Z e i t s c h r i f t f ü r i n n o v a t i o n - Lemmens Medien GmbH
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4 news & facts<br />
„Eine großartige Idee – wenn die Inhalte<br />
wissenschaftlich fundiert sind“<br />
Der Schriftsteller Hamed Abdel-Samad <strong>ü</strong>ber den Vorschlag des Wissenschaftsrats,<br />
eine Imamausbildung an deutschen Universitäten einzuf<strong>ü</strong>hren<br />
Hamed Abdel-Samad wurde 1972 als Sohn eines Imams in Ägypten geboren. Nach dem Studium in Kairo, Deutschland<br />
und Japan ist er zurzeit als Politologe und freier Schriftsteller tätig. Sein Buch „Mein Abschied vom Himmel“, in<br />
dem er seine Erfahrungen als Ägypter und Muslim in Deutschland beschreibt, erschien 2009.<br />
Foto: Fackelträger Verlag<br />
islamische studien<br />
An zwei bis drei deutschen Hochschulen sollen<br />
k<strong>ü</strong>nftig Zentren f<strong>ü</strong>r Islamische Studien<br />
eingerichtet werden – so die Vorstellung des<br />
Wissenschaftsrates in seinen Empfehlungen<br />
vom 29.1.2010. Aufgabe dieser Einrichtungen<br />
wäre unter anderem die wissenschaftlich<br />
fundierte Ausbildung von Religionsgelehrten<br />
und von islamischen Religionslehrern. Muslimische<br />
Glaubensgemeinschaften sollen bei<br />
der inhaltlichen Ausgestaltung der Studiengänge<br />
einbezogen werden. Eine Finanzierung<br />
durch den Bund, insbesondere in der Anfangsphase,<br />
bezeichnet der Wissenschaftsrat als<br />
w<strong>ü</strong>nschenswert.<br />
wissenschaftsmanagement 1 • januar/februar • 2010<br />
Der Wissenschaftsrat hat die empfehlung<br />
ausgesprochen, an Deutschen Universi-<br />
täten islamische Geistliche auszubilden.<br />
Was halten sie davon?<br />
Hamed Abdel-Samad: Eine großartige Idee,<br />
wenn die Lehrinhalte wissenschaftlich fundiert<br />
sind und nicht ideologisch manipuliert werden.<br />
Es muss aber nicht nur bei der Ausbildung von<br />
Imamen bleiben. Eine umfassende Strukturreform<br />
der Moscheengemeinde muss folgen.<br />
Die Moscheen m<strong>ü</strong>ssen transparenter werden<br />
und sich finanziell wie politisch von Interessengruppen<br />
im Ausland lösen. Erst dann kann<br />
es ihnen gelingen, ein wesentlicher Akteur im<br />
Integrationsprozess zu werden.<br />
Wer muss auf islamischer seite bei der<br />
erstellung des studienplans hinzugezogen<br />
werden, damit die Geistlichen später auch<br />
an Moscheen beschäftigt werden?<br />
Hamed Abdel-Samad: Zunächst will ich sagen,<br />
wer nicht hinzugezogen werden darf, nämlich<br />
die Islamfunktionäre und Verbände, denn<br />
diese haben oft eine Agenda, die mit Wissenschaft<br />
nichts zu tun hat. Viele von ihnen sind<br />
damit beschäftigt, den Islam zu verteidigen<br />
und jede Kritik an ihm abzuwenden, was eine<br />
gesunde Debatte zunehmend erschwert. Muslimische<br />
Imame insgesamt haben oft eine<br />
gute theologische Bildung, aber ihnen fehlt die<br />
philosophische und die soziologische Tiefe bei<br />
der Erfassung des Phänomens Islam. Deshalb<br />
sollten Philosophie, Geschichte und Soziologie<br />
(und zwar nicht nur aus islamischer Perspektive)<br />
ein Bestandteil der Imamausbildung sein.<br />
Auch Islamkritiker wie der im Exil lebende<br />
ägyptische Islamwissenschaftler Nasr Hamid<br />
Abu Zaid sollten mitwirken. In Deutschland<br />
m<strong>ü</strong>ssen Islamwissenschaftler wie Navid Kermani<br />
beteiligt werden.<br />
Wie lässt sich gewährleisten, dass keine<br />
inhalte gelehrt werden, die nicht mit dem<br />
Grundgesetz vereinbar sind, sich also beispielsweise<br />
gegen die Gleichstellung von<br />
Mann und frau richten oder gegen die<br />
trennung von Kirche und staat?<br />
Hamed Abdel-Samad: Indem sich die Lehrinhalte<br />
und die Professoren an die wissenschaftlichen<br />
Standards halten. Zuk<strong>ü</strong>nftigen<br />
Imamen soll klar gemacht werden, dass ihre<br />
Aufgabe nichts mit Missionierung oder Verteidigung<br />
des Islam zu tun haben wird, sondern<br />
darin besteht, Muslime und Nicht-Muslime<br />
<strong>ü</strong>ber den Islam, auch <strong>ü</strong>ber die kritischen Fragen,<br />
sachlich zu unterrichten.<br />
Die fragen stellte Kristin Mosch.