Reisetagebuch - NAPEX
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Hätte doch auf der Insel essen sollen: Dort gab's überall auf dem Weg frische Fischchen...<br />
nur: Was, wenn ich das letzte Boot zurück verpasst hätte?<br />
Zurück mit einem Speedy Gonzales von Busfahrer, der mich durch seine waghalsigen<br />
Fahrmanöver dazu brachte, einmal wirklich das Kreuzzeichen zu schlagen.<br />
Und bei der Einfahrt in Morelia schließlich bemerkt, wie groß diese Stadt ist: gigantisch.<br />
Nur die Altstadt, in der ich mich hier nur bewege: Die ist sehr begrenzt.<br />
Ein schöner Tag, der jetzt beim obliogatorischen Pampe-Essen mit einem Anfall (so scharf!!!!<br />
Größter Flüssigkeitsverlust durch die Augen und die Nase...) ausklingt. Ich bin froh über<br />
meine Spontanentscheidung, die Exkursion zu machen.<br />
Donnerstag 12.6.08, 12:15pm<br />
Noch ein Tag der spontanen Entscheidung, und auch dieser wurde zu einem denkwürdigen<br />
Tag.<br />
Bei Monika wieder meinen Paß abgeholt und ein Restaurant empfohlen bekommen, das<br />
sehr gut war und wo ich sicher noch öfter hingehen werde.<br />
Aber was sage ich, vorher gab es Wichtigeres: Ich saß im Café Europa für eine heiße<br />
Schokolade (als Frühstück) und ließ mir die Schuhe putzen (wobei mir die internationale<br />
Übereinkunft der Zeichen auffällt: zweimal kurz an den Fuß geklopft als Aufforderung, die<br />
Füße auf dem Gestell zu wechseln – wie im Friedrichsbad in Baden-Baden bei der Massage:<br />
Da bekommt man einen Klaps aufs Bein als Zeichen zum Umdrehen), als eine uralte (immer<br />
sind das alte Frauen, die etwas verkaufen wollen; nur die Stadtplan-Händler sind alte<br />
Männer. Kinder betteln nur, verkaufen nichts) Frau auftaucht und mir Wildorchideen<br />
anbot. Nun: Die sind geschützt und dürfen ganz sicher nicht eingesammelt und verkauft<br />
werden. Trotzdem. Sie waren am Blühen und sehen einfach wunderschön aus. Auf den<br />
ersten schnellen Blicksehen sie aus wie Cattleyen. Das kann aber nicht sein, die gibt es hier<br />
doch eher nicht? Muß zu Hause einmal nachschlagen...<br />
Um 1pm dann Klarinettenprobe mit Alfredo, der zunächst von senko und der dortigen<br />
Zweistimmigkeit überhaupt nix verstand. Ich glaube aber, er hat kapiert. Ein alter Hase<br />
(spielte vor '89 lange Zeit in der Staatsoper in Berlin und kann noch entsprechend Deutsch),<br />
der am Ende doch noch schön spielen wird.<br />
Um 3 dann Dirigierunterricht. Samuel – war nicht vorbereitet und hatte auch kein Stück<br />
dabei in einer Besetzung, die er je in Morelia dirigieren könnte. Da er nicht weit weg wohnt<br />
und seine Freundin dabei war und auch ein Auto hat, schickte ich ihn nach Hause, um ein<br />
kleiner besetztes Stück zu holen.<br />
Die Zwischenzeit überbrückte ich mit Elisabetta, die Chorleitung studiert und ein<br />
Chorstück von Debussy vorschlug (im Doppelsinn der Worte). Ich gab ihr einige Tipps und<br />
sie schien sehr glücklich darüber. Inzwischen kam Samuel zurück mit einer Partitur, an der<br />
es nichts oder fast nichts zu dirigieren gab. Ich diskutierte genau dies mit ihm, gab<br />
sämtliche Basistips zum Einrichten einer Partitur... und als dann immer noch oder nicht<br />
mehr (nichts nämlich) kam, entschied ich spontan, alle gemeinsam ins Café zu schleppen.<br />
Was auch geschah (das war die vorhin gelobte Spontanentscheidung). Und aus dem<br />
Gespräch im Café, das ca. 4:30pm begann, wurde eine Diskussion, die bis 10pm dauerte (in<br />
der letzten Restgruppe) und überaus fruchtbar war. Es ging um mexikanische Musik, was<br />
sie sei, warum sie nicht besser bekannt ist, ob mexikanische Komponisten nicht wie<br />
Japaner ihre nationale Identität musikalisch ausdrücken können etc.<br />
Da kamen höchst interessante Façetten zum Vorschein. Meiner Analyse, dass es eher<br />
soziale Gründe gebe für die Weigerung, sich auf die Klänge einzelner (Indio-?)<br />
„Communities“ einzulassen als musikalische, wurde Recht gegeben.<br />
Die Stadtmexikaner also schauen auf die Indios herab, gleichzeitig zu den Europäern<br />
hinauf...<br />
Außer hoch interessanten Gesprächen ergab der Nachmittag eine Verabredung mit<br />
Benjamin für morgen, Bücher über Michoacan etc. zu finden.<br />
Eine Verabredung für alle Anwesenden, nächsten Mittwoch mit Samuel nach Ichán zu<br />
fahren, wo er eine Indio-Blaskapelle dirigiert.<br />
Eine Einladung von Alonso, einen Hundekampf (!) zu besuchen...<br />
Und für eine halbe Stunde dazwischengeschoben (während die Andern weiterdiskutierten)<br />
ein Treffen mit Pedro, dem Schlagzeuglehrer, der nun von Andere Räume begeistert ist und<br />
das Stück mit seiner Truppe nächstes Jahr im Festival spielen will.