Welt der Wunder - DEMO

Wie durchschauen wir
unsere Mitmenschen?
G
edanken lesen ist eigentlich keine Kunst. Immer,
wenn wir uns mit einem anderen Menschen
unterhalten, stellen wir Vermutungen
darüber an, wie er sich gerade fühlt. Wenn ich den Ein-
druck habe, dass ein Freund traurig ist, werde ich an-
ders mit ihm sprechen, als wenn er wütend zu sein
scheint. Wie schaffen wir es, uns so sehr in unsere Mit-
menschen hineinzuversetzen? Wir können zumindest
ahnen, was sie fühlen. Das gelingt nur dank der Spiegel-
neuronen, die der Neurologe Giacomo Rizzolatti ent-
deckt hat. Wenn wir einen Vorgang beobachten, lösen
die Spiegelneuronen in unserem Gehirn die gleichen Rei-
ze aus, die entstehen würden, wenn wir den Vorgang
selbst durchführten. Rizzolatti hat die Spiegelneuronen
bei Studien zur Bewegungssteuerung entdeckt. Wenn
wir eine Handbewegung sehen, sind in unserem Gehirn
die gleichen Bereiche aktiv, als wenn wir selbst unsere
Hand bewegten. Die Aktivität ist zwar schwächer, aber
deutlich nachweisbar. Und wenn wir bei einem anderen
Menschen Traurigkeit beobachten, ist auch in unserem
Gehirn Traurigkeit angesagt. Nach Rizzolattis Entde-
Was verraten unsere
Augen über uns?
J
ohn Kircher ist ein Experte dafür, an den Augen
Emotionen und Lügen zu erkennen. Dafür
nutzt er eine spezielle Kamera, die genau
festhält, wie sich die Augen bewegen, wenn eine
Person besonders aufgeregt ist oder gar Lügen erzählt.
Das verräterischste Zeichen sind Veränderungen der Pu-
pillen, die sich zusammenziehen oder erweitern. „Die Er-
gebnisse unserer Experimente sind großartig", sagt Kir-
chen „Unsere Methode ist genauso gut oder besser als
die üblichen Lügendetektoren. Und wir sind noch in der
frühesten Entwicklungsphase dieser neuen Methode des
Gedankenlesens." Im Prinzip scannen die Forscher ei-
ne Person nach Zeichen besonderer geistiger Anstren-
gung ab. Sie gehen davon aus, dass Lügen und Täu-
schungsversuche mit mehr Anstrengung verbunden sind
als Offenheit und Ehrlichkeit. Diese neue Technologie ist
so vielversprechend, dass sich Kircher Partner in der
Wirtschaft gesucht hat. Das Ziel sind völlig neuartige Si-
cherheitskameras. Sie könnten an Flughäfen nach Ver-
dächtigen Ausschau halten und Terroristen entlarven.
Um die Systeme noch verlässlicher zu machen, könnte
WURZEL
DER
EMPATHIE
Spiegelneuronen
ermöglichen
es uns, die Emotionen
anderer
Menschen nachzuempfinden.
ckung sind die
Spiegelneuronen .0›.
eines der heißes-
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gebiete der Neu-
rologie gewor-
den. Immerhin kann man durch Training seine Fä-
higkeit des Gedankenlesens nachweislich verbessern.
Seit den Terroranschlägen von 9/11 haben Geheimdiens-
te daran ein großes Interesse. Aber auch Wirtschafts-
unternehmen geben dafür Geld aus. Sie heuern schon
heute speziell trainierte Gedankenleser für wichtige Ver-
tragsverhandlungen an.
MITGEFÜHLSMEISTER
Giacomo Rizzolatti von der
Universität Parma in Italien
entdeckte die Spiegelneuronen
rein zufällig.
man sie zusätzlich mit einem Infrarotsystem aufrüsten.
Dann könnten die Kameras auch Veränderungen der
Körperwärme registrieren. Es ist sehr wahrscheinlich,
dass wir alle bald in das Visier solcher Wahrheits-Kame-
ras geraten.
BLICK IN DIE AUGEN
John Kircher beherrscht viele
Methoden, unsere Gedanken zu
erkennen. Sein größter Erfolg:
der Augenscanner. .
FENSTER
ZUR SEELE
Computergesteuerte
Kameras
können unsere
Pupillen und deren
Bewegungen ganz
genau vermessen
und so unsere
Gefühle erkennen.