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Armut und Bildung - bei der Arbeitnehmerkammer Bremen

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Sicher, auch eine gescheite, den Menschen<br />

zugewandte <strong>Bildung</strong>s- <strong>und</strong> Kommunalpolitik, in<br />

<strong>der</strong> also begriffen worden wäre, was <strong>Bildung</strong><br />

sein kann <strong>und</strong> wie notwendig sie für uns alle<br />

<strong>und</strong> unser Gemeinwesen ist, könnte sie nicht<br />

machen. Aber sie kann Bedingungen schaffen,<br />

die <strong>Bildung</strong> för<strong>der</strong>n. Gegenwärtig geschieht<br />

das dumme Gegenteil, nicht nur im Bremer<br />

Land, aber da in beson<strong>der</strong>s erschüttern<strong>der</strong><br />

Weise. Bis sich das än<strong>der</strong>t – <strong>und</strong> das kann<br />

dauern –, müssen die sozialen, kulturellen <strong>und</strong><br />

pädagogischen Tätigkeiten mit allen Kin<strong>der</strong>n<br />

trotzdem, auch unter widrigen Umständen, in<br />

guter Weise getan werden. Dazu möchte ich<br />

hier ermutigen: Wartet nicht auf bessere<br />

Zeiten!<br />

Als engagierte, aufgeklärte, dem guten Leben<br />

zugewandte <strong>und</strong> öffentlich präsente Bürger<br />

bremischer Zivilgesellschaft, die wir selbstverständlich<br />

das Wohl <strong>der</strong> Stadt <strong>und</strong> all ihrer Kin<strong>der</strong><br />

im Blick haben, müssen wir uns fragen:<br />

Wie können wir die <strong>Bildung</strong>sinteressen <strong>der</strong><br />

nachfolgenden Generationen – also auch die<br />

unseren – wirksam zur Sprache <strong>und</strong> dann zur<br />

praktischen Geltung bringen? Können wir dazu<br />

einer neuen Bewegung für <strong>Bildung</strong> auf die<br />

Beine helfen? Einer Bewegung, die politisch<br />

Druck machen kann, weil sie <strong>Bildung</strong> für unsere<br />

Nachfolger will, also nicht <strong>der</strong>en Zurichtung<br />

<strong>und</strong> Einpassung in bestehende Hierarchien<br />

o<strong>der</strong> gar die weitere Ausgrenzung ihrer schwächsten<br />

Angehörigen. Sicher, eine noch so notwendige<br />

Bewegung für <strong>Bildung</strong> kann niemand<br />

„herstellen“ – aber etwas für sie tun, das<br />

können wir schon. Diese For<strong>der</strong>ung betrifft<br />

alle, Fre<strong>und</strong>e, Philosophen, Pädagogen, Sozial<strong>und</strong><br />

Kulturar<strong>bei</strong>ter, die den Kampf gegen das<br />

Elend <strong>der</strong> Welt, also auch gegen die <strong>Bildung</strong>sarmut<br />

<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> als ihre Sache begreifen:<br />

<strong>Bildung</strong> bleibt unsere eigene Angelegenheit<br />

unter allen Umständen. Sie ist die Angelegenheit<br />

<strong>der</strong>er, die den Mut aufbringen, sich ihres<br />

eigenen Verstandes zu bedienen, um sich <strong>und</strong><br />

ihre Mitwelt gemeinsam mit an<strong>der</strong>en menschlich<br />

zu formen.<br />

Wie nun <strong>Bildung</strong> innerhalb <strong>und</strong> außerhalb von<br />

Schulen trotz widriger Umstände ermöglicht<br />

werden kann, muss nicht neu erf<strong>und</strong>en, aber<br />

immer neu durchdacht werden. Gute Ideen,<br />

Beispiele, Fragen <strong>und</strong> Versuche, die „Schule<br />

machen“ können, sind schon seit langem bekannt.<br />

Es gibt hervorragende Beispiele auch<br />

in unserem Land. Aber darüber wäre an an<strong>der</strong>er<br />

Stelle zu berichten.<br />

Hier kann ich nur einige pädagogische Gr<strong>und</strong>sätze<br />

für die <strong>Bildung</strong>sar<strong>bei</strong>t skizzieren, die im<br />

Umgang zwischen „Lehrenden <strong>und</strong> Lernenden“<br />

jedwe<strong>der</strong> sozialen Herkunft, ob arm o<strong>der</strong> reich,<br />

hilfreich sein können. Doch werden die Kin<strong>der</strong><br />

aus ärmeren Verhältnissen durch die entsprechende<br />

Praxis eine beson<strong>der</strong>e Anerkennung<br />

<strong>und</strong> För<strong>der</strong>ung erfahren. Und das ist gut so.<br />

Diese Gr<strong>und</strong>sätze entstammen langjährigen<br />

reformpädagogischen Erfahrungen <strong>und</strong> bildungstheoretischen<br />

Überlegungen. Ich habe<br />

sie in verschiedenen Zusammenhängen (zum<br />

Beispiel in <strong>der</strong> kollegialen Lehrerfortbildung)<br />

vorgetragen, wo sie manchmal kontroverse<br />

Diskussionen auslösten. Von pädagogischen<br />

Skeptikern wurde eingewandt, dass alles<br />

schön <strong>und</strong> gut, aber angesichts <strong>der</strong> Verhältnisse<br />

kaum umsetzbar sei. Wo das <strong>der</strong> Fall<br />

ist, sagt es in kritischer Hinsicht mehr über<br />

die Verhältnisse aus, als über die Gr<strong>und</strong>sätze.<br />

Die können ja nur eine Richtung angeben, in<br />

die <strong>der</strong> Weg zur Verbesserung <strong>der</strong> pädagogischen<br />

Praxis gehen könnte. Was dann konkret<br />

erreicht werden kann, ist dem geschuldet<br />

<strong>und</strong> daran zu messen, was in einer konkreten<br />

Situation „historisch möglich“ war (Paulo<br />

Freire). Das kann unter günstigen Umständen<br />

die Umwandlung einer ganzen Schule in eine<br />

herrliche pädagogische Werkstatt sein – o<strong>der</strong>,<br />

wo so etwas nicht möglich ist, auch nur ein<br />

Gespräch im Lehrerzimmer, das in zugewandter<br />

Weise auch „schwierigen Kin<strong>der</strong>n“ gilt.<br />

Eine Pädagogik gegen <strong>Bildung</strong>sarmut könnte<br />

sich an folgenden reformpädagogischen<br />

Gr<strong>und</strong>sätzen orientieren:<br />

≥ <strong>Bildung</strong> ist <strong>der</strong> Vorgang, in dem wir uns <strong>und</strong><br />

unsere Welt durch Tätigkeiten bilden:<br />

Philosophieren lernen wir durch philosophieren,<br />

Bauen durch bauen, Lieben durch<br />

lieben, Lernen durch lernen <strong>und</strong> lehren.<br />

<strong>Bildung</strong> als Vorgang enthält mehr als nur<br />

Belehrung, Lernen <strong>und</strong> Wissen.<br />

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