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wütend, aber das Ausmaß meiner sinnlosen Tat war auch<br />
enorm.<br />
Vater nannte den Vorfall meine größte Irrsinnstat, was<br />
nichts daran ändert, dass ich meinen Vater verehre wie keinen<br />
anderen Menschen auf dieser Welt. Wenn ich über ihn schreibe,<br />
muss ich aufpassen, nicht andauernd in Superlative zu verfallen.<br />
Wenn es jemanden gibt, der so ist, wie ich gerne wäre,<br />
wenn jemand der perfekte Mann ist, dann ist es mein Vater. Er<br />
ist sensibel, aber nicht gefühlsduselig. Er ist stark, aber nicht<br />
dominant. Er ist intelligent, aber nicht neunmalklug. Er ist<br />
mein Held, mein Vorbild, war immer mein Halt. Aus jedem<br />
Gespräch mit ihm zog ich Kraft und ging zufrieden heraus –<br />
egal wie es mir vorher gegangen war.<br />
Es gibt zwei Phasen in unserem gemeinsamen Leben. Ich<br />
unterteile es für mich jedenfalls so. Phase eins: die unantastbare,<br />
sehr souveräne Seite bis zu seiner Lungenembolie 1998.<br />
Phase zwei: die Zeit danach. In der zweiten Phase war er erstmalig<br />
in der Lage, Gefühle zu zeigen.<br />
Nach seiner Krankheit vor zehn Jahren fi ngen wir an, über<br />
wirklich alles zu reden, und entwickelten ein gleichgestelltes,<br />
vertrautes, freundschaftliches Verhältnis. Man möchte auf niemanden<br />
verzichten, der einem ans Herz gewachsen ist. Von allen<br />
Menschen, die ich mag oder liebe, könnte ich ihn jedoch am<br />
wenigsten entbehren in meinem Leben. Es klingt absurd, aber<br />
in den schwierigsten Situationen oder in den schönsten Momenten<br />
denke ich zuerst an ihn. Andererseits: Wenn ich konsequent<br />
auf seine Ratschläge gehört hätte in den letzten<br />
35 Jahren, hätte sich die Zahl meiner Fehler auf die Hälfte reduziert.<br />
Das gilt für meine handballerischen Fehlentscheidungen.<br />
Schließlich war er <strong>als</strong> Spieler und <strong>als</strong> Trainer Weltmeister<br />
geworden. Das gilt aber auch für Fehler, die ich in anderen Bereichen<br />
gemacht habe. Seine Lebenserfahrung ist unermess-<br />
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