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Sinn und Möglichkeiten der Prävention bei psychischen Erkrankungen

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Deshalb sei daran erinnert: wir befinden uns im Vorfeld, noch weit weg von seelischen<br />

Stˆrungen, dort, wo unsere ÑZielpersonenì keineswegs psychisch krank sind <strong>und</strong> wir deshalb<br />

auch gut beraten sind, symptom‰hnliches Verhalten nicht ¸berzuinterpretieren - um <strong>der</strong><br />

Gefahr <strong>der</strong> therapeutischen ‹berreaktion zu entgehen (Elzer in: Mauthe Hrsg. 2001, S. 11) -<br />

gleichzeitig m¸ssen wir uns allerdings auch vor <strong>der</strong> Gefahr des Verleugnens <strong>und</strong> Ignorierens<br />

von Fr¸hsymptomen sch¸tzen.<br />

Ein Beispiel f¸r das Aufsp¸ren salutogener Figurationen <strong>und</strong> <strong>der</strong> behutsamer g‰rtnerischer<br />

Pflege des Soziotops mˆchte ich anf¸hren.<br />

Kin<strong>der</strong> psychisch kranker Eltern werden h‰ufiger selbst psychisch krank als an<strong>der</strong>e Kin<strong>der</strong>,<br />

(erhˆhtes Krankheitsrisiko - also: Kandidat f¸r selektive Prim‰rpr‰vention).Viele dieser<br />

Kin<strong>der</strong> bleiben nicht nur ges<strong>und</strong>, son<strong>der</strong>n entwickeln hohe soziale Kompetenzen.<br />

Inzwischen ist es evidenzbasiert (empirisch abgesichert), dass die enge <strong>und</strong> tragende<br />

Beziehung zu einer stabilen Bezugsperson salutogen wirkt - sozusagen als kleines<br />

funktionierendes soziales Netwerk.<br />

An<strong>der</strong>s ausgedr¸ckt: die internen-personellen Ressourcen werden gest¸tzt, indem von den<br />

intra-personellen Anfor<strong>der</strong>ungen das Bed¸rfnis des Kindes nach erwartungssicherer Bindung<br />

unmittelbar befriedigt wird.<br />

Die vorgeschlagene Ñbehutsame Pflege des Soziotopsì, also <strong>der</strong> pr‰ventive Beitrag, w¸rde<br />

hier bedeuten, die Bindungssicherheit gebenden Personen von l‰sslichen an<strong>der</strong>en<br />

Verpflichtungen zu befreien, z.B. durch die Bezahlung einer Haushaltshilfe o<strong>der</strong> durch<br />

nachbarschaftliche Hilfe.<br />

Es w¸rde also das Intervention-Feld IV betreten <strong>und</strong> kontextuelle Ressourcen bereitgestellt.<br />

In <strong>der</strong> Taxonomie von Pr‰ventionsmaflnahmen w‰re das selektive bzw. indizierte<br />

Prim‰rpr‰vention (letzteres, wenn man dem genetischen Faktor grˆfleres Gewicht<br />

<strong>bei</strong>messen wollte).<br />

Bei einem Teil <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> reichten aus welchen Gr¸nden auch immer die protektiven<br />

Faktoren nicht aus, <strong>und</strong> auch die propagierte behutsame Pflege war o<strong>der</strong> ist aus Gr¸nden <strong>der</strong><br />

Familienkonstellation nicht mˆglich.<br />

Diese Kin<strong>der</strong> w¸rden zus‰tzliche Hilfe benˆtigen, hier w‰re die Jugendhilfe <strong>und</strong> die<br />

spezifische Kompetenz <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie gefor<strong>der</strong>t.<br />

Die erfor<strong>der</strong>lichen Maflnahmen sollten schon dann eingeleitet werden, solange sie noch als<br />

indizierte Prim‰rpr‰vention mˆglich sind - sich also noch keine psychische Erkrankung <strong>bei</strong><br />

dem Kind eingestellt hat <strong>und</strong> dann nur noch sek<strong>und</strong>‰r-pr‰ventiv gehandelt werden kann!<br />

(siehe u.a. Mattejat es al.1998 <strong>und</strong> Schone et al. 2002).<br />

Welche Lehren kˆnnen aus dem Beispiel gezogen werden?<br />

1. Prim‰r- vor Sek<strong>und</strong>‰rpr‰vention.<br />

Das Beispiel hat uns aber auch gelehrt:<br />

Ob im Einzelfall prim‰r- o<strong>der</strong> sek<strong>und</strong>‰r-pr‰ventive Maflnahmen indiziert sind, h‰ngt von den<br />

Lebensumst‰nden ab, o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>s gesagt:<br />

2. Prim‰r- <strong>und</strong> sek<strong>und</strong>‰r-pr‰ventive Maflnahmen d¸rfen nicht gegeneinan<strong>der</strong><br />

ausgespielt werden!<br />

Und noch etwas haben wir gelernt:<br />

3. Bereits die Prim‰rpr‰vention psychischer <strong>Erkrankungen</strong> bedarf sowohl sektor- <strong>und</strong><br />

bereichs¸bergreifen<strong>der</strong>, als auch die einzelnen Sozialsysteme integrierende<br />

Kooperationen.<br />

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