Juni / Juli 2009 - Evang.-Luth. Kirchengemeinde Nürnberg-Eibach
Juni / Juli 2009 - Evang.-Luth. Kirchengemeinde Nürnberg-Eibach
Juni / Juli 2009 - Evang.-Luth. Kirchengemeinde Nürnberg-Eibach
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Interview mit Pfarrer z.A. Jonas Schiller<br />
6<br />
Mein Beruf ist mein<br />
Hobby<br />
Das Gespräch mit Herrn Pfarrer Schiller<br />
findet am frühen Abend statt; Herr Schiller<br />
ist gerade zurückgekehrt von einem<br />
Besuch im Wohnstift "Lobetal" für betreutes<br />
Wohnen.<br />
Herr Schiller, welche Art Dienstgeschäft<br />
hatten sie "im Lobetal" zu erledigen?<br />
Man kann das eigentlich nicht als Dienst-<br />
"Geschäft" bezeichnen. Im "Lobetal", einer<br />
Anlage für betreutes Wohnen, in der<br />
auch die <strong>Kirchengemeinde</strong> <strong>Eibach</strong> einige<br />
Wohnungen besitzt, gibt es einmal pro<br />
Woche nachmittags ein geselliges Beisammensein<br />
mit Kaffee und Kuchen. Ich<br />
habe dort heute eine Andacht gehalten<br />
und mich vorgestellt. Rund die Hälfte der<br />
Bewohner war erschienen, auch etliche<br />
katholische Bewohner. Es war also weniger<br />
ein "Geschäft", als ein "Genuss".<br />
Wie muss man sich Ihre Arbeitswoche<br />
vorstellen?<br />
Die "typische" Arbeitswoche gibt es eigentlich<br />
nicht. Allerdings gibt es schon<br />
einige Aufgaben, die ziemlich regelmäßig<br />
zu tun sind: Religionsunterricht in der<br />
Schule, Beerdigungen, Organisatorisches<br />
im Pfarramt. Dazu kommt die Teilnahme<br />
an verschiedenen Sitzungen<br />
oder Vorbereitungstreffen für Veranstaltungen<br />
in der Gemeinde. Wichtig ist mir<br />
die Jugend- und Konfirmandenarbeit.<br />
Außerdem führe ich jede Woche eine<br />
Vielzahl von Gesprächen mit den unterschiedlichsten<br />
Menschen. Seelsorge im<br />
Notfall, aber gerade auch "Seelsorge im<br />
Alltag" sehe ich als eine meiner vordringlichsten<br />
Aufgaben.<br />
Schließlich ist der Gottesdienst für den<br />
nächsten Sonntag vorzubereiten, insbesondere<br />
die Predigt zu schreiben.<br />
Wie machen Sie das? Warten Sie auf<br />
Eingebungen?<br />
Wenn mich ein Bibeltext in besonderem<br />
Maß anspricht, geht es manchmal ganz<br />
schnell. Im Predigerseminar empfahl<br />
man, dass wir uns beim Vorbereiten der<br />
Predigt einige Predigthörer aus der Gemeinde<br />
ganz konkret vorstellen sollten.<br />
Das hilft mir sehr, auch wenn ich weiß,<br />
dass man mit einer Predigt nie alle Menschen<br />
in gleicher Weise ansprechen<br />
kann. Wenn ich einen Bibeltext als unklar<br />
empfinde, lese ich den griechischen oder<br />
hebräischen Urtext. Jede Übersetzung<br />
beinhaltet ja zugleich bereits eine gewisse<br />
Interpretation des Textes. Meine<br />
nächste Aufgabe ist es dann, den Text in<br />
Beziehung zum aktuellen Leben und den<br />
Fragen des Glaubens zu setzen. Manchmal<br />
kann man sich da auch richtig "abplagen"<br />
mit einem Text und die Predigt<br />
wird erst Samstagnacht auf den letzten<br />
Drücker fertig.<br />
Aus welchen Gründen haben Sie sich für<br />
den Beruf des Pfarrers entschieden?<br />
Das ist nicht ganz leicht zu beantworten.<br />
Ein Grund ist allerdings offensichtlich:<br />
Mein Beruf war mir gleichsam in die Wiege<br />
gelegt, denn ich bin in einem Pfarrhaus<br />
aufgewachsen. Mein Vater war<br />
Pfarrer in Erlangen, und so wusste ich<br />
grob, worauf ich mich einlasse. Bereits in<br />
den letzten Schuljahren wurde mir bewusst,<br />
wie sehr mich theologische Themen<br />
interessieren. Dennoch begann ich<br />
nach dem Abitur zunächst ein Jurastudium,<br />
wechselte aber noch im 1. Semester<br />
zur Theologie. Im Vikariat merkte ich<br />
dann, dass mir nach den Jahren der Theorie<br />
im Studium die Arbeit in einer Gemeinde<br />
besondere Freude macht.<br />
Sie sind mit drei Vierteln Ihrer Arbeitskraft<br />
in <strong>Eibach</strong> und mit einem Viertel in<br />
der Gemeinde St. Leonhard-Schweinau<br />
eingesetzt. Was haben Sie dort zu tun?<br />
Ich halte in St. Leonhard-Schweinau einen<br />
Gottesdienst pro Monat, ich erteile<br />
für zwei dortige Sprengel Konfirmanden-<br />
Interview mit Pfarrer z.A. Jonas Schiller<br />
unterricht und habe durchschnittlich zwei<br />
Beerdigungen im Monat zu leiten. Diese<br />
genau definierte Stellenteilung ist machbar.<br />
Dennoch erlebe ich, dass man letztlich<br />
"voll und ganz" nur Pfarrer einer Gemeinde<br />
sein kann.<br />
Herr Prof. Huber warf in einer seiner Predigten<br />
einmal die Frage auf, ob unsere<br />
heutige Form des Gottesdienstes ein<br />
"Auslaufmodell" sei. Wie sehen Sie das?<br />
Ich betrachte den Gottesdienst als das<br />
Zentrum aller Gemeindearbeit. Dabei<br />
fühle ich mich in traditionellen Gottesdienstformen<br />
zu Hause und liebe eine<br />
klare Liturgie. Ich weiß aber auch, dass<br />
vielen Menschen diese Formen fremd<br />
geworden sind. Dennoch haben diese<br />
Menschen ein Bedürfnis nach Gottesdienst.<br />
Ich möchte gerne zweierlei: Unsere Tradition<br />
erklären, lebendig machen und<br />
weitergeben - und gleichzeitig Gottes-<br />
dienste in ganz verschiedenen Formen,<br />
zum Beispiel am Abend, anbieten. Und<br />
das nicht als "Entweder-oder", sondern<br />
als Ergänzung zueinander.<br />
Wie darf man sich Herrn Schiller als Privatmann<br />
vorstellen? Was sind Ihre Hobbys?<br />
Ich war längere Zeit aktiver Fußballer<br />
und Trainer. Ab und zu treffe ich mich<br />
noch mit anderen "Veteranen" zum Spielen<br />
oder gehe ins Stadion zum "Club".<br />
Ich lese gern oder sehe mit meiner Frau<br />
einen Film im Kino an. Ich liebe Musik,<br />
von Händel bis Hip Hop, von Bach bis James<br />
Brown. Ich spiele selbst - leider<br />
mehr schlecht als recht - Kontrabass und<br />
singe gern. Ich beschäftige mich auch<br />
"als Privatmann" gern mit Theologie, Geschichte<br />
und dem "Zeitgeschehen". In<br />
gewisser Weise ist also mein Beruf auch<br />
mein Hobby.<br />
Das Gespräch führte Joachim Heublein.<br />
Foto: Kirchner<br />
7