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Download Vortrag - 470 KB - Evangelische Bildungswerk im Landkreis

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der Individualität, dem Erlöschen des Selbstseins. Vielleicht darf man Nirwana als den Zustand<br />

der wahren Individualität beschreiben, denn das Wort Individualität, wie wir es verstehen,<br />

ist elastisch und unbest<strong>im</strong>mt genug dazu. Die buddhistischen Schriften haben allerdings<br />

diesen und jeden ähnlichen Ausdruck <strong>im</strong>mer sorgfältig vermieden.<br />

(Vgl. Edward Conze. Der Buddhismus, 10. Aufl. 1995, S. 9 -12.)<br />

Was wir in Europa unter Philosophie verstehen, ist eine Schöpfung der Griechen. Die buddhistische<br />

Tradition kennt nichts derartiges und würde die Erforschung der Wirklichkeit rein<br />

zu dem Zweck der Erweiterung unserer Kenntnisse über sie als eine bloße Zeitverschwendung<br />

ansehen. Die Lehre Buddhas will den Weg zur Erlösung zeigen. Jede Philosophie, die<br />

sich in den Werken buddhistischer Autoren finden mag, ist insofern zufällig, als sich <strong>im</strong> großen<br />

Wortschatz der buddhistischen Schriften nichts findet, was unserem Begriff Philosophie<br />

entspräche. Eine Analogie könnte das vielleicht klarer machen. Die chinesische Sprache hat,<br />

nach Auffassung der Chinesen selbst, keine Grammatik und wird in China ohne grammatische<br />

Hilfsmittel gelehrt. Europäische Philologen haben nach dem Vorbild unserer lateinischen<br />

grammatischen Grundbegriffe eine chinesische Grammatik konstruiert. Sie passt nicht<br />

recht, und die Chinesen behelfen sich weiter ohne sie. Den Europäern aber bedeutet diese<br />

Grammatik lateinischen Stiles mit ihren bekannten Kategorien eine Erleichterung bei der<br />

Erlernung der chinesischen Sprache. Ähnlich könnte ein Versuch, die buddhistische Gedankenwelt<br />

in der Terminologie europäischer Philosophie darzustellen, den Zugang zu ihr erleichtern.<br />

Edward Conze schlägt vor, die buddhistische Philosophie in diesem Sinn als dialektischen<br />

Pragmatismus mit besonderer Hinneigung zu psychologischen Betrachtungen zu definieren.<br />

Der Buddhismus, der seiner Herkunft und Zielsetzung nach eine Heilslehre ist, hat sich <strong>im</strong>mer<br />

durch eine stark auf das Praktische gerichtete Haltung ausgezeichnet. Jede Spekulation<br />

über Fragen, die nicht direkt mit der Heilslehre zusammenhängen, wird vermieden.<br />

Die Grundlage des Lebens ist das Leiden. Ein von einem Pfeil Verwundeter wird, bevor er<br />

sich den Pfeil entfernen lässt, nicht darauf bestehen, zu erfahren, wer der Schütze war, ob<br />

groß oder klein, schwarz oder blond. Er will nur von dem Geschoss befreit werden. Unzählige<br />

Missverständnisse wären vermieden worden, hätte man erkannt, dass die Aussagen der<br />

buddhistischen Autoren nicht Spekulationen über die Natur der Wirklichkeit sind, sondern<br />

Ratschläge für praktisches Handeln, Beschreibungen verschiedener Verhaltungsweisen und<br />

der aus ihnen sich ergebenden Erfahrungen. »Willst du dieses Ziel erreichen, so musst du<br />

folgendermaßen handeln.« »Tust du das, so wirst du folgende Erfahrung machen.«<br />

So kann man sagen, dass buddhistisches Denken sich in der Richtung des so genannten<br />

Pragmatismus bewegt. Der Wert eines Gedankens wird best<strong>im</strong>mt durch seine Brauchbarkeit<br />

für die Praxis, durch den Wert der Lebensweise, die durch ihn angeregt wird. Überall, wo<br />

positive Eigenschaften wie innere Freiheit, Güte, heiteres Selbstvertrauen sich zeigen, wird<br />

eine Philosophie, die hinter einer solchen Lebenshaltung steht, geschätzt. »Jede Lehre, von<br />

der du dir sagen kannst, dass sie zu Leidenschaftslosigkeit führt und nicht zu Leidenschaft; zu<br />

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