Armut und Bildung - bei der Arbeitnehmerkammer Bremen
Armut und Bildung - bei der Arbeitnehmerkammer Bremen
Armut und Bildung - bei der Arbeitnehmerkammer Bremen
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
150 Arm an <strong>Bildung</strong>? Über <strong>Bildung</strong>sarmut <strong>und</strong> den möglichen Reichtum <strong>der</strong> <strong>Bildung</strong><br />
≥ Stadt, Straße, Haus, Betrieb <strong>und</strong> so weiter<br />
sind als Orte urbaner <strong>Bildung</strong> zu begreifen<br />
<strong>und</strong> zu gestalten: Das sollte mit <strong>der</strong> Kultivierung<br />
pädagogischer Provinzen (zum Beispiel<br />
<strong>der</strong> Schulen o<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>gärten) einhergehen.<br />
Sie sind ein Teil <strong>der</strong> Kommune. Im Alltagsleben<br />
<strong>und</strong> seiner Gestaltung können wir<br />
am meisten <strong>und</strong> am besten lernen <strong>und</strong> etwas<br />
bilden. Es kommt nur darauf an, welche<br />
Anregungen <strong>und</strong> Möglichkeiten es bietet, welche<br />
wir einbeziehen <strong>und</strong> welche wir schaffen.<br />
≥ Wahrnehmen, entdecken, erkennen, erfahren<br />
im Umgang mit Phänomenen ermöglichen:<br />
Kin<strong>der</strong> wollen handgreifliche, nicht<br />
nur virtuelle Erfahrungen machen. Sie sind<br />
neugierig auf die Welt. Das verlernen sie<br />
häufig in <strong>der</strong> Schule durch Belehrung,<br />
Besserwisserei, Herumsitzen <strong>und</strong> Zensur.<br />
Erwachsene (auch Lehrende) hätten ihre<br />
„kindliche Neugier“ gegenüber aufschlussreichen<br />
Phänomenen wie<strong>der</strong> zu entdecken.<br />
≥ Freude am eigenen Tun wecken statt Angst<br />
<strong>und</strong> Druck erzeugen: Angst <strong>und</strong> Stress<br />
machen dumm <strong>und</strong> unlustig. Spaß muss<br />
nicht sein. Aber ohne Lust an <strong>der</strong> eigenen<br />
sinnvollen Tätigkeit (zum Beispiel in gemeinsamen<br />
<strong>und</strong> nach außen wirksamen Projekten),<br />
können Lernen <strong>und</strong> <strong>Bildung</strong> kaum gelingen.<br />
Wer Freude am eigenen Tun weckt, ar<strong>bei</strong>tet<br />
wi<strong>der</strong> die Gleichgültigkeit, die auch durch das<br />
langweilige „Lernen um-zu“ o<strong>der</strong> das Konsu-<br />
mieren von Programmen hergestellt wird.<br />
≥ Ausdrücken statt eindrücken: Gegen die<br />
Einseitigkeit <strong>der</strong> Schule des Eindrucks, des<br />
Abfüllens mit abfragbaren Wissensbrocken,<br />
steht die Schule des Ein- <strong>und</strong> Ausdrucks,<br />
<strong>der</strong> Gestaltung. Freies Schaffen eigener Werke<br />
ist zu ermöglichen, sonst drohen Destruktion,<br />
Resignation <strong>und</strong> Gewalt in <strong>der</strong> „fertigen<br />
Welt“, in <strong>der</strong> nichts mehr zu wünschen <strong>und</strong><br />
zu tun übrig bleibt. Alle Sinne wecken <strong>und</strong><br />
ansprechen. Wir lernen am besten, wenn<br />
wir unsere Welt wahrnehmen <strong>und</strong> uns frei<br />
ausdrücken können. Ein- <strong>und</strong> Ausdruck sind<br />
im gestaltenden Tun zu verbinden. Es geht<br />
um tätiges Sein <strong>und</strong> nicht nur ums Machen<br />
zum Haben (E. Fromm).<br />
≥ Dialogisch sein statt monologisch vereinsamen<br />
<strong>und</strong> ausgrenzen: Das gleichberechtigte<br />
Gespräch im Geiste <strong>der</strong> Philia mit dem<br />
Nächsten ist die Großmutter <strong>der</strong> <strong>Bildung</strong><br />
(von Sokrates bis Pestalozzi, Buber, Freire<br />
o<strong>der</strong> Illich). Einan<strong>der</strong> verstehen <strong>und</strong> lehren<br />
statt nur belehren o<strong>der</strong> nur mo<strong>der</strong>ieren ist<br />
eine Aufgabe von Lehrern. Zusammenar<strong>bei</strong>t<br />
statt Konkurrenz <strong>und</strong> Selektion beför<strong>der</strong>t<br />
unsere Kraft. <strong>Bildung</strong>spolitisch heißt das:<br />
<strong>Bildung</strong>sorte für alle errichten, in denen die<br />
Verschiedenheit die Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> Gemeinsamkeit<br />
ist. In den „Schulen des Lebens“<br />
darf kein Kind verloren gehen; da darf<br />
keiner sagen können: „Du bist hier falsch.“<br />
≥ Vielfalt för<strong>der</strong>n statt Einfalt for<strong>der</strong>n:<br />
Differenz ist die Voraussetzung des Lernens<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Bildung</strong>. Jedes Lernen ist Verän<strong>der</strong>ung<br />
im Umgang mit Fremden <strong>und</strong> Fremdem.<br />
Identität <strong>und</strong> Distanz gehören zusammen.<br />
Wer nur sich selber kennt, kennt auch sich<br />
nicht richtig. Heterogenität, Altersmischung,<br />
kulturelle Vielfalt <strong>und</strong> so weiter wirken gegen<br />
geistige <strong>und</strong> soziale Verelendung.<br />
≥ Fähigkeiten erkennen <strong>und</strong> för<strong>der</strong>n statt Defizite<br />
nur diagnostizieren: Unsere erworbenen<br />
Fähigkeiten sind die Gr<strong>und</strong>lagen je<strong>der</strong> weiteren<br />
<strong>Bildung</strong>. Mit alten Erfahrungen, Werkzeugen<br />
<strong>und</strong> Begriffen entsteht das Neue. Es<br />
geht um aufbauen <strong>und</strong> aufrichten statt abrichten<br />
<strong>und</strong> nur unterrichten. Lehrpläne <strong>und</strong><br />
„<strong>Bildung</strong>sexperten“ gehen meist von Defiziten<br />
<strong>der</strong> Menschen aus. Potenzen werden oft<br />
ignoriert; aber nur auf ihrer Basis können<br />
wir auch unseren Defiziten begegnen.<br />
≥ Vertrauen üben statt Kontrolle verüben:<br />
Vertrauen ist die Voraussetzung von Selbstvertrauen.<br />
Selbstvertrauen <strong>und</strong> Mut brauchen<br />
wir in <strong>der</strong> Begegnung mit Neuem, Fremdem,<br />
also auch mit den Gegenständen des Forschens<br />
<strong>und</strong> Lernens. Kontrolle ist die Auffor<strong>der</strong>ung<br />
zum Wi<strong>der</strong>stand o<strong>der</strong> zu autoritärer<br />
Unterwerfung. In unserer <strong>Bildung</strong> geht es<br />
dagegen um eine Praxis möglicher Freiheit.