Bulletin 2007 - SAKA-ASAC

GRIECHISCHES VIERECK GEGEN EINHEIMISCHES RUND?
EINE SIMPLIFIZIERENDE GLEICHSETZUNG IN DER SIZILISCHEN ARCHÄOLOGIE DER FRÜHEN EISENZEIT
MARTIN BÜRGE, ZÜRICH
bürge@arch.ethz.ch
In Sizilien gibt es zahlreiche archäologische Fundplätze – meist im Inland gelegen –, in denen ne-
ben kreisrunden Hütten auch viereckige oder rechteckige Räume oder gar ganze Gebäudekomplexe
nebeneinander und gleichzeitig existiert haben und in Gebrauch waren. Diese Funde umfassen einen
zeitlichen Rahmen vom 13. Jh. v. Chr., also der späten mittleren Bronzezeit, bis ins 3. Jh. v. Chr., ge-
samthaft also eine Zeitspanne von über tausend Jahren.
Als eine der ältesten dieser Siedlungen sei hier Thapsos angeführt, die Siedlung an der Ostküste Si-
ziliens auf der Halbinsel nördlich von Syrakus (Abb. 1).
Als spätes Beispiel mit einer Nutzung von Rund- neben Rechtecksbauten sei auf den Monte Adra-
none im Westen der heutigen Provinz Agrigent verwiesen, wo eine gleichzeitige Nutzung bis in die
Mitte des 3. Jhs. v. Chr. nachweisbar ist (Abb. 2).
Abb. 1. Thapsos: Gebäude A (Thapsos II) mit Hütte 1
(Thapsos I) sowie Gebäude C (Thapsos III), Hütte 4
(Thapsos I) überbauend, nach G. Voza, Kokalos 26-27,
1980-1981, Taf. 116.
Die Koexistenz von runden Hütten und viereckigen Gebäuden an ein und demselben Fundplatz –
manchmal sogar in konstruktiver Verbindung – hat in der Forschung bis heute immer wieder zu gros-
ser Irritation und einer gewissen Ratlosigkeit geführt. Die Frage war und ist, wie das Nebeneinander
so grundverschiedener Bauformen zu interpretieren ist.
Abb. 2. Monte Adranone: Strassenkreuzung im zentralen
Siedlungsgebiet mit Rundbau, Plan , nach G. Fiorentini,
Monte Adranone. Itinerari 16 (1995) 78 Abb.
63.
37