des Ocean Studies Board, dass es möglich ist,<br />

dass Rohöl mit in die Regenwolken aufsteigt. "Wenn die be-<br />

deckte Fläche auf dem Meer groß genug ist und ein bestimm-<br />

ter Grad an Emulsionsbildung erreicht ist, können Ölbestand-<br />

teile in den Wasserkreislauf gelangen - , heißt es dort.<br />

Sind alle Tierbabys zahnlos?<br />

Die meisten Säugetiere kommen ohne Zähne zur <strong>Welt</strong>. Beim Hund<br />

zeigen sich erste Eckzähne ab <strong>der</strong> dritten Lebenswoche. Im<br />

Unterschied zum Menschen haben sie jedoch keine Schmerzen<br />

beim Zahnen. Mit etwa sechs Wochen ist das Milchgebiss mit<br />

28 Zähnen ausgebildet. Erst ab dem dritten Monat beginnt <strong>der</strong><br />

Zahnwechsel zum bleibenden Gebiss aus 42 Zähnen. Übrigens:<br />

Im Gegensatz zu den meisten an<strong>der</strong>en Säugetieren haben Ele-<br />

fanten im Laufe ihres Lebens nicht zwei, son<strong>der</strong>n bis zu sieben<br />

Zahnwechsel: So oft erneuern sich ihre Mahlzähne im Maul.<br />

r von<br />

LESERFRAGE<br />

Hannelore Nunlist


10.e) Wun<strong>der</strong> Geschichte<br />

HERRSCHAFTS-SITZ<br />

Wer über Deutschland herrschen<br />

wollte, musste hier Platz nehmen:<br />

auf dem Thron Karls des Großen (I.).<br />

Die Marmorplatten stammen aus<br />

<strong>der</strong> Grabeskirche in Jerusalem. dem<br />

überlieferten Grab Jesu Clgisti.<br />

4;<br />

Menschenopfer, goldene Kelche, Wun<strong>der</strong>waffen -<br />

GEHEIMNIS DER KRONE<br />

Die mächtigsten deutschen Herrscher<br />

wurden in Aachen mit <strong>der</strong> Reichskrone (I.)<br />

gekrönt. Ursprünglich war sie mit einem<br />

legendären Edelstein besetzt: dem Waisen<br />

(bedeutet: <strong>der</strong> Einzigartige). Niemand<br />

weiß, wieso er im Mittelalter verschwand ...<br />

0 0 0<br />

0 o 0 0<br />

0 00<br />

0<br />

oa 0<br />

0:i<br />

man faszinierende Entdeckungen machen. Noch immer graben Archäologen nach<br />

Deu se<br />

Deutschlands<br />

4) 1<br />

Geschichte steckt 0<br />

voller Geheimnisse. Man muss nur unter <strong>der</strong> Oberfläche suchen, und schon kann<br />

Schätzen, und Historiker spüren den Wurzeln <strong>der</strong> Legenden nach


Ke 0<br />

0 ()<br />

0 0<br />

:24<br />

-4,<br />

rei Jahre lang gruben sie in historischen Gewöl-<br />

ben, suchten hinter jahrhun<strong>der</strong>tealten Mosaiken.<br />

Jeden Quadratzentimeter des Aachener Doms nahm ein<br />

Team von Top-Archäologen unter die Lupe. Vor einigen<br />

Wochen gaben sie auf - das Grab Karls des Großen, des<br />

mächtigsten Herrschers in <strong>der</strong> Geschichte Europas, bleibt<br />

verschwunden. Hals über Kopf hatte man den Kaiser vor<br />

fast 1200 Jahren noch an seinem Todestag verscharrt.<br />

Schnell, formlos und ohne Kennzeichnung - plün<strong>der</strong>nde<br />

Wikinger sollten keine Chance haben, sein Grab zu ver-<br />

wüsten. Seit Kaiser Barbarossa gut 200 Jahre später und<br />

nach langer Suche die Gebeine Karls in den Dom bringen<br />

ließ, fehlt von <strong>der</strong> ursprünglichen Grabstätte - und den<br />

darin vermuteten Schätzen - jede Spur. Doch irgendwo<br />

in <strong>der</strong> Kathedrale, dem Machtzentrum von Karls Riesen-<br />

reich, muss sie zu finden sein. Der Dom ist ein gewaltiges<br />

VVun<strong>der</strong> <strong>der</strong> Baukunst, eines <strong>der</strong> ersten Gebäude über-<br />

haupt, die zum UNESCO-<strong>Welt</strong>erbe erklärt wurden. 31<br />

deutsche Herrscher waren Karl auf den steinernen Thron<br />

gefolgt, sie alle trugen seine Zeichen <strong>der</strong> Macht - die<br />

Reichsinsignien Krone, Zepter, Schwert, Mantel. Heilige<br />

Lanze. Heute liegen die in <strong>der</strong> Wiener Hofburg, doch alle<br />

sieben Jahre wird im Dom ein an<strong>der</strong>er Schatz präsentiert:<br />

sagenhafte Reliquien aus Jerusalem, darunter das Len-<br />

dentuch Christi. Und Karls Grab? Es gibt acht Theorien<br />

über seine Lage. Fünf wurden mit <strong>der</strong> letzten Grabung<br />

ausgeschlossen. Bleiben noch drei.<br />

Der Kaiserdom<br />

das Geheimnis von<br />

Karls Kathedrale<br />

UNBESIEGBARE WAFFE<br />

Die Heilige Lanze zählt zu den<br />

Reichsinsignien, war eines <strong>der</strong><br />

Symbole bei je<strong>der</strong> Krönung. Mit<br />

ihr soll Jesus bei <strong>der</strong> Kreuzigung<br />

verwundet worden sein. Sie soll<br />

jedes Heer unbesiegbar machen.


MYTHOS- BESESSEN<br />

SS-Chef Heinrich Himmler (r.)<br />

war besessen von den Mythen<br />

<strong>der</strong> alten Germanen. Er wollte<br />

<strong>der</strong>en Riten wie<strong>der</strong>beleben.<br />

ut 1000 Jahre lang ist sie nichts Beson<strong>der</strong>es —<br />

eine Burg wie viele an<strong>der</strong>e auch. Nur ihr unge-<br />

wöhnlicher Grundriss fällt auf: ein Dreieck. „Wie ein Pfeil,<br />

<strong>der</strong> in das Herz Russlands zielt!", denkt Heinrich Himm-<br />

ler, als er die Burg <strong>der</strong> Stadt Büren 1933 besucht. Schon<br />

1934 lässt <strong>der</strong> SS-Chef sie anmieten. Aus dieser Burg<br />

will er das oberste Heiligtum seiner Totenkopf-Krieger<br />

machen. Hier soll sich die braune Elite versammeln. Hier<br />

weiht Himmler seine Offiziere in die Pläne für den Russ-<br />

land-Feldzug ein. Im Auftrag <strong>der</strong> SS erdichten Historiker<br />

eine Saga <strong>der</strong> Wewelsburg: Angeblich sei sie schon im<br />

Mittelalter das wichtigste Bollwerk gegen die Slaven ge-<br />

wesen. Himmler lässt monströse Pläne für die Burg ent-<br />

wickeln. Im Inneren wird je<strong>der</strong> Winkel mit Nazi-Insignien<br />

verziert. Rundherum soll eine ganze SS-Stadt entstehen.<br />

Ihr Grundriss soll an die Heilige Lanze erinnern — mit <strong>der</strong><br />

Burg als Spitze. Für die Arbeiten wird ab 1939 ein eigenes<br />

KZ aufgebaut. Hier leiden 3900 Gefangene, 1285<br />

sterben im Schatten <strong>der</strong> Wewelsburg. Doch während des<br />

Kriegs kommen die Arbeiten kaum voran. Als die Alliier-<br />

ten die Nazis zurückdrängen, lässt Himmler die Burg<br />

sprengen, die Anlage brennt aus. Heute existiert zwar<br />

dort kaum noch eine Spur des SS-Wahnsinns, aber die<br />

Wewelsburg bleibt in <strong>der</strong> Erinnerung ein gespenstischer<br />

Ort deutscher Geschichte.


LAUTLOSE WAFFEN<br />

Kisten mit 72 Millionen Pfund<br />

Falschgeld liegen im See. Mit<br />

diesen Blüten sollte die britische<br />

Wirtschaft destabilisiert werden.<br />

Top litzsee<br />

stätte <strong>der</strong><br />

Nazi-Geheimnisse?<br />

reelerre<br />

rn it bloßem Auge erkennt niemand, dass in <strong>der</strong><br />

Tiefe des Toplitzsees einige <strong>der</strong> größten Geheimnisse<br />

<strong>der</strong> deutschen Geschichte begraben liegen.<br />

Der See in den österreichischen Alpen ist nicht beson-<br />

<strong>der</strong>s groß, aber mit 103 Metern verblüffend tief.<br />

Und er hat eine ungewöhnliche Schichtung: Nur<br />

auf den ersten 20 Metern ist das Wasser sauer-<br />

stoffhaltig. Darunter gibt es keinen Sauerstoff,<br />

so gut wie kein Leben. Nichts, was im See ver-<br />

sinkt, wird von Bakterien zersetzt. Als Österreich<br />

sich dem Deutschen Reich anschließt, erklärt die<br />

Wehrmacht den See zum Sperrgebiet. Die Kriegs-<br />

GEHEIME wAFFEN w maarine führt hier VVaffenexperimente durch. Als<br />

Immer wie<strong>der</strong> kamen die Nazis die drohende Nie<strong>der</strong>lage erkennen, ver-<br />

OOffiziere d. ziere<br />

geheime Waffentests<br />

für<br />

Die an<br />

ndeln sie das Gewässer in eine Schatzkammer.<br />

ena.See.<br />

Kriegsmarin e feuerte<br />

u Niemand weiß, was sie dort alles versenkt haben.<br />

neue Torpedos<br />

in die Felswände. Bisher hat man nur einen Teil des Schatzes gefun-<br />

den: Kisten, gefüllt mit britischen Banknoten, etwa<br />

72 Millionen Pfund - alles Falschgeld. Noch immer sind<br />

Taucher und Mini-U-Boote in dem See unterwegs, denn<br />

womöglich liegt hier auch ein Goldschatz <strong>der</strong> Nazis. Doch<br />

<strong>der</strong> Seegrund ist ein ungeheures Labyrinth aus Baum-<br />

stämmen, die seit Jahrhun<strong>der</strong>ten in den See stürzen und<br />

nicht verrotten. In diesem Mega-Mikado kann auch eine<br />

gewaltige Schiffsladung Gold leicht übersehen werden.<br />

Kunstwerke, Listen mit Nummernkonten, Gold aus den Staats-<br />

banken eroberter Lan<strong>der</strong> - all das haben die Nazis angeblich<br />

im Toblitzsee versenkt. Hier ist je<strong>der</strong> Tauchgang lebensge-<br />

fährlich. Dafür sorgen Uberreste von Waffentests <strong>der</strong> Kriegs-<br />

marine und unzählige Baumstämme auf dem Grund des Sees.<br />

wel; ;de, ig 9 , 10<br />

_


GÖTZE NDIENSTM.111" Den vierköpfigen Kriegsgott<br />

Svantovit (I.) verehrten<br />

.,, die Slaven auf Rügen mit<br />

rauschhaften Orgien (o.).<br />

■ nen, son<strong>der</strong>n heidnische Slaven. Sie huldigen Mächten<br />

ie Küste Mecklenburg-Vorpommerns im frühen<br />

Mittelalter: Hier leben keine christlichen Germa-<br />

wie dem vierköpfigen Kriegsgott Svantovit. Der verlangt<br />

regelmäßig Opfer: Wein, Gebäck, kleine Geschenke.<br />

Svantovit-Gottesdienste arten oft in rituelle Orgien aus.<br />

Der wichtigste Tempel des Kriegsgottes steht an einem<br />

geradezu überwältigenden Ort — Kap Arkona, hoch auf<br />

den Kreideklippen von Rügen. Dorthin schicken Slaven-<br />

herrscher aus ganz Osteuropa wertvolle Geschenke: gol-<br />

dene Kelche, reich verzierte Waffen. Im 12. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

wird es eng für die Slaven. Christliche Heere dringen im-<br />

mer weiter nach Osten vor. Die Opfer für Svantovit wer-<br />

den blutiger. Christliche Gefangene sterben auf seinen<br />

Altären. Doch die Opfer bringen keine Rettung, das Sla-<br />

venreich geht unter. Nur auf Rügen können die Slaven<br />

sich länger halten — die Insel ist ihre letzte Festung. Erst<br />

1168 wird <strong>der</strong> Tempel von dänischen Truppen zerstört.<br />

Damit endet das Heidentum in dieser Region, und <strong>der</strong><br />

Tempelschatz verschwindet. Vielleicht wurde er geraubt,<br />

vielleicht ist er noch heute auf <strong>der</strong> Insel vergraben. Inzwi-<br />

schen ist <strong>der</strong> Tempel mit seinen Festungsanlagen gefun-<br />

den. Doch unter ihm zerfallen die Klippen, große Teile<br />

sind ins Meer gestürzt. Vielleicht auch <strong>der</strong> Schatz?<br />

Das Windeb<br />

Heima<br />

Moorleichen<br />

Geheimnisvoll senken sich die Nebel über das Moor.<br />

Wahrscheinlich liegt noch so manche Leiche unter dem Moos.<br />

Mehr als 1000 Moorleichen wurden in ganz Europa gefunden.<br />

Doch die Funde werden seltener. Torf wird heute mit Maschinen<br />

abgebaut, sie zerstören die Leichen. Manche Moore werden<br />

trockengelegt, das lässt die toten Körper verwesen.


GESCHICHTE IM MOOR<br />

Immer wie<strong>der</strong> finden Torfstecher<br />

menschliche Überreste. Noch<br />

alltäglicher sind Tierleichen —<br />

Zeugen grausamer Tode im Moor.<br />

DIE MOORTAUSCHUNG<br />

Das ..Madchen von Windeby" wurde mit<br />

verbundenen Augen gefunden. Heute<br />

weiß man: Es ist die Leiche eines Jungen<br />

mit einem verrutschten Stirnband.<br />

s ist ein grausiger Fund, den Torfstecher 1952<br />

im Windeby-Moor bei Eckernförde machen:<br />

zwei Leichen. wohl ein Mann und eine Frau. Scheinbar<br />

hingerichtet wegen Ehebruch. Die Augen des einen Op-<br />

fers sind verbunden, das an<strong>der</strong>e trägt noch das Seil um<br />

den Hals. mit dem man es erwürgt hat. Inzwischen weiß<br />

man: Zwar wurden beide Leichen während <strong>der</strong> Römer-<br />

zeit im Moor versenkt, aber im Abstand von 200 Jahren.<br />

Die „Frau" war ein junger Mann, den man friedlich im<br />

Moor beerdigte. Doch <strong>der</strong> Mann starb tatsächlich eines<br />

gewaltsamen Todes. Immer wie<strong>der</strong> wurde den Göttern<br />

im Moor ein Menschenopfer dargebracht. Manchmal wa-<br />

ren es Verbrecher, doch meist junge, gesunde Männer<br />

und Frauen. Schon die Germanen wussten, dass das<br />

Moor die Leichen konserviert. Vielleicht sollten die Toten<br />

so auf ewig den Göttern dienen. Die Entstehung <strong>der</strong><br />

Moorleichen ist hochkompliziert. Der Prozess <strong>der</strong> Kon-<br />

servierung setzt nur ein, wenn die Opfer im Herbst o<strong>der</strong><br />

Frühjahr im Moor versinken. Dann sind die Temperatu-<br />

ren passend. Manche Moose son<strong>der</strong>n Substanzen ab,<br />

die Bakterien in <strong>der</strong> Leiche töten. An<strong>der</strong>e Moose produ-<br />

zieren Stoffe, die die Knochen auflösen und die Haut zu<br />

Le<strong>der</strong> gerben. So verän<strong>der</strong>te Leichen halten sich Jahr-<br />

tausende. Niemand weiß, wie viele Tote noch in den<br />

Mooren liegen und warum sie wirklich versanken.<br />

weit <strong>der</strong> wun<strong>der</strong> 21<br />

- Ahr


■ eutschland ist reich an grausigen Orten —<br />

und auf die Liste gehören ganz sicher die<br />

zwei Ofnethöhlen in Schwaben. Niemand weiß, was<br />

vor gut 10 000 Jahren in einer dieser Höhlen ge-<br />

schah, doch es muss sich um grausame Rituale gehandelt<br />

haben. Wahrscheinlich wurde hier mehr als<br />

ein Menschheits-Tabu gebrochen. 1908 fand <strong>der</strong> Tü-<br />

binger Altertumsforscher Robert Rudolf Schmidt in<br />

<strong>der</strong> Großen Ofnethöhle zwei sogenannte Schädelnes-<br />

ter: neun Frauenschädel, 20 Kin<strong>der</strong>schädel und vier<br />

Männerschädel. Es waren noch die Reste von aufwen-<br />

digem Schmuck zu erkennen: rote Farbe, Hirschzäh-<br />

ne, 4250 Schneckenhäuser. Das Erschreckende: Hier<br />

lagen nicht nur Schädel, son<strong>der</strong>n auch Unterkiefer und<br />

Halswirbel. Das ließ nur einen Schluss zu: Man hatte<br />

die Köpfe frisch von den Leichen getrennt und komplett<br />

mit Haut und Haaren in die Höhle gelegt. In dem bizar-<br />

ren Arrangement waren sie so angeordnet, dass die to-<br />

ten Augen zum Höhlenausgang nach Westen blickten.<br />

Wahrscheinlich floss noch Blut aus den Hälsen, als die<br />

untergehende Sonne zum ersten Mal auf die Köpfe<br />

schien. Einige Schädel wurden aufgebrochen, vielleicht,<br />

um das Gehirn zu essen. Über die Hintergründe des<br />

Menschenopfers kann man nur spekulieren: Wurde hier<br />

ein Dorf ausgelöscht? Waren die Toten miteinan<strong>der</strong> ver-<br />

wandt? Mussten sie für eine Gottheit sterben?<br />

9/10 22 weit de, wun<strong>der</strong><br />

SCHÄDELNEST<br />

Nach fast 10 000 Jahren fand man<br />

die Schädel in den Ofnethöhlenteso<br />

t:<br />

arrangiert. Die Mör<strong>der</strong> hatteanit<br />

bemalt.<br />

Köpfe geschmückt und<br />

HÖHL EN - SCHLUND<br />

Als die Schädelnester 1908<br />

entdeckt wurden, gingen die<br />

Ausgräber rabiat vor. Der Höhleneingang<br />

wurde aufgesprengt.<br />

Die Ofnethöhlen<br />

Massenmord für<br />

die Götter?<br />

Während <strong>der</strong> Steinzeit waren die beiden Ofnethöhlen bei<br />

Nördlingen mehrere Jahrtausende lang bewohnt. So entstand<br />

eine reiche Fundstätte: Steinwerkzeuge, Tierknochen,<br />

Schmuckstücke. Aber die Archäologen stießen auch auf<br />

33 Schädel, vermutlich Überreste einer Massenopferung.


I I<br />

eutschland im Chaos <strong>der</strong> Stammeskriege. So<br />

sieht unsere Heimat im 3. und 4. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

aus. Bis dahin sorgten die Römer für Ordnung. Doch nun<br />

ist Rom geschwächt. Immer weniger Legionäre bewachen<br />

die Grenzen. Die Völkerwan<strong>der</strong>ung hat begonnen. Die<br />

Anarchie dieser Zeit bringt große Legenden hervor, die<br />

man sich das ganze Mittelalter hindurch erzählt. Vieles<br />

wird umgeformt, abgewandelt. zusammengefasst. So ent-<br />

steht die Sage <strong>der</strong> Nibelungen. Ein wichtiger Bestandteil<br />

<strong>der</strong> Sage ist <strong>der</strong> Schatz <strong>der</strong> Nibelungen — angeblich mehr<br />

als 100 Ochsenkarren voller Gold, die Siegfried raubt und<br />

die Hagen von Tronje in den Rhein wirft. Hat auch hier die<br />

Sage einen wahren Kern? Dass <strong>der</strong> Schatz absichtlich im<br />

Rhein versenkt wurde, klingt unglaubhaft. Sicher ist, dass<br />

die Germanen Raubzüge im Römischen Reich unternah-<br />

men. Auf dem Rückweg mussten sie den Rhein überque-<br />

ren. Dabei wurden sie oft von römischen Kriegsschiffen<br />

abgefangen. 1967 wurde tatsächlich bei Baggerarbeiten<br />

am Rhein ein Schatz gefunden, mehr als 1000 Metallge-<br />

genstände, kiloweise Silber<br />

— <strong>der</strong> größte Germanen-<br />

schatz aller Zeiten. Wahr-<br />

scheinlich stammt er von ei-<br />

nem Raubzug im Jahr 277.<br />

Auf <strong>der</strong> Flucht wurde das<br />

Germanenschiff versenkt.<br />

Der Ursprung <strong>der</strong> Legende<br />

vom Nibelungenschatz?<br />

e,<br />

se<br />

N IBELUNGENSEE?<br />

Der Baggersee bei Neupotz (o.)<br />

ist ein alter Rheinarm. Bei<br />

<strong>der</strong> Kiesför<strong>der</strong>ung wurde ein<br />

Germanenschatz (u.) gefunden.<br />

'<br />

MYSTISCHER SEE<br />

Um den Blautopf ranken sich<br />

viele Legenden. Schon seine<br />

Farbe, Folge <strong>der</strong> Tiefe und Klarheit<br />

des Wassers, das nur die<br />

blauen Anteile des Lichts zurückwirft,<br />

verblüffte die Menschen.<br />

uf den ersten Blick ist es nicht mehr als ein Teich,<br />

<strong>der</strong> tiefblau im Wald schimmert. Doch auf den<br />

ersten Blick sollte man sich beim Blautopf nicht verlas-<br />

sen. Dass in dieser Karstquelle bei Ulm etwas verborgen<br />

sein müsse, ahnte man seit Jahrhun<strong>der</strong>ten. Immerhin<br />

sprudeln hier ungeheure Wassermassen aus dem Boden.<br />

Mit bis zu 32 000 Litern pro Sekunde ist es eine <strong>der</strong><br />

ergiebigsten Quellen Europas. Und mit 21 Metern ist <strong>der</strong><br />

kleine See verblüffend tief. Woher kommt das Wasser,<br />

das einen ganzen Fluss speist? Wie findet es seinen Weg<br />

in den Blautopf? Erste Antworten finden sich in den 60er-<br />

Jahren. Taucher wagen sich ins Wasser. Und sie können<br />

nur staunen: Unter dem Blautopf öffnet sich ein riesiges<br />

Höhlensystem. Bis heute ist die Erforschung <strong>der</strong> Blau-<br />

topfhöhlen nicht abgeschlossen. Die Tauchgänge sind<br />

lebensgefährlich, mehrfach gab es Tote. Doch immer wie-<br />

<strong>der</strong> wagen sich Expeditionen für mehrere Tage in die Tie-<br />

fe. Das Höhlensystem ist nicht komplett geflutet. Die Tau-<br />

cher stießen auf riesige Hallen voller Tropfsteine und auf<br />

unterirdische Seen, die sie mit Booten befahren können.<br />

Bis jetzt ist <strong>der</strong> erkundete Bereich etwa zehn Kilometer<br />

lang. Wegen <strong>der</strong> großen Gefahr kommen die Forscher<br />

nur langsam voran. Niemand weiß, was sie in dem riesi-<br />

gen unterirdischen Labyrinth finden werden.<br />

MIRKO HERR<br />

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Ici) weiß, was<br />

du vorhast<br />

Wie lange wird es noch Geheimnisse geben? Wie oft gelingt es noch, beim Lügen<br />

nicht ertappt zu werden? Derzeit arbeiten Wissenschaftler verschiedener Forschungs-<br />

richtungen daran, unser Gehirn zu entschlüsseln. Das Ziel: unsere Gedanken in naher<br />

Zukunft lesbar zu machen. Doch schon jetzt ist es möglich, die geheimen Absichten<br />

eines Menschen zu erkennen. wdw verrät in einem Test, wie das funktioniert


Eine Spezialeinheit, die immer schon im Voraus<br />

111 weiß, wann und wo ein Verbrechen geschieht. Täter<br />

landen im Gefängnis, bevor sie ihren Opfern auch nur<br />

begegnen. Im Jahr 2002 war <strong>der</strong> Film „Minority Report"<br />

mit Tom Cruise pure Science-Fiction. Heute, acht Jahre<br />

später, hat die Wissenschaft dafür gesorgt, dass aus <strong>der</strong><br />

Fiktion Realität geworden ist. Die Mauern unseres Ge-<br />

hirns sind unser einziger Schutz vor <strong>der</strong> <strong>Welt</strong> und zugleich<br />

eine <strong>der</strong> letzten Grenzen <strong>der</strong> Wissenschaft. Sie zu über-<br />

winden versuchen Forscher gleich mehrerer Disziplinen:<br />

Mediziner, Neurologen, Psychologen und Ingenieure ar-<br />

beiten daran, unsere Gedanken lesbar zu machen. Ers-<br />

te Erfolge gibt es bereits; und das Tempo, in dem weiter-<br />

führende Entdeckungen gemacht und neue Technologien<br />

wie <strong>der</strong> funktionelle Magnetresonanztomograf entwickelt<br />

werden, ist rasant. Schon rüsten Sicherheitsfirmen und<br />

die Personalabteilungen großer Unternehmen auf, um<br />

Menschen zu scannen. Die Verän<strong>der</strong>ungen für unser Le-<br />

ben werden weitgreifend sein. Die Frage, ob jemand weiß,<br />

was ein an<strong>der</strong>er vorhat, wird immer öfter mit Ja beantwor-<br />

tet werden.<br />

Die Entdeckungen <strong>der</strong> Neurologie sind bereits im Begriff,<br />

ein neues Zeitalter <strong>der</strong> Strafverfolgung einzuleiten. Ge-<br />

hirn-Scans könnten schon bald mit Sicherheit belegen,<br />

wer lügt und wer die Wahrheit sagt. „Neuro Law" kann<br />

aber noch viel mehr bedeuten. Verbrecher sollen aufge-<br />

spürt werden, bevor sie ihre Taten begehen. Mehr als 24<br />

amerikanische Universitäten beteiligen sich an einem Pro-<br />

jekt für Rechts- und Neurowissenschaften, dem Law and<br />

Neuroscience Project. Dort machen Hirnforscher Juris-<br />

ten mit den Möglichkeiten ihrer Wissenschaft vertraut.<br />

Dazu Adina Roskies vom Dartmouth College: „Neurowis-<br />

senschaften können es möglich machen, mit einiger Ge-<br />

nauigkeit den Inhalt von Gedanken zu bestimmen."<br />

SIND GEDANKENLESER SCHON IM EINSATZ?<br />

In den USA bekommen Sicherheitsbeamte spezielle<br />

Schulungen, um die Absichten von Terroristen zu erkennen<br />

Je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> letzten Zeit auf einem US-Flughafen für<br />

einen Flug eingecheckt hat, hat wahrscheinlich schon ei-<br />

nen Gedanken-Scan hinter sich. Dafür sorgen 3000 Be-<br />

haviour Detection Officers. Das sind Beamte <strong>der</strong> Ver-<br />

kehrssicherheitsbehörde TSA mit einer Spezialschulung<br />

zum - Gedankenleser. Die Supercops haben gelernt, ih-<br />

re Mitmenschen genau zu beobachten. Sie können Hun-<br />

<strong>der</strong>te von auffälligen Verhaltensweisen identifizieren und<br />

exakt bestimmten Absichten zuordnen. Fast genauso gut<br />

wie ein Lügendetektor können sie erkennen, ob ein<br />

Mensch gerade beson<strong>der</strong>s aufgeregt ist, etwas zu ver-<br />

bergen hat o<strong>der</strong> mit <strong>der</strong> eiskalten Entschlossenheit eines<br />

Selbstmordattentäters durch das Terminal spaziert.<br />

Schon mehr als 1000-mal klickten die Handschellen, weil<br />

die Gedankenpolizisten glaubten, einen Verdächtigen zu<br />

erkennen. Meist sind es allerdings keine Terroristen, son-<br />

<strong>der</strong>n Schmuggler o<strong>der</strong> illegale Einwan<strong>der</strong>er. Mastermind<br />

dieses Gedankenlese-Programms ist <strong>der</strong> Psychologe<br />

ga ❑ 2Ö weit <strong>der</strong> wun<strong>der</strong><br />

Paul Ekman, <strong>der</strong> bis zu seiner Pensionierung an <strong>der</strong> Uni-<br />

versity of California in San Francisco lehrte und forsch-<br />

te. Ekman ist <strong>der</strong> weltweit führende Experte, <strong>der</strong> den Zu-<br />

sammenhang zwischen Emotionen und Gesichtsausdrü-<br />

cken erforscht hat. „Mit ausreichend Training kann je<strong>der</strong><br />

lernen, die Emotionen und Absichten seiner Mitmenschen<br />

zu erkennen", sagt er. Ekmans entscheidende Entde-<br />

ckung sind die sogenannten Mikroexpressionen - winzi-<br />

ge Verzerrungen des Gesichts, die nur Sekundenbruch-<br />

teile lang gezeigt werden und die wahren Gedanken<br />

verraten. Ekman hat außerdem einen Katalog aller Emo-<br />

tionen mit den dazugehörigen Gesichtsverän<strong>der</strong>ungen<br />

erstellt, Muskel für Muskel. Sein Lebenswerk hat über<br />

1000 Seiten. Heute ist er Berater von CIA, FBI und TSA.<br />

WERDEN UNS COMPUTER DURCHSCHAUEN?<br />

Wahrscheinlich sind PCs sogar die besseren Gedankenleser<br />

Wenn John Kircher einem Menschen in die Augen schaut,<br />

sollte man besser nicht versuchen, ihn anzuschwindeln.<br />

Schließlich ist <strong>der</strong> Psychologe ein Experte dafür, an den<br />

Augen eines Menschen dessen Absichten abzulesen.<br />

„Das funktioniert sogar besser als bei einem gewöhnli-<br />

chen Lügendetektor. Und dabei stehen wir erst am An-<br />

fang", sagt <strong>der</strong> Forscher von <strong>der</strong> University of Utah. Er<br />

beobachtet die Augenbewegungen seiner Versuchsper-<br />

sonen mit einer Spezialkamera. Ein Computer wertet<br />

dann aus, wie sich die Pupillen verhalten und in welche<br />

Richtung sich die Augen bewegen o<strong>der</strong> wie lange sie an<br />

einem Punkt verharren. Noch arbeitet Kircher ausschließ-<br />

lich im Labor. Aber er hat schon jetzt eine Partnerschaft<br />

mit einem Sicherheitsunternehmen angeschoben. Das<br />

Geschäftsmodell: Überwachungskameras, die die Ab-<br />

sichten eines Menschen erkennen können. Sie könnten<br />

einen Alarm auslösen, lange bevor <strong>der</strong> Bankräuber sei-<br />

ne Waffe zöge. Und gewiss würden sie zuerst an Flughä-<br />

fen eingesetzt, um nach Terroristen zu suchen. Man kann<br />

die Geräte noch mit einer Wärmebildkamera kombinie-<br />

ren, um die Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Körpertemperatur zu mes-<br />

sen. Solche Kameras könnten auch blitzschnelle Verän-<br />

<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Hautfarbe erfassen, die bei starken Emotio-<br />

nen auftreten.<br />

KANN JEDER GEDANKEN LESEN?<br />

Wir haben spezielle Neuronen im Gehirn, die es uns<br />

erlauben, die Gefühle an<strong>der</strong>er Menschen nachzuempfinden<br />

Während Hirnforscher vor allem mit aufwendiger Techno-<br />

logie versuchen, die Gedanken von Menschen ganz prä-<br />

zise zu erfassen, sind wir alle eigentlich ständig mit dem<br />

Gedankenlesen beschäftigt. Bei je<strong>der</strong> Begegnung stel-<br />

len wir mehr o<strong>der</strong> weniger bewusst Vermutungen darü-<br />

ber an. was unser Gesprächspartner gerade denken mag.<br />

Ohne diese Ansätze zum Gedankenlesen wäre ein funk-<br />

tionierendes Sozialleben gar nicht möglich. Wenn wir bei<br />

einem Freund tiefe Traurigkeit wahrnehmen, werden wir<br />

entsprechend darauf reagieren und damit auch die<br />

Freundschaft festigen. Erst seit Kurzem ist bekannt, wie


7<br />

1171"..+<br />

tyria<br />

diese Prozesse funktionieren. Dahinter, so<br />

DER<br />

TRAUERBLICK<br />

Echte Trauer zeigt sich<br />

an den Augenbrauen.<br />

Das Gefuhlszentrum im<br />

Gehirn sorgt dafür. dass<br />

wir die Braueninnenseiten<br />

nach oben ziehen.<br />

wird zumindest angenommen, stecken die Spiegel-<br />

DER NASENZUG<br />

Wenn wir unzufrieden<br />

sind, ziehen wir die<br />

Nasenflügel nach oben.<br />

Das dauert nur WIlisekunden,<br />

doch damit<br />

wurde das Gefühl eindeutig<br />

verraten.<br />

DER<br />

ZUNGENSTRICH<br />

So kann sich ein<br />

Terrorist verraten: Wer<br />

das Gefühl hat, nicht<br />

erwischt worden zu<br />

sein, streicht mit <strong>der</strong><br />

Zunge über die Lippen.<br />

neuronen, die von dem italienischen Forscher Giacomo<br />

Rizzolatti entdeckt wurden. Noch ist die Forschung bei<br />

Weitem nicht abgeschlossen, aber Neurologen vermu-<br />

ten, dass die Spiegelneuronen ein eigenes komplexes<br />

Netzwerk in unserem Gehirn bilden. Wirklich wahrneh-<br />

men können wir nur die körperlichen Anzeichen einer<br />

Emotion: die Stimmlage, die Gesichtszüge, die Körper-<br />

haltung, die scheinbar automatisch mit Traurigkeit o<strong>der</strong><br />

Wut einhergeht. Auf diese Wahrnehmung reagieren die<br />

Spiegelneuronen, indem sie in unserem Gehirn genau die<br />

Zentren aktivieren, die auch bei unserem Gesprächs-<br />

partner aktiv sind. Plötzlich spüren wir selbst die Traurig-<br />

keit unseres Gegenübers, wenn auch schwächer ausge-<br />

prägt. Um die Spiegelneuronen möglichst wirksam zu<br />

nutzen und so Gedanken lesen zu können, muss man die<br />

körperlichen Anzeichen, die Gedanken verursachen kön-<br />

nen, kennen. Je besser man sich mit ihnen vertraut<br />

macht, desto besser funktioniert das Gedankenlesen. Die<br />

wichtigsten Regeln verrät <strong>der</strong> wdw-Test „Wie gut kann<br />

ich Gedanken lesen" ab Seite 32. MIRKO HERR<br />

Wie arbeiten<br />

Wahrheits-<br />

zauberer?<br />

p aul<br />

Ekman ist beinahe so etwas wie <strong>der</strong> Papst<br />

<strong>der</strong> Gedankenleser. Er gilt als einer <strong>der</strong> wich-<br />

tigsten Psychologen unserer Zeit und wurde<br />

vom ..Time Magazine" zu einem <strong>der</strong> 100 einflussreichs-<br />

ten Männer ernannt. Als Ekman vor etwa 50 Jahren mit<br />

seiner Arbeit über den Zusammenhang zwischen Ge-<br />

sichtsausdrücken und Emotionen begann. hatte er<br />

quasi die gesamte Psychologengemeinde gegen sich.<br />

Damals galt das Dogma: Die mimischen Reaktionen<br />

auf eine Emotion werden ganz stark von <strong>der</strong> Kultur ge-<br />

prägt. Damit wäre das „Lesen" in Gesichtern unmög-<br />

lich gewesen. Doch Ekman war gegen das Dogma.<br />

Sein Lebenswerk ist das Facial Action Coding System.<br />

ein über 1000 Seiten dickes Manual. In diesem Hand-<br />

buch listet er für jede Emotion genau auf. welche Ge-<br />

sichtsmuskeln wie an <strong>der</strong> Darstellung <strong>der</strong> Emotion be-<br />

teiligt sind. Mithilfe dieses Manuals und sehr viel Trai-<br />

ning kann man tatsächlich fast zum Gedankenleser<br />

werden und erkennen. was ein Gegenüber wirklich<br />

empfindet. Dabei sind beson<strong>der</strong>s sogenannte Mikro-<br />

expressionen verräterisch. die nur wenige Millisekun-<br />

den dauern und nicht kontrolliert werden können. Ek-<br />

man ist es bei seinen Studien auch gelungen. soge-<br />

nannte Truth Wizzards zu identifizieren. Das sind Men-<br />

schen mit <strong>der</strong> angeborenen Gabe. Mikroexpressionen<br />

zu lesen. Dadurch können sie mit 90-prozentiger Si-<br />

cherheit Lügner erkennen. Inzwischen hat Hollywood<br />

den Wissenschaftler entdeckt. Die Fernsehserie ..Lie<br />

to me" basiert auf Ekmans Forschungen.<br />

GEDANKENLESER<br />

Paul Ekman entdeckte die<br />

Mikroexpressionen - winzige<br />

Gesichtsausdrücke. die unsere<br />

Gedanken verraten.


Wie erkennt man<br />

Psychopathen?<br />

ie haben kein Mitgefuhl. kein Gewissen,<br />

sie manipulieren ihre Mitmenschen. und<br />

manchmal töten sie sie auch - Psychopa-<br />

then sind die wohl gefahrlichsten psychisch Kranken<br />

uberhaupt. Und Kent Kehl arbeitet jeden Tag mit ih-<br />

nen...Obwohl Psychopathen in den USA nur ein Pro-<br />

zent <strong>der</strong> Bevolkerung ausmachen. veruben sie 30 Pro-<br />

zent aller Verbrechen - nicht nur Morde, son<strong>der</strong>n auch<br />

Raubüberfalle und extrem teure Wirtschaftsdelikte".<br />

sagt er. Deshalb ist es kein Wun<strong>der</strong>. dass Kiehl seine<br />

Versuchspersonen vor allem in Hochsicherheffsgefäng-<br />

nissen findet. Er durchleuchtet mithilfe von Kernspin-<br />

tomografen die Gehirne <strong>der</strong> Psychopathen. Schon jetzt<br />

hat er wichtige Entdeckungen gemacht. ..Wir konnen<br />

ganz klar nachweisen. dass die emotionalen Struk-<br />

turen im Gehirn. das sogenannte limbische und para-<br />

limbische System. bei Psychopathen gestort sind".<br />

erklart er. Sein großes Ziel: Psychopathen einzig und<br />

allein mit einem Gehirn-Scan zu erkennen - moglichst<br />

bevor sie schwere Straftaten begehen. Bei an<strong>der</strong>en<br />

psychischen Krankheiten. wie z. B. <strong>der</strong> Schizophrenie.<br />

ist das schon moglich. Wenn so ein Psychopathen-<br />

Scan gelänge. bekame man damit klare Hinweise auf<br />

die Vorhaben eines Menschen...Der durchschnittliche<br />

Psychopath hat vier Gewaltverbrechen begangen. be-<br />

vor er 40 Jahre alt ist. Und innerhalb weniger Jahre<br />

werden wir in <strong>der</strong> Lage sein. Psychopathen eindeutig<br />

zu identifizieren", sagt Kiehl. Eine solche Entdeckung<br />

wird aber schwierige Fragen aufwerfen. Denn obwohl<br />

je<strong>der</strong> Psychopath seinen Mitmenschen Schaden zu-<br />

fügt, wird er doch nicht unbedingt zum Verbrecher. Darf<br />

man ihn trotzdem von <strong>der</strong> Polizei überwachen lassen<br />

o<strong>der</strong> zu einer Therapie zwingen? Es könnte sogar zu<br />

einem vollkommen neuen Verstandnis von Verbrechen<br />

fuhren. Kehl vergleicht Psychopathen mit Schizophre-<br />

nen. die ebenso krank, aber viel weniger gefahrlich<br />

sind: ..Dle Schizophrenieforschung bekommt trotzdem<br />

hun<strong>der</strong>tmal mehr Forschungsgel<strong>der</strong>. Die Gesellschaft<br />

sieht in Schizophrenen Opfer. in Psychopathen Raub-<br />

tiere. Nur Schizophrenen bringen wir Empathie entge-<br />

gen.- Ein großes Problem: Fur Psychopathie gibt es<br />

momentan keine wirkungsvolle Therapie. Aber auch<br />

das will <strong>der</strong> Forscher mithilfe seiner Entdeckungen an-<br />

<strong>der</strong>n. Sein großer Traum: „Wir konnten Medikamente<br />

entwickeln. die genau in <strong>der</strong> betroffenen Hirnregion an-<br />

setzen. Wenn wir nur funf Prozent <strong>der</strong> Psychopathen<br />

heilen konnten. wurde das <strong>der</strong> Gesellschaft enormen<br />

Nutzen bringen und vielen Menschen das Leben retten."<br />

PSYCHOPATHEN-<br />

SOAN<br />

Auf Gehirn-Scans lasst<br />

sich die Aktivitat aller<br />

Hirnbereiche beobachten.<br />

Psychopathen-Gehirne<br />

haben ganz spezifische<br />

Muster. mittels <strong>der</strong>er man<br />

die Storung diagnostizieren<br />

kann.<br />

BLICK INS GEHIRN<br />

Kent Kiehl von <strong>der</strong> University of<br />

New Mexico ist Experte fur die<br />

Untersuchung von psychisch<br />

Kranken via Kernspintomografie.


Wie durchschauen wir<br />

unsere Mitmenschen?<br />

G<br />

edanken lesen ist eigentlich keine Kunst. Immer,<br />

wenn wir uns mit einem an<strong>der</strong>en Menschen<br />

unterhalten, stellen wir Vermutungen<br />

darüber an, wie er sich gerade fühlt. Wenn ich den Ein-<br />

druck habe, dass ein Freund traurig ist, werde ich an-<br />

<strong>der</strong>s mit ihm sprechen, als wenn er wütend zu sein<br />

scheint. Wie schaffen wir es, uns so sehr in unsere Mit-<br />

menschen hineinzuversetzen? Wir können zumindest<br />

ahnen, was sie fühlen. Das gelingt nur dank <strong>der</strong> Spiegel-<br />

neuronen, die <strong>der</strong> Neurologe Giacomo Rizzolatti ent-<br />

deckt hat. Wenn wir einen Vorgang beobachten, lösen<br />

die Spiegelneuronen in unserem Gehirn die gleichen Rei-<br />

ze aus, die entstehen würden, wenn wir den Vorgang<br />

selbst durchführten. Rizzolatti hat die Spiegelneuronen<br />

bei Studien zur Bewegungssteuerung entdeckt. Wenn<br />

wir eine Handbewegung sehen, sind in unserem Gehirn<br />

die gleichen Bereiche aktiv, als wenn wir selbst unsere<br />

Hand bewegten. Die Aktivität ist zwar schwächer, aber<br />

deutlich nachweisbar. Und wenn wir bei einem an<strong>der</strong>en<br />

Menschen Traurigkeit beobachten, ist auch in unserem<br />

Gehirn Traurigkeit angesagt. Nach Rizzolattis Entde-<br />

Was verraten unsere<br />

Augen über uns?<br />

J<br />

ohn Kircher ist ein Experte dafür, an den Augen<br />

Emotionen und Lügen zu erkennen. Dafür<br />

nutzt er eine spezielle Kamera, die genau<br />

festhält, wie sich die Augen bewegen, wenn eine<br />

Person beson<strong>der</strong>s aufgeregt ist o<strong>der</strong> gar Lügen erzählt.<br />

Das verräterischste Zeichen sind Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Pu-<br />

pillen, die sich zusammenziehen o<strong>der</strong> erweitern. „Die Er-<br />

gebnisse unserer Experimente sind großartig", sagt Kir-<br />

chen „Unsere Methode ist genauso gut o<strong>der</strong> besser als<br />

die üblichen Lügendetektoren. Und wir sind noch in <strong>der</strong><br />

frühesten Entwicklungsphase dieser neuen Methode des<br />

Gedankenlesens." Im Prinzip scannen die Forscher ei-<br />

ne Person nach Zeichen beson<strong>der</strong>er geistiger Anstren-<br />

gung ab. Sie gehen davon aus, dass Lügen und Täu-<br />

schungsversuche mit mehr Anstrengung verbunden sind<br />

als Offenheit und Ehrlichkeit. Diese neue Technologie ist<br />

so vielversprechend, dass sich Kircher Partner in <strong>der</strong><br />

Wirtschaft gesucht hat. Das Ziel sind völlig neuartige Si-<br />

cherheitskameras. Sie könnten an Flughäfen nach Ver-<br />

dächtigen Ausschau halten und Terroristen entlarven.<br />

Um die Systeme noch verlässlicher zu machen, könnte<br />

WURZEL<br />

DER<br />

EMPATHIE<br />

Spiegelneuronen<br />

ermöglichen<br />

es uns, die Emotionen<br />

an<strong>der</strong>er<br />

Menschen nachzuempfinden.<br />

ckung sind die<br />

Spiegelneuronen .0›.<br />

eines <strong>der</strong> heißes-<br />

ten Forschungs- ‚U<br />

ar igge eih_<br />

gebiete <strong>der</strong> Neu-<br />

rologie gewor-<br />

den. Immerhin kann man durch Training seine Fä-<br />

higkeit des Gedankenlesens nachweislich verbessern.<br />

Seit den Terroranschlägen von 9/11 haben Geheimdiens-<br />

te daran ein großes Interesse. Aber auch Wirtschafts-<br />

unternehmen geben dafür Geld aus. Sie heuern schon<br />

heute speziell trainierte Gedankenleser für wichtige Ver-<br />

tragsverhandlungen an.<br />

MITGEFÜHLSMEISTER<br />

Giacomo Rizzolatti von <strong>der</strong><br />

Universität Parma in Italien<br />

entdeckte die Spiegelneuronen<br />

rein zufällig.<br />

man sie zusätzlich mit einem Infrarotsystem aufrüsten.<br />

Dann könnten die Kameras auch Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong><br />

Körperwärme registrieren. Es ist sehr wahrscheinlich,<br />

dass wir alle bald in das Visier solcher Wahrheits-Kame-<br />

ras geraten.<br />

BLICK IN DIE AUGEN<br />

John Kircher beherrscht viele<br />

Methoden, unsere Gedanken zu<br />

erkennen. Sein größter Erfolg:<br />

<strong>der</strong> Augenscanner. .<br />

FENSTER<br />

ZUR SEELE<br />

Computergesteuerte<br />

Kameras<br />

können unsere<br />

Pupillen und <strong>der</strong>en<br />

Bewegungen ganz<br />

genau vermessen<br />

und so unsere<br />

Gefühle erkennen.


Haben Soldaten<br />

bald telepathische<br />

Fähigkeiten?<br />

elepathie. Gedankenübertragung - das klingt<br />

nach purer Science-Fiction. Ist es aber nicht.<br />

Schon heute können gelähmte Menschen mit<br />

ihren Gedanken einen Computer o<strong>der</strong> einen Rollstuhl<br />

steuern. Ein Elektroenzephalogramm (EEG) misst Mus-<br />

ter in Hirnströmen, und die Menschen haben gelernt.<br />

bestimmte Muster zu bilden, die ein Computer als Be-<br />

fehl interpretiert, etwa ..Rollstuhl nach rechts fahren".<br />

Nichts ist einfacher, als einen solchen Gedankenbefehl<br />

per Funk auf einen an<strong>der</strong>en Menschen zu übertragen.<br />

Genau das ist Telepathie. Michael D'Zmura will die<br />

Technik perfektionieren - im Auftrag des US-Militärs.<br />

Er hat gerade vier Millionen Dollar Forschungsgel<strong>der</strong><br />

von <strong>der</strong> DARPA. <strong>der</strong> Forschungsabteilung des Penta-<br />

gons. bekommen. Sie hofft, dass sich Soldaten auf dem<br />

Schlachtfeld künftig per Gedankenübertragung verstän-<br />

digen können. Schon heute gibt es EEG-Helme, mit de-<br />

nen man Computerspiele steuern kann. Ein ähnlicher<br />

Helm könnte Soldaten die Telepathie ermöglichen.<br />

D'Zmura sucht nach bestimmten Mustern im EEG. Die<br />

Muster tauchen immer dann auf, wenn ein Mensch an<br />

Wie verräterisch<br />

ist die Schrift?<br />

D ass Handschriften etwas über die Persönlichkeit<br />

eines Menschen verraten. galt lange als<br />

anerkannte Lehrmeinung, wird inzwischen<br />

aber immer stärker in Zweifel gezogen. Trotzdem ist<br />

es den israelischen Forschern Gil Luria und Sara Ro-<br />

senblum gelungen, mithilfe einer Schriftanalyse etwas<br />

über unser Denken zu erfahren. Zumindest konnten sie<br />

erkennen. ob jemand die Wahrheit sagt o<strong>der</strong> lügt. Bei<br />

<strong>der</strong> Analyse geht es allerdings nicht um die Hand-<br />

4%.


ein bestimmtes Wort denkt. Ein kleiner Computer kann<br />

die Muster erfassen und in eine Nachricht umwandeln.<br />

die dann vom Funkgerät des Soldaten übertragen wird,<br />

ganz ähnlich wie eine SMS. Der Empfänger würde so-<br />

fort wissen. was <strong>der</strong> Sen<strong>der</strong> denkt. Die Soldaten wären<br />

auf einer neuronalen Ebene miteinan<strong>der</strong> vernetzt und<br />

könnten blitzschnell Befehle austauschen. Um eine<br />

komplette telepathische Unterhaltung zu führen, sind<br />

wohl noch einige Jahre Forschungsarbeit nötig. ..Es<br />

braucht viel Training. bevor die Soldaten mit so einer<br />

Apparatur Nachrichten übertragen können. Anfangs<br />

werden sie nur vorgegebene Stichworte absenden. et-<br />

wa ‚Angriff!". sagt D'Zmura. Eine an<strong>der</strong>e Möglichkeit.<br />

die heute schon fast möglich ist: Der Gedankenleser<br />

kann unterbewusste Signale für Gefahr erfassen. die<br />

im Gehirn auftauchen. bevor das Bewusstsein sie verar-<br />

beitet hat. Sobald auch nur ein Soldat eines Platoons<br />

unterbewusst eine Gefahr wahrnimmt, könnten alle Ka-<br />

meraden informiert werden. Die vernetzten Gehirne <strong>der</strong><br />

Kämpfer würden im Gleichklang agieren.<br />

reg<br />

SMS AUS DEM GEHIRN<br />

Michael D'Zmura forscht mit<br />

Gel<strong>der</strong>n des Pentagons an <strong>der</strong><br />

University of California in Irvine.<br />

Ziel: Gedankenübertragung.<br />

schrift, son<strong>der</strong>n um das Verhalten während des Schrei-<br />

bens. Die Forscher ließen ihre Versuchspersonen auf<br />

einem Touchscreen schreiben, ähnlich wie bei einem<br />

iPad. Ein Computer analysierte dann Parameter wie<br />

den Druck des Stiftes, die Zeit, die das Schreiben ein-<br />

zelner Wörter und Zeichen in Anspruch nahm, wie lan-<br />

ge <strong>der</strong> Stift auf dem Bildschirm war o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Luft<br />

schwebte. Solche Indizien lassen sich kaum willent-<br />

lich steuern und verraten sehr viel über die Einstellun-<br />

gen des Schreibers zu seinem Text. Ansatzweise kann<br />

man eine solche Analyse auch ohne Computerhilfe<br />

durchführen. Der Druck eines Stiftes auf dem Papier<br />

lässt sich durchaus erkennen, auch die Schreibge-<br />

schwindigkeit und die Verweildauer bei einzelnen Wör-<br />

tern zeigt sich bei Schreibgeräten wie dem Füller an<br />

<strong>der</strong> Menge <strong>der</strong> hinterlassenen Tinte. Und die Buchsta-<br />

ben werden höher und breiter, wenn <strong>der</strong> Schreiber lügt.<br />

Wer sich beim Schreiben also nicht durchschauen lassen<br />

will, sollte besser zum Kuli greifen.<br />

SCHRIFTGELEHRTE<br />

Die Forscherin Sara Rosenblum<br />

von <strong>der</strong> Universität Haifa in Israel<br />

kann an <strong>der</strong> Handschrift Absichten<br />

eines Menschen erkennen.<br />

GEHIRN EINES LÜGNERS<br />

Die Magnetresonanztomografie zeigt: Dieser<br />

Mensch lügt. Die Aktivität in den roten<br />

Gehirnarealen ist ein klarer Hinweis darauf.<br />

Wie viel wissen die<br />

Geheimdienste?<br />

E<br />

ric Haseltine hat eine ziemlich ungewöhnliche<br />

Karriere hinter sich. Nachdem er an US-<br />

Elite-Universitäten Psychologie studierte und<br />

in <strong>der</strong> Hirnforschung promovierte, ging er erst einmal in<br />

die Rüstungsindustrie, wechselte dann zur Walt Disney<br />

Company, wo er Experte für virtuelle Realitäten wur-<br />

de, um danach beim Geheimdienst NSA anzuheuern.<br />

Schließlich wurde er wissenschaftlicher Berater aller US-<br />

Geheimdienste. Niemand weiß mehr über die Tricks von<br />

CIA und Co. als Haseltine. Und er weiß, wie gut die Spio-<br />

ne Gedanken lesen können. Natürlich verrät Haseltine<br />

nicht alles, was er weiß, aber er ist überzeugt: „Es ist fast<br />

unvermeidlich, dass wir mit den Neurowissenschaften<br />

schon bald an einen Punkt kommen, wo wir genau he-<br />

rausfinden können, was eine Person denkt, ohne dass<br />

die Person merkt, dass wir ihre Gedanken lesen." Die<br />

Wissenschaftler <strong>der</strong> Geheimdienste kennen natürlich al-<br />

le Technologien. die an Universitäten entwickelt werden,<br />

und nutzen sie auch: „Magnetresonanztomografie, Au-<br />

genkameras, Infrarotdetektoren, Mikroexpressionen, wir<br />

haben für alles Experten. Wir können sogar mit Radarge-<br />

räten Ihren Puls messen, ohne dass Sie es merken", sagt<br />

Haseltine. Noch ist es nicht ganz so weit. Wenn man Ha-<br />

seltine nach den besten Gedankenlesern fragt, ist seine<br />

Antwort: „Speziell trainierte Agenten. Noch kann unser<br />

Gehirn solche Aufgaben besser erfüllen als je<strong>der</strong> Compu-<br />

ter. Aber das wird nicht so bleiben. Bald werden wir Rech-<br />

ner haben, die Mikroexpressionen und Körpersprache<br />

besser identifizieren können als je<strong>der</strong> Mensch." Immer-<br />

hin macht Haseltine sich manchmal Gedanken, was das<br />

für die Zukunft bedeuten könnte: „Ich habe nicht wirklich<br />

Angst davor, aber die Möglichkeit des Gedankenlesens<br />

wird unsere Gesellschaft mit sehr schwierigen Proble-<br />

men konfrontieren. Einfache Lösungen gibt es nicht."<br />

FORSCHER DER SPIONE<br />

Eric Haseltine ist Berater <strong>der</strong><br />

Geheimdienstbranche und war<br />

Chefforscher aller US-Spione. Sein<br />

Spezialgebiet: Gedankenlesen.


TES WIE<br />

1. WIRD AUFFALLEND OFT<br />

GELÄCHELT? niNEIN<br />

unetpait weutwop was Liane Jaqe tpis uauuom 9tiple pun<br />

tpstweisruqua ups puts uatpsuavy apatpanom3 :uospd Jas<br />

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uauuamia uosiad apaipattoma aup sppuosaq Jim uau<br />

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sppuosaq papti sa pun utrem uapuassnellp1Sa9 .19S1111 au)<br />

`awats uals3inpim pp sawa ulaq3ei se0 :9NM1117)1213<br />

2. WERDEN DIE AUGENBRAUEN<br />

OFT GEHOBEN? JA nNEIN<br />

uppii uauoiwunowi aZiltoim appam<br />

Jagt uuem saq3eicisa9 sap prawom Ja0 a3eJj<br />

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.3. GIBT ES BEIM LÄCHELN<br />

FÄLTCHEN? T-IJA r-INEIN<br />

ine uanenuaänv uap 1.143SIPAZ neua2<br />

uagej aimpait toilzwid uatpnel uaiqop9 uatpios ias<br />

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alS uauucni ulaN liomlutf alP uuaM eNt1HY7MoY3<br />

ICH LERNE<br />

GEDANKEN ZU LESEW<br />

5. WIRD MIT GESCHLOSSENEN<br />

LIPPEN GELÄCHELT? JA iNEIN<br />

i2aJa3;ne Japo uialtmitlas Japamwa Jauped Jqi pun qoa<br />

upqaei sep Ist ais uatme.viamuimuanv aip wn Ualp<br />

aip UalpeW pamsJawn uag -ualios uapJam wosnew3<br />

ais wap Itiapueq upqm saqzsie; tqa wn lpflU Jaqe<br />

tpis uuem s3 uau3a3aq ievg ualsia wnz uapwaij ais uuam<br />

Japo puis somau ais uuam `asiam asaip ;ne uatpsuao; uptim<br />

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uaddil uauassoitosa2 upoel awaim seg":9Nrwv-Didg<br />

6. ZEIGT DER KOPF NACH<br />

UNTEN? F-IJA NEIN<br />

uauaZia uawas ue `watids Isqlas Ja uuam Japo UnIOM<br />

1.13.1111 ue Japamwa qapamz Jaupedstpeidse Ja0 laPaPAZ<br />

uatpiazuv uta Jaqa 2unZiaugloy Jap u! lqais sJaHeM<br />

.8 uels apadx3-ua2ni Jag Hos uaueq uauqi UOA tpimim<br />

Ja sem luawovt; wasaip u! tpis 1.2e1; Jaupedsqapdsa9 Jqi<br />

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ueliv JatpsJoj-uaquidsJadJoN aosileiwne Jap pailaJdJawl<br />

uawn peu moiig pun Ido); lunpamas auta .11.4 uaqatazuv<br />

sa wapaf ui .uauotwpJclialui apiipanosiawn<br />

sa wi3 uawn ll3EU sagloy sap 3unlaN inZ :9NIMV7Xt13<br />

7. WIRD DER KOPF MIT DER<br />

HAND ABGESTÜTZT? 1-11A<br />

.trautw9 Je3os Japo Japilua3nv apua4tris 'autiv appentosian<br />

puis assapwisag Jo; uatiotazuv atpiwap alapuv pueH pp<br />

2unweia8 Jap ui aaii pattpsJawn Jag assaJawi sappuosaq<br />

Je3os Japo liamtptimuappeN 431 uatpiazuv Jaqa sep Ist<br />

`pwpaq uawitps aip pun waisa9 wnz pueH awas inu<br />

Jaupedstpeidsa9 Jap uuam :waision Jaqv .uanettasqoinp nz<br />

qpiai Ist awa9 asaip 11301:] .uazwisqe pueH pp wu uaJw<br />

als waput Iranwart nz sep uatprisiatt aqoue; tpeidsa9<br />

we assaJawi sep pwis 1.31au uawn lpEt1 U3IS Ja uuam<br />

-assaJawi in; Jowmtpui piept up Ist glom Jac :9N(1dV7Mk13<br />

4. HEBEN SICH DIE 8. SCHEINT DIE NASE ZU<br />

WANGEN? NEIN JUCKEN? JA NEIN<br />

uaqatana Jait.pnaH ualiom sep<br />

neue -3qtpisioltun uapJam Jim pun Itaiwqa9 uattiiisod iiw<br />

uauoinaup3aids apsun uaJai3eai isuos uuag masaiswaisa9<br />

in; Ziqpim sppuosaq supqm uatosiel sauia 3unmeiw3<br />

aig lunian4s uawsnmaq Jap watu uaäaipawn tqamsnLA;<br />

uapuapiaqaswa aig uaJaitrowlapad nz upqm sapsie;<br />

uta wn 'uaqaq ua3uem awas wnem Jau3n-i apipuoissamd<br />

pp tone uuem pqa4a3wn uamarppJawn wpiu siiewaqa<br />

tpis wsei seg .uauem uauaqoqa3 aip puis uptim saltpa<br />

tria ;ne stamutH Jaännaputa Anum tri3 eNntltf7Mt13<br />

9,10 32 ..dpIt <strong>der</strong> wun<strong>der</strong><br />

rauärn uap sa minn `waitpsa2 3ipuels sa uuam Jaqe So'<br />

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Jap u! uatpiapv uaäin mag tpis ssep Itaqa3Ja uaqeq uaip<br />

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Heg wnz uaJotpaA uap uowii3 ins UOLIOS tpIS wq ;wieg<br />

JamisseiN up ist aseN Jap UE uazwiN seg :9NMIV7)1213


Wie ehrlich ist ein Gesprächspartner? Drei bis fünf verdächtige Antworten<br />

genügen, und Sie sollten Ihrem Gegenüber besser misstrauen. Dann sind aller<br />

Wahrscheinlichkeit nach verborgene Absichten im Spiel: Betrug, Angst, Lüge.<br />

Die Erklärungen helfen bei <strong>der</strong> Interpretation<br />

9. NEIGT SICH DER KOPF NACH 13. IST DIE STIMME SEHR<br />

RECHTS? 1-11A nNEIN HOCH? r-- JA FiNEIN<br />

uaJa!laJclialu! neua3 3un3!auldo3 an) ti3IS ;ssel<br />

`uagacpeaq uauogow3 atonpa!q3sJamn uagiequi!ii uamaq<br />

aJasun ea was ualtp!sqv an4e3au aualumpan Jni uaq3laz<br />

wa mem sea ualos pun äunuuedsuv m;napaq Jaa!aua2<br />

S11133.1 113eU u!a `gamtmnpunaJj Japo ign;a3m ;3!az ;doN<br />

Jaa!aua3 smug yaeu tn3 uaqa3Ja ;again' ad!wqd uavadx3<br />

-aquidsJachou uaq3s!spzueJ; sap uawrns uaqeq sea un;<br />

-qapaun3!aN puap!aq3sm3 JÄ3 aatteig-apevy tn3oloq3<br />

-Xsg agos!peuem a!p CES '„ua3!au agas Jnz isiaw clom uawas<br />

Ja JIM Intinz 11 31 1Mie Puewar uamll :DlillIdt1731d3<br />

10. WIRD SEHR HÄUFIG<br />

GEZWINKERT? JA r--1NEIN<br />

uaJanioJluo4 gangtaue ;q3m qa!s Iss?' 3unp<br />

-unian asan3 tliamsnunammmz uap nz 'sunqa9 sap<br />

-uazsuonow3 wap 'elep3Xtuy Jap uon 3ungamanJaN aNanp<br />

ama sa ssep `uaqa3Ja uaqeq uaueg ue ua3untiansiamn<br />

s! uapuncpan Is3uv gut 3nnapma alenamwmz alqotpa aup<br />

ssep '12!aza3 q3!s ;et; uatmsuavy pun uaJau . gw uagansJaA ui<br />

uassnuu!aaqlqam uauuom sea uawdnd an) L1311Ell<br />

unl u!a ennla uuam IlapJam Isoia2sne xagag sie tuaenmz<br />

sep uuem uaänv Jap zmq3s wnz alio.nuoN Jaiun lzuaJ3aq Jnu<br />

nM uaqeq Japnuanv JaJasun tua4u!mz sea :9Nrwy-my3<br />

11. IST DIE SPRACHE<br />

AUFFALLEND LEISE? JA NEIN<br />

qaJnp Jaqa a3n1 an) Itia3 'ewata sagownad Japo sapuainap<br />

-aqun u!a !as sa aua3oiag Jap uuam as!ai uatpaids<br />

Jau3n1 apposa5 u!as ♦3pi u!a q3ne Jage uuem si iiej<br />

Jap uawatu uationtnad !aq 3!;neq 4s! seg uaia!dsnziaguati<br />

sewamq3eJcIsa9 sama Zurnnapag a!p `uatiansian uew<br />

uuem awanis uas!ai Jatna ualeman uaio!sqv mem a4<br />

a!p uoq3s eituogie3 waginas ÄgsJan!un Jap uon<br />

sseig ue111!1 upaq3sJoj-aq3eidsJadJoN an) 1.3es '„uauuamJa<br />

slaupedsq3mIsa9 satna a3eismwa9 a!p gaqJag3is Jalmaz<br />

-ald-gg nw JIM UaUlJOM aW11111S Jap puequv": 9N1121V7)1213<br />

lneipan puaq3!aJsne<br />

mo!ti uatng JaupedsgamIsa9 Jqi ssep liamapaq 431-1e<br />

aWWI1S motpa lgotai au) uuem `ptns uapuetpon uatmtazuv<br />

uaJapam aula>I uauonow3 atiolos in; uuam li300 '1)(3 aaueJj<br />

-apevy 43es '„;nm Japo 3unäagnv 'uo!legsrui sep ;fflapaq<br />

uau!awaiiv WI Jailuq3s 3un3ag uaJautn uaniels Jawa<br />

ssni;m3 wap Jamn pnm awunis a!g" g!am sa uew uuaM<br />

Jage 'uassnumaaq gainuawm Jemz 43IS 4ssei sea taqo yaeu<br />

aWWI1S a!p lqa3 muedsaue als uuam .panalsa3 Jrnei<br />

-nmsnwOwnqau Jap uon Num aqoqwwns :9N172IV7)1213<br />

14. WIRD DER REDEFLUSS<br />

LANGSAMER? nJA NEIN<br />

unqn Jet gtu inu uew ;JLilli<br />

-Jaqn a!s ua)f3o;s su! uapunmasnim uamJa2 Jau3n1 ain3<br />

istgas 22!aza2 uaJoNampuaäni uamawpadx3 !aq yane<br />

q3!s leg sea .nalligEnn a!p sie Ja!puamme Jaww! imaw<br />

pms uani apeJa3 one Jage Ja ani 1q3!allayi Jaupag uap<br />

Jnj ewaqi sa3pa!mq3s u!a wn q3egna 43!s sa gapueq as!aM<br />

-Jaq3n2ovy lagaia3wn ufflag wnz uapag won pJ!M a!3Jau3<br />

-Atm sJapuosaq unqa9 sep 1s! Ja!H -qospamian apag aw<br />

-esOuei a!p apeJa9 siaupag sap 3un3uagsuv aiemaw an; ne<br />

as!ammH pajap na)13!pu!mq3sa3q3aJcis a!CI :9/t/f1k/V7)1H3<br />

15. IST DIE ZUNGE HÄUFIG ZU<br />

SEHEN? JA nNEIN<br />

. puamm ;stlias qa!s ine is! Ja Japo 'was uapapmzun uautg<br />

uuem Jaupedstmeidsa9 tn3 . wq pgimom uaup Ine sep Isiam<br />

ist uagas nz 34ney illaS q3eidsa9 waula !aq a!s uuam . 3urn<br />

-napag asaw q3OU ;ssnmatpamn a3unz alp leg Jrnirm JaJasun<br />

u! istgas ua3!az a3unz upmini-42m uaq3s!puelaasnau wap<br />

-af !aq 113011 sa iinaq a3emzmaq `Mtuey wapaf nz a3unz Jap<br />

u93!az sep apoqa3 'spueleasnaN tpaugommain uap 'IJoevj<br />

uap !aq q3nv uaqaZia uasuedum3s pun segpo9 ue uaäurn<br />

-q3eqoag waJapue Jamn uaqeq sea apieqa2qoin aula a3unz<br />

Jap ualaz sep qa!ntp!tiasa3s3unppimm3 : 9Nn2IV7)1113<br />

12. IST DIE SPRACHE SEHR 16. RÖTEN SICH DIE WANGEN<br />

UNDEUTLICH? JA NEIN BEIM GESPRÄCH? JA NEIN<br />

uamqa3 ;q3!sJoA ;s! !ag<br />

-uage; pun gaste; sa uuam tgaton sep ;ne umaq we uew<br />

Imme `uamaq3sJamn nz uatualtiontms won Jamneuegioguom<br />

uap wn . uanastiomp uawm uatnas garte mem leg agoiluo)i<br />

iewup isia JaM pun ssei9 ne!lin Ples '„uag3suawi!Inl<br />

au!as Jaqn alloiluom gumuJaqn apuatpaitis as!ai Jag ualgq<br />

nz ua3uniogJapaw wn pun uawwomnziaqeu 'Liane ;agp!ild<br />

-Jan awwns aq3ios au!a Jaqv" gaquiagionos uon uaq3!az<br />

sie awunls aq3!nnapun 'as!ai aup JIM uaJanaJdJam! 14o pan<br />

-nclmew ganmana a!s uapJam Ja!H i3un;q3v :9NrIdV7M4Y3<br />

13SLJelAl Japaf sie Janaug3s pun JaneuaU<br />

q3!nuasam äungaeMJagfl Jap !aq seJaweN uapJam<br />

awalsAss3unq3emJaqn apuasaiufflepa3 in; aieu3!suneiv<br />

ualsänqa!m Jap watnanz uuem nneJadwamaguem agmtpa<br />

an] - uassepa seJawnlloJeJwi uauu94 sea L1311E to!s uaw<br />

-Jennia a!s 'inu it13!u q3!s ualoi ua3uem a!g un2uansuv pun<br />

mgsonJaN uon uaq3!azuv saJeim u!a puis ua3uem aiagpa9<br />

iaqeq ssnutn3 uatiagluawm uatna4 sep ine 'panalsa3<br />

wmAsuanJaN uawouoine won pnm ssnignig Jag ainiqqamp<br />

in3 slapuosaq Isi ua3uem JaJasun ineH :9N114YV7N213


17. GIBT ES HÄUFIGE BISSE AUF<br />

DIE LIPPEN? nJA riNEIN<br />

uaqapps autmez aip liattOSIMZ uaddn au] muawoiN was<br />

-a!p uatpsuaLN alayt I!aM ';ne mnu alS "uapmam prmawaq<br />

wnem apinM 2unmaBozman aw ssnw uaupmo massaq uamtmepa9<br />

au!as ma pam 'paz mauel 43!iquanv uatpaim uatpa ppm<br />

-mut( map pw qa!s ;sm Jatell mag ua2es paqmqem au] mtp!ti<br />

tputpatosmtmem ppm 'wem uaddn uap ;ne zmn)r Jal;JOA pun pos<br />

uammommeaq a2em3 auia mam :Up% sep ms! puap!atosmu3 ap<br />

-uemsnz amauu! ;ne as!amu!N au!am tpou mcineima tpalle uaileq<br />

-man Se(' autrez au) uatps!mz addpmaqg au) mapo -mamun au)<br />

lewtpa mapae mawup 2epiv mwupu nm" :9NMIV7Mt13<br />

18. VERÄNDERT SICH DIE<br />

ATEMFREQUENZ? JA NEIN<br />

ssamms uatpa4 als uapuudwa `uaqeq uasseau samtpapps<br />

u!am a!s eg uatnedotpAsd :apommuom mamun 2untpsnei mauia<br />

ua!z!pui amapue pun sasaw uaqeq uatpsuaky apiam mnN<br />

Ounwiej a!p Drums 2unmapipmamun aip gang tp!s ualemman<br />

a!s Liane Jagd uamapipmamun sindup uatpipadmom uap uauuom<br />

`maia!dsmamod al lauoissalomd emma `matpsnei apappemi ins igas<br />

inN mailautps sea uuep mtma2 a!s mapapJ 2unwmv a!p ;ne<br />

tp!s mäeitmos ssamis maie!zos Liane maqv gomsmanes 43111 madmom<br />

map mtpnemq 'uassnw uamtpni; mapo uaidwem uuam lunwmv<br />

amasun qa!s papueman ualuawowssamms uI :9Nrldt‚731d3<br />

19. VERÄNDERN SICH DIE<br />

PUPILLEN? JA NEIN<br />

izinua2 uamommamapuani manau äuni ♦ aimmu3<br />

au) mp; Nue sea uamtpeqoaq emawem unmanamsa2malndwo3<br />

matpa 11w all!dnd a!p qa!s Iss?' mn2 smapuosag ue ms2uv mapo<br />

mgpsonmaN uuep 12!az s3 apamtpluquapurplas mnu sa mmanep mig<br />

ualimawaq nz aiiidnd map uaqa!zinv sep wn `uassedlne neua2<br />

ua2a2ep uew ssnw qaemdsau uatmapOguie Lin lun2amm3 mai<br />

ianxas uon äuntpatpsmapaiäag sie tone 2unmapammaualodnd<br />

atpa ms! mequualma mn2 smapuosag uassepa massaq uoimenps<br />

aip uautmo ♦ 'Any su! mtman .111aW mue; uueg Ilall!dnd<br />

amasun tp!s umapamma uauo!menlispepaN IJI :9Nn2IV7)1213<br />

20. WIRD DAS EIGENE VER-<br />

HALTEN GESPIEGELT? JA NEIN<br />

ualrimd aiemmawsualietimaA amapam uew<br />

ssnw peislapamz WI uatp!amma nz aia!z aua29 wn Imannu<br />

maummed man!leindpiew tpa uuem sea u!a uapu!maqiqom m!w<br />

iaq tp!s mgams loam 2untpaini auiaw maummedstpemdsag u!aw<br />

ssep 'aqnei2 tp! pun mia2a!dsa2 uamieqman tpaw ssep<br />

'ammawaq qa! uuam tpas qansmansuo!meind!ueiN u!a llanE<br />

maqe uuem 2unia2a!dssuamietpaA ptps 2untpaiN maup mau<br />

-pedstpemdsau wap mpu J!M uuam 12emdasne smapuosaq Isl<br />

sea UaWLIelpell uatmasuer mamapue uagetimaA sep 24netm MOS<br />

J!M ssep `mplep ualos uauomnaula2a!ds a!Cl :9NM1V7)1d3<br />

4. Du willst<br />

';'mich - belügen<br />

wir <strong>der</strong> Wun<strong>der</strong><br />

21. FÄLLT SELTEN DAS<br />

WÖRTCHEN „ICH"? 11A 1—IUEIN<br />

imaizildwom ma2plam uam<br />

-uawoinr uasaw atpemds a!p pmim limanemq;ne ualepzedem<br />

alewaw ua2!n sep ea mmaimmsa2 matpeoia alles app Puls<br />

mwesa2sui Liasspul uawqaumaqn uamietpan mni Ounuom<br />

muemaA au) a!s ssep `umapuppan ais ualiom os uaBes als seM<br />

`wap uon topmautp tp!s uama!zuems!p mauln aw tmonemqa2<br />

-tpemds uaiewmou tu! sie mapuamman maualias uapmam „tpaw"<br />

mapo „tp!"a!m ammom :spiqa13 tpas lqansmamun waten<br />

uon unetimantpemds sep pun aixal meq sexai Xpsmaniun<br />

map von ma4eqauued sawer aolotpitsd Ja° :9N17dV7)I83<br />

22. WIRD AUGENKONTAKT<br />

VERMIEDEN? JA nNEIN<br />

uauualma mmemuomua2nv qamnp lqapi tp!s uassel uarn am<br />

-atpaim qams ia!ds wap ;ne la!n smapuosaq uauap !aq Imaryi —<br />

sap ameis-4nm uap :pm!M Itiansa2 pieluomuany man!sualui uap<br />

uon addne ualumwnsaq maup !aq Liane ssep `uapunma2snem<br />

-aq aunils uauom2 maup leg emeqmeg ques u! e!umopie3 ftm<br />

-!sman!un map uon oinedag epag u!2olotpitsd :43!smoA Jagd<br />

inetps uanv a!p tp Aue' uew map `uosmad matpa 2untpaiN a!p<br />

uew mai ssima2 maqe `uamnapaq u!asmqamman tplai2 mtp1u ssnw<br />

s3 Itmeaunz pun amedwÄs mp; uatp!az sa2unaptpa u!a ms!<br />

sep `uatias uanv an) auei 3ll!asuaZa 311 3 !S :9NMI11'7M2I3<br />

23. SENKEN SICH KURZ DIE<br />

AUGENLIDER? JA riNEIN<br />

ua2unmauup3 au!as ul ti3ne umapuos `uatmasuaiN<br />

satpa miamua)ruepag a!p u! >laug uatpa mnu mtp!u sapii sap<br />

2un2amag a!p pineima os pauu!ma ms2uv auatme2man laue!<br />

au9 ue tp!s uew uuam `ualammine tpne uuem s3 uapmam<br />

msola2sne uonenps allanPle a!p tpmnp 12tppaqun mtpiu ssnw<br />

uamuaspn sea umamtpmz u!a4 map 2unZamag a2iiewula<br />

auia msi s3 uanntps nz ue2mosauu!s samaimqapen u!as Issnm<br />

-aqmalun mtonsman madmom mag is2uv mn; uatpiaz sa4nap<br />

ula u!a ms! sea uamun qaeu pamtmaniquapunmas uatna in; tpis<br />

ufflas mappuanv :pautpszpiq mqa2 s3 :9Nndy7)by3<br />

24. PASST DAS VERHALTEN<br />

ZUR SITUATION? JA FiNEIN<br />

umassaqman 2unww!1s a!p pos uapu!maqitmom uon ua2!az<br />

sea luniddommong ampsod aup ine 2unugoii amssnmaqun<br />

a!p mmaams maffleg sne uas!amsualietpaA ampsod iewtpuew<br />

a!s msoi 'ppm mwwamtpsmaqn ualmag uange2au von a!s uuam<br />

atpÄsd map qansmans2unmmag u!a umapuos laiatmanail atpam<br />

ms! sea ma!pan apema2 weaj mtp itmomqo `uatmassne tp!pioniä<br />

JtiaSInaWOW uau9 mp; uauuom mueg map ;ne matpeilllequnj<br />

mmaams uonenps uatutmauaäueun matpa apema2 ma itmomqo 'al<br />

-qpiag annisod 11-11uatp!azuv uaqapmadmom alle 12!az tpsuavy<br />

1-1.1VniaA mamtpeqoas Puls letutpuevy :9N1121V7Md3<br />

BUCH TIPP<br />

.,Die Wahrheit über die Lüge" von Marie-France Cyr.<br />

191 S., Mo<strong>der</strong>ne Verlagsgesellschaft MVG, 4.99 Euro.<br />

etnär, »Klar cri." ruvrenr nn 1 A &IV fäll f<br />

ilL114111.111111. .7.nd-4YMa ‚Fun UUUUU lyncryi.ce_g_n<br />

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FOTOS: Image Sou rce, Rec ker, Carro ll, Alt, Williams/ Corbis ( 6); Pla in Pictu re ( 3); de Lossy, Schme lzer/ Getty Images ( 2); Be ll, Stege r, Guerin/ SPL/ Agentu r Focus ( 3); Univers ität Eppe ndo Allmedic; PR ( 5); Ste inmetz/ Agentu r Focus


Wie lebt es sich<br />

Axolotl:<br />

GRÖSSE: 23 bis 28 Zentimeter<br />

LEBENSRAUM: ausschließlich<br />

<strong>der</strong> Xochimilco-See (Mexiko)<br />

ALTER: in Gefangenschaft<br />

bis zu 28 Jahre


eigentlich ...<br />

. ..OHNE<br />

ERWACHSEN ZU WERDEN?<br />

Axolotl haben gut lachen, schon klar: Die mexikanischen<br />

Schwanzlurche dümpeln ihr Leben lang vergnügt im Larven-<br />

stadium vor sich hin. Für den Entwicklungssprung zum<br />

Salaman<strong>der</strong> fehlt ihnen nämlich das Schilddrüsenhormon<br />

Thyroxin — ein angeborener Defekt. Und zwar einer, <strong>der</strong> ewi-<br />

ge Jugend garantiert — mit ein paar wirklich netten Beigaben:<br />

Da sich ihre Zellen auf ewig in einem hoch teilungsfähigen<br />

Gedächtnis, Kiefer, Lunge,<br />

Wun<strong>der</strong> natur<br />

Geschlecht - alles überflüssiger<br />

Ballast! Wie fabelhaft man ohne<br />

angeblich lebenswichtiges<br />

Beiwerk über die Runden kommt,<br />

zeigen diese Ausnahmetalente<br />

des Tierreichs. Sie wissen ihr<br />

vermeintliches Defizit zu nutzen -<br />

und manche von ihnen tricksen<br />

damit sogar den Tod aus...<br />

Stadium befinden, können Axolotl ganze Gliedmaßen, Orga-<br />

ne und sogar Teile ihres Gehirns bei Schäden einfach erset-<br />

zen. Die Kehrseite: Da die Lurche nie auswachsen, können<br />

sie auch nie ihren heimischen See als stolze Salaman<strong>der</strong><br />

verlassen. Wobei das gar nicht so verlockend wäre — Sala-<br />

man<strong>der</strong> haben immerhin viele Fressfeinde. Und abgebissene<br />

Gliedmaßen ersetzen ist dann auch nicht mehr drin ...<br />

weit <strong>der</strong> wun<strong>der</strong>


Wie lebt es sich eigentlich ...<br />

... OHNE GEDÄCHTNIS?<br />

Okay, man kann mal einen Geburtstag vergessen. O<strong>der</strong><br />

einen Namen. Aber gleich seine gesamte Umgebung?<br />

Sollte besser nicht vorkommen — vor allem nicht, wenn<br />

man ein kleines Erdhörnchen ist, das auf dem Speiseplan<br />

sehr vieler Raubtiere steht. Dem Ziesel geschieht lei<strong>der</strong><br />

genau das — und zwar jedes Mal, wenn es aus seiner achtmonatigen<br />

Winterruhe erwacht. Tagelang irrt es dann<br />

unbeholfen umher und kann sich so gar keinen Reim auf<br />

irgendetwas machen. Tests zeigten. dass die Tiere tat-<br />

Ziesel:<br />

GRÖSSE: 13 bis 40 Zentimeter<br />

LEBENSRAUM: Eurasien und<br />

Nordamerika<br />

ALTER: bis zu 11 Jahre<br />

sächlich einen Großteil ihres vorherigen Wissens durch<br />

den Dauerschlaf einbüßen — offenbar, weil ihr Gehirn über<br />

Monate nur unzureichend mit Sauerstoff versorgt wird.<br />

Die Auswirkungen sind nahezu identisch mit denen <strong>der</strong><br />

Alzheimer-Krankheit. Mit einem Unterschied: Die Nager<br />

verfügen über ein bestimmtes Protein, das die Schäden<br />

innerhalb von Tagen wie<strong>der</strong> vollständig repariert — ihre<br />

Demenz ist nur vorübergehend. Jedenfalls bis zum nächs-<br />

ten Frühling ...


Wie lebt es sich eigentlich ...<br />

...OHNE KIEFER?<br />

Neunaugen haben alles, was ein guter Jäger braucht: einen<br />

schlanken, schnellen Körper, ausgefeilte Sinne, großen Hunger<br />

— und mehr als 100 scharfe Hornzähne. Dummerweise<br />

nur können sie damit nicht zubeißen — die Natur hat bei<br />

diesen lebenden Fossilien nämlich ausgerechnet am Kiefer<br />

gespart. Statt eines vernünftigen Mauls haben die fischähnlichen<br />

Wirbeltiere nur eine Art scheibenartigen Saugnapf,<br />

mit dem sie an ihrer Beute andocken. Da sie keine appetit-<br />

Wie lebt es sich eigentlich ...<br />

... OHNE DEN TOD?<br />

Würde man eine Hydra durch ein Sieb pressen. gäbe das<br />

zwar eine ziemliche Sauerei — aber mit Sicherheit keine<br />

tote Hydra. Die bis zu drei Zentimeter großen Süßwasserpolypen<br />

setzen sich einfach wie<strong>der</strong> zusammen. Selbst dann.<br />

wenn ihre verschiedenen Einzelteile kleiner sind als Salzkörnchen.<br />

Das allerdings ist nicht <strong>der</strong> einzige Unsterblich-<br />

Neunauge:<br />

GROSSE: bis zu 75 Zentimeter<br />

LEBENSRAUM: in fast allen<br />

Igten Zonen<br />

ALTER: bis circa 6 Jahre<br />

lichen, kleinen Bissen zu sich nehmen können, saugen und<br />

raspeln sich Neunaugen daher kurzerhand durch die Haut<br />

und das Fleisch ihrer Opfer. Damit <strong>der</strong>en Blut nicht verklumpt,<br />

son<strong>der</strong>n sie dabei ein gerinnungshemmendes Sekret ab. Für<br />

Forscher ist dieser Stoff mittlerweile <strong>der</strong> Schlüssel zu neuen<br />

Medikamenten — für Jungfische lei<strong>der</strong> oft das Todesurteil.<br />

Sie verbluten elendig. Denn wie gesagt: Hunger haben<br />

Neunaugen immer ...<br />

Hydra:<br />

GROSSE: c 3 Zentimeter<br />

LEBENSRAUM: Süß- und<br />

F I ießgewasser<br />

ALTER: bis zum Tod durch<br />

Gefressenwerden<br />

keitstrick. den die Hydra auf Lager hat: Sie besteht aus<br />

nur drei verschiedenen Zelltypen. Statt beschädigtes<br />

Gewebe aufwendig zu reparieren. stößt sie es einfach ab —<br />

und bildet neues. Ihrem Leben sind damit keine natürlichen<br />

Altersgrenzen gesetzt — wenn sie immer nur brav ihren FrKsfeinden<br />

aus dem Weg schwimmt ...<br />

weit <strong>der</strong> wun<strong>der</strong> 39 sari


- jeb<br />

Borstenwurm:<br />

GROSSE: ;2 s zu 20 Zentimeter<br />

LEBENSRAUM: fast alle <strong>Welt</strong>meere<br />

ALTER: unbekannt<br />

Wie lebt es sich eigentlich ...<br />

...OHNE GESCHLECHT?<br />

Beim Borstenwurm weiß man nie so recht, woran man eigentlich<br />

ist, denn insgeheim hat die Art Ophryotrocha pue-<br />

rilis eine geniale Doppelstrategie entwickelt, die ihr das<br />

Überleben in einer Umgebung sichert, in <strong>der</strong> das Nahrungs-<br />

angebot von „üppig" bis „gar nicht" variiert: Als Jungtiere<br />

sind diese Borstenwürmer allesamt Männchen. Die setzen<br />

Energie besser um als Weibchen und kommen auch mit ei-<br />

nem kargen Speiseangebot klar. Erst wohlgenährt verwan-<br />

delt sich <strong>der</strong> Wurm in ein Weibchen, das über genügend Re-<br />

' 94 .4-dir<br />

serven für die Eiablage verfügt. Dieses Umschalten zwischen<br />

den Geschlechtern wird offenbar von einem Botenstoff im<br />

Gehirn gesteuert: Als Biologen das Gehirn eines weiblichen<br />

Wurms entfernten, starb <strong>der</strong> nicht etwa — er verwandelte<br />

sich vielmehr zurück in ein Männchen. Ohne steuerndes<br />

Denkorgan kann er das Weibchen-Dasein nicht aufrechter-<br />

halten und wird quasi in die Werkseinstellung zurückver-<br />

setzt. Auf Rückschlüsse zwischen Denkvermögen und Ge-<br />

schlecht wollen wir hier allerdings verzichten ...


Nacktmull:<br />

GRÖSSE: 5 bis 10 Zentimeter<br />

LEBENSRAUM: ausschließlich<br />

Ostafrika<br />

ALTER: 28 Jahre und mehr<br />

Wie lebt es sich eigentlich ...<br />

... OHNE SCHMERZEN?<br />

Nein, Nacktmulle sind nicht hubsch anzusehen. Was auch<br />

kein Wun<strong>der</strong> ist: Sie werden von einer Königin tyrannisiert<br />

und verbringen ihr Leben mit Graben (man beachte die dafür<br />

vorgesehenen Schaufelzähne). Und doch: Würde man<br />

„Stirb langsam" mit Tieren besetzen, wäre <strong>der</strong> Nacktmull<br />

Bruce Willis — er spürt keinen Schmerz. Das kann kein an<strong>der</strong>es<br />

Säugetier. Egal, ob Stiche, Kratzer, Verbrennungen:<br />

Die pelzlosen Wesen nehmen sie zwar wahr, empfinden sie<br />

Ni*<br />

4......_,,,,A-<br />

11111111<br />

Wie lebt es sich eigentlich ...<br />

... OHNE LUNGE?<br />

Ein Barbourfrosch wiegt so viel wie drei Stücke Würfelzucker.<br />

Das ist angesichts <strong>der</strong> reißenden Wassermassen, die<br />

er seine Heimat nennt, eine eher schlechte Ausgangssituation.<br />

Irgendwann im Laufe <strong>der</strong> Evolution muss <strong>der</strong> Frosch die<br />

Sache mit dem Auftrieb gedanklich durchdrungen haben. Und<br />

kam zu dem Schluss: Lunge = schlecht. Denn je mehr Luft<br />

sich in seinem Körper befindet, desto leichter treibt er an die<br />

Wasseroberfläche — und wird fortgespült. Statt mit einer Lun-<br />

FOTOS: David Bickford, Herbert Ostwald, Stephen Dalton/NHPA, Photoshot/DPA Picture Alliance (3); Your Photo Today/AlPix;<br />

Konrad Wothe/Getty Images; Andrew 1. Martinez/NatureSource/Agentur Focus: Paul van Hoof/Okapia<br />

-<br />

jedoch nicht als unangenehm. Auch <strong>der</strong> extrem hohe Kohlendioxid-Anteil<br />

in den Höhlengängen, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Tieren<br />

peinigende Verätzungen zufügen würde, macht Nacktmullen<br />

nichts aus. Der Grund: Das Kohlendioxid verätzt sie zwar<br />

auch, aber ihrer Haut fehlt die Substanz P, die an <strong>der</strong><br />

Schmerzwahrnehmung beteiligt ist. So ist in <strong>der</strong> Nacktmull-<br />

Höhle ständige Schaufel-Action gewährleistet. Und Äußerlichkeiten<br />

werden ja bekanntlich überschätzt ...<br />

Barbourfrosch:<br />

GRÖSSE: 4 Zentimeter<br />

LEBENSRAUM: Kalimantan,<br />

<strong>der</strong> indonesische Teil Borneos<br />

ALTER: unbekannt<br />

:Nem -e,ge<br />

ge atmet <strong>der</strong> Frosch daher über unzählige winzige Hautzellen.<br />

Diese geniale Idee könnte er sich patentieren lassen:<br />

Von all den Froscharten, die Forscher weltweit entdeckten,<br />

ist <strong>der</strong> Barbourfrosch bislang die einzige ohne Lunge.<br />

C. RÜTTEN / A. KEßLER / D. TEVES<br />

QUICKLINK !<br />

SCHLAGWORT: 091 ONACKTMLILL<br />

Der schnelle Weg zu vielen weiterfuhrenden Informationen<br />

zum Thema: Einfach das Schlagwort in das entsprechende Feld auf<br />

www.welt<strong>der</strong>wun<strong>der</strong>.de etngeben.<br />

wett <strong>der</strong> wun<strong>der</strong> zu<br />

54K-*


Für sein Buch „The Fighter" unterzieht sich<br />

<strong>der</strong> kanadische Autor Craig Davidson einem<br />

lebensgefährlichen Selbsttest. Jede Woche<br />

injiziert er sich mindestens elf Spritzen mit<br />

illegalen Steroiden. Warum sich Millionen<br />

Menschen trotz tödlicher Risiken mit<br />

Steroiden dopen, wird dem 32-Jährigen<br />

schnell klar: „Es sind die Ergebnisse ..."


Wur-I<strong>der</strong> rTlensch<br />

ER ERSTE<br />

OPING-ATLAS<br />

ES KÖRPERS<br />

Sie zählen zu den gefährlichsten Drogen <strong>der</strong> <strong>Welt</strong>. Ihre Nebenwirkungen<br />

sind mit denen von Heroin, Kokain o<strong>der</strong> Crystal Meth vergleichbar. Sie<br />

verän<strong>der</strong>n das Gehirn, durchlöchern unsere Blutgefäße, manipulieren den<br />

Hormonhaushalt. Doch im Gegensatz zu harten Drogen kann man Doping-<br />

mittel wie EPO, Anabolika o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Steroide über das Internet kaufen ...<br />

Welchen Schaden richtet<br />

das Muskeldo in an?<br />

In wenigen Wochen hat Davidson 16 Kilo<br />

(hauptsächlich Muskelmasse) zugenommen.<br />

Doch schon zwei Wochen nach seinem Selbsttest<br />

fühlt er sich wie ein körperliches Wrack.<br />

Auf <strong>der</strong> Brust haben sich Abszesse gebildet,<br />

die Hoden sind geschrumpft, Angstzustände<br />

und starke Depressionen plagen ihn. Davidson<br />

erlebt jetzt die schweren Nebenwirkungen<br />

eines typischen Muskeldopings.<br />

a An<br />

einem Montagmorgen sticht sich Taylor<br />

Hooton die erste Spritze in den Hintern. Die<br />

Nadel hat einen Durchmesser von 0,8 Millimetern und ist<br />

fast vier Zentimeter lang. Der Inhalt <strong>der</strong> Spritze sieht aus<br />

wie öliger Urin: ein Milliliter Testosteron Enantat — ein syn-<br />

thetisches Steroid, das rund 180 Milligramm reines Tes-<br />

tosteron liefert. Das ist die 18-fache Menge des Testos-<br />

terons, das ein Mann an einem Tag selbst produziert. Die<br />

Nadel geht locker durchs Gewebe. Der 16-Jährige atmet<br />

ein und injiziert die Flüssigkeit tief in den Muskel. Tage zu-<br />

vor hatte ihm sein Trainer gesagt: „Wenn du einen Stamm-<br />

platz im Baseball-Team haben willst, musst du härter trai-<br />

nieren und mehr Muskulatur aufbauen." Mithilfe <strong>der</strong> Ste-<br />

roide maximiert <strong>der</strong> 1,88 Meter große, 81 Kilogramm<br />

schwere Junge seine Muskelmasse daraufhin innerhalb<br />

von zwölf Wochen um 14 Kilogramm. Die Brustmuskeln<br />

sind solide Fleischwülste, seine Rückenmuskeln wölben<br />

sich wie <strong>der</strong> Kopf einer gereizten Kobra. Seine Armmus- ><br />

weit <strong>der</strong> wun<strong>der</strong> 43 9/10


Wie lassen Steroide<br />

die Muskeln wachsen?<br />

Ein Zoom auf die Muskeln zeigt ein Bündel von bis zu 30 Zentimeter<br />

langen Muskelzellen. In diesen Zellen liegt das Geheimnis<br />

des Muskelwachstums: <strong>der</strong> Androgenrezeptor. An dieser biochemischen<br />

Erkennungsstelle können alle synthetischen Steroide<br />

— Wirkstoffe, die dem Geschlechtshormon Testosteron ähneln —<br />

andocken und ein vermehrtes Muskelzellwachstum anregen ...<br />

Steroide sprengen die Grenzen<br />

des Körpers und maximieren<br />

die Muskelmasse um bis<br />

zu 20 Prozent. Die Muskelzellen<br />

(I., rosa) wirken quasi<br />

wie aufgepumpt. Doch schon<br />

eine Woche nach <strong>der</strong> letzten<br />

Steroid-Kur sehen Brüste,<br />

Arme und Schultern aus wie<br />

Luftballons, aus denen die<br />

Luft entwichen ist.


Was macht Blutdoping zur<br />

tödlichen Falle für das Herz?<br />

Das Medikament EPO erhöht die Produktion des im Blut<br />

enthaltenen Sauerstoffträgers Hämoglobin, die Muskeln werden<br />

regelrecht mit Sauerstoff überflutet. Die Folge: mehr Ausdauer.<br />

Gleichzeitig verlangsamt die vermehrte Zahl <strong>der</strong> Blutkörperchen<br />

aber die Fließgeschwindigkeit des Blutes. Dadurch gerinnt es<br />

leichter, die Gefahr tödlicher Blutpfropfen steigt dramatisch.<br />

ANATOMIE EINES<br />

EPO-HERZTODES<br />

Wenn sich solch ein Blutpfropfen<br />

löst, besteht Lebensgefahr.<br />

Vom Blutstrom fortgerissen,<br />

wan<strong>der</strong>t er nicht selten durch<br />

die Blutgefäße bis hin zum<br />

Herzen. Durchdringt er eine<br />

<strong>der</strong> beiden Herzkammern und<br />

verstopft eine Arterie, trocknet<br />

das Pumpwerk aus, es kommt<br />

zum Infarkt (Foto I.).<br />

kein sind so angeschwollen, dass die Ärmel seines Base-<br />

ball-Shirts fast zu eng sind, als er am Anfang <strong>der</strong> Saison<br />

in <strong>der</strong> Startformation <strong>der</strong> Piano West Wolves steht. Taylor<br />

hat es geschafft - und setzt das Enantat ab. Mit fatalen<br />

Folgen: Am Morgen des 15. Juli 2003 finden seine Eltern<br />

ihn tot in seinem Zimmer, erhängt mit einem Gürtel.<br />

WIE MANIPULIEREN STEROIDE MEIN GEHIRN?<br />

Was an jenem Vormittag in Texas passierte, ist sicherlich<br />

ein beson<strong>der</strong>s krasser Fall. Fakt ist aber auch, dass allein<br />

in Deutschland etwa 30 Prozent <strong>der</strong> Hobby-Athleten Sub-<br />

stanzen konsumieren, die auf <strong>der</strong> Dopingliste stehen. Das<br />

entspricht etwa <strong>der</strong> Einwohnerzahl Berlins - vollgepumpt<br />

mit Steroiden, Aufputschmitteln o<strong>der</strong> EPO. Und die Prä-<br />

parate werden immer gefährlicher. „Mittlerweile gibt es ei-<br />

ne Vielzahl anaboler Steroide in Tablettenform", sagt Har-<br />

rison Pope, Professor für Psychiatrie an <strong>der</strong> Harvard Me-<br />

dical School. „Dadurch ist die Hemmschwelle, sich selbst<br />

zu dopen, stark gesunken." Was viele nicht wissen: Ana-<br />

bolika hinterlassen schon nach kurzer Zeit ein Schlacht-<br />

feld im Inneren des Körpers - und die Zerstörungen sind<br />

noch Jahre später zu sehen ...<br />

Justin drückt den Kolben <strong>der</strong> Spritze herunter. Über die<br />

Vene flutet ein Milliliter Testosteron Enantat wie ein Tsu-<br />

nami das Zentralnervensystem. Glückshormone wie Do-<br />

pamin und Serotonin werden daraufhin ausgeschüttet,<br />

und <strong>der</strong> 20-Jährige erlebt einen massiven Aktivitätsschub.<br />

Grund dafür ist die extreme Fettlöslichkeit <strong>der</strong> Steroide.<br />

„Je fettlöslicher ein Wirkstoff ist, desto schneller kann er<br />

die Blut-Hirn-Schranke überwinden", sagt Pope. Nach nur<br />

wenigen Minuten fühlt sich <strong>der</strong> Junge topfit. Statt 70 Ki-<br />

lo stemmt er heute 85 Kilo auf <strong>der</strong> Hantelbank. Die hohe<br />

Fettlöslichkeit von anabolen Steroiden hat jedoch noch<br />

einen weiteren Effekt. Der Körper braucht mehrere Tage,<br />

um die Giftstoffe abzubauen. In diesem Zeitraum schädi-<br />

gen die Steroide aber auch lebenswichtige Organe. Die<br />

Zellwände von Leber und Nieren werden zerstört. Zudem<br />

kommt es durch den Abbau <strong>der</strong> Giftstoffe zu Magen- und<br />

Darmstörungen. Und schon nach wenigen Monaten bil-<br />

den sich gefährliche Ablagerungen in den Blutgefäßen,<br />

die noch Jahre später zum Herzinfarkt führen können.<br />

Doch nicht nur die Infarktgefahr wächst, son<strong>der</strong>n auch<br />

das Risiko schwerer Hirnstoffwechselstörungen. „Werden<br />

die Steroide abgesetzt, bleibt auch die Ausschüttung <strong>der</strong><br />

aufputschenden Botenstoffe aus. Der Serotoninspiegel<br />

sinkt, Depressionen, Angstzustände und eine erhöhte<br />

Selbstmordgefährdung sind die Folge", sagt Pope. Er<br />

nennt dieses Phänomen „Bodybuil<strong>der</strong>-Psychose".<br />

Durch seine wissenschaftliche Arbeit und Obduktionsbe-<br />

richte von Psychologen und Ärzten lässt sich jetzt zum<br />

ersten Mal <strong>der</strong> Weg von anabolen Steroiden wie Enantat<br />

durch den Körper genau verfolgen - und es wird deutlich,<br />

wie gravierend ihre Wirkungen sein können. „Anabolika<br />

sind wie giftige Kampfstoffe", sagt Pope. „Sie führen ei-<br />

weit <strong>der</strong> Wun<strong>der</strong> 45 9/10


Treibt Ephedrin das Herz<br />

in die Enge?<br />

Ephedrin ist eines <strong>der</strong> stärksten Aufputschmittel auf dem Doping-<br />

Markt. Sein Wirkstoff Ephedrinhydrochlorid dockt vor allem an den<br />

alpha1-Rezeptoren <strong>der</strong> Blutgefäße an. Dadurch verengen sich die<br />

Gefäße, die Blutzirkulation wird gesteigert (u.: Kapillargefäß). Die<br />

Folge ist eine massive Erhöhung <strong>der</strong> motorischen Aktivität und <strong>der</strong><br />

Risikobereitschaft. Bei einer Überdosis von etwa 100 Milligramm<br />

pro Tag droht <strong>der</strong> Herzschlag ...<br />

Durch die künstlich geschaffene<br />

Krisensituation arbeitet <strong>der</strong> Körper<br />

im roten Drehzahlbereich.<br />

Was beim Sport die Leistung erhöht,<br />

führt in <strong>der</strong> Nacht aber an<br />

die Grenze zum Tod: Im Schlaf<br />

schalten mit Ephedrin gedopte<br />

Herzen auf Leerlauf — auf 35<br />

Schläge pro Minute und weniger.<br />

Kommt die Pumpe aus dem Takt,<br />

droht <strong>der</strong> Infarkt.<br />

ne Art chemischen Krieg auf dem Schlachtfeld Körper."<br />

Bei ihrem Feldzug durch den Menschen manipulieren die<br />

anabolen Steroide nicht nur das Gehirn, sie zerstören auch<br />

den gesamten Hormonhaushalt bis hin zur Kastration.<br />

Denn Anabolika blockieren die körpereigene Testosteron-<br />

produktion. „Für gewöhnlich bewegt sich an <strong>der</strong> Testos-<br />

teronfront in unserem Körper nichts ohne ein Signal vom<br />

Hypothalamus", sagt <strong>der</strong> Münchener Doping-Forscher<br />

Luitpold Kistler, <strong>der</strong> mehrere Anabolika-Tote obduziert hat.<br />

„Er ist sozusagen die Schaltzentrale <strong>der</strong> Hormonproduk-<br />

tion im Gehirn und misst ständig das Testosteron im Blut."<br />

Ist <strong>der</strong> Spiegel zu niedrig, benachrichtigt <strong>der</strong> Hypothala-<br />

mus die Hoden — mit einer täglichen Abgabe von sechs<br />

bis zehn Milligramm <strong>der</strong> Hauptproduktionsort —, die Pro-<br />

duktion zu verstärken. Steroid-Konsumenten dagegen ha-<br />

ben ständig einen fast 20-mal so hohen Testosteronspie-<br />

gel im Blut. Der erhöhte Spiegel und die dadurch andau-<br />

ernde Signal-Blockade treibt den Hypothalamus in den<br />

Selbstmord. Die Folge ist eine sogenannte Hodenatro-<br />

phie. Dabei sind einer o<strong>der</strong> beide Hoden so stark verklei-<br />

nert, dass sie in <strong>der</strong> Regel keine Funktion mehr zeigen.<br />

Doch das ist nicht einmal die größte Schneise <strong>der</strong> Ver-<br />

wüstung, die die Anabolika-Armee hinterlässt. In fünf Stu-<br />

dien wird <strong>der</strong> Abbau in <strong>der</strong> Leber als lebensgefährlich be-<br />

schrieben. Zudem hat sich <strong>der</strong> Wirkstoff in den vergan- ><br />

,gdo 46 wett <strong>der</strong> wun<strong>der</strong><br />

Zerfrisst ein einziges<br />

Methyltestosteron gehört zu den wenigen Steroidpräparaten, die<br />

in Tablettenform eingenommen werden. Nicht nur die Einnahme<br />

fällt leichter, auch Muskelmasse- und Kraftzuwachs verstärken<br />

sich schon nach vier Wochen enorm. Doch im Vergleich zu<br />

injizierbaren Präparaten führen seine Nebenwirkungen noch<br />

schneller zu Organschäden, weil sie das Verdauungssystem urul<br />

die Leber passieren müssen. Bereits 100 Milligramm können<br />

das gesamte Entgiftungssystem im Körper kollabieren lassen ...<br />

Die Leber eines Methyltestosteron-Konsumenten<br />

gleicht einem Schlachtfeld.<br />

Schuld daran sind 17-alphaalkylierte<br />

Steroide. Diese aggressive<br />

Form des Wirkstoffs<br />

lässt die entgiftenden Leber-<br />

Enzyme mutieren. Dabei<br />

entstehen mit Blut gefüllte<br />

Blasen, Tumoren, Krebs<br />

(Grafik, links, rot).


Toxische Steroide wie Methyltestosteron<br />

greifen nicht<br />

nur die Leber an, son<strong>der</strong>n<br />

das ganze Organsystem.<br />

Schon bei geringen Dosen<br />

von 25 Milligramm pro Tag<br />

entzündet sich die Magenschleimhaut<br />

(Gra-<br />

fik, rechts), es kommt<br />

zu Darmstörungen bis hin<br />

zum Darmverschluss.


Enantat ist eines <strong>der</strong> stärksten synthetischen Steroide. Doch es<br />

lässt nicht nur die Muskeln wachsen. Enantat heftet sich auch an<br />

die Rezeptoren in <strong>der</strong> Unterhaut (Subcutis), die das Wachstum <strong>der</strong><br />

Talgdrüsen stimulieren. Die Folge: Blutige, schmerzende Beulen ent-<br />

stehen — die sogenannte Steroidakne, die schwerste Form <strong>der</strong> Akne.<br />

Bereits bei einer Einstiegseinnahmemenge<br />

von 50 Milligramm<br />

Enanthat pro Tag<br />

kommt es nach wenigen<br />

Wochen zu starken und tiefgehenden<br />

Entzündungen. Abszesse<br />

bilden sich, die Haut<br />

platzt auf (Foto). Tiefe Narben<br />

sind die Folge, die in <strong>der</strong> Regel<br />

ein Leben lang bleiben.<br />

Kann ein Hormon<br />

den Körper vergiften?<br />

Die Hoden produzieren täglich 6 bis 10 Milligramm Testosteron. Ist<br />

<strong>der</strong> Spiegel zu niedrig, aktiviert <strong>der</strong> Hypothalamus, die Schaltzentrale<br />

<strong>der</strong> Hormonproduktion, die Hodenzellen. Die Produktion wird ver-<br />

stärkt. Regelmäßiges „Testo-Doping" zerstört allerdings die körper-<br />

eigene Produktion. Zurück bleibt ein komplett verän<strong>der</strong>ter Hormon-<br />

haushalt, <strong>der</strong> Körper gleicht einem vergifteten See.<br />

Das andauernde Doping mit synthetischem<br />

Testosteron führt zur<br />

falschen Rückmeldung an den Hypothalamus:<br />

„Die Hoden produzieren<br />

zu viel Testosteron." Folge:<br />

Die Entsendung <strong>der</strong> hodenstimulierenden<br />

Stoffe wird gestoppt und<br />

damit nicht nur die Testosteron-,<br />

son<strong>der</strong>n auch die Spermienproduktion<br />

(I.) komplett eingestellt.


Kann Amphetamin<br />

das Gehirn zerstören?<br />

Das Aufputschmittel wird häufig über die Nasenscheidewand aufgenommen, be-<br />

seitigt Müdigkeit und steigert kurzfristig die Leistungsfähigkeit. Innerhalb von<br />

zwei bis drei Minuten wirkt es im Gehirn. Denn sein Wirkstoff alpha-Methylphenethylamin<br />

gehört zu den wenigen Substanzen, die in <strong>der</strong> Lage sind, die<br />

Blut-Hirn-Schranke zu passieren. Das ist <strong>der</strong> interne Schutzwall, <strong>der</strong> das<br />

Gehirn vor im Blut zirkulierenden Toxinen schützen soll.<br />

Von einer Sekunde zur nächsten<br />

dringt das giftige alpha-Methylphenethylamin<br />

in das Gehirn ein. Bei<br />

einer Überdosierung von etwa 200<br />

Milligramm überflutet es geradezu<br />

die Gefäße, was zu einem tödlichen<br />

Hirnödem führen kann (Grafik links).<br />

In diesem Fall bersten die Zellwände<br />

in den Kapillargefäßen und verlieren<br />

Flüssigkeit (Grafik rechts).<br />

genen 50 Jahren verän<strong>der</strong>t, ist wirksamer und aggressi-<br />

ver geworden. Bereits eine Tagesdosis von 100 Milligramm<br />

des stärksten synthetischen Testosterons kann heute zu<br />

dauerhaften Schäden führen. Denn die 1 7-alpha-alkylier-<br />

ten Steroide in den anabolen Präparaten wandeln die ent-<br />

giftenden Leber-Enzyme in körperfremde Substanzen um,<br />

die die Leber angreifen. Im schlimmsten Fall gleicht die<br />

Leber schon nach acht VVochen einer Kraterlandschaft<br />

voller Tumoren und mit Blut gefüllter Zysten, die nur<br />

schwer zu behandeln sind.<br />

Haben sich die anabolen Kampfeinheiten aber erst ein-<br />

mal im Blutkreislauf verschanzt, dringen sie auch schnell<br />

bis zum Herzen durch. Dann gibt es kaum noch eine<br />

Chance auf Heilung ...<br />

FRESSEN ANABOLE STEROIDE<br />

DAS HERZ VON INNEN AUF?<br />

Ähnlich wie das Blutdoping-Präparat EPO kurbeln Ana-<br />

bolika die Herstellung <strong>der</strong> roten Blutkörperchen, <strong>der</strong> Ery-<br />

throzyten, an. Diese binden Sauerstoff im Blut. Und je<br />

mehr rote Blutkörperchen, desto mehr Sauerstoff gelangt<br />

ins Blut und desto größer ist die Leistungsfähigkeit des<br />

Körpers. „Dann fließt in den A<strong>der</strong>n Superbenzin statt Nor-<br />

mal", sagt <strong>der</strong> US-Kardiologe Dr. Lawrence Santora. Durch<br />

die vermehrte Zahl roter Blutkörperchen steigt aber auch<br />

<strong>der</strong> Hämatokrit massiv an. Das ist <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> zellulä-<br />

ren Bestandteile am Blutvolumen. Zudem senken die Ste-<br />

110'<br />

roide den HDL-Wert im Blut ab. „Dieses gute Cholesterin<br />

schützt das Herz-Kreislauf-System vor Erkrankungen",<br />

sagt Santora. Beson<strong>der</strong>s fatal: Anabolika lassen gleich-<br />

zeitig den Spiegel des schlechten Cholesterins, des LDL,<br />

ansteigen. Die Folge: Das Blut wird dickflüssiger und kann<br />

leichter gerinnen. Dadurch kann es schon nach wenigen<br />

Monaten zu klumpenartigen Verdickungen kommen, wel-<br />

che die Gefäße verengen und den Blutstrom stören. „Die<br />

größte Gefahr für einen Infarkt besteht dann, wenn sich<br />

Teile dieser Klumpen ablösen und die Arterien verstop-<br />

fen", sagt Santora. Ein Schaden, <strong>der</strong> oft zum Tode führt.<br />

Im Herbst 2006 veröffentlichte <strong>der</strong> Kardiologe Santora die<br />

erste Beobachtungsstudie über anabole Steroide und<br />

Herzerkrankungen. Er untersuchte 14 Bodybuil<strong>der</strong> zwi-<br />

schen 30 und 55, die durchschnittlich zwölf Jahre Anabo-<br />

lika genommen hatten. „Eine aussagekräftige Anzahl hat-<br />

te schon in jungen Jahren, mit Anfang 30, starke Ablage-<br />

rungen. Hierbei handelte es sich um die Art von Plaque,<br />

die man sonst nur bei jemandem mit 80 finden würde."<br />

Deutliche VVorte. Fakt ist: Jede Pille, jede Ampulle, jedes<br />

Milligramm Anabolika kann zu einer tickenden Zeitbom-<br />

be in unserem Körper werden ... CHRISTIAN BAHR<br />

Lf_BENSGEFAHR ANABOLIKA<br />

www.drug-infopool.de/rauschnlitte,a,,,üuilka.html<br />

- INFORMATIONEN RUND UMS THEMA DOPIN6<br />

www.nada-bonn.de; wts ,<br />

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SCHWARZE NARBEN<br />

Immer tiefer durchziehen Flüsse und Seen die<br />

weiße Eisdecke Grönlands. Am Grund lagern<br />

sich schwarze Rußpartikel ab. Das sogenannte<br />

Kryokonit stammt aus den Kraftwerken Europas<br />

und Amerikas, wird vom Wind nach Grönland<br />

transportiert und lässt durch seine größere<br />

Wärmeabsorption die Oberflächentemperaturen<br />

auf <strong>der</strong> Insel noch schneller ansteigen.<br />

-e


WAS KOMMT,<br />

WENN DAS EIS GEHT?<br />

Nirgendwo sonst auf <strong>der</strong> <strong>Welt</strong> schmelzen die Gletscher<br />

schneller als auf Grönland. Aber was bedeutet das für den<br />

Rest des Planeten? Kann eine einzige Insel das Klima <strong>der</strong><br />

gesamten Erde verän<strong>der</strong>n? Und welche Geheimnisse<br />

verbergen sich unter dem drei Kilometer dicken Eispanzer?<br />

Das Donnern ist noch in mehreren Kilometern<br />

Entfernung zu hören. Minutenlang.<br />

Wie an jedem Tag auf Grönland. Und den-<br />

noch ist diesmal alles an<strong>der</strong>s. Es sind die Dimensionen<br />

des abbrechenden Eisbergs am Petermann-Gletscher,<br />

die am 5. August 2010 sowohl die Wissenschaftler vor<br />

Ort als auch die NASA-Forscher in 3000 Kilometern Ent-<br />

fernung in ungläubiges Staunen versetzen: Mehr als 20<br />

Milliarden Tonnen schwer, bis zu 200 Meter dick und mit<br />

einer Fläche viermal so groß wie Manhattan — nie zuvor<br />

dokumentierten Satellitenbil<strong>der</strong> ein größeres „Kalb", wie<br />

Arktisforscher die abbrechenden Eisberge <strong>der</strong> Gletscher<br />

nennen. Und dennoch: „Es ist nur ein kleiner Vorge-<br />

schmack auf das, was uns in den nächsten Jahren er-<br />

wartet", sagt <strong>der</strong> deutsche Arktisforscher Konrad Stef-<br />

fen. „Der schmelzende Eispanzer Grönlands bringt nicht<br />

nur eine <strong>Welt</strong> mit Wiesen, Bergen und Seen zum Vor-<br />

schein, son<strong>der</strong>n wird das Klima auf <strong>der</strong> ganzen Erde ver-<br />

än<strong>der</strong>n — und das nicht erst, wie bisher angenommen,<br />

in 200 o<strong>der</strong> 300 Jahren ..."<br />

welt <strong>der</strong> wun<strong>der</strong> 51 9/10


IST GRÖNLAND DAS GEHEIME KLIMALABOR<br />

DER ERDE?<br />

Mit einer Fläche sechsmal so groß wie Deutschland ist<br />

Grönland die mit Abstand größte Insel <strong>der</strong> <strong>Welt</strong> - und<br />

dennoch nahezu unbewohnt. Grund: 80 Prozent <strong>der</strong><br />

Insel liegen unter einem bis zu drei Kilometer dicken<br />

Eispanzer. Damit verfügt Grönland über acht Prozent<br />

des gesamten Süßwasservorrats <strong>der</strong> Erde. Noch. Denn<br />

mittlerweile verliert die Insel jedes Jahr mehr als 150<br />

Milliarden Tonnen Eis - so viel, wie in den gesamten<br />

Alpen vorhanden ist. Dabei ist Grönland eine Art Seis-<br />

mograf <strong>der</strong> Erde. Was hier in den nächsten zehn Jah-<br />

ren passiert, beantwortet die Frage, wie sich die Erde<br />

in den nächsten 100 Jahren entwickeln wird. Das Pro-<br />

blem: „Irgendetwas läuft hier verdammt falsch", sagt<br />

<strong>der</strong> Arktisforscher Steffen.<br />

Eigentlich war er 1990 nach Grönland gekommen, um<br />

die Wechselwirkungen von Eis und Atmosphäre zu<br />

analysieren. Wenige Jahre nachdem er die Eisstation<br />

Swiss Camp im Süden <strong>der</strong> Insel gegründet hatte, be-<br />

merkte er jedoch, dass die Temperaturen an <strong>der</strong> Eis-<br />

oberfläche immer schneller anstiegen. Als <strong>der</strong> Forscher<br />

schließlich die Daten über einen Zeitraum von zehn<br />

Jahren verglich, stockte ihm <strong>der</strong> Atem. Steffen glaub-<br />

allaw<br />

.11■111e. - '.3 11111111111e 1.<br />

DIE GEBURT EINER<br />

NEUEN WELT<br />

Grönland verliert pro Jahr so viel Eis, wie in<br />

den Alpen vorhanden ist. Zum Vorschein kommen<br />

bizarre <strong>Welt</strong>en wie <strong>der</strong> „Red Fjord" (Foto).<br />

Aufgrund von Sedimentablagerungen des<br />

sogenannten Blutstein-Minerals leuchtet <strong>der</strong><br />

Fjord vor den weißen Eisbergen dunkelrot.<br />

«.<br />

te zunächst an einen Fehler und zögerte mit <strong>der</strong> Ver-<br />

öffentlichung <strong>der</strong> Zahlen. Doch auch nach mehreren<br />

Überprüfungen blieben die Ergebnisse unverän<strong>der</strong>t:<br />

„Allein in den vergangenen zehn Jahren ist die durch-<br />

schnittliche Oberflächentemperatur auf Grönland um<br />

3,8 Grad Celsius gestiegen", erklärt er. Zum Vergleich:<br />

<strong>Welt</strong>weit sind die Temperaturen in den vergangenen<br />

100 Jahren durchschnittlich um 0,7 Grad Celsius ge-<br />

stiegen.<br />

Aber auch ohne Messgeräte ist <strong>der</strong> extreme Tempera-<br />

turanstieg überall auf <strong>der</strong> Insel sichtbar: Im Sommer<br />

entstehen immer größere Wiesen, viele Ureinwohner<br />

bauen mittlerweile Kartoffeln auf Fel<strong>der</strong>n an - Land-<br />

wirtschaft, die vor wenigen Jahren noch undenkbar<br />

war. Zwischen den Eisdecken und Fel<strong>der</strong>n durchzie-<br />

hen türkisblaue Flüsse und gigantische Seen die Land-<br />

schaft; die massiven Gebirgszüge werden nur noch<br />

selten vom Eispanzer zugedeckt. Sogar die Messtür-<br />

me, die vor ein paar Jahren beim Swiss Camp vier Me-<br />

ter tief in das Eis gerammt wurden, verlieren an Halt<br />

und drohen umzukippen. Immer häufiger registrieren >


WANDERNDE MASSEN<br />

Allgemein gilt: je mehr Masse,<br />

desto mehr Gravitation (roter<br />

Bereich. Abbildung unten). Die<br />

Eisschmelze Grönlands wird<br />

daher nicht nur den Meeresspiegel<br />

erhöhen, son<strong>der</strong>n hat auch<br />

Auswirkungen auf die Erdanziehungskraft.<br />

So fanden NASA-<br />

Forscher heraus, dass durch<br />

das Abschmelzen des dicken<br />

Eispanzers (links) eine extreme<br />

Massenverschiebung stattfindet<br />

und so die Schwerkraft über<br />

<strong>der</strong> Insel nachlässt.<br />

40.<br />

Ue, ..vurIC3111, 53 9/10


Seismografen zudem sogenannte Eisbeben, ausgelöst<br />

von kalbenden Gletschern. Weniger Eis bedeutet jedoch<br />

auch weniger Gewicht: So schätzen Geologen, dass<br />

Grönland 600 Meter höher liegen wird, sobald <strong>der</strong> Eis-<br />

panzer vollständig geschmolzen ist. „Befreit von dem<br />

Gewicht des Eises, wird die Insel in die Höhe wachsen,<br />

und ein völlig neuer Lebensraum wird entstehen", sagt<br />

Steffen. Gleichzeitig gilt: Je höher Grönland aus dem<br />

Wasser ragen wird, desto mehr Regionen auf <strong>der</strong> <strong>Welt</strong><br />

werden überflutet ...<br />

STAUT SICH EIN MEGA-SEE UNTER<br />

DEM EISPANZER?<br />

Beson<strong>der</strong>s die Geschwindigkeit, mit <strong>der</strong> das Eis schmilzt,<br />

machte den NASA-Klimatologen Jay Zwally jedoch stut-<br />

zig. So viel Eis, wie hier jeden Tag in das kalte Polarmeer<br />

stürzt — das konnte unmöglich ausschließlich von den<br />

steigenden Temperaturen ausgelöst werden. Zusammen<br />

mit seinem Kollegen Steffen installierte <strong>der</strong> Wissen-<br />

schaftler Dutzende Messgeräte in <strong>der</strong> Eisdecke, verglich<br />

Satellitenbil<strong>der</strong>, Bodenradar- und GPS-Daten miteinan-<br />

<strong>der</strong> und entdeckte ein zweites Phänomen: den soge-<br />

nannten Dynamic Response Factor (DR-Faktor, siehe<br />

rechts). „Dabei frisst sich das Schmelzwasser <strong>der</strong> Ober-<br />

fläche durch den bis zu drei Kilometer dicken Eispan-<br />

WP«,<br />

WEITE WEGE<br />

Mit dem schmelzenden Eis auf Grönland wird auch das<br />

Jagdrevier <strong>der</strong> Eisbären immer kleiner. Die Tiere müssen<br />

immer weitere Strecken zurücklegen. um Beute machen<br />

zu können. Vor zwei Jahren wurde ein Eisbär auf Island.<br />

500 Kilometer von seiner Heimat entfernt, erschossen.<br />

9/10 54 weit <strong>der</strong> wun<strong>der</strong><br />

zer", erklärt Zwally. Tatsächlich durchziehen mittlerwei-<br />

le Tausende Meter dicke Schächte und Rinnen die Eis-<br />

decke Grönlands und bilden unter dem Eis einen gigan-<br />

tischen See. Erst dieses Phänomen ermöglicht es den<br />

massiven Eisschichten wie dem Petermann-Gletscher,<br />

so schnell vom Land ins kalte Polarmeer zu gleiten.<br />

Wer wissen will, wie sich das Abschmelzen <strong>der</strong> Eisde-<br />

cke auf die Landschaft in Grönland genau auswirkt, <strong>der</strong><br />

steigt am besten am Swiss Camp in einen Hubschrau-<br />

ber und fliegt über die Insel. Während die Satellitenbil-<br />

<strong>der</strong> noch eine weiße Eiswüste zeigen, erkennt man bei<br />

näherem Hinsehen große schwarze Flecken. „Das<br />

kommt vom Kryokonit", erklärt <strong>der</strong> Geophysiker Marco<br />

Tedesco. Kryokonit ist ein Sediment, das <strong>der</strong> Wind über<br />

das Eis weht. Es besteht aus Mineralstaub, <strong>der</strong> um die<br />

halbe <strong>Welt</strong> herantransportiert wird, sogar aus asiatischen<br />

Wüsten, aber auch aus Teilchen von Vulkanausbrüchen.<br />

Und aus Ruß. Quelle dieser Rußpartikel sind Feuer, Die-<br />

selmotoren und Kohlekraftwerke.<br />

Die dunkle Farbe des abgelagerten Rußes bewirkt<br />

schließlich, dass das Eis darunter weniger Sonnenlicht<br />

reflektiert. Folge: Es nimmt mehr Wärme auf — und<br />

schmilzt noch schneller. Ein Teufelskreis, denn in den<br />

entstehenden Kryokonitlöchern lagert sich bevorzugt<br />

neuer Staub ab — ein sich selbst verstärken<strong>der</strong> Effekt. ><br />

yr<br />

„mem-


Eiskappe<br />

.-r<br />

Gletschersee<br />

mit<br />

Sthachteingang<br />

Gletscherrinne<br />

Schmelzwassersee<br />

unter dem Eis<br />

Felsuntergrund<br />

ji» Kryokonitlöcher<br />

Grönlands Ground Zero<br />

Der Eispanzer Grönlands hat eine Linsenform, ist an den Rän<strong>der</strong>n wenige Hun<strong>der</strong>t Meter und im<br />

Zentrum bis zu drei Kilometer dick. Die Eisfläche bedeckt 80 Prozent <strong>der</strong> Insel und ist mehr als<br />

1,7 Millionen Quadratkilometer groß. Unter <strong>der</strong> Eisschicht liegt ein gewaltiges Felsplateau. Je mehr<br />

Schmelzwasser sich hier sammelt, desto eher rutschen Eisberge vom Festland ins Polarmeer.<br />

GRÖNLAND<br />

Der DR-Faktor<br />

Die Forscher bezeichnen es als „Dynamic Re-<br />

sponse Factor": Das Kryokonit absorbiert die<br />

Wärme <strong>der</strong> Sonne und bringt das Eis darunter<br />

zum Schmelzen. Folge: Das Wasser beginnt<br />

den Eispanzer förmlich zu durchfressen ...<br />

WÄRMESPEICHER<br />

Die schwarzen Rußpartikel, die im<br />

Eis abgelagert sind, absorbieren die<br />

Sonnenstrahlen.<br />

DAMMBRUCH<br />

Das Eis beginnt zu schmelzen, sammelt<br />

sich in einem See und bricht<br />

nach unten durch die Eisdecke.<br />

WASSERSCHACHT<br />

Eine kilometerlange Wasserrinne<br />

entsteht. Das Schmelzwasser läuft<br />

nach unten und sammelt sich<br />

dort in einem riesigen See.<br />

GLEITSCHICHT<br />

Wie ein Surfer auf einer Welle beginnt<br />

das Eis auf dem See hinwegzugleiten<br />

und bricht schließlich an<br />

den Rän<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Insel ins Polarmeer.<br />

IN EINEM LAND VOR UNSERER ZEIT<br />

Ein eisdurchdringen<strong>der</strong> Radar zeigt, was sich unter<br />

dem Eispanzer verbirgt: eine Felslandschaft mit gigantischen<br />

Seen und Flüssen. Es ist genau die Landschaft,<br />

die bis vor 115000 Jahren das Bild von Grönland geprägt<br />

hat — bevor sich <strong>der</strong> Eispanzer bildete. Eine prä-<br />

historische Landschaft, die jetzt erforscht werden kann.<br />

Szenarien für das Jahr 2100<br />

Wie schnell die Temperaturen steigen, ist um-<br />

stritten. Voraussichtlich werden 2100 auf<br />

Grönland mindestens 20 Prozent <strong>der</strong> Eisflä-<br />

che geschmolzen sein.<br />

Grönlands Eisdecke<br />

bei einem<br />

Temperaturanstieg<br />

von 2,5 Grad.<br />

Grönlands Eisdecke<br />

bei einem<br />

Temperaturanstieg<br />

von 5 Grad.<br />

Je mehr Eis schmilzt und in die kalten<br />

Polarmeere abläuft, desto weniger<br />

Gewicht liegt auf dem Felsplateau<br />

Grönlands.<br />

Je weniger Gewicht, desto höher steigt<br />

<strong>der</strong> felsige Untergrund. Folge: Wenn das<br />

Eis vollständig verschwunden ist, liegt<br />

Grönland 600 Meter höher als heute.


-<br />

DER SCHNELLSTE KLIMAWANDEL DER WELT<br />

Immer mehr Einwohner Grönlands bauen ihr eigenes Gemüse an.<br />

Schon bald müssen Kartoffeln und Brokkoli nicht mehr<br />

importiert werden. In den nächsten Jahren, glauben Experten,<br />

wird die Land- und Forstwirtschaft den Fischfang als<br />

Lebensgrundlage <strong>der</strong> Inuit ablösen.<br />

3<br />

Auch in den immer größer werdenden Schmelzwasser-<br />

seen setzt sich Kryokonit ab. An einem Tag noch auf dem<br />

Gewässergrund liegend, können die schwarzen Sedi-<br />

mente innerhalb weniger Stunden das Einzige sein, was<br />

von dem türkisblauen See noch übrig bleibt. So konnte<br />

2006 ein Team von amerikanischen Gletscherforschern<br />

beobachten, wie ein fünf Quadratkilometer großer Glet-<br />

schersee einfach auslief: 40 Millionen Kubikmeter Was-<br />

ser verschwanden innerhalb von 84 Minuten in einem<br />

Schmelzwasserschacht, <strong>der</strong> sich unterhalb des Sees ge-<br />

bildet hatte — schneller, als das Wasser über die Niaga-<br />

rafälle stürzen würde.<br />

KANN EINE INSEL DIE WELT<br />

VERÄNDERN?<br />

Bisher gingen pessimistische Klimatologen davon aus,<br />

dass Grönlands schmelzende Eismassen den Meeres-<br />

spiegel in den kommenden 90 Jahren weltweit um bis<br />

zu 20 Zentimeter ansteigen lassen könnten. Nach den<br />

Daten des Swiss Camps von Konrad Steffen sind jedoch<br />

selbst diese Prognosen sehr optimistisch: „Wenn die<br />

Entwicklung sich fortsetzt, wird <strong>der</strong> Meeresspiegel im<br />

Jahr 2100 auf <strong>der</strong> ganzen <strong>Welt</strong> einen Meter höher liegen<br />

als heute." Folge: Nicht nur Inseln wie die Malediven,<br />

Polynesien und Sylt wären dann fast vollständig vom<br />

Wasser verschluckt, son<strong>der</strong>n auch große Küstenab-<br />

schnitte Asiens und Europas wären im Meer verschwun-<br />

den. Hun<strong>der</strong>te Millionen Menschen würden zu Flüchtlin-<br />

gen werden. Dabei werden 2100 voraussichtlich gerade


einmal 20 Prozent von Grönlands Eisfläche geschmol-<br />

zen sein. Was würde dann erst passieren, wenn das ge-<br />

samte Eis auf <strong>der</strong> Insel weg und <strong>der</strong> Meeresspiegel welt-<br />

weit um sieben Meter gestiegen wäre?<br />

Und damit nicht genug. Was manche Wissenschaftler in<br />

ihre Klimaprognosen nicht mit einbeziehen: Die kalten<br />

Süßwassermassen von Grönlands Gletschern sind so-<br />

gar in <strong>der</strong> Lage, den Golfstrom, <strong>der</strong> das gesamte Klima<br />

<strong>der</strong> nördlichen Hemisphäre reguliert, zu beeinflussen. So<br />

sorgt das eisige Gletscherwasser bereits heute dafür,<br />

dass <strong>der</strong> Golfstrom immer langsamer wird. Sollte dieser<br />

Trend anhalten und <strong>der</strong> wichtigste Wärmestrom <strong>der</strong> Er-<br />

de tatsächlich vollständig zum Erliegen kommen, müs-<br />

sen sich nicht nur die Küstenbewohner, son<strong>der</strong>n auch<br />

die Menschen in München, Madrid und Moskau Sorgen<br />

machen. Denn dann könnte es - paradoxerweise - zu<br />

einer neuen Eiszeit kommen. Ein Effekt, <strong>der</strong> bereits in<br />

dem Film „The Day After Tomorrow" effektvoll dargestellt<br />

wird. wenn auch in einer etwas überzogenen Form. Und<br />

so hängt die Zukunft des Planeten vor allem von einer<br />

einzigen Insel ab - unglücklicherweise ausgerechnet von<br />

<strong>der</strong>, die sich mit am schnellsten verän<strong>der</strong>t ...<br />

HANNES WELLMANN<br />

DOKUMENTATION UBER GLETSCHER<br />

-<br />

SCHLAGWORT: 0910EISZEIT<br />

QUICKLINK !<br />

Der schnelle Weg zu vielen weiterführenden Informationen<br />

zum Thema: Einfach das Schlagwort in das entsprechende Feld auf<br />

www.welt<strong>der</strong>wun<strong>der</strong>.de eingeben.<br />

Arc hiv RLB<br />

EXPEDITION z<br />

den EISBÄREN<br />

Arktis<br />

Pr!ukt<br />

AM.<br />

Das WICK Blau Arktis-<br />

Projekt unterstützt den<br />

WWF bei seinem Engagement<br />

zum Schutz<br />

<strong>der</strong> Eisbären. Weitere<br />

Infos: www.wwf.wick.de<br />

Einmalige Cha<br />

Ein<br />

vielt-<strong>der</strong>-wun<strong>der</strong>-Leser<br />

'auf einen nvergesslichen Trip in die Arktis<br />

ie schwimmen 100 Kilometer<br />

weit, schaffen auf<br />

glattem Eis Tempo 40. trotzen<br />

arktischen Stürmen und Temperaturen<br />

von mehr als 50<br />

Grad minus - Eisbären sind<br />

faszinierende Wun<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Natur. Doch <strong>der</strong> Klimawandel<br />

bedroht ihren Lebensraum, die<br />

Arktis: Im eisigen Norden hat<br />

sich in den letzten Jahren die<br />

Durchschnittstemperatur mehr<br />

als doppelt so schnell erhöht<br />

wie im Rest <strong>der</strong> <strong>Welt</strong>. Das<br />

Packeis, Jagdrevier des Eisbären,<br />

gefriert später und<br />

schmilzt früher. Die Tiere haben<br />

immer weniger Zeit, sich<br />

überlebenswichtige Energiereserven<br />

anzufressen.<br />

Wer mit eigenen Augen sehen<br />

will, was in <strong>der</strong> Arktis passiert.<br />

wer den bedrohten Eisbären<br />

live erleben will, hat<br />

jetzt eine einmalige Chance:<br />

Ein Leser wird den WICK Eisbär-Botschafter<br />

und den weit-<br />

-<br />

gleiten<br />

<strong>der</strong>-wun<strong>der</strong>-Reporter vom 17.<br />

bis zum 24. November 2010<br />

in den Wapusk-Nationalpark<br />

im Norden Kanadas begleiten.<br />

Dort hat er die seltene Gelegenheit,<br />

Eisbären in ihrem<br />

natürlichen Lebensraum zu<br />

beobachten sowie Eisbärforscher<br />

und Ureinwohner, die<br />

sich selbst First Nations nennen,<br />

zu treffen. Nur 38 Menschen<br />

pro Jahr haben überhaupt<br />

die Chance - einer von<br />

ihnen wird jetzt ein welt-<strong>der</strong>wun<strong>der</strong>-Leser<br />

sein!<br />

Unter allen Bewerbern. die bis<br />

zum 30.9.2010 eine E-Mail<br />

mit dem Betreff „Eisbär-Abenteuer"<br />

an welt<strong>der</strong>wun<strong>der</strong>@<br />

wickwwf.de senden, wird <strong>der</strong><br />

Teilnehmer ausgewählt. - In<br />

<strong>der</strong> E-Mail sollte <strong>der</strong> Absen<strong>der</strong><br />

auf circa einer Seite (etwa<br />

800 Zeichen) überzeugend<br />

begründen, warum gerade er<br />

<strong>der</strong> richtige Begleiter für den<br />

WICK Eisbär-Botschafter ist!<br />

Mitarbeiter beteiligter Unternehmer<br />

nicht mitmachen <strong>der</strong> Rechts...eg , st ausgeschlossen


a Afghanistan, 2009: Auf dem Monitor verfolgen<br />

die Piloten eine Gruppe von Taliban, die mit Schnell-<br />

feuergewehren und Raketenwerfern ausgerüstet sind.<br />

Die Amerikaner müssen sich sicher sein, dass keine Zivi-<br />

listen in <strong>der</strong> Nähe sind, bevor sie zuschlagen. Der Pilot<br />

drückt den Stick leicht nach vorne. Sanft gleitet <strong>der</strong> AH-<br />

64D vorwärts und fliegt näher an die Männer heran. Der<br />

Apache ist noch mehr als zwei Kilometer entfernt, die<br />

Terroristen können den „Todesengel" we<strong>der</strong> sehen noch<br />

hören, da <strong>der</strong> Lärm vom Wind weggetragen wird. Die Ta-<br />

liban ahnen nichts von <strong>der</strong> drohenden Gefahr, sie fühlen<br />

sich sicher im Schutz <strong>der</strong> Nacht. Doch es ist völlig egal,<br />

ob es Tag o<strong>der</strong> Nacht ist, ob das Wetter gut ist o<strong>der</strong> ob<br />

es stürmt und regnet: Der Apache ist immer und überall<br />

einsatzfähig, er ist <strong>der</strong> effektivste Hubschrauber <strong>der</strong> <strong>Welt</strong>.<br />

WER GEWINNT DEN DIGITALEN KRIEG?<br />

Die Gruppe <strong>der</strong> Taliban ist bereits seit 20 Minuten im Vi-<br />

sier des Apache Longbow. Die Hightech-Kameras ha-<br />

ben sie nie aus den Augen verloren. Immer wie<strong>der</strong> bringt<br />

<strong>der</strong> Pilot die Maschine in Position. Er achtet darauf, dass<br />

<strong>der</strong> Apache stets im Gegenwind steht, damit <strong>der</strong> Lärm,<br />

den die Rotoren erzeugen, nicht bis zu den Taliban ge-<br />

langt. Mit den im Winkel von 60 und 120 Grad angeord-<br />

neten vier Heckrotorblättern konnte die Lärmsignatur<br />

des Apache zwar schon deutlich gesenkt werden, aber<br />

<strong>der</strong> Helikopter ist immer noch so laut, dass er sich ver-<br />

stecken muss: in großer Höhe, hinter Hügeln und Bäu-<br />

men o<strong>der</strong> eben im starken Gegenwind. Wie ein Raubtier<br />

liegt <strong>der</strong> Apache nun auf <strong>der</strong> Lauer, seine Opfer ahnen<br />

nichts von seiner Anwesenheit.<br />

Es ist eine Evolution aus Stahl und Fiberglas: Seinen ers-<br />

ten richtigen Einsatz hatte <strong>der</strong> Apache im Zweiten Golf-<br />

krieg 1991. Seitdem wurde <strong>der</strong> AH-64A immer weiter<br />

mo<strong>der</strong>nisiert: stärkere Triebwerke, bessere elektronische<br />

Gegenmaßnahmen und mehr Hightech. Das aktuelle Mo-<br />

dell ist <strong>der</strong> AH-64D, <strong>der</strong> Apache Longbow, eine bis zu<br />

9,5 Tonnen schwere Kampfmaschine. Zwei Triebwerke<br />

mit je über 1800 PS bringen den 17,76 Meter langen Ko-<br />

loss auf eine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 365 Kilo-<br />

metern pro Stunde. Doch <strong>der</strong> Longbow ist mehr als nur<br />

ein Rambo aus Stahl und Titan. Er ist gleichzeitig ein<br />

lautloser Assassine und ein digitaler Killer. Ursprünglich<br />

wurde <strong>der</strong> Apache zur Vernichtung von Panzern und<br />

Panzerfahrzeugen eingesetzt, doch in Afghanistan fin-<br />

det kein gewöhnlicher Konflikt statt. Es ist ein asymmetri-<br />

scher Krieg, ein Kampf gegen Terroristen, die sich in den<br />

Tälern und Hügeln des Hindukusch verstecken. Wer die-<br />

sen Krieg gewinnen will, muss wissen, wo sich <strong>der</strong> Feind >


DER WENDIGE KOLOSS<br />

Seine Feinde nennen ihn den „Engel des Todes". Sie können ihn we<strong>der</strong> hören<br />

noch sehen, bevor er gnadenlos zuschlägt. Der AH-64 Apache gilt als effektivster<br />

Kriegshelikopter <strong>der</strong> <strong>Welt</strong>. Seine Mission: die Jagd auf Taliban in Afghanistan<br />

rerit=q- Tc=r-t-iralk<br />

Er ist fast 18 Meter lang, funf Meter hoch und wiegt bis zu 9,5 Tonnen. Trotzdem kann sich ein AH-64 Apache<br />

fast wie ein Jagdflugzeug bewegen. Der Koloss kann sich mit 100 Grad pro Sekunde abrollen — in rund<br />

3,6 Sekunden hat er eine komplette Drehung absolviert. Der Helikopter (Foto: <strong>der</strong> AH-64A Apache mit 4 x 4<br />

Hellfire-Raketen) kann sich mit <strong>der</strong> dreieinhalbfachen Geschwindigkeit <strong>der</strong> Erdbeschleunigung (3,5 g) in die<br />

Kurve legen, um so in eine optimale Schussposition zu kommen. An<strong>der</strong>e Hubschrauber kommen nur auf 2 g<br />

. 5g 9/10


Die primäre Waffe des Apache ist die AGM-114 Hellfire (dt.: Höllenfeuer). Die neueste Version. die Hellfire II.<br />

ist eine sogenannte Fire-and-Forget-Waffe. abfeuern und vergessen. Diese radargestutzte Rakete kann unter<br />

optimalen Voraussetzungen abgefeuert werden. ohne dass <strong>der</strong> Apache das Ziel weiter im Auge behalt. Sie<br />

kann auch aus einer Deckung heraus eingesetzt werden und wird hauptsächlich für Panzer und Panzerfahrzeuge<br />

verwendet. Die Hellfire kann auf Ziele in acht Kilometern Entfernung abgeschossen werden. Wahrscheinlich<br />

ist ihre Reichweite noch hoher, doch genaue Angaben hält das US-Militär geheim<br />

SEKUNDÄRWAFFE<br />

Bis zu 625 Kugeln pro<br />

Minute kann die<br />

30-mm-Bordkanone M230<br />

abfeuern. Sie entfalten<br />

noch in 1,5 Kilometern Entfernung<br />

ihre verheerende<br />

Wirkung. Selbst kleine<br />

Panzerwagen können damit<br />

aufgehalten werden<br />

9/10 80<br />

4 Ar<br />

'qiiii.111.11111111111


eh.<br />

- I V. %.‘ 1"›.;<br />

VORSORGE-UNTERSUCHUNG<br />

Ein Apache wird nach 500 Flugstunden in alle Einzelteile<br />

zerlegt und überprüft. Zum Vergleich: Eine Passagiermaschine<br />

hat ihren großen Check nach 1000 Stunden<br />

DIE WAHL DER WAFFEN<br />

Ein Apache kann unterschiedlich bestückt werden.<br />

Entwe<strong>der</strong> mit 16 Hellfire-Raketen o<strong>der</strong> 76 70-mm-Raketen.<br />

O<strong>der</strong> mit einem Mix (o.) aus acht Hellfire und 38 70-mm<br />

AUFPRALLSCHUTZ<br />

Das Wrack lässt die Vermutung kaum zu, doch beide<br />

Insassen überlebten den Absturz. Das Cockpit ist so konstruiert,<br />

dass es einen heftigen Aufprall überstehen kann<br />

aufhält, und sich ihm ungesehen nähern. Grundvoraus-<br />

setzung dafür ist ein leistungsstarker Radar, <strong>der</strong> beim<br />

Longbow in <strong>der</strong> Rotorkuppel installiert ist. Damit kann<br />

sein Computer bis zu 1024 potenzielle Ziele erfassen<br />

und davon 128 gleichzeitig analysieren. Das System mar-<br />

kiert die 16 gefährlichsten Feinde automatisch für den<br />

Piloten im hinteren Teil des Cockpits und für den Bord-<br />

schützen auf dem vor<strong>der</strong>en Sitz. Der Radar ist aber nur<br />

<strong>der</strong> erste Schritt zum erfolgreichen Angriff. Das TADS<br />

(Target Acquisition and Designation System), ein Sys-<br />

tem aus Überwachungskameras mit Nachtsichtgerät in<br />

<strong>der</strong> Nase des Apache, liefert hochaufgelöste Bil<strong>der</strong> auch<br />

in völliger Dunkelheit. Wo das menschliche Auge längst<br />

versagt, behält <strong>der</strong> Apache Longbow den Überblick. Im<br />

digitalen Krieg entscheidet dieses Wissen über Leben<br />

und Tod.<br />

DER HIGHTECH - TOD AM MONITOR<br />

Die Infrarotkamera des TADS schickt ein unwirkliches<br />

Bild <strong>der</strong> Taliban auf den Monitor: Graue Gestalten auf<br />

grauem Hintergrund - wie bei einem Computerspiel. Die-<br />

ses Bild wird aber nicht nur auf dem Monitor angezeigt,<br />

son<strong>der</strong>n dem Bordschützen direkt auf die Netzhaut des<br />

rechten Auges projiziert. Ein Scanner registriert jede<br />

Kopfbewegung und sendet sie an die Sensoren <strong>der</strong> Ka-<br />

mera - und an die M230, die gewaltige Bordkanone un-<br />

ter dem Vor<strong>der</strong>rumpf. Der Lauf folgt dem Blick des<br />

Schützen, die Waffensysteme des Apache sind so qua-<br />

si mit dem Gehirn verbunden.<br />

Dann kommt die Bestätigung vom kommandierenden<br />

Befehlshaber: „Clear to fire", Feuer frei. Der Bordschüt-<br />

ze dreht den Kopf ganz leicht und nimmt die Taliban so<br />

ins Visier. Dann drückt er ab. Mit bis zu 625 Schuss in<br />

<strong>der</strong> Minute katapultiert die Maschinenkanone die mehr<br />

als zehn Zentimeter langen Geschosse auf das Ziel. Die<br />

Patronen schlagen kleine Krater in den Boden und las-<br />

sen die Erde meterhoch aufspritzen. Zwei Sekunden spä-<br />

ter liegen sieben <strong>der</strong> 14 Taliban tot o<strong>der</strong> verletzt auf dem<br />

Boden. Der Schütze blickt in die Fluchtrichtung <strong>der</strong> üb-<br />

rigen Männer, die Bordkanone richtet sich neu aus. Die<br />

Laserzielbeobachtung und <strong>der</strong> Laserentfernungsmesser<br />

des Feuerleitsystems übernehmen die Berechnung <strong>der</strong><br />

Geschosse und stabilisieren die Waffe - <strong>der</strong> Bordschüt-<br />

ze muss nur noch abdrücken. Es gibt kein Entkommen<br />

vor dieser furchtbaren Waffe - auch wenn Unschuldige<br />

verstümmelt o<strong>der</strong> getötet werden.<br />

Im April 2010 veröffentlichte die Internetplattform Wiki-<br />

Leaks Videoaufnahmen aus einem Apache-Helikopter,<br />

<strong>der</strong> im Juli 2007 in Bagdad auf vermeintliche Terroristen<br />

feuerte und dabei zwei Journalisten tötete. Die Piloten<br />

hielten die Kameraobjektive <strong>der</strong> Fotoapparate für Waf-<br />

fen. Es ist unter an<strong>der</strong>em diese gnadenlose und brutale<br />

Art <strong>der</strong> Kriegsführung. die den Apache zum Todesengel<br />

macht. Seine Primärwaffe, die AGM-114 Hellfire, braucht<br />

<strong>der</strong> Apache schon kaum noch einzusetzen. Diese radar- ><br />

1


PITCH<br />

Verän<strong>der</strong>t den Anstellwinkel<br />

<strong>der</strong> Rotorblätter.<br />

Zieht <strong>der</strong> Pilot am Pitch,<br />

steigt die Maschine<br />

STICK<br />

Verän<strong>der</strong>t die<br />

Rotorebene und bestimmt<br />

so die Richtung, in die<br />

<strong>der</strong> Apache fliegt<br />

DAS GEHIRN DES KRIEGES<br />

Die Radarkuppel auf dem Rotormast ist die<br />

Beson<strong>der</strong>heit des AH-64D. Damit kann <strong>der</strong><br />

Longbow Ziele bei jedem Wetter und selbst<br />

bei dichtem Nebel anvisieren<br />

,cepw<br />

Ate» e<br />

ß !Alt ' t<br />

r114::<br />

DAS ALLSEHENDE AUGE<br />

MULTIFUNKTIONS-<br />

DISPLAY<br />

Hochauflösende Farbmonitore,<br />

die auf verschiedene<br />

Anzeigen umgestellt werden<br />

können<br />

FAHRTMESSER<br />

Zeigt die Geschwindigkeit<br />

in Knoten (das ca. 1,8-Fache<br />

in Kilometern) an<br />

HOHENMESSER<br />

Zeigt die Flughöhe an<br />

SUNBLOCKER<br />

Flache Scheiben verhin<strong>der</strong>n<br />

Sonnenreflexionen, die dem<br />

Feind die Position verraten<br />

GUTER RIECHER<br />

An <strong>der</strong> Nase des Apache sitzt ein System aus<br />

zwei Überwachungskameras, einer Laserzielbeobachtung<br />

und einem Entfernungsmesser.<br />

Mittels Infrarot sind Nachteinsätze möglich<br />

Der Apache Longbow erfasst 1024 Ziele. analysiert 128 davon und markiert die 16 Feinde. die die größte<br />

Bedrohung darstellen. Diese Informationen kann <strong>der</strong> Longbow an an<strong>der</strong>e Hubschrauber weitergeben. Was<br />

folgt. ist ein koordinierter Angriff einer Apache-Armada. eines Netzwerks zusammengeschalteter digitaler<br />

Waffensysteme. Auf einen Schlag können so mehr als 300 Feinde gleichzeitig bekämpft werden. Von <strong>der</strong><br />

ersten Radarerfassung bis zum ersten Abschuss vergeht keine Minute ...<br />

9/10 62


DER VERNETZTE KRIEGER<br />

Über ein Okular werden dem Piloten Bil<strong>der</strong> auf<br />

die Netzhaut projiziert. Sensoren registrieren<br />

jede Kopfbewegung und lassen Kameras und<br />

Waffen dem Blick des Piloten folgen<br />

BLACK HOLE<br />

Verkleidungssystem für<br />

den Auspuff, um Wärme zu<br />

absorbieren<br />

TAUMELSCHEIBE<br />

Zentrales Steuerungselement<br />

jedes Hubschraubers<br />

gesteuerte Luft-Boden-Rakete erlaubt es dem Helikop-<br />

ter, aus einer Deckung heraus aufzutauchen, seine Rake-<br />

ten auf Panzer abzufeuern und lange vor dem Einschlag<br />

wie<strong>der</strong> abzutauchen. Diese Strategie ist gleichzeitig sein<br />

bester Schutz: Er wird einfach nicht gesehen.<br />

VVIE FLIEGT MAN EINEN PANZER?<br />

Solche Angriffsmanöver setzen eine hohe Wendigkeit<br />

voraus - und die Bewegung des Apache grenzt an die<br />

eines Jagdflugzeugs: ein fliegen<strong>der</strong> Panzer, <strong>der</strong> sich mit<br />

fast 100 Grad pro Sekunde in <strong>der</strong> Luft abrollen kann.<br />

Dabei steuert er sich in erster Linie wie je<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Hub-<br />

schrauber. Die Rotorblätter haben dabei grundsätzlich<br />

die gleiche Funktion wie die Tragflächen eines Flugzeugs:<br />

Der Luftstrom teilt sich an den Blättern auf. Ein Teil nimmt<br />

den oberen VVeg, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Teil den unteren. Je nach<br />

Anstellwinkel des Rotorblattes hat <strong>der</strong> obere Luftstrom<br />

den längeren VVeg und muss sich daher schneller bewe-<br />

gen. Dadurch entsteht <strong>der</strong> Auftrieb. Eines <strong>der</strong> wichtigs-<br />

ten Elemente eines Hubschraubers ist die Taumelschei-<br />

be, die zentrale Steuerungseinheit, die am Rotormast<br />

angebracht ist. Über sie können alle Rotorblätter über<br />

die kollektive Blatteinstellung so verän<strong>der</strong>t werden, dass<br />

<strong>der</strong> Auftrieb zunimmt und <strong>der</strong> Helikopter steigt. Verrin-<br />

gert <strong>der</strong> Pilot den Einstellwinkel, sinkt <strong>der</strong> Auftrieb und<br />

mit ihm <strong>der</strong> Helikopter. Um in eine bestimmte Richtung<br />

4141<br />

SCHWARZ-WEISSE REALITAT<br />

Der Krieg scheint nicht echt: So sieht <strong>der</strong><br />

Bordschütze die <strong>Welt</strong>, auf die er feuert.<br />

Bei diesem Video vom Juli 2007 wurden<br />

14 Männer ohne Provokation angegriffen<br />

zu fliegen, steuert <strong>der</strong> Pilot die ganze Rotorfläche dort-<br />

hin - die Kraft des Auftriebs wird in Komponenten zer-<br />

legt, wirkt so nicht nur nach oben, son<strong>der</strong>n auch in die<br />

angesteuerte Richtung. Der kleinere Heckrotor sorgt da-<br />

für, dass <strong>der</strong> Hubschrauber nicht unkontrolliert rotiert -<br />

er gleicht das Drehmoment aus.<br />

Beim Apache Longbow sind alle Komponenten High-<br />

tech: Der Heckrotor zur Schalldämpfung, <strong>der</strong> Rotorkopf<br />

für eine höhere VVendigkeit und sogar die Rotorblätter<br />

sind Spezialanfertigungen aus Stahl, Fiberglas und Ti-<br />

tan. Sie sind in <strong>der</strong> Lage, selbst größere Äste zu zerfet-<br />

zen, damit <strong>der</strong> Apache gefahrlos zwischen Bäumen ver-<br />

schwinden kann. Gerät <strong>der</strong> Apache aber dennoch unter<br />

feindlichen Beschuss, schützen kugelsicheres Glas, Bor-<br />

Panzerplatten und spezielle Kevlarverkleidungen die Pi-<br />

loten. Was den Apache von an<strong>der</strong>en Kampfhubschrau-<br />

bern unterscheidet, ist, dass er genauso gut einsteckt,<br />

wie er austeilt.<br />

Doch auch <strong>der</strong> Longbow ist nicht unverwundbar: Die ein-<br />

zigartige Fähigkeit, in <strong>der</strong> Luft schweben zu können, ist<br />

gleichzeitig die Schwachstelle jedes Hubschraubers.<br />

Feinde können ihn leicht mit Luftabwehrraketen ins Vi-<br />

sier nehmen. Und die Taliban sind noch immer im Besitz<br />

von Stinger-Raketen, die sie im afghanisch-sowjetischen<br />

Krieg von 1979 bis 1989 von den USA bekommen ha-<br />

ben. Diese Waffen sind paradoxerweise die gefährlichs-<br />

te Bedrohung für die „Todesengel" <strong>der</strong> US-Armee.<br />

NUNO RAMOS<br />

VIDEO ÜBER DEN APACHE (TEIL 1 VON 6):<br />

www.youtube.coln/watch?v=kLGpIppbbYo<br />

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1<br />

1


ähdi jily schlauer in BO sek<br />

e.A►: r--Futz-J-_-_- [-ItarrbF_zr<br />

- -MIIIIIIIIIIIIIII■<br />

SPANNENDE WISSENSFRAGEN —<br />

beantwortet von HENDRIK HEY, Mo<strong>der</strong>ator<br />

von „<strong>Welt</strong> <strong>der</strong> Wun<strong>der</strong>" (RTL II, sonntags, 18 Uhr)<br />

(<br />

lir g 5<br />

\<br />

.1,- 64<br />

Was ist ein<br />

Gyrocopter?<br />

Er ist eine Mischung aus Hubschrauber<br />

und Flugzeug, optimal für Kurzstrecken.<br />

Ein Gyrocopter ist beson<strong>der</strong>s<br />

sicher, kann bis zu 185 Kilometer pro<br />

Stunde schnell fliegen und verbraucht gerade<br />

einmal acht Liter auf 100 Kilometer.<br />

Der Rotor auf <strong>der</strong> Oberseite wird nur beim<br />

Start angetrieben. Bewegt sich die Maschine<br />

in <strong>der</strong> Luft vorwärts, dreht sich <strong>der</strong><br />

Rotor mithilfe <strong>der</strong> anströmenden Luft ganz<br />

von allein. Für den Vor<strong>der</strong>antrieb sorgt ein<br />

Propeller.<br />

e hitp://tinyurl.comee583qc<br />

HELI-ZWITTER<br />

Der Gyrocopter hat einen<br />

Rotor und einen Propeller -<br />

und braucht eine Startbahn<br />

Wer erfand den<br />

Hubschrauber?<br />

Die Flugspirale (r.) von Leonardo<br />

da Vinci gilt als Prototyp des Hubschraubers,<br />

auch wenn sie nur als Skizze existierte.<br />

Doch schon im China des 4. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

v. Chr. gab es bereits ein Spielzeug<br />

für Kin<strong>der</strong>, das wie ein Helikopter<br />

funktionierte. An einem Holzstab wurden<br />

einan<strong>der</strong> gegenüberliegend zwei Gansefe<strong>der</strong>n<br />

im rechten Winkel zueinan<strong>der</strong> befestigt.<br />

Wurde <strong>der</strong> Stab nun zwischen den<br />

Händen schnell gedreht und losgelassen,<br />

stieg das Spielzeug kreisend in die Höhe.<br />

e http://tinyurl.com/2bo64ym<br />

Warum sind Hubschrauber<br />

so laut?<br />

Das typische Knattern eines Helikopters<br />

kommt nicht von seinem Antrieb,<br />

son<strong>der</strong>n von den Rotorblättern. An <strong>der</strong>en<br />

Spitzen entstehen durch die hohe Drehgeschwindigkeit<br />

Luftwirbel. Diese Turbulenzen<br />

werden vor allem beim Sinkflug vom<br />

nächsten Rotorblatt verschlagen — es<br />

kommt zu einer plötzlichen Druckän<strong>der</strong>ung,<br />

die sich durch einen hellen Schlag<br />

äußert, ähnlich einem Peitschenknall. Das<br />

passiert so oft hintereinan<strong>der</strong>, dass das<br />

bekannte Klopfgeräusch entsteht.<br />

e i<br />

MEHR INFORMATIONEN IM INTERNET UNTER<br />

http:Mlnyurl.conv22m9wkf<br />

Haben Helikopter<br />

einen Airbag?<br />

In Zukunft schon! Amerikanische<br />

Techniker arbeiten an einem Airbag, <strong>der</strong><br />

im Notfall den Aufschlag abmin<strong>der</strong>t und<br />

die Aufprallenergie abfängt. Das Prinzip:<br />

Verliert ein Hubschrauber zu schnell an<br />

Höhe, wird Gas in die Luftkissen hineingepumpt,<br />

die an <strong>der</strong> Unterseite des Hubschraubers<br />

angebracht sind. Sobald <strong>der</strong><br />

Helikopter auf dem Boden aufschlägt, entweicht<br />

das Gas über Ventile wie<strong>der</strong>. Damit<br />

wird verhin<strong>der</strong>t, dass die Flugmaschine in<br />

die Luft zurückspringt.<br />

e htetlitinyuncomlykuokbr<br />

MEHR INTORMATILINEN IM INTERNET UNTER<br />

LÄRMQUELLE<br />

Nicht <strong>der</strong> Motor macht<br />

den Hubschrauber<br />

so laut, son<strong>der</strong>n eine<br />

plötzliche Druckän<strong>der</strong>ung<br />

an den Spitzen<br />

<strong>der</strong> Rotorblätter<br />

e<br />

Wie hoch kann ein<br />

Helikopter Fliegen?<br />

Die Luftdichte begrenzt die Aufstiegsmöglichkeiten<br />

eines Helikopters. Mit<br />

zunehmen<strong>der</strong> Höhe nimmt sie ab, und die<br />

Rotorblätter erzeugen welliger Auftrieb.<br />

Herkömmliche Hubschrauber schaffen<br />

6000 bis 8000 Meter. Der <strong>Welt</strong>rekord liegt<br />

hei 13716 Metern. Der Franzose Didier<br />

Delsalle schraubte sich im Mai 2005 mit<br />

dem Eurocopter AS 350 B3 Ecureuil so lange<br />

in den Himmel. bis dessen Tank leer<br />

war. Anschließend rotierte <strong>der</strong> Heli, durch<br />

den Auftrieb getragen, wie<strong>der</strong> nach unten.<br />

MEHR INFORMATIONEN IM INTERNET UNTER<br />

hitglitinyustcom1218xub4<br />

HELI-PROTOTYP<br />

1483 entwickelte Leonardo da Vinci die<br />

Flugspirale. Sie kam nie aus dem Skizzenstadium<br />

heraus, da <strong>der</strong> nötige Antrieb fehlte<br />

.0<br />

0<br />

G-<br />

O


AS GEHEIMT1IS<br />

MOLEKÜL DES<br />

Die DNA ist das größte Rätsel des Lebens. Kein an<strong>der</strong>es Molekül ist leistungsfähiger,<br />

wandelbarer, stabiler. Ein gigantischer Datenspeicher - und doch birgt diese chemische<br />

Verbindung unglaubliche Geheimnisse in sich. Die neueste Entdeckung von Biologen:<br />

Die DNA kann sogar sehr angriffslustig sein ...<br />

Tatsächlich ist die DNA mehr<br />

als nur <strong>der</strong> größte Schatz je<strong>der</strong><br />

Zelle: Sie lockt Bakterien<br />

in eine tödliche Falle


0)&4/1<br />

Wun<strong>der</strong> Wissenschaft<br />

„Und ich dachte, VVIR hätten das Fischen<br />

erfunden", sagt Arturo Zychlinsky, als er<br />

den Kollegen von seiner Entdeckung<br />

berichtet. „Da haben wir uns getäuscht. Unsere Zellen<br />

waren schneller als wir." Das Team um den Biologen am<br />

Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie hat eine Eigen-<br />

schaft des Erbmoleküls entdeckt, die niemand für mög-<br />

lich gehalten hätte: „Bisher gingen wir davon aus, dass<br />

die DNA immer im Zellkern ruht, unverrückbar. Aber jetzt<br />

wissen wir, dass sie auch außerhalb einer Zelle existie-<br />

ren kann — und dort vom passiven Informationsspeicher<br />

zum aggressiven Angreifer wird." Wie ein Fischernetz<br />

o<strong>der</strong> noch eher ein klebriges Spinnennetz verlässt das<br />

Molekül das Innere von Fresszellen, jenen weißen Blut-<br />

körperchen des Immunsystems, sobald diese sich ei-<br />

nem Entzündungsherd im Körper nähern. Um sich im<br />

nächsten Moment über die feindlichen Mikroben zu stül-<br />

pen und sie zu vernichten.<br />

„Tatsächlich eignet sich die DNA aufgrund ihrer physi-<br />

kalischen Struktur zusammen mit an<strong>der</strong>en Bestandtei-<br />

,elt <strong>der</strong> wun<strong>der</strong> 67 9/10


Sie haben dieselben Gene wie alle an<strong>der</strong>en<br />

Zellen des Organismus. Aber embryonale<br />

Stammzellen (gr. Bild) nutzen die Gene<br />

nicht, die ihnen eine spezielle Funktion<br />

geben würden und die sie z. B. zu Lebero<strong>der</strong><br />

Hautzellen machen würden — diese<br />

frühen Stammzellen können sich in jeden<br />

Zelltyp verwandeln. Welche chemischen<br />

Signale auf <strong>der</strong> Klaviatur unseres geheimnisvollsten<br />

Moleküls spielen, wird <strong>der</strong>zeit<br />

erforscht. Es ist nicht weniger als die<br />

Suche nach dem Geheimnis des Lebens<br />

9/10 eda weit <strong>der</strong> wun<strong>der</strong>


Am Anfang entsteht <strong>der</strong> Körper allein aus<br />

„totipotenten" Zellen, d.h. aus Stammzellen,<br />

die sich in jedes Gewebe verwandeln<br />

können. Mit <strong>der</strong> Zeit spezialisieren sich<br />

die meisten Zellen für eine Aufgabe.<br />

Ihre DNA wird <strong>der</strong>art „geschal-<br />

tet", dass nur noch Gene aktiv<br />

sind, die <strong>der</strong> jeweilige<br />

Zelltyp braucht<br />

Bauchspeicheldrüsenzelle<br />

Aus den drei Keimblättern<br />

gehen Zellen hervor,<br />

die sich zunehmend<br />

spezialisieren<br />

ZELMACHSCHUB<br />

Im erwachsenen Körper sind<br />

es adulte Stammzellen,<br />

die jeweils bei bestimmten<br />

Gewebearten für frischen<br />

Zellnachschub sorgen<br />

Muskelzellen<br />

Knochenzellen<br />

. Stammzelle<br />

Blutgefäße<br />

Mit dem Körper<br />

wächst <strong>der</strong> „Stamm-<br />

baum" <strong>der</strong> Zellen; an<br />

dessen Ende stehen die Organe<br />

len <strong>der</strong> Fresszelle bestens als Todesnetz für Erreger — sie<br />

ist extrem klebrig, sodass sich viele Mikroben hilflos da-<br />

rin verhed<strong>der</strong>n", berichtet Zychlinsky. Die Ausnahme sind<br />

bestimmte Bakterien, denen es mithilfe eines Enzyms<br />

gelingt, das Netz aufzulösen. Im Schlepptau hat das<br />

Fangnetz weitere Waffen: etwa die Histone. Das sind<br />

jene Eiweiße, die das Erbmolekül im Zellkern normaler-<br />

weise dicht packen und dafür sorgen, dass <strong>der</strong> sonst<br />

zwei Meter lange Molekülstrang in Form <strong>der</strong> Chromoso-<br />

men dort hineinpasst. Diese Verpackungsmoleküle wer-<br />

den jetzt dazu verwendet, die gefangenen Mikroben —<br />

Pilze, Bakterien o<strong>der</strong> Parasiten — zu zerstören. „Die DNA<br />

als Vernichtungsmaschinerie <strong>der</strong> Immunabwehr zu be-<br />

nutzen ist genauso überraschend wie überaus clever",<br />

sagt Infektionsbiologe Zychlinsky. „Denn als Fangnetz<br />

dämmt sie nicht nur die Ausbreitung <strong>der</strong> Entzündung ein,<br />

son<strong>der</strong>n schützt auch den Körper selbst." Schließlich<br />

geben die Fresszellen zusammen mit dem DNA-Netz<br />

Gifte ab, chemische Abwehrstoffe, um die Erreger zu<br />

töten. Und hochaktive Enzyme, die die toten Erreger zer-<br />

legen, damit sie vom Körper entsorgt werden können.<br />

Diese speziellen Eiweiße sind aber gleichzeitig auch gif-<br />

tig für das körpereigene Gewebe. Das DNA-Netz sorgt<br />

nun dafür, dass die Enzyme nur lokal wirksam werden<br />

und umliegende Körperzellen unversehrt bleiben.<br />

Die DNA — für Wissenschaftler das Wun<strong>der</strong>molekül<br />

schlechthin. Und nichts weniger als <strong>der</strong> Datenträger des<br />

mzelle<br />

ezialisierte<br />

Ile<br />

HEILUNGS-T<br />

Stammzellen-<br />

vermehrung<br />

spezialisierte<br />

Zellen<br />

erneuertes<br />

Gewebe<br />

Adulte Stammzellen sind die<br />

Handwerker des Körpers — sie<br />

ersetzen abgestorbene Zellen<br />

Jede Verletzung<br />

von<br />

Gewebe bedeutet,<br />

dass dort<br />

Zellen sterben<br />

Stammzellen<br />

vermehren sich<br />

rasant, lagern<br />

sich an <strong>der</strong><br />

Verletzung an<br />

Die Stammzellenproduzieren<br />

jetzt<br />

den benötigten<br />

Zelltyp<br />

Das Gewebe<br />

hat sich dank<br />

neuer spezialisierter<br />

Zellen<br />

regeneriert<br />

Lebens: eine chemische Verbindung, die alle Informatio-<br />

nen für sämtliche Vorgänge einer Zelle und somit auch<br />

eines komplexen Organismus (inklusive Bauplan des<br />

Körpers) enthält. Im Vergleich zu Datenträgern <strong>der</strong> heu-<br />

tigen Computertechnik also noch immer ein wahres<br />

Wun<strong>der</strong>, von dem Ingenieure nur träumen können. Kein<br />

Computer speichert so effizient und langfristig Daten,<br />

und abgesehen davon enthält jene wun<strong>der</strong>same spiral-<br />

förmige chemische Verbindung sogar den Bauplan zur<br />

eigenen Vermehrung. „Die Erkenntnis aber, dass Zellen<br />

den Träger ihrer genetischen Informationen für Kamika-<br />

ze-Angriffe nutzen können, hat unsere Annahmen über<br />

das wohl geheimnisvollste Molekül des Universums<br />

geradezu erschüttert", sagt Michel Chignard. Mediziner<br />

und Forscher am Institut Pasteur in Paris. „Bisher kann-<br />

ten wir die DNA nur als Informationsträger, <strong>der</strong> diese<br />

Informationen zum Ablesen bereithielt und bei <strong>der</strong> Zell-<br />

teilung weitergab." Die neuen Erkenntnisse sollen vor<br />

allem für die Erforschung gefährlicher Autoimmuner-<br />

krankungen genutzt werden, bei denen Antikörper auch<br />

speziell das Erbgut <strong>der</strong> eigenen Zellen attackieren.<br />

Die Liste <strong>der</strong> Zutaten <strong>der</strong> DNA ist kurz: viel Kohlenstoff,<br />

Wasserstoff und Sauerstoff, reichlich Stickstoff, dazu<br />

Phosphor und etwas Schwefel. Schließlich Salze. eine<br />

Prise Kobalt, Zink und Mangan. Man könnte damit<br />

Fel<strong>der</strong> düngen — o<strong>der</strong> eben Leben erschaffen. Das Fas-<br />

zinierende: Bis heute kennt niemand eine Antwort auf


lüfeleffe''AMMW2WITMEII:Pi»/U<br />

- liDPWAFFE<br />

Ein lautloser Angriff: Mikroben dringen in den<br />

Organismus ein. Die Antwort kommt prompt und<br />

ebenso still. Sofort registriert das Immunsystem<br />

den Feind. Weiße Blutkörperchen gelangen<br />

über die Blutbahnen zum Ort des Geschehens.<br />

Unter ihnen Fresszellen, bereit, mit allen<br />

Mitteln zu kämpfen. Zur Not mit <strong>der</strong> eigenen DNA<br />

die Frage, wie die Rezeptur entstand, die aus Elemen-<br />

ten toter Materie belebte Natur werden ließ. VVas den Le-<br />

bensfunken entzündete. Fest steht: Das Ursprungsre-<br />

zept, das sich als Volltreffer entpuppte. ist seit vier Mil-<br />

liarden Jahren verschollen. Bis heute streiten VVissen-<br />

schaftler zudem darüber, ob die DNA, die Trägerin <strong>der</strong><br />

Erbinformationen aller Lebewesen, aus den Tiefen des<br />

Alls stammt o<strong>der</strong> aus den Schwarzen Rauchern, den un-<br />

termeerischen Vulkanen <strong>der</strong> Tiefsee.<br />

Schon länger weiß man, dass es auch in den VVeiten des<br />

Alls von höheren organischen Molekülen nur so wimmelt.<br />

Sie bilden sich aus einfachen Verbindungen wie Wasser<br />

o<strong>der</strong> Methanol durch die Bestrahlung interstellarer Eis-<br />

körnchen mit ultraviolettem Sternenlicht. Diesen Prozess<br />

haben Forscher vom Ames-Forschungszentrum <strong>der</strong><br />

NASA in Kalifornien im Labor nachgebaut. Danach fan-<br />

den sie in ihren Glaskolben Substanzen, die sogar kom-<br />

plex genug waren, um beim Kontakt mit Wasser spon-<br />

tan kleine Bläschen zu bilden. Die Membranen <strong>der</strong> aller-<br />

ersten lebenden Zellen waren vermutlich solche Blasen.<br />

Erst in ihrem Schutz konnten möglicherweise so kom-<br />

plexe Biomoleküle wie die DNA entstehen.<br />

Auch US-Biologen wie Leroy Hood und Craig Venter ar-<br />

beiten fieberhaft daran, das große Rätsel zu knacken:<br />

VVie wird ein Molekül zum Lebensmotor? Tatsächlich<br />

ist es Venter erstmals gelungen, ein künstliches Genom<br />

mithilfe eines Computers zusammenzustellen und an-<br />

schließend zu synthetisieren. Und er konnte das künst-<br />

liche Erbgut in lebende Zellhüllen einsetzen und den<br />

Zellen mit dem neuen Programm Leben einhauchen, das<br />

heißt: sie zur Zellteilung bringen und wachsen lassen.<br />

Es war zweifelsfrei die größte medizinisch-biologische<br />

Sensation seit <strong>der</strong> Erfindung des Antibiotikums.<br />

Das Unternehmen soll auch einen praktischen Nutzen<br />

haben: Die synthetische Biologie will Mikroben nach Plan<br />

schaffen. Die Visionen sind gewaltig. Es soll darum<br />

gehen, Viren und Bakterien zu erschaffen, die die drän-<br />

gendsten Probleme <strong>der</strong> <strong>Welt</strong> lösen können: Nahrung und<br />

Arzneimittel erzeugen, nach Industrieunfällen Umweltgif-<br />

te abbauen. Im menschlichen Körper sollen sie Infektio-<br />

nen bekämpfen o<strong>der</strong> dort gefährliche Substanzen wie<br />

überschüssiges Cholesterin vertilgen. „Leben ist Informa-<br />

tion", sagt Venters Kollege Hood. Er ist <strong>der</strong> Überzeugung,<br />

dass man die Gen-Informationen von Lebewesen nur so<br />

lange durchleuchten muss, bis man charakteristische<br />

Muster erkennt. Dabei macht genau diese Aussage das<br />

Jedes eintreffende weiße<br />

Blutkörperchen nimmt<br />

sich gezielt eine Gruppe<br />

feindlicher Mikroben vor<br />

Mysterium deutlich: Zwar werden <strong>der</strong>zeit Gene abge-<br />

lesen, was das Zeug hält, und dabei entstehen Daten-<br />

mengen, die nur noch mit Algorithmen auf Großrechnern<br />

bewältigt werden können. Aktuell wird das Erbgut von<br />

1000 Menschen entziffert. Aber die Gesetzmäßigkeiten<br />

hinter den Datenmassen bleibt rätselhaft. „Man stelle sich<br />

vor, Physiker hätten den Teilchenbeschleuniger LHC in<br />

Genf gebaut, ohne die Gesetze <strong>der</strong> Quantenphysik und<br />

die Relativitätstheorie zu kennen", sagt Leonid Kruglyak<br />

von <strong>der</strong> Princeton University. „VVir haben uns vorgegau-<br />

kelt, das Genom sei eine transparente Blaupause des<br />

Lebens", sagt <strong>der</strong> Zellbiologe Mel Greaves vom britischen<br />

Institute of Cancer Research. Aber das ist es eben nicht.<br />

Vielmehr stecken im Genom nicht nur Bauanleitungen für<br />

Eiweiße — <strong>der</strong> Quellcode besitzt viele verschiedene<br />

Funktionen und Kommando-Hierarchien. Und er steckt<br />

voller sich ständig wandeln<strong>der</strong> Steuersätze.<br />

Vom Schöpfungsakt sind Forscher somit noch Lichtjah-<br />

re entfernt. Immerhin ist es ihnen gelungen, Leben nach-<br />

zuahmen, wenn auch nicht, Leben zu schaffen. Deshalb<br />

liegt das Ziel, alle Teile einer lebenden Zelle von Grund<br />

auf zusammenzusetzen, noch in weiter Ferne ...<br />

FRIEDERIKE SCHÖN<br />

ZENTRUM FOR INFEKTIONSBIOLOGIE UND IMMUNITAT<br />

www.zibi - berlin.de/Deutsc:„profile/Zycn;ins,-.) ... ..<br />

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SCHLAGWORT: 091 ODNA<br />

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GEFArIGErl im LETZ<br />

Wie das Fangnetz einer Spinne stülpt sich die<br />

aus dem Zellinneren herausgespülte DNA über<br />

die Bakterien. Diese kleben an ihr fest und<br />

können jetzt systematisch neutralisiert werden<br />

freigesetzte DNA<br />

(0) Ike<br />

ef<br />

-14<br />

Die „freigelassene" DNA hilft,<br />

den Entzündungsherd einzuschließen.<br />

So sind die Körperzellen<br />

vor den giftigen Enzymen<br />

<strong>der</strong> Fresszellen sicher<br />

e.<br />

giftige Enzyme<br />

WAFFEnAnsEnAL<br />

Die Fresszellen produzieren Enzyme<br />

(rote Kugeln), die die feindlichen<br />

Erreger zerstören sollen. Aber auch für<br />

die körpereigenen Zellen sind diese<br />

speziellen Eiweiße gefährlich<br />

HELDEll-ArIGRIFF<br />

Am Ort des Angriffs entlässt die Immunzelle das<br />

Erbmolekül aus dem schützenden Zellkern. Ein<br />

irreversibler Vorgang. Nach <strong>der</strong> Vernichtung<br />

des Feindes stirbt die Fresszelle den Heldentod<br />

BAKTERIEFIGIFT<br />

Die Histone (blaue Kugeln), die den DNA-Strang<br />

im Zellkern aufwickeln, werden außerhalb<br />

<strong>der</strong> Zelle zum tödlichen, zersetzenden Gift für<br />

schädliche Bakterien und an<strong>der</strong>e Mikroben<br />

weit de wun<strong>der</strong> 71 9/10


(■..de<br />

1014/‚ Wun<strong>der</strong> natur<br />

1 '<br />

Es ist ein Staat, <strong>der</strong> nach ganz eigenen Gesetzen funktioniert: Blattschnei<strong>der</strong>ameisen<br />

errichten unterirdische Mega-Bauten, betreiben Landwirtschaft und verfügen über<br />

ein unsichtbares Kommunikationsnetzwerk. Doch damit nicht genug: Vier Millionen Tiere<br />

verbinden sich zu einem <strong>der</strong> gigantischsten Super-Organismen des Planeten ...<br />

um, 41,—,ameridemser-<br />

.......iidiesidet<br />

Was man hier sieht, ist viel mehr als nur <strong>der</strong> riesengroße Höhlenbau<br />

einer Ameisenkolonie: Kammern mit einem Fassungsvermögen von bis zu<br />

50 Litern, kerzengerade Luftschächte, meterlange Versorgungstunnel,<br />

die wie Nervenbahnen von einer Höhle zur nächsten führen — <strong>der</strong> Staat<br />

<strong>der</strong> Blattschnei<strong>der</strong>ameisen gehört zu den komplexesten Systemen <strong>der</strong><br />

<strong>Welt</strong>. Mehr als sechs Tonnen Zement und 8000 Liter Wasser mussten<br />

die Wissenschaftler in den verlassenen Mega-Bau gießen, um ihn erst<br />

auszufüllen und dann in seiner ganzen Struktur ausgraben zu können.<br />

weit dile svuntlie7<br />

STAAT DER<br />

SUPERLATIVE<br />

52 Quadratmeter Fläche, acht<br />

Meter Tiefe, mehr als 7800<br />

Kammern: Der in Brasilien<br />

ausgegrabene Bau einer Blattschnei<strong>der</strong>ameisenkolonie<br />

hat<br />

einmal wie ein Super-Organismus<br />

funktioniert.<br />

nt. I<br />

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r 818111.1113". "11611412.1»Z apj gre,,"ffludemeenhi<br />

Mit ihren kräftigen Mundwerkzeugen, den Mandibeln, fahren die<br />

Arbeiterinnen <strong>der</strong> Blattschnei<strong>der</strong>ameisen kiloweise Ernte ein. Der<br />

Lebensraum einer Kolonie beträgt bis zu 10 000 Quadratmeter.<br />

Er umfasst neben dem Nest Dutzende Erntefel<strong>der</strong>, Haupttransportstraßen<br />

und Nebenstraßen.


VERFUGT JEDE KOLONIE UBER EINE<br />

EINGEBAUTE KLIMAANLAGE?<br />

Blattschnei<strong>der</strong>ameisen ernähren sich von Pilzen, die sie mit<br />

Gräsern und Blättern „füttern". Das Problem dieser Pilzzucht: Die<br />

Kompostierung setzt verhältnismäßig große Mengen Kohlendioxid<br />

(CO2) frei. Zu viel davon würde die Insekten umbringen. Sie haben<br />

daher eine Art überdimensionale Lunge in ihrem Bau installiert:<br />

Dabei spielen vor allem die groß angelegten Abfallkammern eine<br />

wichtige Rolle. In ihnen ist es immer drei Grad wärmer als im übrigen<br />

Bau. Folge: Von hier aus steigt ein Strom warmer Luft auf, und<br />

im Gegenzug sinkt frische Luft nach unten. So maßen Forscher an<br />

den „Ausgängen" <strong>der</strong> Bauten einen erhöhten 002-Ausstoß, während<br />

die „Eingänge" den Sauerstoff förmlich in die Gänge saugten.<br />

9 1:1, 74 wett Oer wuntle<br />

Stillstand ist <strong>der</strong> Tod. Diese Doktrin<br />

scheint jede einzelne Blattschnei<strong>der</strong>-<br />

ameise von Geburt an verinnerlicht zu haben. Die Tiere<br />

wissen instinktiv: Nur wenn alle ihren Job machen, kann<br />

<strong>der</strong> Staat überleben. In den Tunneln des unterirdischen<br />

Mega-Baus herrscht daher 24 Stunden am Tag Hochbe-<br />

trieb, Millionen Arbeiterinnen bringen kiloweise Blätter<br />

und Gräser in den Bau. Derweil kümmern sich Zehntau-<br />

sende kleinere Helferinnen in speziell angelegten Kam-<br />

mern um die eingefahrene Ernte, während nur wenige<br />

Gänge weiter unzählige Kin<strong>der</strong>mädchen den Nachwuchs<br />

versorgen. Draußen auf den Erntefel<strong>der</strong>n sorgen wäh-<br />

renddessen kräftige Schnei<strong>der</strong>innen ununterbrochen für<br />

Blätter-Nachschub. Welche Dimensionen dieses komple-<br />

xe Staatssystem wirklich hat, wird jedoch erst deutlich,<br />

wenn man einen solchen Bau freilegt: Er benötigt eine<br />

Fläche von 52 Quadratmetern, ist acht Meter tief und<br />

durchzogen von bis zu 90 Meter langen Gängen und<br />

schnurgeraden Schächten, die wie Nervenbahnen von<br />

einer Kammer zur nächsten führen — die Ausbreitung ei-<br />

ner Blattschnei<strong>der</strong>ameisenkolonie übertrifft sämtliche<br />

Vorstellungen. Und erst allmählich wird den Forschern<br />

klar: Der gesamte Ameisenstaat funktioniert wie ein<br />

menschlicher Organismus — mit einem Verdauungssys-<br />

tem, einer Lunge und einem Gehirn, das aus bis zu vier<br />

Millionen einzelnen Tieren besteht ...<br />

ERNTESIGNALE<br />

Sobald eine Arbeiterin ein ertragreiches<br />

Erntefeld ausgemacht<br />

hat, sendet sie Duftstoffe aus.<br />

Ein hoch dosiertes Lockmittel für<br />

die Kolleginnen. Bereits ein<br />

Milligramm dieses Fährtenstoffs<br />

würde genügen, um 60-mal eine<br />

Spur um die Erde herumzulegen.<br />

WIE VIELE PILZE<br />

HAT EIN STAAT?<br />

Bei <strong>der</strong> Untersuchung<br />

eines typischen<br />

Nests waren von 1920<br />

Kammern 238 Kammern<br />

mit Pilzen belegt.<br />

Je<strong>der</strong> Pilz braucht eine<br />

bestimmte Luftfeuchtigkeit<br />

und eine spezielle<br />

Temperatur, um<br />

optimal zu wachsen. Die<br />

meisten Pilzkammern<br />

fanden die Wissenschaftler<br />

bei ihren Ausgrabungen<br />

in ein bis<br />

drei Metern Tiefe.<br />

WIE FUNKTIONIERT DAS GEHIRN DER<br />

KOLONIE?<br />

Ameisen gehören zu den erfolgreichsten Lebewesen <strong>der</strong><br />

vergangenen 50 Millionen Jahre. Sie haben nahezu alle<br />

Landmassen des Planeten unterhöhlt, leben in einer ver-<br />

borgenen VVelt, folgen unsichtbaren Spuren und übermit-<br />

teln geheime Botschaften. VVas jedoch die Biologen bei<br />

<strong>der</strong> Ausgrabung eines beson<strong>der</strong>s beeindruckenden Baus<br />

herausgefunden haben, geht weit darüber hinaus: So<br />

sind Blattschnei<strong>der</strong>ameisen offenbar in <strong>der</strong> Lage, einen<br />

Super-Organismus zu erschaffen — mit einem Körper, ge-<br />

baut von Millionen Arbeiterinnen, <strong>der</strong> wie ein einzelnes<br />

Lebewesen funktioniert. Aber wenn die unterirdische<br />

Mega-Metropole wie ein Organismus aufgebaut ist, wo<br />

befinden sich dann die einzelnen Organe? Wie arbeiten<br />

sie zusammen? Und was ist das Gehirn des Vier-Millio-<br />

nen-Staates?<br />

„Der ganze Ameisenstaat ist das Gehirn. Genau wie<br />

beim Menschen ist jedes einzelne Neuron für sich<br />

dumm. Nur weil sich Millionen Neuronen zusammen-<br />

schalten, kommen grandiose Leistungen heraus", er-<br />

klärt Bert Hölldobler, einer <strong>der</strong> weltweit führenden Amei-<br />

senforscher. Er analysierte zusammen mit seinen Mit-


X".%<br />

; -<br />

arbeitern das Verhalten von Blattschnei<strong>der</strong>ameisen in<br />

einem Hightech-Labor in Würzburg und stellte fest: Die<br />

einzelne Ameise eines Staates ist nichts wert. Erst wenn<br />

sich Millionen von ihnen zu einem arbeitsteiligen Sys-<br />

tem zusammenschalten, entsteht eine kollektive Intel-<br />

ligenz, die bis heute bei kaum einer an<strong>der</strong>en Tierart<br />

auf <strong>der</strong> Erde beobachtet werden konnte. Schächte<br />

für die Durchlüftung, unzählige Höhlen, Hauptstra-<br />

ßen als Transportwege — alles im Super-Organis-<br />

mus <strong>der</strong> Blattschnei<strong>der</strong>ameisen wirkt wie am Reiß-<br />

brett geplant und durchorganisiert. Dabei gibt es<br />

we<strong>der</strong> eine zentrale Bauaufsicht noch einen ver-<br />

antwortlichen Architekten.<br />

Gleichzeitig ist jede „Zelle" des Super-Organismus<br />

zu unglaublichen Leistungen fähig. Eine Blattschnei-<br />

<strong>der</strong>ameise kann das 100-Fache ihres Gewichts tra-<br />

gen und mit dieser Last täglich mehrere Hun<strong>der</strong>t Me-<br />

ter zurücklegen. Zum Vergleich: Hochgerechnet auf<br />

die menschliche Körpergröße, legt eine Blattschnei-<br />

<strong>der</strong>ameise täglich mehr als 20 000 Kilometer zurück —<br />

mit etwa acht Tonnen Gepäck auf ihrem Rücken. Eine<br />

Leistung, die sämtliche Gesetze <strong>der</strong> Physik außer Kraft<br />

ERNTE-GENIES<br />

Wie groß ist das Stück? Wie<br />

schwer? Können es die Kolleginnen<br />

am Boden tragen? Die<br />

Schnei<strong>der</strong>innen errechnen<br />

instinktiv vor ihrer Erntearbeit,<br />

welche Maße das<br />

Blattstück haben darf.<br />

zu setzen scheint. Die Untersuchung des in Südameri- ><br />

4ta<br />

BIO-BAUERN<br />

Langzeitstudien ergaben:<br />

Dank <strong>der</strong> Arbeitsteilung kann<br />

eine einzige Kolonie innerhalb<br />

eines Jahres 470 Kilo<br />

Biomasse ernten. Dies entspricht<br />

einer Blattfläche von<br />

bis zu 4500 Quadratmetern.


ofir"<br />

WER ENTSCHEIDET, WAS GEERNTET<br />

WIRD - UND WAS NICHT?<br />

Damit ein Super-Organismus aus Millionen Tieren überleben kann, braucht es<br />

vor allem eines: eine effiziente Kommunikation. Winzige Pflegerinnen kontrollieren<br />

ununterbrochen, ob es den Pilzen gut geht; sie entfernen Sparen frem<strong>der</strong><br />

Arten, und manche verwenden sogar eine Art Pestizid. Wenn ein Pilz Abwechslung<br />

auf dem Speiseplan wünscht, teilt er das den Pflegerinnen mit. Die Botschaft<br />

wird umgehend über Duftbotenstoffe weitergegeben, bis sie bei den Futtersammlerinnen<br />

ankommt, die sofort einen an<strong>der</strong>en Ernteplatz aufsuchen. So<br />

haben die Tiere selbst in 200 Metern Entfernung eine Art Standleitung zum Nest.<br />

76 ,<br />

ERNTE-BODYGUARDS<br />

Während die großen Arbeiterinnen<br />

die Blattstücke zum<br />

Nest bringen, sitzen auf <strong>der</strong><br />

Ernte kleinere Helferinnen, die<br />

als eine Art Sicherheitsdienst<br />

den Transport vor Parasiten<br />

schützen sollen.<br />

ka ausgegrabenen Riesen-Baus ergab: Insgesamt brin-<br />

gen die Arbeiterinnen während des 20-jährigen Staaten-<br />

daseins (das automatisch endet, wenn die Königin stirbt)<br />

40 Tonnen Erde an die Oberfläche und beför<strong>der</strong>n bis zu<br />

acht Tonnen Blätter und Gräser in die Kammern. Es<br />

scheint daher nicht übertrieben, wenn <strong>der</strong> Biologe Höll-<br />

dobler sagt: „Die Leistung <strong>der</strong> Blattschnei<strong>der</strong>ameisen ist<br />

vergleichbar mit dem Bau <strong>der</strong> Chinesischen Mauer."<br />

Im Gegensatz zur leblosen Chinesischen Mauer würde<br />

<strong>der</strong> Super-Organismus <strong>der</strong> Blattschnei<strong>der</strong>ameisen jedoch<br />

innerhalb eines Tages kollabieren — würden nicht Millio-<br />

nen Zellen 24 Stunden am Tag dafür sorgen. dass das<br />

Verdauungssystem arbeiten und die Lunge atmen kann<br />

— und selbst Krebsgeschwüre kein Problem darstellen ...<br />

KANN EIN AMEISENSTAAT VOR EINEM<br />

TUMOR EINFACH DAVONLAUFEN?<br />

Das Verdauungssystem des Super-Organismus besteht<br />

aus Pilzen, die in Tausenden Kammern von den Blatt-<br />

schnei<strong>der</strong>ameisen gezüchtet werden. Die Pilze werden<br />

ununterbrochen mit Blättern und Gräsern versorgt. In<br />

den Kammern landen je<strong>der</strong> geerntete Grashalm und je-<br />

des erbeutete Blatt im Umkreis von mehreren Hun<strong>der</strong>t<br />

KINDERMADCHEN<br />

Blattschnei<strong>der</strong>ameisen haben<br />

eine perfekte Arbeitsteilung:<br />

Kleinere Arbeiterinnen kümmern<br />

sich um den Nachwuchs (r.),<br />

größere Arbeiterinnen und<br />

Soldatinnen sind für die Ernte<br />

und die Verteidigung zuständig.<br />

GEBAR-MUTTER<br />

Die Königin ist eine reine Eierlegemaschine.<br />

Bei den Blattschnei<strong>der</strong>ameisen<br />

bringt sie am<br />

Tag rund 29000 Eier hervor. Im<br />

Laufe ihres 20-jährigen Lebens<br />

kann sie bis zu 200 Millionen<br />

Nachkommen haben.<br />

Metern. Schließlich ernähren die Pilze den gesamten<br />

Staat. Denn im Gegensatz zu den frisch geernteten Grä-<br />

sern enthalten die kompostierten Pilze wesentlich mehr<br />

Nährstoffe. Ohne die Pilzgärten wäre daher kein Staat<br />

überlebensfähig — alternative Nahrungsquellen gibt es<br />

nicht: „Versucht man, Blattschnei<strong>der</strong>ameisen im Labor<br />

ohne einen Pilz zu halten. verhungern sie — auch wenn<br />

man ihnen sonst jede erdenkliche Nahrung anbietet",<br />

sagt Hölldobler.<br />

Aber was passiert, wenn die Pilze sterben? „Dann bleibt<br />

nur <strong>der</strong> Umzug. Vor allem. wenn ein Parasit in den Pil-<br />

zen wie ein Tumor überhand nimmt", erklärt Hölldobler,<br />

„Wir Menschen können unserem Krebs nicht davonlau-<br />

fen — Blattschnei<strong>der</strong>ameisen können das." Der Umzug<br />

selbst ist eines <strong>der</strong> faszinierendsten Naturschauspiele<br />

unseres Planeten: So konnte Hubert Herz. ein damali-<br />

ges Mitglied <strong>der</strong> Würzburger Gruppe um Hölldobler, be-<br />

obachten, wie die ersten Tiere Stückchen <strong>der</strong> noch in-<br />

takten Pilze aus dem Bau tragen. Danach kommen die<br />

Arbeiterinnen, geschützt von Soldatinnen. Zum Schluss<br />

kommt die Königin, umgeben von sechs Bodyguards.<br />

Bei <strong>der</strong> geringsten Störung wird sie sofort unter ein Blatt<br />

geschoben, vor das sich die Soldatinnen stellen. Erst


wenn die Gefahr vorbei ist, darf die Königin wie<strong>der</strong> aus<br />

ihrem Versteck und wird in die neue Bruthöhle begleitet.<br />

WIE KOORDINIERT MAN VIER MILLIONEN<br />

ARBEITERINNEN GLEICHZEITIG?<br />

Gleichmäßig wie ein Uhrwerk bohren sich die Kieferzan-<br />

gen <strong>der</strong> großen Arbeiterin durch die Fasern des Blatts.<br />

Dabei schneidet sie keineswegs wahllos drauflos. Wie<br />

schwer wird das Stück sein? Kann es von einer kleinen<br />

Ernte-Ameise am Boden getragen werden? O<strong>der</strong> braucht<br />

es ein Spezialteam zum Abtransport? „Jede Arbeiterin<br />

muss vor dem Schneiden Größe und Gewicht <strong>der</strong> Ernte<br />

genau abschätzen", erklärt Hölldobler. Sobald das he-<br />

rausgeschnittene Stück <strong>der</strong> großen Arbeiterin zu Boden<br />

fällt, startet die Transportmaschinerie des Super-Orga-<br />

nismus: Ist es nicht zu groß, wird das Stück sofort von<br />

kleineren Erntehelferinnen eingesammelt und in den Bau<br />

gebracht. Dafür nutzen die Blattschnei<strong>der</strong>ameisen ver-<br />

schiedene Seitenstraßen, später die Hauptverkehrsstra-<br />

ße, die in einem Fluss von Tausenden Arbeiterinnen zum<br />

250 Meter entfernten Nest führt. Am Nest angekommen,<br />

wird das Blattstück an Heimarbeiterinnen abgegeben, die<br />

es zu Brei zerkauen, auf dem <strong>der</strong> Pilz wachsen kann.<br />

Aber woher weiß jede Arbeiterin so genau, wo, wann und<br />

was sie ernten soll? Wie koordiniert man vier Millionen Ar-<br />

beiterinnen gleichzeitig? Und warum kommt es nie zum<br />

Stau auf den Ameisenstraßen <strong>der</strong> Erntearbeiterinnen?<br />

Die Arbeitsteilung, <strong>der</strong> Nahrungsbedarf <strong>der</strong> Pilze, die<br />

Fortpflanzung - sämtliche Informationen über das Le-<br />

ben im Super-Organismus werden über Botenstoffe wei-<br />

tergeleitet. So legen Millionen Blattschnei<strong>der</strong>ameisen<br />

Pheromon-Spuren, die zu Blättern o<strong>der</strong> Gräsern führen.<br />

Dabei ist die chemische Substanz hochpotent. „Ein Milli-<br />

gramm einer Komponente ihres Fährtenstoffs würde ge-<br />

nügen, um 60-mal eine Spur um die Erde herumzule-<br />

gen", sagt Bert Hölldobler. Außerdem trägt jede Kaste<br />

eine für sie typische chemische Uniform, an <strong>der</strong> die<br />

Ameisen einan<strong>der</strong> erkennen. Auf diese Weise wird ihre<br />

Anzahl ständig kontrolliert. So entfernte <strong>der</strong> Ameisen-<br />

forscher Edward 0. Wilson in einem Experiment einmal<br />

die Hälfte <strong>der</strong> großen Blattschnei<strong>der</strong>innen: Der Super-<br />

Organismus erkannte das Problem innerhalb kürzester<br />

Zeit, und die Königin produzierte so lange vermehrt<br />

Arbeiterinnen <strong>der</strong> fehlenden Kaste, bis das Verhältnis<br />

wie<strong>der</strong> stimmte.<br />

Und was passiert, wenn die Kommunikation durch-<br />

brochen wird? Zum Beispiel durch einen Brand, <strong>der</strong> die<br />

Pheromon-Fährten zerstört und die Arbeiterinnen auf<br />

den Erntefel<strong>der</strong>n vom Nest abkoppelt? Zunächst<br />

herrscht Chaos, und alle Ameisen rennen orientierungs-<br />

los mit ihrer Ernte auf dem Rücken durcheinan<strong>der</strong>. Doch<br />

sobald die ersten Arbeiterinnen den Weg zurück gefun-<br />

den haben, legen sie neue Spuren aus und kommu-<br />

nizieren damit: „Zum Nest geht es hier lang." Der Bau<br />

des Staates, die Arbeitsaufteilung <strong>der</strong> Ernte, die Produk-<br />

tion des Nachwuchses - alles ist minutiös geplant, und<br />

auch im größten Chaos funktioniert alles nach Plan. Ein<br />

Phänomen, das beim Menschen nur selten beobachtet<br />

werden kann ... HANNES WELLMANN<br />

MI<br />

Das Buch „Der Superorganismus<br />

- <strong>der</strong> Erfolg<br />

von Ameisen, Bienen,<br />

Wespen und Termiten"<br />

von Bert Hölldobler und<br />

Edward 0. Wilson gilt<br />

als Meilenstein <strong>der</strong> Erforschung<br />

des sozialen<br />

Verhaltens bei Insekten.<br />

606 S., Springer Verlag,<br />

79,95 Euro.<br />

WIE SAUT MAN EIN AMEISENNEST?<br />

16<br />

DVD AMEISEN — DIE GEHEIME WELTMACHT"<br />

gaszinierende Dokumentation über das spektakuläre<br />

eben <strong>der</strong> Ameisen<br />

FOTOS: Wolfgang Thaler aus .,Der Superorganismus", Springer Verlag (4): Meckes/Ottawa/Eye of Science/Agentur Focus: Joun&Rius/Naturepl.com:<br />

Moffett/Getty Images: Ziegler/Minden/Picture Press


.................<br />

Wun<strong>der</strong> Wissenschaft<br />

UNBERECHENBARE GEFAHR<br />

Sonden waren bisher die einzigen<br />

menschengemachten Objekte, die sich<br />

Asteroiden näherten. Im Sonnensystem<br />

kreisen viele Millionen <strong>der</strong> Gesteinsbrocken,<br />

sie sind Überreste <strong>der</strong> Planetenbildung.<br />

Wie genau sie aufgebaut sind<br />

und welche Bahnen sie beschreiben, ist<br />

schwer zu berechnen. Sie könnten<br />

auch für die Erde bedrohlich sein.<br />

............<br />

Wie land<br />

man auf eine<br />

Aster iden?<br />

Es ist einer <strong>der</strong> kühnsten Pläne <strong>der</strong> Raumfahrtgeschichte: Im Jahr 2025 soll <strong>der</strong> erste<br />

Mensch einen Asteroiden betreten. Eine hochriskante Mission, die jedoch bahnbrechende .;<br />

Erkenntnisse über den Ursprung - und das Überleben - <strong>der</strong> Menschheit liefern könnte...


Die Anatomie eines Trümmerteils<br />

Je<strong>der</strong> Asteroid ist ein ungenutzter Planetenbaustein aus <strong>der</strong> Frühzeit des Son-<br />

nensystems vor fast fünf Milliarden Jahren. Die größten messen mehrere Hun-<br />

<strong>der</strong>t Kilometer, die meisten Asteroiden sind jedoch sehr viel kleiner und haben<br />

we<strong>der</strong> Atmosphäre noch nennenswerte Schwerkraft. Aus diesem Grund sind sie<br />

auch nicht rund wie Planeten: Erst ab einem Durchmesser von etwa 1000 km<br />

werden alle Massen so stark zum Mittelpunkt des Körpers gezogen, dass eine<br />

Kugelform sich bilden kann. Asteroiden gleichen eher Kartoffeln und rotieren<br />

entsprechend unregelmäßig.<br />

LOSE SCHUTTHALDE<br />

Der 535 m gjoße Asteroid Itokawa ist<br />

ein loser Klumpen aus Geröll, das sich<br />

nach Kollisionen zwischen Asteroiden<br />

zusammengefügt hat und durch seine<br />

geringe Schwerkraft mal eben so<br />

zusammengehalten wird.<br />

.................<br />

.."<br />

................<br />

...................................<br />

KARTE DER ANZIEHUNG<br />

Die Grafiken zeigen die unterschiedliche<br />

Verteilung <strong>der</strong> Schwerkraft auf ltokawa,<br />

von Rot (schwach) bis Blau (stark). Ein<br />

Ball, den man in einem roten Bereich<br />

fallen ließe, würde erst nach Grün und<br />

dann nach Blau rollen.<br />

Tief bohrt sich <strong>der</strong> Eispickel in den Felsen, bei<br />

jedem Hieb wirbelt feinster Staub auf und ver-<br />

harrt in einer Wolke über dem Boden. Andrew<br />

MacLachlan treibt Löcher ins Gestein, montiert Haken,<br />

die ein Netz von Seilen halten sollen. Es geht nur zenti-<br />

meterweise voran. Als MacLachlan plötzlich den Halt<br />

verliert, stößt er einen Fluch aus, bekommt gerade noch<br />

das Seil zu fassen. Doch statt in die Tiefe zu stürzen,<br />

schwebt er über dem Felsen. Durch das Visier seines<br />

Helms sieht er sein Raumschiff 50 Meter über sich trei-<br />

ben. Fünf Millionen Kilometer entfernt lässt sich eine win-<br />

zige blaue Kugel nur noch erahnen: die Erde. Doch hier,<br />

auf diesem kargen Eiland im <strong>Welt</strong>all, spielt sich gerade<br />

die kühnste Mission <strong>der</strong> Raumfahrtgeschichte ab: Wir<br />

schreiben das Jahr 2025, <strong>der</strong> erste Mensch betritt einen<br />

Asteroiden. O<strong>der</strong> besser: Er klammert sich daran fest.<br />

WAS WISSEN ASTEROIDEN ÜBER DEN<br />

URSPRUNG DES SONNENSYSTEMS?<br />

Als US-Präsident Barack Obama im April 2010 den Plan<br />

bekannt gab, dass die nächste bemannte Raummission<br />

auf einem Asteroiden landen soll, hielt die Fachwelt den<br />

Atem an. „Das ist die wohl schwerste Aufgabe, die wir<br />

je hatten", sagt NASA-Administrator und Ex-Astronaut<br />

Charles Bolden. Eine solche Reise würde viel länger dau-<br />

ern und weitaus größere Gefahren bergen als eine Rei-<br />

se zum Mond. Denn Asteroiden sind die unberechen-<br />

barsten Objekte, die das Sonnensystem zu bieten hat.<br />

4,5 Milliarden Kilometer von <strong>der</strong> Sonne entfernt, bilden<br />

unzählige Gesteinsbrocken die äußere Grenze des Son-<br />

nensystems: den Kuipergürtel. Der gleicht einer riesigen ><br />

79<br />

". ........


Schutthalde aus Überresten des Sonnennebels. Aus dem<br />

entstanden vor etwa 4,5 Milliarden Jahren Sonne und<br />

Planeten. Auch zwischen den Bahnen von Jupiter und<br />

Mars kreist ein Asteroidengürtel mit etwa 300 000 be-<br />

kannten Himmelskörpern. Einzig die gigantische Schwer-<br />

kraft des Jupiters hielt die Brocken davon ab, sich zu ei-<br />

nem Planeten zusammenzuschließen.<br />

Und dies fasziniert die Wissenschaftler an Asteroiden<br />

beson<strong>der</strong>s: Sie stellen den Ursprung <strong>der</strong> Planetenbil-<br />

dung dar, sind unverfälschte Fossilien des Sonnensys-<br />

tems und bergen die Geheimnisse <strong>der</strong> Entstehung unse-<br />

rer <strong>Welt</strong> in sich. Und vielleicht auch des Lebens. Jetzt<br />

entdeckten NASA-Astronomen mithilfe von Infrarotauf-<br />

nahmen auf dem All-Brocken 24 Themis eine Hülle aus<br />

Eis und komplexen organischen Molekülen. Das erhär-<br />

tet die Theorie, <strong>der</strong>zufolge Asteroiden durch Einschläge<br />

VVasser auf die junge Erde gebracht haben könnten.<br />

Doch damit kommen wir zum akuten Problem — Stichwort<br />

Einschläge. Passieren Asteroiden o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e kleine Him-<br />

melskörper bei ihrem Umlauf um die Sonne die Erdbahn,<br />

werden sie als Erdnahe Objekte (engl.: near- Earth ob-<br />

jects, NE0s) bezeichnet. Die NASA hat 7166 entdeckt, die<br />

mehrere 100 Meter groß sind, davon sind 1134 sogenann-<br />

te Potentially Hazardous Objects, die für die Erde eine Be-<br />

drohung darstellen können, weil sie ihr in den nächsten<br />

Jahrzehnten sehr nahekommen und groß genug sind, um<br />

bei einem Einschlag einen halben Erdteil zu zerstören<br />

(Stand: Juli 2010). O<strong>der</strong> dessen Folgen ganze Gruppen<br />

von Tieren auslöschen könnten, wie es bei den Dinosau-<br />

riern vor 65 Millionen Jahren <strong>der</strong> Fall war. „Wir sind schlau-<br />

er als die Dinosaurier", betont <strong>der</strong> Astrophysiker John<br />

Sonne<br />

Grunsfeld und rechtfertigt so wohl auch die zusätzlichen<br />

sechs Milliarden Dollar, die die US-Regierung in den<br />

nächsten fünf Jahren in das NASA-Projekt investieren will.<br />

ES GILT: FESTHALTEN UND KEINE GROSSEN<br />

SPRÜNGE MACHEN!<br />

VVürden Menschen auf einem bedrohlichen Asteroiden<br />

landen, könnte man Informationen darüber sammeln, wie<br />

sich die potenzielle Planeten-Bombe umleiten ließe. Dafür<br />

liegen bei <strong>der</strong> NASA Dutzende Pläne und Szenarien in <strong>der</strong><br />

Schublade, eine davon: Mission B612. Danach soll ein<br />

atombetriebenes, unbemanntes Raumschiff an einen 200<br />

Meter langen Asteroiden andocken und ihn anschieben.<br />

Doch niemand weiß, wie ein Asteroid auf das Andocken<br />

reagiert. Da er wahrscheinlich aus Einzelbrocken besteht.<br />

ist das Risiko groß, dass er durch den Aufprall des Schif-<br />

fes in Tausend Teile zerfällt. Eine bemannte Mission könn-<br />

te klären, wie stabil <strong>der</strong> Asteroid wirklich ist.<br />

Und damit kommen wir wie<strong>der</strong> zum Astronauten Andrew<br />

MacLachlan, <strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Asteroidenoberfläche hängt.<br />

<strong>Welt</strong>raumspaziergänge und Hüpfer, wie Neil Armstrong<br />

und Co. sie 1969 auf dem Mond vollführten, würden ihn<br />

unweigerlich in die Weiten des Alls katapultieren. Grund:<br />

Ein Asteroid hat eine extrem schwache Schwerkraft, die<br />

in ihrer Intensität sehr unregelmäßig ist. Ein größeres<br />

Raumschiff könnte wohl eher an den Brocken andocken<br />

o<strong>der</strong> nahebei kreisen, als direkt darauf zu landen. „Es ist<br />

Am 13. Juni brachte sie eine Probenkapsel zur Erde, <strong>der</strong>en Inhalt so<br />

wertvoll ist wie Gold und Diamanten: Sieben Jahre lang war die japanische<br />

Sonde „Hayabusa" unterwegs, im November 2005 stieß sie auf den<br />

Asteroiden 'tokawa hinab. Nach einigen Pannen (Kontrollsysteme fielen<br />

aus, die Landung gelang erst im zweiten Anlauf) konnte die Sonde beginnen,<br />

Bodenproben zu nehmen. Derzeit wird <strong>der</strong> Staub noch untersucht.<br />

ASTEROIDEN-TRIP<br />

Die Sonde „Hayabusa" verließ 2003<br />

die Erde (1), flog <strong>der</strong> 'tokawa-Bahn<br />

(weiß) entgegen (rote Flugbahn),<br />

landete dort 2005 (2), flog mit, bis<br />

<strong>der</strong> Asteroid 2007 auf einer erdnahen<br />

Position war (3), und kehrte 2010<br />

(orange Flugbahn) zur Erde<br />

zurück (4).<br />

_


ein bisschen so, als wolle man einen komplizierten Bil-<br />

lardstoß ausführen, während jemand am Tisch ruckelt",<br />

beschreibt NASA-Projektleiter Joseph Nuth das hoch<br />

komplizierte Manöver.<br />

Astronauten müssten sich mit Spikes, Raketen-Jetpacks<br />

o<strong>der</strong> Netzen auf <strong>der</strong> Oberfläche halten können. Und man<br />

verliert auf einem unregelmäßig geformten und wild rotie-<br />

renden Himmelskörper leicht die Orientierung: Die „Tage"<br />

sind viel kürzer, die Sonne würde nur so über den nur ei-<br />

nige Hun<strong>der</strong>t Meter breiten Horizont rasen. „Wir haben<br />

nicht genügend Daten, um einen Menschen guten Gewis-<br />

sens dort hinaufzuschicken", sagt Daniel Scheeres von<br />

<strong>der</strong> University of Colorado, <strong>der</strong> die chaotischen Orbits von<br />

Asteroiden simulierte. Ist eine Asteroidenmission also ein<br />

hochriskantes Himmelfahrtskommando, von dem man die<br />

Finger lassen sollte?<br />

„Wenn Menschen kein Erdnahes Objekt anfliegen kön-<br />

nen, dann schaffen sie es auch nicht bis zum Mars", sagt<br />

<strong>der</strong> Astronautik-Professor Ed Crawley vom Massachu-<br />

setts Institute of Technology. Im Vergleich zu Missionen<br />

zum Mond o<strong>der</strong> zum Mars wird dabei sehr viel weniger<br />

Treibstoff verbraucht, weil sich das Gefährt beim Start<br />

nicht mühsam aus dem Schwerefeld eines Planeten he-<br />

rauskatapultieren muss. Auch die erdnahe Bahn des<br />

UNSANFTE<br />

LANDUNG<br />

Beim ersten Landeanflug<br />

(links) war <strong>der</strong><br />

Öffnungsmechanismus<br />

des Probenbehälters<br />

defekt. Erst die zweite<br />

Landung ermöglichte<br />

Bodenkontakt — und<br />

wertvolle Proben.<br />

AUSFÄLLE UND<br />

VERLUSTE<br />

Der Aufprall sorgte für<br />

ein Leck im Treibstofftank.<br />

Zudem verlor die<br />

Sonde einen Teil <strong>der</strong><br />

Kommunikation, auch<br />

die Landesonde „Minerva"<br />

verschwand unwie<strong>der</strong>bringlich<br />

im All.<br />

Asteroiden wäre energetisch günstig. „Man springt qua-<br />

si auf, wenn er sich <strong>der</strong> Erde nähert, bleibt einige Wochen<br />

und springt dann wie<strong>der</strong> ab", sagt <strong>der</strong> frühere NASA-<br />

Astronaut Ed Lu. Der Himmelskörper selbst wäre ein idea-<br />

les Trainingsgelände für künftige Marsmissionen: Mit den<br />

dort vorhandenen Stoffen, wie Wasserstoff, Kohlenstoff<br />

o<strong>der</strong> Eisen, lässt sich etwa die Energiegewinnung auf<br />

einem fremden Himmelskörper erproben. Und wo soll es<br />

hingehen? Derzeit stehen 42 Asteroiden, die im Zeitfens-<br />

ter um das Jahr 2025 auf einer günstigen Position liegen,<br />

bei <strong>der</strong> NASA in <strong>der</strong> engeren Auswahl. Der konkreteste<br />

Plan, „Flexible Path", hat den fußballfeldgroßen Asteroi-<br />

den 1999 A010 im Visier, <strong>der</strong> zunächst unbemannt, dann<br />

bemannt angeflogen und genau erforscht werden soll.<br />

Schon macht sich Pionierstimmung bei den Raumfah-<br />

rern breit „,Apollo 8' sollte eigentlich nie zum Mond flie-<br />

gen", erinnert sich NASA-Ingenieur Rob Landis, „aber die<br />

NASA sagte: ,Was, wenn wir's trotzdem machen?' Ich<br />

denke, eine Asteroidenmission wäre ,Apollo 8' <strong>der</strong> nächs-<br />

ten Generation." Ein kleiner, aber bedeuten<strong>der</strong> Schritt vor<br />

dem großen Sprung zum Mars. ASTRID KEBLER<br />

ASTEROIDEN-ÜBERWACHUNG<br />

http://www.jpInasa.govi‘.. oulvvatch/index.cfm<br />

htfp://impact. arc.nasa.gov/<br />

QUICKLINK ! SCHLAGWORT: 0 9 10ASTEROID<br />

Der schnelle Weg zu vielen weiterführenden Informationen<br />

zum Thema: Einfach das Schlagwort in das entsprechende Feld auf<br />

www.welt<strong>der</strong>wun<strong>der</strong>.de eingeben.<br />

STAUB-<br />

ENTNAHME<br />

6. November 2005:<br />

Nachdem eine kleine<br />

ugel auf die Oberflähe<br />

geschossen woren<br />

war, saugte eine<br />

Düse den aufgewirbelten<br />

Staub auf--


e http://finyurLcom/schweif<br />

schlauer In BO sekunden<br />

Ille, tsa',771=!Ir'VZ DNSRF<br />

IKRAHGEEN Y Mo<strong>der</strong>ator<br />

—<br />

von „<strong>Welt</strong> <strong>der</strong> Wun<strong>der</strong>" (RTL II, sonntags,18 Uhr)<br />

Normalerweise nicht. Doch im Januar<br />

machte das Hubble-Teleskop eine<br />

Aufnahme vom Objekt P2010 A2 (unten).<br />

Was aussieht wie ein Komet mit Schweif,<br />

ist in Wirklichkeit eine Trümmerwolke <strong>der</strong><br />

Kollision zweier kleiner Asteroiden aus<br />

dem Asteroidengürtel. Der Crash ereignete<br />

sich wahrscheinlich bei mehr als<br />

15 000 km/h, es wurde mehr Energie freigesetzt<br />

als von einer Atombombe. Der<br />

Druck des Sonnenlichts verteilte dann die<br />

Trümmer in einen nachziehenden Schweif.<br />

Ceres vereint 30 Prozent <strong>der</strong> Masse<br />

des Asteroidengürtels zwischen Mars<br />

und Jupiter und ist kleinster Zwergplanet<br />

des Sonnensystems. Der dicke Asteroid<br />

mit einem Durchmesser von fast 1000 Kilometern<br />

entstand vor 4,57 Milliarden Jahren<br />

und besteht aus drei Schichten: Ein<br />

Gesteinskern ist umgeben von einer 100<br />

Kilometer dicken Eisschicht, die die Hälfte<br />

<strong>der</strong> Masse von Ceres ausmacht. Darüber<br />

liegt eine dünne, staubige Kruste, auf <strong>der</strong><br />

etwa minus 38 Grad Celsius herrschen.<br />

MEHR INFORMATIONEN IM INTERNET UNTER MEHR INFORMATIONEN IM INTERNET UNTER<br />

http://tinyurl.com/dawnmission<br />

FALSCHER KOMET<br />

Der Asteroiden-Crash war 140<br />

Mio. km von <strong>der</strong> Erde entfernt<br />

Kreist ein Asteroid innerhalb von<br />

195 Millionen Kilometern um die Sonne,<br />

hat er eine ähnliche Bahn wie die Erde und<br />

ist damit ein Near Earth Object (NEO). 815<br />

von insgesamt 7166 NEOs sind größer als<br />

einen Kilometer. Wie groß das Einschlagsrisiko<br />

eines Asteroiden ist, bemisst die Turiner<br />

Skala zwischen 0 (unwahrscheinlich)<br />

und 10 (sichere Kollision). 4 ist <strong>der</strong> höchste<br />

Wert, den ein Asteroid bislang zeitweise<br />

erreicht hat: Doch Apophis nähert sich<br />

<strong>der</strong> Erde im Jahr 2029 „nur" auf 30 000 km.<br />

e http:Minyurl.comIturinskala<br />

r f7f, 1 /r9 11114<br />

weit <strong>der</strong> wun<strong>der</strong><br />

Trojaner-Asteroiden umrunden die<br />

Sonne in <strong>der</strong> gleichen Geschwindigkeit wie<br />

die Planeten. Ihre Position sind sogenannte<br />

Lagrange-Punkte. Dort heben sich die<br />

auf Planet und Sonne wirkenden Kräfte<br />

weitgehend auf. Dadurch können sich kleine<br />

Himmelskörper für unbegrenzte Zeit in<br />

<strong>der</strong> Nähe des Planeten aufhalten, ohne mit<br />

ihm zu kollidieren. Auch die Erde hat wahrscheinlich<br />

einen solchen unheimlichen<br />

Begleiter, den Asteroiden 2002 AA29 mit<br />

einem Durchmesser von ca. 100 Metern.<br />

e http:litinyurl.comItrojanerfakt<br />

ASTEROIDEN-ANATOMIE<br />

2015 wird die Sonde „Dawn" den dreischichtigen<br />

Ceres näher erkunden<br />

Sicher: Asteroiden stellen eine<br />

Bedrohung für unseren Planeten dar. Doch<br />

auch die Erde sorgt für Chaos auf den All-<br />

Brocken. Astronomen zeigten jetzt, dass<br />

ein Asteroid, <strong>der</strong> in einer Entfernung von<br />

16 Erdradien (ca. 100 000 km) an <strong>der</strong> Erde<br />

vorüberfliegt, starken Erschütterungen<br />

ausgesetzt ist. Dieses „seismische Schütteln"<br />

zieht den Himmelskörper in die Länge<br />

und wühlt die Oberfläche auf. Dabei<br />

gelangen frische Sedimente (Regolith) an<br />

die Oberfläche.<br />

e http:MinyurLcomlasteroidbeben<br />

KLEIN, ABER BRUTAL<br />

Für Forscher ist <strong>der</strong> Einschlag eines<br />

mehrere Kilometer großen Asteroiden<br />

weniger wahrscheinlich als <strong>der</strong> von<br />

bis zu 50 Meter großen Brocken, die<br />

in <strong>der</strong> Atmosphäre explodieren und<br />

Städte zerstören können.


DAS HERZ, DER<br />

ERSTE TAKTGEBER<br />

IM KÖRPER<br />

Menschliches Leben am 56. Tag: Schon in diesem Stadium ist<br />

die Entwicklung des Embryos und seiner Organe erstaunlich<br />

weit fortgeschritten. Deutlich zu sehen sind die Leber (großer<br />

orangeroter Bereich unten) und die Lunge (weiß), das Herz<br />

befindet sich unterhalb des linken Armes. Seine Kontraktionen<br />

beeinflussen die Entwicklung des Ungeborenen in diesem<br />

Stadium stärker als das noch extrem kleine Gehirn.<br />

DAS EIGENLEBEN DES HERZENS<br />

Bereits ab dem 21. Tag nach <strong>der</strong> Befruchtung einer<br />

Eizelle beginnt das Herz des Embryos zu schlagen —<br />

drei Wochen bevor Gehirn und Rückenmark angelegt<br />

sind. Erstaunlich, da später alle Körperfunktionen<br />

vom zentralen Nervensystem gesteuert werden. Aber<br />

das Herz, von einer bislang unbekannten Kraft zum<br />

ersten Schlag angetrieben, behält auch später zu<br />

einem erheblichen Teil seine Autonomie bei, wie<br />

neue Forschungsergebnisse zeigen ...<br />

,' irsio<br />

39,<br />

LENKT DAS HERZ DIE GEDANKEN?<br />

Neurokardiologen fanden heraus, dass Herz und Gehirn<br />

in kontinuierlichem Austausch miteinan<strong>der</strong> stehen.<br />

Alles spricht dafür, dass das Herz sogar weit mehr<br />

Informationen an das Gehirn sendet als umgekehrt.<br />

Zudem beeinflussen die vom Herzen ausgeschickten<br />

Signale die Wahrnehmung, die Emotionen und<br />

bestimmte Denkleistungen eines Menschen.


BLUTPUMPE MIT SUPERKRAFTEN<br />

Mit einer Leistung von 2,4 Watt ist das Herz die<br />

stärkste elektromagnetische Kraftquelle im Organismus.<br />

Das von ihm erzeugte Reizfeld lasst sich in<br />

allen menschlichen Zellen nachweisen — weshalb<br />

man „Herzströme" (das EKG) durch Elektroden an<br />

Händen und Beinen messen kann. Damit nicht genug.<br />

Forscher wiesen nach: Ähnlich wie ein Sonar. das<br />

nicht nur Signale aussendet, son<strong>der</strong>n auch empfängt,<br />

erhält das Herz Informationen über den Gesundheitszustand<br />

von Körper und Psyche.<br />

Wun<strong>der</strong> rTlensch<br />

DAS HERZ<br />

DAS ZWEITE GEHIRN UNSERES KÖRPERS<br />

Es ist <strong>der</strong> einzige Muskel, <strong>der</strong> niemals stillsteht, solange ein Mensch lebt.<br />

Doch seine Fähigkeiten gehen weit darüber hinaus. Forscher entdeckten jetzt:<br />

Das Herz verfügt über eine eigene Intelligenz, ein eigenes Nervensystem. Es<br />

kommuniziert mit unserem Körper, mit unserem Gehirn - und nimmt Einfluss<br />

auf unser Denken, Fühlen und Handeln<br />

95 9 IC


Die Iängsgestreiften Muskelfasern in <strong>der</strong> Muskulatur<br />

<strong>der</strong> Herzwände (großes Bild) sind am Zusammenziehen<br />

<strong>der</strong> Vorhöfe und Kammern beteiligt. Im Gegensatz<br />

zu den quergestreiften, willentlich steuerbaren<br />

Muskeln des Körpers ist ihre Bewegung unwillkürlich.<br />

Vergleich: Magenwandmuskulatur (Bild 0.1.,<br />

längsgestreift) mit Magenschleimhaut (violett) und<br />

Skelettmuskulatur (o.r., quergestreift wie die Herzmuskeln)<br />

aus den Armen.<br />

Das Mädchen war acht Jahre alt und völ-<br />

lig verängstigt. Dabei hatte es eine Herz-<br />

transplantation ohne Komplikationen und<br />

mit den besten Aussichten überstanden. Ohne jedes An-<br />

zeichen einer negativen Nachwirkung. Im Gegenteil: Das<br />

Kind schien fröhlicher und gesün<strong>der</strong> denn je. Aber nach<br />

ein paar Monaten setzten schlimme Albträume ein. Das<br />

Mädchen träumte, jemand würde es brutal ermorden.<br />

Beinahe jede Nacht quälte es <strong>der</strong>selbe Horrorfilm. Die<br />

Träume waren so belastend. dass die Eltern ihr Kind<br />

schließlich zu einem Psychiater brachten. Was er sagte,<br />

war kurz — und eine medizinische Sensation: "Quelle <strong>der</strong><br />

Albträume ist das neue Herz. Durch die Transplantation<br />

kam es zu einer Übertragung von Lebenserfahrungen<br />

des Trägers auf den Empfänger des Organs."<br />

Ein Herz, das Lebenserfahrungen überträgt? Gefühle?<br />

Ängste? Was sich anhört wie das Hirngespinst eines For-<br />

schers, ist wissenschaftlicher Fakt. Darum kann sich<br />

auch Gary Schwartz, Professor für Psychologie an <strong>der</strong><br />

University of Arizona, auf Konferenzen <strong>der</strong> Aufmerksam-<br />

keit seines Publikums sicher sein. Seit Jahrzehnten er-<br />

forscht Schwartz zusammen mit Neurologen. Psychia-<br />

tern und Herzspezialisten ein faszinierendes Phänomen:<br />

die Übertragung von Eigenschaften, Erinnerungen und<br />

Vorlieben durch ein Spen<strong>der</strong>herz auf seinen Empfänger.<br />

Mehr als 70 Fälle weltweit hat Schwartz detailliert unter-<br />

sucht. Der Fall des von Albträumen geplagten Mädchens<br />

erscheint beson<strong>der</strong>s spektakulär: Es stellte sich heraus,<br />

dass sein Herz von einer Zehnjährigen stammte, die er-<br />

mordet worden war. Zwar war sie noch lebend aufge-<br />

funden worden, erlag aber ihren Verletzungen im Kran-<br />

kenhaus.<br />

Doch das war noch nicht alles. Der Psychiater, <strong>der</strong> die<br />

kleine Empfängerin des Herzens behandelte, bekam den<br />

Eindruck, dass seine Patientin ihm Hinweise auf den


DAS GEHIRN DES<br />

HERZENS Nirgends<br />

produziert das Herz mehr<br />

Elektrizität als in <strong>der</strong><br />

rechten Vorkammer.<br />

Deren Funktion ist die<br />

eines autonomen Kontrollsystems.<br />

Sie unterbindet<br />

zu extreme Ausreißer<br />

im Herzrhythmus.<br />

PERFEKTES ZUSAM-<br />

MENSPIEL Das Herz ist weit<br />

mehr als nur Blut und Muskel. Ein<br />

Netzwerk aus Neurotransmittern,<br />

Proteinen und Neuronen stattet es<br />

mit Strukturen aus, die denen des<br />

Gehirns gleichen — inklusive <strong>der</strong><br />

Produktion von „Glücks"- und<br />

„Liebes"-Hormonen (Dopamin,<br />

Oxytocin).<br />

STRAHLENQUELLE<br />

Das Herz produziert ein Magnetfeld,<br />

das 5000-mal stärker ist<br />

als das des Gehirns. Es kann<br />

noch drei Meter von unserem<br />

Körper entfernt gemessen werden.<br />

Forscher untersuchen, ob dieses<br />

Magnetfeld uns hilft. intuitive<br />

Entscheidungen zu treffen.<br />

SYMPATHIE-DETEKTOR HERZ?<br />

Experimente des Herzspezialisten Prof. Rollin McCraty<br />

vom HeartMath Institute bestätigten, dass die Herzen<br />

von Menschen kommunizieren. Dies geschieht<br />

unbewusst mittels des Magnetfelds, das von den<br />

pulsierenden Herzzellen aufgebaut wird. Treffen<br />

zwei Magnetfel<strong>der</strong> aufeinan<strong>der</strong>, verän<strong>der</strong>n sie sich.<br />

Möglicherweise ist das die Quelle <strong>der</strong> „Liebe auf den<br />

ersten Blick" - o<strong>der</strong> tief empfundener Abneigung.<br />

DAS HERZ,<br />

UNSERE ZWEITE<br />

IQ-QUELLE<br />

Freude, Angst, Stress und Ruhe: Jedes Gefühl<br />

wird von unserem Herzen wi<strong>der</strong>gespiegelt,<br />

doch nicht nur durch seinen Rhythmus. 60<br />

bis 65 Prozent <strong>der</strong> Herzzellen sind Neuralzellen<br />

und damit beschäftigt, Informationen<br />

des Körpers zu verarbeiten. Das Herz verfügt<br />

über eine eigene Intelligenz.<br />

WO DAS ICH GEBO-<br />

REN WIRD Neue Studien<br />

beweisen: Das Bewusstsein<br />

entsteht im Gehirn und im<br />

Körper. Das Herz spielt dabei<br />

aufgrund seiner engen neuronalen<br />

Verbindung zum<br />

Gehirn eine zentrale Rolle.<br />

GEHIRN-BOOSTER<br />

Wenn das Herz uber längere Zeit<br />

in ruhigem Takt schlägt, sendet es<br />

Signale uber das Rückenmark an<br />

das Gehirn. Sie führen dazu, dass<br />

sich <strong>der</strong> Mensch beson<strong>der</strong>s "klar"<br />

fühlt. Er kann leichter Entscheidungen<br />

fällen und ist kreativer.<br />

welt <strong>der</strong> wun<strong>der</strong> 87 9/10


Mör<strong>der</strong> des Mädchens schil<strong>der</strong>te, und übergab seinen<br />

Bericht <strong>der</strong> Polizei. Die Angaben entpuppten sich als so<br />

genau, dass <strong>der</strong> Täter überführt werden konnte.<br />

Häufiger als Erinnerungen zeigen sich bei den Betroffe-<br />

nen nach einer Organtransplantation mit einem Mal Cha-<br />

raktereigenschaften, Vorlieben und Talente, die ihnen<br />

vorher gänzlich fremd waren.<br />

Was ist <strong>der</strong> Grund für diese plötzlichen Wandlungen?<br />

Wie kann ein Herz, das doch hauptsächlich ein Muskel<br />

ist, Erinnerungen speichern, wie es ein Gehirn mit sei-<br />

nen Nervenzellen kann? Die Spur führt in das Innerste<br />

unseres Körpers: zu den Zellen. Denn in ihnen gibt es<br />

ebenfalls einen Speicher für Erinnerungen: das Zellge-<br />

dächtnis. Zellen, die man einem Gewebe entnommen<br />

hat, „erinnern" sich in Form chemischer Markierungen<br />

an ihr früheres Umfeld. Auf diese Weise speichern Zel-<br />

len Verän<strong>der</strong>ungen o<strong>der</strong> können Krankheiten wie<strong>der</strong>er-<br />

kennen. „Warum sollten dann nicht auch Herzzellen in<br />

<strong>der</strong> Lage sein, Informationen psychischer Natur zu spei-<br />

chern?", fragen sich Forscher wie Schwartz.<br />

Szenenwechsel. Das HeartMath Institute in Boul<strong>der</strong><br />

Creek, Colorado. Hier sind Spezialisten für ein noch jun-<br />

I : ... ;' KK<br />

. ;74 ; .I. V\%<br />

% !<br />

.<br />

1 ,?,


hängig von Nervenverbindungen elektrische Energie pro-<br />

duzieren und sich auch dann noch zusammenziehen,<br />

wenn die Verbindung zum Körper gekappt ist.<br />

Einer <strong>der</strong> Pioniere <strong>der</strong> Neurokardiologie, Dr. J. Andrew<br />

Armour, entwickelte als Erster das Konzept des Heart<br />

Brain. Seine Forschung zeigte, dass das Herz tatsäch-<br />

lich über ein eigenes Nervensystem verfügt: Dieses ent-<br />

hält ein ganzes Netzwerk verschiedener Nervenzellen,<br />

Neurotransmitter, Proteine und Stützzellen, wie sie sich<br />

etwa im Gehirn finden. Dieses Netzwerk ermöglicht<br />

es dem Herzen nicht nur, unabhängig zu arbeiten und<br />

diese Vorgänge selbst zu koordinieren, son<strong>der</strong>n auch,<br />

zu lernen, sich zu erinnern und wahrzunehmen: Druck<br />

und Puls, hormonelle, chemische Informationen, aber<br />

auch Schmerz- und an<strong>der</strong>e emotionale Signale, die es<br />

in Form elektrischer Impulse an das zentrale Nerven-<br />

system weiterleitet.<br />

Der Herzmuskel schüttet sogar selbst Hormone und<br />

Neurotransmitter aus - Botenstoffe wie Dopamin o<strong>der</strong><br />

das Stresshormon Noradrenalin - und gibt diese ans<br />

zentrale Nervensystem ab. Eine direkte Verbindung be-<br />

steht zum Mandelkern, also genau zu dem Bereich des<br />

Gehirns, <strong>der</strong> die Verarbeitung von Emotionen steuert.<br />

Die Signale des Herzens verän<strong>der</strong>n messbar die Hirn-<br />

strommuster. So beeinflusst das Herz am Ende die Wahr-<br />

nehmung und die kognitiven Fähigkeiten, aber auch Ge-<br />

fühle und Gesundheit.<br />

DER STRESS - CODE DES HERZRHYTHMUS<br />

Bei gesunden Menschen arbeitet das Herz wie ein<br />

Hightech-Instrument mit doppelter Funktion: Während<br />

es supersensibel und ununterbrochen äußere und inne-<br />

re Signale registriert, reagiert es auf seine „Messergeb-<br />

nisse" mit fein abgestimmten Verän<strong>der</strong>ungen (Variatio-<br />

nen) <strong>der</strong> Herzschlagfolge (Heart Rate Variability, HRV).<br />

Die HRV beschreibt also die Fähigkeit des Herzens, den<br />

zeitlichen Abstand von einem Herzschlag zum nächsten<br />

laufend zu verän<strong>der</strong>n und sich so flexibel ständig wech-<br />

selnden Herausfor<strong>der</strong>ungen anzupassen.<br />

Damit ist das Herz ein Garant dafür, dass sich unser Kör-<br />

per den auf ihn einströmenden Reizen und Anfor<strong>der</strong>un-<br />

gen anpassen kann. Auch bei Gesunden schlägt das<br />

Herz nicht regelmäßig wie ein Uhrwerk. Der Abstand zwi-<br />

schen zwei Schlägen än<strong>der</strong>t sich ständig - nicht als Fol-<br />

ge von Herzrhythmusstörungen, son<strong>der</strong>n aufgrund ei-<br />

ner gut funktionierenden Anpassung <strong>der</strong> Herzfrequenz<br />

an verschiedene Lebenssituationen.<br />

Kann man umgekehrt daraus schließen, dass sich Er-<br />

krankungen im Herzschlagrhythmus wi<strong>der</strong>spiegeln? Ei-<br />

nige Forscher sehen in Störungen <strong>der</strong> Herzschlagfolge<br />

tatsächlich einen Globalindikator für psycho-neurokar-<br />

diale Prozesse. Unser Herzrhythmus wirkt sich auch um-<br />

gekehrt auf die Fähigkeit des Gehirns aus, Informationen<br />

zu verarbeiten, Entscheidungen zu treffen, Probleme zu<br />

lösen und kreativ zu sein. Nicht zuletzt für die Stressfor-<br />

schung sind diese Wechselwirkungen von Interesse.<br />

Biofeedback und viele neue Methoden werden gezielt<br />

eingesetzt, um mit Willenskraft den Herzrhythmus zu re-<br />

gulieren und in die richtige Balance zu bringen. Es gibt<br />

zahlreiche Studien mit gestressten Managern, übertrai-<br />

nierten Sportlern, nervösen Studenten o<strong>der</strong> Menschen<br />

mit versteckten Krankheiten, die zeigen, welche Rolle<br />

<strong>der</strong> Herzschlag beziehungsweise die Flexibilitätswerte<br />

(HRV) dabei spielen.<br />

DIE SUCHE NACH DEM GLEICHGEWICHT DES<br />

HERZENS<br />

„Wenn <strong>der</strong> Herzschlag so regelmäßig wie das Klopfen<br />

eines Spechtes o<strong>der</strong> das Tröpfeln des Regens auf dem<br />

Dach wird, stirbt <strong>der</strong> Patient binnen vier Tagen", for-<br />

mulierte vor 1700 Jahren <strong>der</strong> Legende nach <strong>der</strong> chine-<br />

sische Arzt Wang Shuhe. Was dieser große Heiler nicht<br />

wissen konnte: Er nahm damit wichtige Erkenntnisse <strong>der</strong><br />

Herzforschung <strong>der</strong> vergangenen Jahre vorweg.<br />

Den riesigen Einfluss <strong>der</strong> Herzschlagsvariabilität auf die<br />

Gesundheit bewies das HeartMath Institute durch Tests<br />

an Tausenden Angestellten in US-Firmen und <strong>der</strong> US-<br />

Verwaltung. Nach nur einem Monat speziellen Trainings<br />

(30 Minuten täglich, fünfmal die Woche) zur Harmonisie-<br />

rung <strong>der</strong> HRV hatte sich die Ausschüttung des „Jugend"-<br />

Hormons DHEA verdoppelt und die des Stresshormons<br />

Cortisol um 23 Prozent abgesenkt. In an<strong>der</strong>en Tests er-<br />

gab sich durch eine Stabilisierung des HRV eine Blut-<br />

druckabsenkung, die vergleichbar war mit dem Effekt ei-<br />

ner Gewichtsreduktion um zehn Kilogramm.<br />

Ziel <strong>der</strong> Übungen war es nicht, die Menschen zu<br />

Buddhas zu machen. Im Gegenteil: Es ging darum, die<br />

Herzfrequenz wie<strong>der</strong> den Erfor<strong>der</strong>nissen des Lebens an-<br />

zupassen, damit sie auch Stresssituationen standhielt.<br />

Ein Körper, dessen Herz eingeschränkt variabel ist,<br />

gleicht einem Auto, das statt sechs Gängen plötzlich nur<br />

noch zwei hat. Unser Herz schlägt extrem unterschied-<br />

lich: ruhig, wenn wir entspannt sind, uns über etwas freu-<br />

en, glücklich sind, positive Gedanken haben. Unregel-<br />

mäßig und chaotisch, wenn wir wütend und verärgert<br />

sind. Ohne entsprechende „Gänge" auszukommen hat<br />

für das Herz auf Dauer verheerende Folgen. Denn erst<br />

sie stellen das Gleichgewicht zwischen Herzschlag und<br />

Nervensystem dar. Und das ist die Voraussetzung für ein<br />

gesundes Herz. FRIEDERIKE SCHÖN<br />

HOMEPAGE DES HEARTMATH-INSTITUTS<br />

,vww.heartmat<br />

ANATOMIE DES HERZENS<br />

.vww.medizinfo.de/kardio/anatomie.htm<br />

wett <strong>der</strong> wun<strong>der</strong> Bg 9/10


WO SCHLÄGT ER ZU?<br />

Pro Jahr bilden sich allein in den USA 1200 Tornados,<br />

etwa zehn davon sind echte Killerstürme.<br />

Noch kann niemand ihre Entstehung vorhersagen.<br />

4#1<br />

SIMULATION Tornado<br />

Nur wenig auf <strong>der</strong> Erde ist komplexer als die Atmosphäre. Die<br />

Strömungen von Luft o<strong>der</strong> Wasser sind schwer zu berechnen.<br />

Und in <strong>der</strong> Atmosphäre kommen noch viele an<strong>der</strong>e Einflussfaktoren<br />

hinzu, die sich blitzschnell än<strong>der</strong>n können. Deshalb braucht<br />

man die stärksten Computer, um atmosphärische Phänomene<br />

wie einen Tornado nachbilden zu können. Erst wenn die Forscher<br />

einen solchen Sturm in <strong>der</strong> Simulation wirklich verstanden<br />

haben, werden Vorhersagen möglich sein.<br />

SUPERCHIPS<br />

2009 stellte das japanische Unternehmen<br />

Fujitsu neue Chips für<br />

Supercomputer vor. Die Scheibe<br />

enthält eine Vielzahl von Chips,<br />

je<strong>der</strong> hat acht Kerne, rechnet also<br />

so gut wie acht einfache Chips.


10.11.1.°111.P<br />

jegir.000.';401009'.1<br />

_T A b -<br />

-2j0, ■ -<br />

Sie simulieren Schlachten und<br />

Atomexplosionen, sie berechnen das<br />

<strong>Welt</strong>klima in zehn Jahren und die<br />

Wirkung von Medikamenten im<br />

Körper. Mit Supercomputern besitzt<br />

die Menschheit zum ersten Mal die<br />

Wun<strong>der</strong> Technik<br />

Möglichkeit, wirklich in die Zukunft zu<br />

schauen. Und das macht die Rechner<br />

zu wahren Macht-Maschinen<br />

Es sind einige US-Generäle, die sich in die-<br />

sem Konferenzzimmer versammelt haben.<br />

Tische und Wände sind bedeckt mit Landkarten: das Ein-<br />

satzgebiet zwischen Vietnam und Laos. Die Militärs be-<br />

fehlen einen Luftangriff, setzen Infanterieeinheiten in Be-<br />

wegung. Doch <strong>der</strong> Feind reagiert mit einem unvorherge-<br />

sehenen Ausweichmanöver, die eigenen Bodentruppen<br />

werden eingekesselt und aufgerieben. Gut für die Ameri-<br />

kaner, dass diese Schlacht nur eine Simulation ist. Das<br />

Hauptquartier <strong>der</strong> Generäle liegt in <strong>der</strong> Zentrale <strong>der</strong> RAND<br />

Corporation (Research And Development) in Santa<br />

Monica in Kalifornien. Und <strong>der</strong> Feind wird von einem Su-<br />

percomputer simuliert. Die RAND Corporation ist ein<br />

Thinktank, eine Denkfabrik, gegründet im Kalten Krieg, fi-<br />

nanziert von Rüstungsunternehmen und dem Pentagon.<br />

Ihre Aufgabe: <strong>der</strong> US-Armee strategische Vorteile und ge-<br />

heime Informationen zu verschaffen. Im Prinzip ist sie ein<br />

privater Geheimdienst. Zugleich war die Denkfabrik ent-<br />

scheidend bei <strong>der</strong> Entwicklung von Supercomputern. Mit<br />

<strong>der</strong>en Hilfe simulierte RAND im Auftrag des US-Militärs<br />

den Vietnamkrieg, den Sturz des iranischen Schahs und<br />

Kriege zwischen Pakistan und Indien sowie Indien und<br />

China. Ihre Supercomputer können jeden Schritt in einem<br />

extrem komplexen System berechnen. Wie ein Orakel lie-<br />

fern sie ein wahrscheinliches Szenario <strong>der</strong> Zukunft.<br />

91<br />

■■■ ■


SIMULATION Atomexplosion<br />

Seit 1992 führen die USA keine Atombombentests mehr durch.<br />

Müssen sie auch nicht. Die Forschungsinstitute des US-Militärs<br />

können mit den besten Supercomputern <strong>der</strong> <strong>Welt</strong> Waffentests<br />

simulieren. Daten dafür sammeln sie bei kleineren Explosionen<br />

o<strong>der</strong> vom NIF-Laser, <strong>der</strong> Plutonium und Uran beschießt. Dank <strong>der</strong><br />

Simulationen werden die US-Atombomben ständig auf den neuesten<br />

Stand gebracht. Auch die an<strong>der</strong>en Atommächte haben genug<br />

Supercomputer, um den Test-Stopp-Vertrag unterlaufen zu können.<br />

SIMULATION Hurrikan<br />

Welche Stadt wird er auslöschen? Wenn sich ein Hurrikan über<br />

dem Atlantik bildet und zum Golf von Mexiko zieht, kann die<br />

richtige Antwort auf diese Frage Leben retten. Ein Hurrikan hat<br />

zwar eine ungeheure Kraft, aber er unterliegt den Gesetzen <strong>der</strong><br />

Natur. Wenn man genug Einflussfaktoren kennt, lassen sich <strong>der</strong><br />

Weg und die Entwicklung des Sturms berechnen. Und je<strong>der</strong> neue<br />

Sturm liefert Daten für die nächste Simulation. Im Duell Supercomputer<br />

vs. Hurrikan werden die Maschinen immer besser.<br />

DIGITALES PLASMA<br />

Militärforschung hat oft zwei<br />

■ Seiten. Mit den Daten des NIF-<br />

♦ / Lasers kann man Explosionen<br />

simulieren, aber auch das Plasma<br />

eines Kernfusionsreaktors (r.).<br />

Solch ein Reaktor könnte alle<br />

Energieprobleme lösen.<br />

0--<br />

HÖLLEN-LASER<br />

Die NIF-Laser sind stark<br />

genug, um an einem<br />

winzigen Punkt Temperaturen<br />

wie in einer<br />

Atombombe zu erzeugen.<br />

SIMULAilON Superjet<br />

Ob Kampfjet o<strong>der</strong> Linienflieger — ein neues Flugzeug startet<br />

immer zum ersten Mal im Supercomputer. Die Herstellung von<br />

Prototypen ist enorm teuer, deshalb werden sie erst einmal<br />

im Rechner simuliert. Hier kann man dann testen, wie die Luft<br />

um die Flügel strömt o<strong>der</strong> wie sich <strong>der</strong> Turbinenlärm ausbreitet.<br />

Gerade die Formeln <strong>der</strong> Strömungsphysik sind extrem kompliziert.<br />

Auch die Autoindustrie und an<strong>der</strong>e Maschinenbauer<br />

testen ihre Prototypen zuerst in starken Computern.


WERDEN SUPERCOMPUTER<br />

DEN KRIEG NEU ERFINDEN?<br />

Heute ist je<strong>der</strong> PC so gut wie ein früherer Supercomputer -<br />

dank <strong>der</strong> Forschung in Rüstungslaboren<br />

Eine Maschine, die die kompliziertesten Formeln und die<br />

Zukunft berechnen kann - kein Wun<strong>der</strong>, dass vor allem<br />

das Militär Supercomputer entwickelt und für seine Zwe-<br />

cke einsetzt. Tatsächlich hat die Forschungsabteilung<br />

des Pentagons kürzlich ein Projekt gestartet mit dem<br />

Ziel, einen Supercomputer zu entwickeln, <strong>der</strong> so klein<br />

und mobil ist, dass man ihn in Kriegsgebiete mitnehmen<br />

kann. Ein solcher Rechner würde in Echtzeit ein ganzes<br />

Schlachtfeld analysieren, gegnerische Truppen aufspü-<br />

ren und ihre Handlungen vorhersagen. „Projektive<br />

Kampf-Analyse" lautet das Stichwort. Der Rechner<br />

würde mit Soldaten kommunizieren, aber vor allem mit<br />

Drohnen und Kampfrobotern, die zum Teil schon heute<br />

im Einsatz sind. Die Maschinen könnten einen Großteil<br />

Kampfes übernehmen. Es ist aber denkbar, dass<br />

eine Schlacht gar nicht stattfindet, weil ein Com-<br />

puter berechnet hat, dass sie nicht gewonnen<br />

werden kann.<br />

Inzwischen beantworten die Mega-Rechner auch<br />

wichtige zivile Forschungsfragen. Doch wie konstruiert<br />

man einen Rechner, <strong>der</strong> 10 000-fach o<strong>der</strong> gar 100 000-<br />

fach schneller arbeitet als ein normaler PC?<br />

Tatsächlich stecken im Herzen eines Supercomputers gar<br />

keine beson<strong>der</strong>en Bauteile. Die Chips sind genau diesel-<br />

ben wie die in einem 08/15-Rechner. Entscheidend ist<br />

nur die Anzahl. Der Rekordhalter ist <strong>der</strong> „Jaguar"-Rech-<br />

ner am Oak Ridge National Laboratory in den USA, er ar-<br />

beitet mit 37 538 AMD Quad-Core-Prozessoren. Quad<br />

Core bedeutet, dass je<strong>der</strong> <strong>der</strong> Prozessoren selbst noch<br />

einmal in vier Einzelprozessoren unterteilt ist. Übrigens:<br />

Auch das Oak Ridge National Laboratory gehört <strong>der</strong> US-<br />

Regierung und betreibt unter an<strong>der</strong>em Militärforschung.<br />

Schon lange lässt sich die Leistungsfähigkeit von Super-<br />

computern nur noch steigern, indem man immer mehr<br />

Chips in die Maschinen einsetzt. Diese Supercomputer-<br />

technologie ist inzwischen auf unserem Schreibtisch an-<br />

gekommen. Ein normaler PC mit einem Quad-Core-Chip<br />

arbeitet eben auch mit vier Prozessoren und nicht nur mit<br />

einem, wie es noch Computer <strong>der</strong> 90er-Jahre taten. Tat-<br />

sächlich ist ein guter PC aus dem Supermarkt heute so<br />

leistungsfähig, wie es ein Supercomputer vor 20 Jahren<br />

war. Wichtige Grundlagen für solche Parallelrechner hat<br />

die RAND Corporation geschaffen. Die Herausfor<strong>der</strong>ung<br />

bei Supercomputern ist die Software: Die Programme<br />

müssen so geschrieben werden, dass sie Probleme in ei-<br />

ne Vielzahl von Einzelaufgaben zerlegen können. Die wer-<br />

den auf die vielen Prozessoren verteilt und später wie<strong>der</strong><br />

zu einem Ergebnis zusammengefügt. Für die Arbeit mit<br />

Supercomputern wurden sogar eigene Programmierspra-<br />

chen entwickelt. Als Betriebssystem nutzen aber fast al-<br />

le Mega-Rechner Linux. Da dieses Betriebssystem nicht<br />

durch Patente und Copyrights geschützt ist, können es<br />

die Programmierer für ihre gigantischen Rechner maß-<br />

schnei<strong>der</strong>n. Außerdem ist es weniger fehleranfällig als<br />

an<strong>der</strong>e Betriebssysteme.<br />

KANN EINE ATOMBOMBE<br />

IM COMPUTER EXPLODIEREN?<br />

Die USA nutzen Supercomputer, um im Wettlauf mit ande-<br />

ren Supermächten einen strategischen Vorteil zu erlangen<br />

Die National Ignition Facility (NIF) am amerikanischen<br />

Lawrence Livermore National Laboratory ist wahrschein-<br />

lich die stärkste Laser-Anlage <strong>der</strong> <strong>Welt</strong>. Eigentlich besteht<br />

die Anlage, die eine riesige Halle füllt, aus 192 einzelnen<br />

Lasern. Sie feuern alle gleichzeitig, und ihre Strahlen wer-<br />

den in einem einzigen Punkt vereint. An diesem Punkt<br />

wird so viel Energie frei wie sonst nur bei einer Atomex-<br />

plosion o<strong>der</strong> im Inneren eines Sterns. Wenn man die NIF-<br />

Wissenschaftler fragt, was sie erforschen wollen, nennen<br />

sie sofort die Kernfusion. Mit dem Laserlicht wollen sie<br />

Wasserstoff-Atome zu Helium-Atomen verschmelzen.<br />

Diese Reaktion versorgt Sterne mit Energie. Wenn <strong>der</strong><br />

Prozess auf <strong>der</strong> Erde zu kontrollieren wäre, würde das<br />

alle Energieprobleme <strong>der</strong> Menschheit lösen. Allerdings<br />

ist das Lawrence Livermore National Laboratory auch ><br />

wvit dwr wun<strong>der</strong> 93 9/10


1 SIMULATION<br />

SIMULATION Protein-Faltung<br />

Proteine sind die kompliziertesten und wichtigsten Moleküle in<br />

<strong>der</strong> Natur. Sie erledigen fast alle entscheidenden Aufgaben unserer<br />

Körperzellen. Die Zusammensetzung eines Proteins aus einzelnen<br />

Bausteinen können Forscher leicht entschlüsseln. Doch<br />

dann wissen sie noch nicht, zu welcher dreidimensionalen Struktur<br />

sich das fertige Protein faltet. Aus dem Aufbau eines Proteins<br />

dessen gefaltete Struktur vorherzusagen, ist fast unmöglich und<br />

funktioniert, wenn überhaupt, nur mit Supercomputern.<br />

ZUKUNFTS-<br />

RECHNER<br />

MareNostrum (o.)<br />

ist einer <strong>der</strong> 100<br />

stärksten Computer<br />

<strong>der</strong> <strong>Welt</strong>, gehört <strong>der</strong><br />

Uni Barcelona und '<br />

wurde in einer alten<br />

Kapelle aufgestellt.<br />

Er rechnet für die<br />

Pharmaforschung.<br />

Galaxie<br />

Auch die Vorgänge im Universum können wir nur mithilfe von<br />

Supercomputern verstehen. Der US-Forscher Gaurav Khanna<br />

benutzt seinen PS3-Supercomputer, um Kollisionen von schwarzen<br />

Löchern zu simulieren. An<strong>der</strong>e Forscher wollen wissen, wie<br />

sich ganze Galaxien (o. I.) im Laufe <strong>der</strong> nächsten Jahrmilliarden<br />

verhalten. Sie berechnen ein Galaxienmodell (o. r.), das sich<br />

dann im Zeitraffer entwickelt. So wollen die Forscher unter<br />

an<strong>der</strong>em die Geheimnisse <strong>der</strong> dunklen Materie lüften.<br />

eine <strong>der</strong> wichtigsten Atomwaffen-Schmieden <strong>der</strong> USA.<br />

Und es besitzt einen Supercomputer, <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeit Platz 5<br />

auf <strong>der</strong> <strong>Welt</strong>rangliste <strong>der</strong> stärksten Rechner einnimmt.<br />

Wenn man sich nach dessen Aufgaben erkundigt, be-<br />

kommt man zur Antwort: „Wir nutzen ihn für physikali-<br />

sche Simulationen." Was das heißt, ist ein offenes Ge-<br />

heimnis: Der Mega-Rechner simuliert Atomexplosionen.<br />

Und die Daten dafür liefern die Laser des NIE In <strong>der</strong> An-<br />

lage wird nicht nur Wasserstoff beschossen, son<strong>der</strong>n<br />

auch Plutonium und Uran. So wird Wissen über das Ver-<br />

halten dieser Metalle in einer Atomexplosion gesammelt.<br />

Dank ihres Supercomputers können sich die USA an den<br />

weltweiten Atomwaffen-Test-Stopp halten und trotzdem<br />

ihr Arsenal weiterentwickeln.<br />

WELCHES WETTER WIRD EUROPA<br />

IN 25 JAHREN HABEN?<br />

Die digitalen Orakel können das Klima simulieren und den<br />

Einfluss des Menschen darauf berechnen<br />

Der hochmo<strong>der</strong>ne Bau des Hadley Centers in Exeter im<br />

Süden Englands ist im wahrsten Sinne des Wortes eine<br />

Orakel-Stätte. Hier wird HadGEM berechnet, das <strong>der</strong>zeit<br />

genaueste Modell des <strong>Welt</strong>klimas. Gerade erst hat das<br />

Hadley Center den Kauf eines neuen Supercomputers<br />

bekannt gegeben. Klimamodelle zu erstellen gehört zu<br />

den schwierigsten Aufgaben von Rechnern. „Wir versu-


chen hier, in die Zukunft zu schauen und vorherzusagen,<br />

was mit unserem Klima passieren wird", sagt Julia Slin-<br />

go, die wissenschaftliche Leiterin des britischen Wetter-<br />

dienstes. Dabei zeigt sich: Das <strong>Welt</strong>klima ist eines <strong>der</strong><br />

komplexesten Systeme, die die Wissenschaft kennt.<br />

Selbst die stärksten Supercomputer können nur eine an-<br />

nähernde Simulation leisten. Für Klimamodelle wird die<br />

Atmosphäre in kleine Würfel unterteilt. Der Computer<br />

berechnet die Ereignisse in jedem Würfel und wie sich<br />

die Würfel gegenseitig beeinflussen. Je stärker <strong>der</strong> Com-<br />

puter, desto kleiner und zahlreicher sind die Würfel und<br />

desto genauer ist das Modell. „Die Klimamodelle be-<br />

stehen aus Hun<strong>der</strong>ttausenden Formeln, die unser<br />

Verständnis vom <strong>Welt</strong>klima repräsentieren. Ohne<br />

Supercomputer könnten wir die Rechnungen nie-<br />

mals bewältigen. Wir nutzen die gleichen Model-<br />

le für unsere täglichen Wettervorhersagen und<br />

testen so ständig <strong>der</strong>en Genauigkeit. Deshalb sind<br />

wir relativ sicher, dass unser Kristallkugel-Starren<br />

recht gut funktioniert", sagt Julia Slingo.<br />

KANN MAN AUS ACHT PLAYSTATIONS<br />

EINEN SUPERCOMPUTER BAUEN?<br />

Ein paar Spielekonsolen und ein wenig Software - mehr ist<br />

nicht nötig, um sich ein Rechenmonster ins Haus zu holen<br />

Der Physiker Gaurav Khanna von <strong>der</strong> University of Mas-<br />

sachusetts ist ein echter Bastler. Eigentlich ist er Exper-<br />

te für Astronomie und Quantenphysik. Immer wie<strong>der</strong><br />

arbeitet er mit Computersimulationen, um Phänomene<br />

im <strong>Welt</strong>raum besser verstehen zu können. „Aber die<br />

Ereignisse sind so komplex, dass wir für die Simulatio-<br />

nen mindestens einen mittelstarken Supercomputer brau-<br />

chen. Das ist teuer", sagt Khanna. Institute, die Millionen<br />

für einen Supercomputer ausgegeben haben. vermieten<br />

die Geräte an Kollegen an<strong>der</strong>er Institute. Aber für eine<br />

einzige Berechnung verlangen sie etwa 5000 Dollar. Dann<br />

kam Khanna auf die Idee, sich einen eigenen Supercom-<br />

puter zu bauen. Alles, was er dafür brauchte, waren acht<br />

Playstation-3-Spielekonsolen. Bis vor Kurzem war es<br />

möglich, auf diesen Konsolen das Linux-Betriebssystem<br />

zu installieren. Dann werden sie zu einem vollwertigen<br />

Computer mit einem rechenstarken Chip. Khanna hat<br />

acht Playstations zu einem sogenannten Grid vereint,<br />

zu einem virtuellen Supercomputer. Gemeinsam liefern<br />

sie eine Rechenleistung, die für die Simulation eines<br />

Sternenkollapses völlig ausreicht. „Mein PS3-Grid kos-<br />

tet keine 5000 Dollar, und ich kann ihn unendlich lange<br />

nutzen", sagt Khanna.<br />

MIRKO HERR<br />

GAURAV KHANNAS SUPERCOMPUTER<br />

http://gravity.phy.umassd.edies3.html<br />

ALLE SUPERCOMPUTER. RANGLISTEN & NEWS<br />

littp://top500.org/


=i<br />

fE<br />

15 fTlinuten - von 24 Stunden<br />

Wie Schemen treiben sieben reglose Giganten im endlosen Blau des Atlantiks. Die Pottwalkühe<br />

befinden sich im Tiefschlaf. Es ist eine <strong>der</strong> seltenen Erholungsphasen, die sich die Riesen gönnen.<br />

Ihr Gehirn schalten sie dabei vollständig ab. Sie stellen sogar ihre Atmung ein. Eine Viertelstunde —<br />

dann geht es in die Tiefe. Pottwale (Physeter macrocephalus) sind nach den Blau- und den<br />

Finnwalen die größten Säugetiere und haben trotzdem das geringste Schlafbedürfnis.<br />

Jäger in B000 rTletern Tiefe<br />

In ihren kurzen Tiefschlafphasen sammeln Pottwale Kraft für ihre Jagd im schwierigsten Revier <strong>der</strong><br />

Ozeane. Ein Tauchgang dauert bis zu 90 Minuten und führt die Wale bis in 3000 Meter Tiefe. Dort liegt<br />

mitten im Atlantik das Atlantis-Massiv — ein gigantisches unterseeisches Gebirge. In seinen engen<br />

Schluchten jagen Pottwale in völliger Dunkelheit, geleitet durch ihr körpereigenes Sonarsystem, nach<br />

ihrer Lieblingsbeute. den bis zu 14 Meter langen Kolosskalmaren.<br />

90 ITlinuten, ohne zu atmen<br />

Der Pottwal öffnet seinen rechten Nasengang und flutet Hohlräume in seinem Kopf mit Seewasser.<br />

Damit beschwert er seinen Körper, um in die Tiefe sinken zu können. Jetzt werden nur noch die<br />

lebenswichtigsten Organe — also Herz, Gehirn und Rückenmark — mit sauerstoffhaltigem Blut versorgt.<br />

Die Muskeln haben ihren Sauerstoffvorrat vor dem Tauchgang gespeichert. So kann <strong>der</strong><br />

Wal bis zu an<strong>der</strong>thalb Stunden ohne einen einzigen Atemzug tauchen.<br />

Ein 25-ITleter-Räuber<br />

Der Zahn im New Bedford Whaling Museum, USA. misst 30 Zentimeter. Er gehörte einem <strong>der</strong> größten<br />

Raubtiere. das je auf unserem Planeten lebte: einem über 20 Meter langen Pottwal. Von <strong>der</strong>artigen<br />

Titanen berichteten Walfänger des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. Die Pottwale, die heute in den Ozeanen leben,<br />

werden bis zu 18 Meter lang. Tintenfische je<strong>der</strong> Größe sind ihr Hauptnahrungsmittel. In <strong>der</strong> Not<br />

tut's aber auch ein Hai. Im Magen eines gestrandeten Pottwals wurde einmal ein 2,50 Meter langer<br />

Riesenhai gefunden — in einem Stück verschlungen ...<br />

9,5 Kilogramm Intelligenz<br />

”Das Pottwalgehirn ist mit 9.5 Kilogramm Gewicht nicht nur das größte <strong>der</strong> Tierwelt, son<strong>der</strong>n mindestens<br />

genauso komplex wie unseres". sagt <strong>der</strong> kanadische Wal-Forscher Hal Whitehead. Er ist davon überzeugt, dass<br />

Pottwale nicht nur eine eigene Sprache, son<strong>der</strong>n auch eine eigene Kultur besitzen. Jede Gruppe entwickelt in<br />

ihrer Klicklautsprache neue Codes für bisher unbekannte Informationen. Außerdem können Pottwale jeden<br />

Ort im Ozean zielgenau anpeilen. Ihr Erinnerungsvermögen reicht weit zurück. "Es ist denkbar, dass die altesten<br />

Kühe uns noch von vergangenen Walfangzeiten berichten könnten, wenn wir ihre Codes verstünden", so<br />

Whitehead. An <strong>der</strong> Entschlüsselung dieser Codes arbeitet er in seinem Pottwal-Forschungsprojekt.<br />

FOTO: Magnus Lundgren Wild Won<strong>der</strong>s of Europe<br />

Sie tauchen in die Tiefsee hinab, gehören zu den gefürchtetsten<br />

Jägern <strong>der</strong> <strong>Welt</strong>meere. Die Giganten verfügen über das größte<br />

Gehirn des Planeten und sind hochintelligent. Jetzt wollen Forscher<br />

die geheimen Sprach-Codes <strong>der</strong> Pottwale entschlüsseln<br />

Was wissen<br />

die <strong>Welt</strong>


dr 97 9/10


Sie wissen genau. welcher Baum welche Medizin<br />

bereithält, konnen mithilfe <strong>der</strong> Sterne im endlosen<br />

Pazifik navigieren und Wasser in <strong>der</strong> Wüste riechen —<br />

bis heute gibt es Urvolker, die in vollig abgelegenen<br />

Gegenden leben und unglaubliche Fahigkeiten besitzen<br />

welt <strong>der</strong> wun<strong>der</strong> begibt sich auf Spurensuche ...<br />

9E<br />

!"-.7,7" JF Ani_As<br />

vorsc<br />

ÖGLICH<br />

Halluzinationen, Dejä-vus. falsche Erinnerungen:<br />

Ohne Vorwarnung entwickelt unser<br />

Gehirn oft Scheinwelten, die wir als Realität<br />

empfinden. Aber wie und warum entstehen<br />

sie? Und ab wann sind sie gefährlich?<br />

Das<br />

Elervensystem<br />

<strong>der</strong> Ozeane<br />

Plankton besteht aus<br />

Billiarden Lebewesen.<br />

Zusammen formen sie die<br />

Erde. auf <strong>der</strong> wir stehen.<br />

erzeugen die Luft. die wir<br />

atmen und die Nahrung fur<br />

Milliarden Menschen Jetzt<br />

entdecken Forscher die<br />

geheimen Regeln. nach<br />

denen ihr Reich funktioniert<br />

Todesatlas<br />

ITUnenfeld<br />

Sie kosten wenig. sind<br />

leicht herzustellen und<br />

nur schwer wie<strong>der</strong> zu<br />

entschärfen: <strong>Welt</strong>weit<br />

liegen bis heute mehr<br />

als 100 Millionen<br />

Landminen versteckt<br />

in <strong>der</strong> Erde.<br />

IMPRESSUM1<br />

MITARBEITER DIESER AUSGABE<br />

I<br />

J(vr<br />

CHEFRF_IDAKT1011<br />

Uwe Bokelmann (verantwortlich für<br />

den redaktionellen Inhalt)<br />

Sebastian Junge (Text)<br />

Thomas Maresch (Art Direktion)<br />

RECIAKTIOn<br />

Stv. Art Direktion: Julia Bünger,<br />

B. Ramis de Ayreflor, Christoph Hirsch<br />

Chef vom Dienst: Lothar Polster,<br />

Gabriela Strobel (Stellv.)<br />

Leiten<strong>der</strong> Redakteur: Dirk Simon<br />

Layout/Illustration: Dejan Bojcic,<br />

Anja Schächtele, Jan Svensson<br />

Foto: Bettina An<strong>der</strong>sen, Sonja Hallmann,<br />

Kathrin Hilse<br />

Text: Christian Bahr, Holger Diedrich,<br />

Mirko Herr, Sebastian Ness, Astrid Keßler,<br />

Nuno Ramos, Frie<strong>der</strong>ike Schön, Dorothee<br />

Teves, Hannes Wellmann, Christina Hütten<br />

(Volontärin), Jutta Junge (Freie Mitarbeit)<br />

Auslands-Kortespondentin: Ina Seibold<br />

(Paris), Fax: 00 33/142/225 30<br />

Verlagsleitung: Ralf Meyke<br />

Objektleitung:Tina Kopf<br />

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Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 5<br />

Verantwortlich für den Anzeigen-Inhalt:<br />

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w_eit <strong>der</strong> wun<strong>der</strong> erscheint in <strong>der</strong><br />

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DAS NÄCHSTE HEFT ERSCHEINT AM<br />

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Ihr Gegenüber denkt sich eine Zahl zwischen 1 und 1000 aus. Sie wollen herausbekommen, welche Zahl er sich<br />

ausgedacht hat. Dazu dürfen sie jedoch nur Ja-Nein-Fragen stellen. Wie viele Fragen müssen Sie stellen, um die<br />

Zahl herauszubekommen?<br />

Aus A. Beutelspacher, M. Wagner: .,Warum Kühe gem IM Halbkreis grasen ... und an<strong>der</strong>e mathematische Geheimnisse", 192 S., Her<strong>der</strong> Verlag. 14,95 Euro<br />

Losung aus 8/10:<br />

Es dauert genau sechs Minuten. bis die Badewanne getunt ist. In einer Minute füllt sich die Wanne bei eingestecktem Stopsel zur Halke. Umgekehrt: Wenn man den Stopsel<br />

zieht. leert sich die volle Wanne in einer Minute um ein Drittel. Geschieht beides gleichzeitig. so ist nach einer Minute eine Hagle minus ein Drittel. also ein Sechstel <strong>der</strong> Wann,<br />

getullt. Daher dauert es sechs Minuten. bis die Wanne ganz gefullt ist. O<strong>der</strong> kurz erklart: In sechs Minuten kann sich die Badewanne dreimal tullen. aber nur zweimal leeren.<br />

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