Reisetagebuch - NAPEX
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Lustig, wenn ich mir vorstelle, wie die 68-erGeneration bei uns die Revolutionslieder aus<br />
Lateinamerika als hohes Gut schätzte, dabei war das keine eigene Qualität: Der Gesang in<br />
der Kirche hat mehr Inbrunst. War damals aber nicht Teil des Radikal-Chique.<br />
Tja, Wochenende allein, wollte eigentlich zu dem Hotel außerhalb in den Hügeln (Villa<br />
Montaña), um dort schwimmen zu gehen. Aber heute ist, nach einer Regen- und<br />
Sturmnacht, das Wetter sehr bedeckt und eher kühl. Wird also nichts daraus.<br />
Von der Kirche bis eben saß ich also im Cafe Catedral, dachte nach und machte mir<br />
Notizen: Strategiepapier.<br />
7:45pm Spaziergang: ein Fehlschlag. Ich wollte einmal Umgebung der Altstadt ansehen,<br />
vielleicht sogar bis zu den Hügeln im Süden laufen (wo ich die Villa Montaña vermute), aber<br />
schon zwei Straßen hinter der Kathedrale gibt es keine „Kolonial-” (also für unsere Begriffe<br />
„Stadt-”) Architektur mehr, nur noch armselige einstöckige Häuschen. Die Armut wurde mit<br />
jedem Schritt offenbarer und ich marschierte trotzdem (mutig?) weiter. Bis mich einer aus<br />
einer herumlungernden Gruppe von Männern anmachte („Was gibt es hier zu gucken? Ist<br />
das vielleicht nicht schön hier?”). Das ließ mich dann doch einen geordneten Rückzug<br />
antreten.<br />
Per Zufall traf ich in der Stadt dann Silvain, der für mich gedolmetscht hatte am Freitag.<br />
Und der lud mich ein, heute Abend zu ihm zu kommen. Die wollen zwar Poker spielen, aber<br />
so sehe ich einmal, wie die Leute hier wohnen...<br />
Nix also mit zum erstenmal hier richtig gut essen gehen. Bin gespannt, auch auf die<br />
Umgebung. Silvain wohnt etwas außerhalb des Stadtkerns, aber östlich (nicht südlich, wo<br />
ich hingelaufen war).<br />
Montag 9.6.08<br />
Naja: Ein Poker-Spieler wird wohl nie aus mir werden. Wenigstens weiß ich jetzt, wie es geht<br />
(mehr oder weniger) und vor allem weiß ich jetzt, was es mit dem berühmten „Poker-Face”<br />
auf sich hat. Auf der Fahrt zu Silvain sah ich die Stadt dann doch noch einmal von einer<br />
anderen Seite. Sehr amerikanisch die Ringstraße, mit all den Hochglanz-Autohäusern etc.<br />
Die Wohnviertel dann außerhalb der Ringstraße einfachst und ziemlich laut.<br />
Ein Gewitter brach während der Hinfahrt aus, und Sonne gibt es auch heute nicht.<br />
12:55pm<br />
Montag heißt: Büro ist geöffnet und ich kann an den Computer.<br />
Habe nochmal die E-Mails, den Schreyahner Herbst betreffend, gelesen und schweren<br />
Herzens meine Demission eingereicht. Schade das alles... und ohne Telephonkontakt so<br />
unpersönlich per E-Mail aus Mexico.<br />
Also: Termine frei für Neues.<br />
Ich wurde vorhin gebeten, auch Dirigierunterricht zu geben. Und das Schlagzeugensemble,<br />
das am Samstag Reich's Drumming gespielt hat ist vielleicht an Andere Räume interessiert.<br />
Es wird diese Woche noch ein Treffen geben deswegen.