Bulletin 2007 - SAKA-ASAC

Eine Gegenfrage oder anders, eine, die diese These zu ihren Anfängen befragt, ist: Wie war Um-
gang mit kultureller Differenz in direkten, in ersten Kontaktsituationen oder -momenten abseits sym-
bolischer Äusserungen?
Abb. 1. Unterlebensgrosser Kopf aus Tonalit in Göttingen (Augenrekonstruktion:
Zellstoff und Edding) (Photo: U. Stabrey, Institut
für Klassische Archäologie und Sammlung der Gipsabgüße Göttingen,
2004)
Kontaktverhalten im interkulturellen Alltag dokumentieren die unzähligen Papyri. Teilweise wie
Live-Berichte, eingefrorenen Momentaufnahmen gleich, bieten sie Einblicke in fast alle Gesellschafts-
schichten und Themenbereiche kultureller Gegenwärtigkeit, insbesondere der Chora. Unter dem As-
pekt des Umgangs mit kultureller Differenz im direkten Kontakt schauen wir auf folgende Exempla:
Wohnen von Ägyptern und Griechen in einem Haus sowie Arbeiten an den Bewässerungsanlagen. Die
Texte aus dem Fayyum des Zeitraumes zwischen 260 und 220 v. Chr. 11 sind repräsentativ für unter-
schiedliche Reibungspunkte zwischen beiden Gruppen 12 .
Kleruchen, griechisch-makedonische Militärsiedler waren für den Kriegsfall in Ägypten stationiert
und bildeten dabei einen Großteil der Landarbeiter. Sie bewirtschafteten das vom Staat übergebene
Land oder verpachteten es, blieben eine begrenzte Zeit oder für immer, und arbeiteten wie alle in Ä-
gypten Beschäftigten unter Vertrag 13 . Für solche, die länger blieben, wurden Häuser gebaut, jene die
nur kurzzeitig stationiert waren, wohnten oft unentgeltlich bei der Bevölkerung 14 :
11 Damals entstanden zahlreiche griechische Siedlungen, von den 1 800 qkm der Gesamtfläche wurden 1200 qkm kultiviert.
Das Fayyum ist eine ca. 1800 qkm große Senke westlich des Nils, die während des MR landwirtschaftlich erschlossen wurde
und seither zu den fruchtbarsten Gegenden Ägyptens zählt. In frühptolemäischer Zeit wurde das schon vorhandene Bewässerungssystem
wieder in Stand gesetzt und ausgebaut. G. Garbrecht, Wasserspeicherung im Fayum (Mörris-See). Legende oder
Wirklichkeit, in: Ders. (Hg.): Mitt. aus dem Leichtweissinstitut der TU Braunschweig, Hf. 89, 1989, 1-15.
12 vgl. die publizierte Vielzahl von derartigen Texten z.B. in: C.C. Edgar (Hg.) Zenon Papyri. Catalogue général des Antiquités
égyptiennes du Musée du Caire ( Kairo 1925 -1940) in fünf Bänden mit knapp 60 000 Texten /-fragmenten.
13 Lewis 21 f., M. Rostovzeff, Gesellschafts- und Wirtschaftsgeschichte der hellenistischen Welt I (Darmstadt 1955) 285.
14 J. Hengstl, Griechische Papyri als Zeugnisse des öffentlichen und privaten Lebens (München 1978) 374.
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